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VwGH 05.07.2023, Ro 2020/11/0010

VwGH 05.07.2023, Ro 2020/11/0010

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
ÄrzteG 1998 §104
ÄrzteG 1998 §104 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwRallg
RS 1
Aus dem bloßen Schweigen der Behörde auf eine Mitteilung kann nicht auf eine bestimmte Äußerung eines Behördenorganes geschlossen werden (vgl. etwa ; , 2011/06/0183; , 2011/17/0081).
Norm
AVG §13a
RS 2
Die Belehrungspflicht gemäß § 13a AVG bezieht sich nur auf anhängige Verfahren und reicht nicht so weit, dass die Partei zur Stellung bestimmter Anträge anzuleiten wäre. Auch besteht keine Pflicht der Behörde zur Belehrung über ordnungsgemäß kundgemachte Normen vor Bescheiderlassung. Die Erörterung über künftige mögliche Rechtsfolgen in einem anhängigen oder in weiteren Verfahren geht weit über die gemäß § 13a AVG gebotene Manuduktion hinaus (vgl. , , , , jeweils mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2018/11/0038 B RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der Dr. M M in S, vertreten durch Dr. Gabriela Schrenk, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Morzgerstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom , Zl. KLVwG-1002/16/2019, betreffend Abweisung eines Antrags auf Auszahlung der Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Kärnten, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Gernot Murko, Mag. Christian Bauer, Mag. Gerlinde Murko, Mag. Daniel Klatzer, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 6; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der Ärztekammer für Kärnten Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Am beantragte die Revisionswerberin bei der belangten Behörde die Auszahlung des „Sterbegeldes“ nach dem Ableben ihres Cousins Dr. N, der am verstorben sei und die Revisionswerberin mit Verfügung vom als Begünstigte für das ,,Sterbegeld“ eingesetzt habe.

2 Mit Bescheid vom wies die belangte Behörden den Antrag auf Auszahlung einer Leistung aus dem Titel der Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, Dr. N sei insgesamt neun Monate ordentliches und neun Monate außerordentliches Kammermitglied der Ärztekammer für Kärnten gewesen. Die Beitragsleistung als ordentliches Mitglied habe mit geendet. Mit Bescheid vom sei Dr. N von den Beiträgen für das erste Quartal 1994 befreit worden. Für den Zeitraum als außerordentliches Mitglied vor Bezug der Altersversorgung seien keine Beiträge eingezahlt worden. Auf die Möglichkeit einer freiwilligen Zahlung sei Dr. N mit Schreiben vom hingewiesen worden.

3 Die dagegen eingebrachte Beschwerde der Revisionswerberin wies das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis ab. Gleichzeitig sprach es gemäß § 25a VwGG aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, Dr. N sei am verstorben. Er habe die Revisionswerberin, seine Cousine, mit Verfügung vom als Begünstigte für die Todesfallbeihilfe eingesetzt. Dr. N sei von Juni 1993 bis Februar 1994 ordentliches und von März 1994 bis November 1994 außerordentliches Kammermitglied der Ärztekammer für Kärnten gewesen. Die Beitragsleistung als ordentliches Mitglied habe mit geendet. Aufgrund seines Ansuchens vom habe die belangte Behörde Dr. N mit Schreiben vom  mitgeteilt, dass der Verwaltungsausschuss in seiner Sitzung am beschlossen habe, die Beitragsvorschreibung für das erste Quartal 1994 zu „stornieren“. Bereits mit Schreiben vom sei Dr. N darüber informiert worden, dass er während der Zeit seiner Arbeitslosigkeit, somit ab , die Möglichkeit habe, freiwillige Beiträge gemäß der Beitragsordnung der Ärztekammer für Kärnten einzuzahlen. Als außerordentliches Kammermitglied habe Dr. N keine freiwilligen Beiträge gemäß § 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Kärnten (im Folgenden: Satzung) geleistet. Mit Bescheid der belangten Behörde vom sei Dr. N mit Wirkung ab die Altersversorgung der Ärztekammer für Kärnten gewährt worden.

Rechtlich führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, Dr. N sei von Juni 1993 bis Februar 1994 ordentliches Mitglied der Ärztekammer für Kärnten gewesen. Als solches hätte er gemäß § 7 Abs. 1 der Satzung Beiträge zu leisten und aufgrund der Beitragsleistung Anspruch auf Leistungen des Wohlfahrtsfonds gehabt. Es liege weder eine Befreiung von der Beitragspflicht gemäß § 9 Abs. 1 noch gemäß § 10 Abs. 1 und 2 der Satzung vor. Die belangte Behörde habe mit Schreiben vom beschlossen, die Beitragsvorschreibungen für das erste Quartal 1994 „zu stornieren“. Unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofs ging das Verwaltungsgericht von der Bescheidqualität dieses Schreibens aus.

§ 28 der damaligen Satzung entspreche dem § 10 der nunmehrigen Satzung betreffend Ermäßigung und Nachlass der Beiträge. Da diese beiden Satzungsbestimmungen eine Stornierung nicht vorsähen, sei der Bescheid dahin zu interpretieren, dass Dr. N „ein Nachlass der Beiträge auf null“ gewährt worden sei. Gemäß § 10 Abs. 3 der Satzung (vormals § 28 Abs. 3) seien die Auswirkungen der Ermäßigung oder des Nachlasses auf den Leistungsanspruch in den Bescheid aufzunehmen. Dies habe die belangte Behörde verabsäumt, und Dr. N sei somit eine Information vorenthalten worden, zu der die belangte Behörde nach der Satzung verpflichtet gewesen wäre. Allerdings sei Dr. N mit Schreiben vom darüber informiert worden, dass er die Möglichkeit habe, freiwillige Beiträge zu leisten. Aus der Satzung lasse sich klar erkennen, dass nur für den Fall einer Ermäßigung oder eines Nachlasses der Beiträge für den Zeitraum als ordentliches Kammermitglied keine Beiträge zu leisten seien, jedoch unmittelbar danach wieder Beiträge geleistet werden müssten, um in den Genuss von Unterstützungsleistungen zu kommen. Aufgrund der Nichtleistung von freiwilligen Beiträgen durch Dr. N könne die Revisionswerberin nicht in den Genuss als Empfangsberechtigte kommen. Auch eine Betrachtung des § 24 Abs. 1 der Satzung ergebe, dass nach dem Ableben eines Kammerangehörigen Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung nur gewährt würden, wenn der Kammerangehörige aufgrund der Beitragsordnung entsprechende Beiträge zu leisten verpflichtet gewesen sei und diese geleistet habe. Dr. N sei aber nicht verpflichtet gewesen, für Jänner und Februar 1994 Beiträge zu leisten, da diese zur Gänze nachgelassen worden seien. Es müssten für die Gewährung von Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung nach dem klaren Wortlaut beide Tatbestände kumulativ erfüllt sein, nämlich die Verpflichtung zur Leistung und die tatsächliche Leistung. Im vorliegenden Fall sei keine der beiden Voraussetzungen erfüllt.

Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit fehlender hg. Rechtsprechung zur Auslegung der §§ 7, 10 und 24 der Satzung.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, zu der die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

6 Die maßgeblichen Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998 idF BGBl. I Nr. 105/2019, lauten auszugsweise:

„§ 104. (1) Beim Tod eines Kammerangehörigen oder eines Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung kann die Satzung des Wohlfahrtsfonds unter Berücksichtigung des Beitragsaufkommens für alle oder einzelne Gruppen von Hinterbliebenen von Kammerangehörigen oder Empfängern einer Alters- oder Invaliditätsversorgung die Gewährung

1. einer Bestattungsbeihilfe,

2. einer Hinterbliebenenunterstützung vorsehen.

(2) Das Ausmaß von Leistungen gemäß Abs. 1 ist in der Satzung des Wohlfahrtsfonds festzulegen und kann hinsichtlich der Hinterbliebenenunterstützung je nach Berufsausübung für Kammerangehörige und Empfänger einer Alters- oder Invaliditätsversorgung unterschiedlich sein.

(3) Auf die Bestattungsbeihilfe und die Hinterbliebenenunterstützung haben, sofern der verstorbene Kammerangehörige oder Empfänger einer Alters- oder Invaliditätsversorgung nicht einen anderen Zahlungsempfänger namhaft gemacht und hierüber eine schriftliche, eigenhändig unterschriebene Erklärung beim Wohlfahrtsfonds hinterlegt hat, nacheinander Anspruch:

1. die Witwe (der Witwer) oder der eingetragene Partner,

2. die Waisen und

3. sonstige gesetzliche Erben.

(4) Sind mehrere Anspruchsberechtigte gemäß Abs. 3 Z 2 oder 3 vorhanden, ist diesen die Leistung zur ungeteilten Hand auszubezahlen.

(5) Ist eine anspruchsberechtigte Person im Sinne des Abs. 3 nicht vorhanden und werden die Kosten der Bestattung von einer anderen Person getragen, so gebührt dieser auf Antrag der Ersatz der nachgewiesenen Kosten bis zur Höhe der vorgesehenen Bestattungsbeihilfe.

...

Ermäßigung der Fondsbeiträge

§ 111. Die Satzung kann bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände auf Antrag des Kammerangehörigen oder des Pensionsleistungsempfängers (§ 109 Abs. 8) nach Billigkeit eine Ermäßigung oder in Härtefällen den Nachlass der Wohlfahrtsfonds- oder Pensionssicherungsbeiträge vorsehen.“

7 Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Kärnten (Verordnung 01/2020) lauten auszugsweise:

„§ 7 Beitragspflicht

(1) Ordentliche Kammerangehörige haben ab Beginn ihrer Kammerangehörigkeit nach Maßgabe des Ärztegesetzes und dieser Satzung Beiträge zu leisten und haben Anspruch auf Leistungen des Wohlfahrtsfonds. Die Unterscheidung in ordentliche und außerordentliche Kammerangehörige wird für Ärzte nach dem Ärztegesetz und für Zahnärzte nach dem Zahnärztekammergesetz beurteilt (§ 68 ÄrzteG., § 13 ZÄKG). Jene Ärzte, die gemäß § 59 Abs. 1 lit. 3 Z c) bis e) ÄrzteG nicht aus der Ärzteliste gestrichen wurden, sind beitragsmäßig wie außerordentliche Mitglieder einzustufen, sofern keine ärztlichen Einkünfte erzielt werden. Werden ärztliche Einkünfte erzielt, sind die Mitglieder beitragsmäßig entsprechend dieser Tätigkeit einzustufen.

(2) Außerordentliche Kammerangehörige können sich über Antrag vom Verwaltungsausschuss zur Leistung von Beiträgen freiwillig verpflichten, um in den Genuss der Leistung des Wohlfahrtsfonds zu gelangen. Diese Verpflichtung erstreckt sich auf folgende Leistungsarten: Altersversorgung, Ersatz von Krankenhauskosten und Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung. Eine Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen für das Krankengeld ist für außerordentliche Kammerangehörige nicht möglich. Im übrigen gelten die Bestimmungen wie für ordentliche Kammerangehörige.
Eine rückwirkende Befreiung von der Beitragsverpflichtung außerordentlicher Kammerangehöriger kann vom Verwaltungsausschuss auf Antrag bei vorliegenden Härtefällen beschlossen werden.

...

§ 10 Ermäßigung und Nachlass der Beiträge

(1) Für die Dauer des Vorliegens berücksichtigungswürdiger Umstände kann der Verwaltungsausschuss auf Antrag des Kammerangehörigen nach Billigkeit eine Stundung oder Ermäßigung, in Härtefällen auch den Nachlass der Fondsbeiträge, bewilligen (§ 111 ÄrzteG).

(2) Als berücksichtigungswürdige Umstände gelten insbesondere: Mehrere in Ausbildung stehende Kinder, hohe finanzielle Belastungen nach Eröffnung einer Praxis, unverschuldeter wirtschaftlicher Notstand sowie eine zeitlich begrenzte Unterbrechung der Berufsausübung, wobei die Zahlung der Beiträge zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung führen würde.

(3) Die Auswirkungen der Ermäßigung oder des Nachlasses auf den Leistungsanspruch sind in den Bescheid aufzunehmen.

(4) Wird weder Ermäßigung noch Nachlass gewährt und werden die Beiträge trotz Mahnung nicht entrichtet, ruht ab dem Zeitpunkt der Mahnung der Anspruch auf Unterstützungsleistungen.

(5) ...

(6) Nach Wegfall der die Beitragsermäßigung begründenden Umstände sind weiterhin die vollen Beiträge zu leisten.

...

§ 24 Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung

(1) Nach Ableben eines Kammerangehörigen oder Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung wird die Bestattungsbeihilfe und die Hinterbliebenenunterstützung gewährt, sofern der Kammerangehörige auf Grund der Beitragsordnung entsprechende Beiträge zu leisten verpflichtet war und geleistet hat.

(2) Die Bestattungsbeihilfe beträgt ...

(3) Auf die Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung haben, soferne der verstorbene Kammerangehörige oder Empfänger einer Alters- oder Invaliditätsversorgung nicht einen anderen Zahlungsempfänger namhaft gemacht und hierüber eine schriftliche eigenhändig unterschriebene Erklärung bei der Ärztekammer hinterlegt hat, nacheinander Anspruch:

1. die Witwe (der Witwer) bzw. der hinterbliebene eingetragene Partner,

2. die Waisen und

3. sonstige gesetzliche Erben.

Sind mehrere Anspruchsberechtigte nach lit. b) oder c) vorhanden, ist diesen die Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung zur ungeteilten Hand auszubezahlen.

(4) Ist eine anspruchsberechtigte Person im Sinne des Abs. 3 nicht vorhanden und werden die Kosten der Bestattung von einer anderen Person getragen, so gebührt dieser auf Antrag der Ersatz der nachgewiesenen Kosten bis zur Höhe der Bestattungsbeihilfe.

Die Ärztekammer ist berechtigt, die Auszahlung der Bestattungsbeihilfe und der Hinterbliebenenunterstützung ganz oder zum Teil erst dann vorzunehmen, wenn der Empfänger die Leistung der mit dem Todesfall zusammenhängenden, notwendigen und den Standesinteressen entsprechenden Zahlungen nachgewiesen hat. Forderungen der Ärztekammer an den Verstorbenen, wie z.B. Beitrags- und Umlagenrückstände, sind von der Hinterbliebenenunterstützung in Abzug zu bringen. Der Anspruch auf Hinterbliebenenunterstützung vermindert sich um einen derartigen Abzug.

(5) Übergangsbestimmung: Aufgrund der Änderung des § 104 Ärztegesetz wird mit die bis dahin geltende Todesfallbeihilfe durch die Bestattungsbeihilfe und die Hinterbliebenenunterstützung ersetzt. Die bis namhaft gemachten Zahlungsempfänger für die Todesfallbeihilfe gelten als Zahlungsempfänger für die Bestattungsbeihilfe und die Hinterbliebenenunterstützung.“

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Revisionswerber auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die maßgeblichen Gründe für die Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Dies ist so zu verstehen, dass eine ordentliche Revision zurückzuweisen ist, wenn die in der Begründung des Zulässigkeitsausspruchs des Verwaltungsgerichts vertretene Auffassung über das Vorliegen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG, von denen die Behandlung der Revision abhänge, vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt wird und in der ordentlichen Revision unter Zulässigkeitserwägungen keine anderen derartigen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung konkret dargelegt werden (vgl. etwa , mwN).

12 Zunächst wirft das die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts wiederholende Vorbringen, es fehle hg. Rechtsprechung zur Auslegung der §§ 7, 10 und 24 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Kärnten, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf: Dieses Vorbringen ist in seiner Allgemeinheit nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, weil nicht konkret unter Bezugnahme auf den Revisionsfall dargelegt wird, inwiefern das rechtliche Schicksal der Revision von der von der Revisionswerberin vermissten Rechtsprechung abhängt. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht zuständig (vgl. etwa , mwN). Anzumerken bleibt, dass die vom Verwaltungsgericht (zutreffend) vorgenommene Auslegung des § 24 Abs. 1 der Satzung („zu leisten verpflichtet war und geleistet hat“) trotz fehlender hg. Rechtsprechung aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Bestimmung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. etwa , , Ra 2017/04/0104, , Ro 2022/05/0021 bis 0026, jeweils mwN).

13 Soweit die Revisionswerberin vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob ein formloses Schreiben als Bescheid gewertet werden könne, übersieht sie die hg. Judikatur, der zufolge das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich ist, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat. Ergibt sich ein solcher rechtsverbindlicher Abspruch bereits aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung, dann liegt ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher vor (vgl. zum Ganzen , mwN). Auch formlose Schreiben können daher Bescheide sein. Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung ist für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung ebenso wenig entscheidend wie eine Gliederung dieser Erledigung nach Spruch und Begründung (vgl. , Rn. 55, mwN).

14 Das an den Verwaltungsausschuss der Ärztekammer für Kärnten gerichtete Ansuchen des Dr. N vom um finanzielle Unterstützung wurde mit folgendem Schreiben beantwortet:

„Ärztekammer für Kärnten

Verwaltungsausschuss

Herrn

Dr. A... N...

[Adresse]

Klagenfurt, 1994 11 18

...

Betrifft: Ansuchen um finanzielle Unterstützung

Sehr geehrter Herr Kollege!

Der Verwaltungsausschuss der Ärztekammer für Kärnten hat sich in seiner Sitzung am  mit ihrem Ansuchen befaßt. Es wurde beschlossen, die Beitragsvorschreibung für das 1. Quartal 1994 zu stornieren.

Eine finanzielle Unterstützung seitens der Ärztekammer für Kärnten kann nicht gewährt werden, jedoch bestünde die Möglichkeit, ... um die Auszahlung der Ärztekammerpension anzusuchen. Die Höhe würde sich ... auf ... belaufen.

Mit vorzüglicher Hochachtung!

Für die Ärztekammer für Kärnten:

Der Vorsitzende des
Verwaltungsausschusses: Der Finanzreferent:

[Unterschrift] [Unterschrift]

(Dr. U. A...) (Dr. W. B...)

Der Präsident:

[Unterschrift]

(OMR Dr. W. E...)

P.S.: Die ... übermittelten Stempelmarken ... liegen diesem Schreiben bei.“

15 Mit diesem Schreiben wurde dem Dr. N zur Kenntnis gebracht, dass der Verwaltungsausschuss beschlossen hat, die von Dr. N geschuldeten Beiträge zu „stornieren“ (was - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführte - nur einen vollständigen Nachlass der Beiträge bedeuten kann). Da somit iSd. zuvor dargestellten hg. Judikatur von der belangten Behörde normativ eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden wurde, wird mit dem gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, es liege ein Bescheid vor, gerichteten Revisionsvorbringen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Daran ändert es entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen auch nichts, dass der in § 10 Abs. 3 der Satzung normierten Verpflichtung, die Auswirkungen der Ermäßigung oder des Nachlasses auf den Leistungsanspruch in den Bescheid aufzunehmen, nicht entsprochen wurde.

16 Gleiches gilt für das Vorbringen, bei der Gewährung des Nachlasses der Beitragszahlungen sei § 10 Abs. 2 der Satzung unrichtig angewendet worden, was ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der hg. Judikatur bedeute. Der Nachlass - und damit eine allenfalls unrichtige Anwendung des § 10 Abs. 2 der Satzung - erfolgte mit demselben rechtskräftigen Bescheid vom , über den das Verwaltungsgericht im revisionsgegenständlichen Verfahren nicht abzusprechen hatte (und auch nicht abgesprochen hat).

17 Auch das Vorbringen, es sei als Zustimmung der belangten Behörde zu werten, wenn diese in den 14 Jahren zwischen der Übermittlung der Verfügung des Dr. N vom über die Todesfallbeihilfe bis zu seinem Ableben nicht auf diese Verfügung reagiert habe, führt nicht zur Zulässigkeit der Revision. Aus dem bloßen Schweigen der Behörde auf eine Mitteilung kann nämlich nicht auf eine bestimmte Äußerung eines Behördenorganes geschlossen werden (vgl. etwa ; , 2011/06/0183; , 2011/17/0081).

18 Ebenso ist die vorgebrachte Verletzung der Manuduktionspflicht nach § 13a AVG durch die belangte Behörde anlässlich der Verfügung des Dr. N über die Todesfallbeihilfe im Jahr 2005 nicht ersichtlich. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, bezieht sich die Belehrungspflicht gemäß § 13a AVG nur auf anhängige Verfahren und reicht nicht so weit, dass die Partei zur Stellung bestimmter Anträge anzuleiten wäre. Auch besteht keine Pflicht der Behörde zur Belehrung über ordnungsgemäß kundgemachte Normen vor Bescheiderlassung. Die Erörterung künftiger möglicher Rechtsfolgen in einem anhängigen oder in weiteren Verfahren geht weit über die gemäß § 13a AVG gebotene Manuduktion hinaus (vgl. etwa bis 0040, mwN). Vor dem Hintergrund des § 7 Abs. 2 der Satzung (dessen klarem Wortlaut zufolge sich außerordentliche Kammerangehörige zur Leistung von Beiträgen freiwillig verpflichten können, um Leistungen des Wohlfahrtsfonds - zu denen auch Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung gehören - zu erlangen) war die belangte Behörde somit entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen nicht verpflichtet, Dr. N anlässlich der Übermittlung seiner Verfügung über die Todesfallbeihilfe im Jahr 2005 über die Folgen der (weiteren) Nichtzahlung von Beiträgen für die Hinterbliebenen zu belehren.

19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

20 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff. VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Normen
ÄrzteG 1998 §104
ÄrzteG 1998 §104 Abs1
AVG §13a
VwGG §34 Abs1
VwRallg
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RO2020110010.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAF-46545