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VwGH 24.05.2022, Ro 2021/05/0012

VwGH 24.05.2022, Ro 2021/05/0012

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
ROG OÖ 1994 §22 Abs1 idF 2015/069
TourismusG OÖ 1990 §1 Z6
VwRallg
RS 1
Mit der ROG-Novelle 2015, LGBl. Nr. 69/2015, wurde in § 22 Abs. 1 OÖ ROG 1994 der Satz "Die Privatzimmervermietung im Sinn des § 1 Z 6 Oö Tourismus-Gesetz 1990 ist zulässig." eingefügt. Bei dem Verweis auf § 1 Z 6 OÖ TourismusG 1990 handelt es sich mangels eines anderslautenden Anhaltspunktes, insbesondere in Ermangelung eines Abstellens auf die jeweils geltende Fassung des OÖ TourismusG 1990, um eine statische Verweisung (vgl. und 0041; , 2004/17/0198), somit auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der ROG-Novelle 2015 in Kraft gestandene Fassung des § 1 Z 6 OÖ TourismusG 1990.
Normen
ROG OÖ 1994 §22 Abs1 idF 2015/069
VwRallg
RS 2
Aus den Erläuterungen zur ROG-Novelle 2015 zu Art. I Z 31 (§ 22) (Beilage 1381/2015 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags 27. GP) geht eindeutig hervor, dass unter "Privatzimmervermietung" nicht nur die Privatzimmervermietung im engeren Sinn, sondern auch die Vermietung von Ferienwohnungen zu verstehen ist (arg.: "... in diesem Zusammenhang keine Unterscheidung zwischen Privatzimmervermietung und der Vermietung von Ferienwohnungen getroffen wird", wobei der Zusammenhang zu dem vorangegangenen Satz, der auf die "Privatzimmervermietung für höchstens zehn Betten" abzielt, hergestellt ist). Demnach ist nicht die Art des Mietobjektes für das Vorliegen einer zulässigen Privatzimmervermietung ausschlaggebend, sondern - neben der in den Erläuterungen nicht näher ausgeführten "häuslichen Nebenbeschäftigung" - die Einhaltung der höchstzulässigen Bettenanzahl.
Normen
GewO 1994 §2 Abs1 Z9
ROG OÖ 1994 §22 Abs1 idF 2015/069
VwRallg
RS 3
Zum Begriff der "häuslichen Nebenbeschäftigung", der nach den Materialien als Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit (iSd Gewerbeordnung) verwendet wird, ist auf § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 abzustellen (vgl. auch die Materialien zur ROG-Novelle 2021, Beilage 1379/2020, 28. GP, 11). Danach ist die GewO auf nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise in die Gruppe der häuslichen Nebenbeschäftigungen fallende und durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebene Erwerbszweige nicht anzuwenden. Es kommt hinsichtlich der häuslichen Nebenbeschäftigung im Wesentlichen auf die Eigenart und die Betriebsweise an. Eine Tätigkeit ist somit nicht als häusliche Nebenbeschäftigung anzusehen, wenn die geübte Betriebsweise für eine häusliche Nebenbeschäftigung nicht typisch ist. Auch wenn das Merkmal des gesetzlichen Ausnahmetatbestandes, dass die Beschäftigung eine "häusliche" zu sein hat, nicht zu eng ausgelegt werden darf, so muss es sich dennoch insofern um eine "häusliche" Beschäftigung handeln, als sie im Rahmen des eigenen Hausstandes auszuüben ist (vgl. , mwN).
Normen
GewO 1994 §2 Abs1 Z9
ROG OÖ 1994 §22 Abs1 idF 2015/069
RS 4
Mit der Annahme, dass die Vermietung einer Ferienwohnung auch gänzlich ohne räumlichen Bezug zum Hausstand des Vermieters im Rahmen der Privatzimmervermietung möglich sei, entfernt sich die Revisionswerberin vom äußerst möglichen Begriffsinhalt der "häuslichen Nebenbeschäftigung". Die Zulässigkeit der Vermietung einer Ferienwohnung in der Widmung Bauland-Wohngebiet setzt als häusliche Nebenbeschäftigung ein räumliches Naheverhältnis zum eigenen Hausstand des Vermieters voraus, weil es sich um eine Beschäftigung im Rahmen des eigenen Hausstandes handeln muss.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger, Mag. Liebhart-Mutzl, Dr.in Sembacher und Dr.in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der E E in A, vertreten durch die Jaeger Loidl Welzl Schuster Schenk Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Hauptplatz 30, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , LVwG-152644/6/KHu, betreffend einen Bauauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde G, vertreten durch die Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH in 4865 Nußdorf am Attersee, Stockwinkl 18; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der Gemeinde G Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Revisionswerberin aufgetragen, binnen längstens sechs Wochen den rechtmäßigen Zustand durch Unterlassung der Nutzung eines näher bezeichneten Objektes auf einem näher genannten Grundstück, als Ferienwohnung herzustellen.

2 Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die betreffende (Eigentums-)Wohnung der Revisionswerberin, welche sich in einem Wohngebiet gemäß § 22 Abs. 1 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 - Oö. ROG 1994 befinde, regelmäßig für nicht länger als dreißig Tage als Ferienwohnung vermietet werde. Die Revisionswerberin habe an der gegenständlichen Adresse jedoch keinen Wohnsitz. Gemäß § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 seien als Wohngebiete Flächen für Wohngebäude vorgesehen, die einem dauernden Wohnbedarf dienten. Da eine Vermietung der Privatunterkunft von höchstens 30 Tagen nicht dem dauernden Wohnbedarf oder auch sonst nicht den wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner (§ 22 Abs. 1 erster Satz Oö. ROG 1994) diene, sei die hier gegenständliche Nutzung unzulässig. Eine - nach dem Oö. ROG 1994 zulässige - Privatzimmervermietung liege nicht vor, weil diese eine Vermietung durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes als häusliche Nebenbeschäftigung voraussetze, was hier mangels Wohnsitzes der Revisionswerberin nicht der Fall sei.

3 In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde vom  machte die Revisionswerberin zusammengefasst geltend, eine kurzfristige Wohnraumüberlassung sei seit der Oberösterreichischen Raumordnungsgesetz-Novelle 2015 (im Folgenden: ROG-Novelle 2015) auch in der Widmung Bauland-Wohngebiet zulässig. Den diesbezüglichen Materialien sei zu entnehmen, dass dem Willen des Gesetzgebers zufolge nicht nur die Privatzimmervermietung, sondern auch die Vermietung von Ferienwohnungen im Wohngebiet zulässig sei. Zudem sei das Oö. Tourismus-Gesetz 1990 mittlerweile außer Kraft getreten, weshalb der in § 22 Abs. 1 Satz 2 Oö. ROG 1994 enthaltene Verweis auf § 1 Z 6 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 ins Leere gehe. Gehe man von einem „statischen Gesetzesverweis“ aus, seien im Wohngebiet sowohl die Privatzimmervermietung im Sinne des Oö. Tourismus-Gesetz 1990 sowie aufgrund eines Hinweises in (nicht näher bezeichneten) Gesetzesmaterialien die Vermietung von Ferienwohnungen im Wohngebiet zulässig. Nehme man eine „dynamische“ Interpretation an, sei - vor dem Hintergrund, dass im Oö. Tourismusgesetz 2018 (im Folgenden: Oö. TG 2018) das Wort „Privatzimmervermietung“ nur mehr in den Übergangsbestimmungen vorkomme, aber § 35 Abs. 1 Oö. TG 2018 Regelungen für „private Gästeunterkünfte“ enthalte, welche auch Ferienwohnungen umfassten - nunmehr im Wohngebiet eine private Gästeunterkunft iSd § 35 Oö. TG 2018 zulässig. Der Bescheid sei aufgrund der unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde rechtswidrig.

4 Mit Erkenntnis vom wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - unter Ergänzung der maßgeblichen Rechtsgrundlage als unbegründet ab und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

5 Das Verwaltungsgericht legte seiner Beurteilung zugrunde, dass die Revisionswerberin Wohnungseigentümerin der Wohnung Top 4 an einer näher bezeichneten Adresse in X sei, ihren Hauptwohnsitz jedoch rund 120 km entfernt in Y habe. Die Ferienwohnung werde von der Revisionswerberin, ihren Familienangehörigen, Freunden, Geschäftsfreunden sowie von dritten Personen benutzt, im Internet angeboten und für jeweils mindestens drei Tage, maximal rund 10 bis 14 Tage, überlassen. Das Wohngebäude sei mit Bescheid der belangten Behörde vom als „Errichtung eines Wohnhauses mit 4 Wohnungen und 6 gedeckten PKW Stellplätzen“ baubewilligt worden. Den näher dargestellten Einreichunterlagen bzw. dem Baubewilligungsbescheid seien keine Hinweise auf eine Nutzung als „Ferienwohnung“ oder eine beabsichtigte „kurzzeitige Vermietung“, „Fremdenbeherbergung“ oder Ähnliches zu entnehmen. Das Grundstück sei im aktuell gültigen Flächenwidmungsplan als Bauland-Wohngebiet gewidmet. Diese Widmung habe das Grundstück auch im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung aufgewiesen.

6 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass keine baubehördliche Bewilligung vorliege, in der die Nutzung der Wohnung der Revisionswerberin als Ferienwohnung genehmigt worden sei. Die gegenständliche Wohnung werde von der Revisionswerberin und verschiedenen anderen Personen jeweils nur kurzzeitig für wenige Tage für Urlaubs-, Besuchs- und Erholungszwecke etc. genutzt, diene jedoch keiner Person zur Deckung eines dauernden Wohnbedarfes. Dem Vorbringen der Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung, wonach im Begutachtungsentwurf zur Raumordnungsgesetz-Novelle 2020 (offenkundig gemeint: Raumordnungsgesetz-Novelle 2021, im Folgenden: ROG-Novelle 2021) der Entfall der Voraussetzung des dauernden Wohnbedarfes in § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 zur „Klarstellung“ vorgeschlagen worden sei, und sich aus diesem Umstand ergebe, dass eine vorübergehende Wohnraumüberlassung auch schon auf Basis des derzeitigen Gesetzeswortlautes zulässig gewesen sei, werde (mit näherer Begründung) entgegengetreten.

7 Die Privatzimmervermietung sei gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz Oö. ROG 1994 im Bauland-Wohngebiet zulässig, jedoch falle die gegenständliche Nutzung als Ferienwohnung nicht unter diese Ausnahme. Zudem sei der Begriff der „Privatzimmervermietung“ in § 22 Abs. 1 zweiter Satz Oö. ROG 1994 nicht mit dem Begriff der „privaten Gästeunterkunft“ im Oö. TG 2018 gleichzusetzen, weil der Regelungszweck des § 35 leg. cit. ein gänzlich anderer als jener im § 22 Oö. ROG 1994 sei und es keine Hinweise darauf gebe, dass das Oö. TG 2018 eine raumordnungsrechtliche Regelung habe treffen wollen. Zudem sei der Begriff der „Privatzimmervermietung“ kein Begriff ausschließlich der Oberösterreichischen Landesgesetzgebung, sondern werde auch in der verfassungsgesetzlichen Kompetenzabgrenzung zwischen Angelegenheiten des Gewerbes nach Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG und der Zuständigkeit der Länder nach Art. 15 Abs. 1 B-VG (B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444/1974) definiert. Auch in § 1 Z 6 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 sei die Privatzimmervermietung auf die gleiche Weise definiert worden, weshalb der in § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 verwendete Begriff nach wie vor entsprechend dieser Definition des § 1 Z 6 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 zu verstehen sei.

8 Die Revisionswerberin habe nicht bestritten, dass keine häusliche Nebenbeschäftigung vorliege, aber darauf verwiesen, dass sich aus den Gesetzesmaterialien zur ROG-Novelle 2015 ergebe, dass Ferienwohnungen im Bauland-Wohngebiet zulässig seien. Gesetzesmaterialien könnten jedoch nicht als eigene Rechtsquelle herangezogen werden und daher keine weiteren, verbindlichen Ausnahmen definieren, sondern lediglich zur Auslegung des Gesetzeswortlautes des § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 herangezogen werden. Der Begriff der Privatzimmervermietung habe einen untrennbaren Konnex zur häuslichen Nebenbeschäftigung. Mit der Annahme, dass eine Vermietung als Ferienwohnung auch ohne räumlichen Bezug zum Hausstand der Revisionswerberin möglich sei, entferne sich die Beschwerde vom äußerst möglichen Begriffsinhalt der „häuslichen Nebenbeschäftigung“. Auch die sonstigen, in § 22 Abs. 1 erster Satz Oö. ROG 1994 genannten Ausnahmen träfen auf den Anlassfall nicht zu, weshalb die gegenständliche Nutzung als Ferienwohnung im Bauland-Wohngebiet - anders als in anderen Widmungskategorien des Baulandes - gemäß § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 nicht zulässig sei. Das gegenständliche Grundstück habe bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung die Widmung Bauland-Wohngebiet aufgewiesen, sodass die Nutzungsmöglichkeiten nicht durch eine Umwidmung verändert worden seien. Auch sei seit Erteilung der Baubewilligung keine Änderung des Oö. ROG 1994 erfolgt.

9 Die Benützungsuntersagung sei (nur) auf § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 zu stützen, weil weder der Bewilligungstatbestand des § 24 Abs. 1 Z 3 Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994, noch der Anzeigetatbestand des § 25 Abs. 1 lit. 2b (nunmehr: Z 2) Oö. BauO 1994 erfüllt sei (Hinweis auf ; , 2008/05/0265).

10 Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vorliege, ob eine Wohnung, die kein räumliches Naheverhältnis zum Hausstand der Vermieterin aufweise und im Bauland-Wohngebiet (§ 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994) gelegen sei, als Ferienwohnung genutzt werden dürfe.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, dieses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben. In der Zulässigkeitsbegründung schließt sich die Revisionswerberin unter weiteren Darlegungen der vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Rechtsfrage an.

12 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Begehren, die Revision kostenpflichtig zurück-, in eventu abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Die Revision erweist sich angesichts der fehlenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine Wohnung, die kein räumliches Naheverhältnis zum Hausstand eines Vermieters aufweist und im Bauland-Wohngebiet (§ 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994) gelegen ist, als Ferienwohnung genutzt werden darf, als zulässig.

14 Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994 - Oö. ROG 1994, LGBl. Nr. 114/1993 in der Fassung LGBl. Nr. 69/2015, lauten auszugsweise:

§ 22

Widmungen im Bauland

(1) Als Wohngebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen; andere Bauwerke und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohnerinnen bzw. Bewohner dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Bewohnerinnen bzw. Bewohner mit sich bringt; unter den letztgenannten Voraussetzungen sind Räumlichkeiten für Büros, Kanzleien und personenbezogene Dienstleistungen in Wohngebieten darüber hinaus zulässig, soweit die einzelnen Bauwerke nicht überwiegend für solche Zwecke benützt werden und damit keine erheblichen Belästigungen durch zusätzlichen Straßenverkehr für die Bewohnerinnen bzw. Bewohner verbunden sind; Einrichtungen, die auf Grund ihrer Betriebstype überwiegend während der Nachtstunden betrieben werden, sind unzulässig. Die Privatzimmervermietung im Sinn des § 1 Z 6 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 ist zulässig. Flächen für Wohngebiete können auch als reine Wohngebiete vorgesehen werden; in diesen Wohngebieten dürfen neben Wohngebäuden nur solche in Wohngebieten zulässige Bauwerke und sonstige Anlagen errichtet werden, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohnerinnen bzw. Bewohner zu decken. Weiters können Flächen für förderbare mehrgeschoßige (mindestens drei Geschoße über dem Erdboden) Wohnbauten oder Gebäude in verdichteter Flachbauweise (§ 2 Z 29 Oö. Bautechnikgesetz 2013) vorgesehen werden; in diesen Wohngebieten dürfen nur förderbare mehrgeschoßige Wohnbauten oder Gebäude in verdichteter Flachbauweise sowie Bauwerke und sonstige Anlagen errichtet werden, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohnerinnen bzw. Bewohner zu decken.

[...]

§ 40

Schlußbestimmungen

[...]

(8) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bauliche Anlage nicht entsprechend diesem Landesgesetz ausgeführt wurde oder ausgeführt oder verwendet wird, hat sie - soweit nicht eine entsprechende Maßnahme nach der Oö. Bauordnung 1994 zu setzen ist - dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, die Verwendung der baulichen Anlage zu untersagen. § 57 Abs. 1 Z 11 und Abs. 2 der Oö. Bauordnung 1994 gelten.

[...]“

15 § 1 des (mittlerweile außer Kraft getretenen) Oö. Tourismus-Gesetzes 1990, LGBl. Nr. 81/1989 in der Fassung LGBl. Nr. 117/2012, lautet auszugsweise:

„§ 1

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes sind zu verstehen unter:

[...]

1. Privatzimmervermietung: die durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes als häusliche Nebenbeschäftigung ausgeübte Vermietung von nicht mehr als zehn Betten für Touristen.“

16 Nach § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 69/2015 sind in der Widmungskategorie Bauland-Wohngebiet grundsätzlich nur Wohngebäude zulässig, die einem dauernden Wohnbedarf dienen; andere Bauwerke und sonstige Anlagen dürfen lediglich unter (hier nicht verfahrensgegenständlichen) bestimmten Voraussetzungen errichtet werden. Die Privatzimmervermietung im Sinn des § 1 Z 6 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 ist zulässig.

17 Dass die verfahrensgegenständliche Wohnung keinem dauernden Wohnbedarf dient, ist unstrittig. Es ist daher zu klären, ob die Vermietung der Ferienwohnung im Wege der „Privatzimmervermietung“ zulässig ist.

18 Schon aus der Rechtslage vor der ROG-Novelle 2015 war erkennbar, dass der Gesetzgeber die Privatzimmervermietung im Wohngebiet als zulässig erachtet hat. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Oö. ROG 1994 in seiner Stammfassung am war die Privatzimmervermietung noch in einem eigenen Gesetz, dem Privatzimmervermietungsgesetz 1975, LGBl. Nr. 7/1976, geregelt. Die damalige Definition von „Privatzimmervermietung“ erfolgte in § 1 Abs. 1 leg. cit. und lautete folgendermaßen:

„Privatzimmervermietung im Sinne dieses Gesetzes ist die durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes des Vermieters als häusliche Nebenbeschäftigung ausgeübte Vermietung von nicht mehr als zehn Fremdenbetten. Die Privatzimmervermietung ist nur nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes zulässig“.

19 Im Rahmen der Oberösterreichischen Tourismus-Gesetz-Novelle 1996, LGBl. Nr. 76/1996, wurde das Privatzimmervermietungsgesetz 1975 aufgehoben und die Definition der Privatzimmervermietung in § 1 Z 6 des Oö. Tourismus-Gesetzes 1990 aufgenommen.

20 Mit der ROG-Novelle 2015, LGBl. Nr. 69/2015, wurde in § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 der Satz „Die Privatzimmervermietung im Sinn des § 1 Z 6 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 ist zulässig.“ eingefügt. Bei dem Verweis auf § 1 Z 6 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 handelt es sich mangels eines anderslautenden Anhaltspunktes, insbesondere in Ermangelung eines Abstellens auf die jeweils geltende Fassung des Oö. Tourismus-Gesetzes 1990, um eine statische Verweisung (vgl.  und 0041; , 2004/17/0198), somit auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der ROG-Novelle 2015 in Kraft gestandene Fassung des § 1 Z 6 Oö. Tourismus-Gesetz 1990.

21 Vor der Aufhebung des Privatzimmervermietungsgesetzes 1975 im Rahmen der Oö. Tourismus-Gesetz-Novelle 1996 befand sich im Zusammenhang mit der Privatzimmervermietung im Oö. ROG 1994 lediglich der zur Widmung „Grünland“ unter § 30 Abs. 8 leg. cit. platzierte Absatz, wonach das Recht zur Beherbergung von Fremden als häusliche Nebenbeschäftigung nach dem Oö. Privatzimmervermietungsgesetz 1975 durch Abs. 6 und 7 nicht berührt werde. Nach Aufhebung des Privatzimmervermietungsgesetzes 1975 wurde dieser Absatz anlässlich der Novelle LGBl. Nr. 83/1997 mit einem anderen Regelungsinhalt versehen und in Abs. 9 leg. cit. nunmehr vorgesehen, dass die Beherbergung von Gästen als häusliche Nebenbeschäftigung nur in bestehenden Gebäuden zulässig sei. Diese Bestimmung bezog sich jedoch weiterhin nur auf die Widmung Grünland.

22 Somit ist auch nachvollziehbar, weshalb in den von der Revisionswerberin angeführten Materialien zur ROG-Novelle 2015 zu Art. I Z 31 (§ 22) (Beilage 1381/2015 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags 27. GP) ausgeführt wird, dass die bisherige Rechtslage in Bezug auf die Privatzimmervermietung im Wohngebiet auf Grund mehrerer Novellierungen nicht ganz klar und eindeutig gewesen sei, hatte doch eine dementsprechende ausdrückliche Regelung seit Aufhebung des Privatzimmervermietungsgesetzes 1975 keinen Eingang in das Oö. ROG 1994 gefunden.

23 Die weiteren Ausführungen zu Art. I Z 31 (§ 22) in den Materialien, welche von der Revisionswerberin dahingehend interpretiert werden, dass seit der ROG-Novelle 2015 im Wohngebiet einerseits die Privatzimmervermietung gemäß § 1 Z 6 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 sowie andererseits auch eine (ihrer Ansicht nach uneingeschränkte) Vermietung von Ferienwohnungen zulässig sei, lauten:

„[...] Mit dieser Novelle soll die Privatzimmervermietung im Wohngebiet ausdrücklich zugelassen werden und somit eine klare Regelung für die Zukunft erfolgen. Anknüpfend an die Bestimmung des § 1 Z 6 Oö. Tourismusgesetz 1990 ist die Privatzimmervermietung für höchstens zehn Betten ausdrücklich gestattet. Zur Klarstellung wird angemerkt, dass in diesem Zusammenhang keine Unterscheidung zwischen der Privatzimmervermietung und der Vermietung von Ferienwohnungen getroffen wird. Die Anzahl von insgesamt zehn Betten darf deshalb nicht überschritten werden, weil sonst nicht mehr von einer als häuslicher Nebenbeschäftigung ausgeübten Vermietung gesprochen werden kann, sondern bei deren Überschreitung von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen wäre.“

24 Aus diesen Erläuterungen geht eindeutig hervor, dass unter „Privatzimmervermietung“ nicht nur die Privatzimmervermietung im engeren Sinn, sondern auch die Vermietung von Ferienwohnungen zu verstehen ist (arg.: „... in diesem Zusammenhang keine Unterscheidung zwischen Privatzimmervermietung und der Vermietung von Ferienwohnungen getroffen wird“, wobei der Zusammenhang zu dem vorangegangenen Satz, der auf die „Privatzimmervermietung für höchstens zehn Betten“ abzielt, hergestellt ist). Demnach ist nicht die Art des Mietobjektes für das Vorliegen einer zulässigen Privatzimmervermietung ausschlaggebend, sondern - neben der in den Erläuterungen nicht näher ausgeführten „häuslichen Nebenbeschäftigung“ - die Einhaltung der höchstzulässigen Bettenanzahl.

25 Zum Begriff der „häuslichen Nebenbeschäftigung“, der nach den Materialien als Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit (iSd Gewerbeordnung) verwendet wird, ist auf § 2 Abs. 1 Z 9 Gewerbeordnung 1994 abzustellen (vgl. auch die Materialien zur ROG-Novelle 2021, Beilage 1379/2020, 28. GP, 11). Danach ist die Gewerbeordnung auf nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise in die Gruppe der häuslichen Nebenbeschäftigungen fallende und durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebene Erwerbszweige nicht anzuwenden. Es kommt hinsichtlich der häuslichen Nebenbeschäftigung im Wesentlichen auf die Eigenart und die Betriebsweise an. Eine Tätigkeit ist somit nicht als häusliche Nebenbeschäftigung anzusehen, wenn die geübte Betriebsweise für eine häusliche Nebenbeschäftigung nicht typisch ist. Auch wenn das Merkmal des gesetzlichen Ausnahmetatbestandes, dass die Beschäftigung eine „häusliche“ zu sein hat, nicht zu eng ausgelegt werden darf, so muss es sich dennoch insofern um eine „häusliche“ Beschäftigung handeln, als sie im Rahmen des eigenen Hausstandes auszuüben ist (vgl. , mwN).

26 Mit der Annahme, dass die Vermietung einer Ferienwohnung auch gänzlich ohne räumlichen Bezug zum Hausstand der Revisionswerberin im Rahmen der Privatzimmervermietung möglich sei, entfernt sich die Revisionswerberin - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - vom äußerst möglichen Begriffsinhalt der „häuslichen Nebenbeschäftigung“. Die Zulässigkeit der Vermietung einer Ferienwohnung in der Widmung Bauland-Wohngebiet setzt als häusliche Nebenbeschäftigung ein räumliches Naheverhältnis zum eigenen Hausstand des Vermieters voraus, weil es sich um eine Beschäftigung im Rahmen des eigenen Hausstandes handeln muss. Eine solche liegt fallbezogen unstrittig nicht vor.

27 Aus welcher Formulierung der von ihr als Grundlage ihrer Rechtsauffassung genannten ROG-Novelle 2015 die Revisionswerberin ableitet, dass die Vermietung von Ferienwohnungen im Wohngebiet ohne die der Privatzimmervermietung innewohnenden Beschränkungen hinsichtlich des räumlichen Bezuges zum Hausstand und der Bettenhöchstzahl zulässig wäre, legt sie nicht nachvollziehbar dar. Ein in diesem Zusammenhang zitierter Erlass aus dem Jahr 2001 bietet dafür jedenfalls keine taugliche Grundlage.

28 Dem Vorbringen der Revisionswerberin, der Begutachtungsentwurf betreffend die ROG-Novelle 2021 habe durch den vorgesehenen Entfall der Wortfolge „die einem dauernden Wohnbedarf dienen“ klarstellen wollen, dass auch ein bloß vorübergehender Wohnbedarf im Wohngebiet zulässig sei, was spätestens seit der ROG Novelle 2015 dem Willen des Gesetzgebers entspreche, ist Folgendes zu entgegnen:

29 Es trifft zwar zu, dass im ursprünglichen Begutachtungsentwurf der ROG-Novelle 2021 der Entfall der Wortfolge „die einem dauernden Wohnbedarf dienen“ vorgesehen war (vgl. S. 9, 27 f Begutachtungsentwurf vom , Beilage zu Verf-2013-80108/84-May). Dieser Änderungsvorschlag ist jedoch ohne Aussagekraft, da er aus einer früheren Phase des Gesetzgebungsprozesses stammt, nicht in die Regierungsvorlage übernommen wurde (vgl. Beilage 1379/2020, 28. GP 11 f) und im Ergebnis auch keinen Eingang in den mit LGBl. Nr. 125/2020 kundgemachten Gesetzestext fand, der mit in Kraft trat und somit ohnehin nicht der anzuwendenden Rechtslage entspricht.

30 Zusammengefasst ergibt sich daher, dass der gegenüber der Revisionswerberin erlassene verfahrensgegenständliche Auftrag gem. § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 zu Recht ergangen ist. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

31 Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil es den in § 1 Z 2 lit. a VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 vorgesehenen Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand der belangten Behörde übersteigt.

Wien, am

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GewO 1994 §2 Abs1 Z9
ROG OÖ 1994 §22 Abs1 idF 2015/069
TourismusG OÖ 1990 §1 Z6
VwRallg
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2021050012.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-46597

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