VwGH 25.05.2022, Ro 2020/08/0005
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Schlichtungsstellen nach § 144 ArbVG entscheiden über Streitigkeiten zwischen dem Betriebsrat und dem Betriebsinhaber über den Abschluss, die Abänderung oder Aufhebung von Betriebsvereinbarungen in bestimmten im Gesetz (insbesondere in § 97 Abs. 2 und § 109 Abs. 3 ArbVG) genannten Angelegenheiten der notwendigen oder erzwingbaren Mitbestimmung. Streitteile (Parteien) vor der Schlichtungsstelle sind der Betriebsrat und der Betriebsinhaber. |
Normen | |
RS 2 | Hinsichtlich der Verlängerung der Partei- und Prozessfähigkeit des Betriebsrates enthält § 62a ArbVG eine Sonderregelung. Vor Inkrafttreten dieser Bestimmung mit durch BGBl Nr. 394/1986 sprach der VwGH aus, dass die Parteifähigkeit eines Betriebsrates im Verfahren vor der Schlichtungsstelle durch die mit der Betriebseinstellung nach § 62 Z 1 ArbVG bewirkte Beendigung seiner Funktionsperiode ende (, VwSlg 10277 A/1980). Durch § 62a ArbVG wurde dem Betriebsrat in den Fällen der §§ 61 und 62 Z 1 und 2 ArbVG die Möglichkeit eingeräumt, ein begonnenes Verfahren zu Ende zu führen. Insbesondere wurde dabei auf den Fall eines Verfahrens über einen Sozialplan bei dauernder Betriebsstilllegung abgezielt. Ein Zustandekommen eines Sozialplans soll insoweit insbesondere nicht durch ein Hinauszögern des Verfahrens verhindert werden können. |
Normen | |
RS 3 | § 62a ArbVG setzt voraus, dass die Tätigkeitsdauer des Betriebsrates nach den §§ 61 und 62 Z 1 und 2 ArbVG während des Verfahrens endet. Verlangt wird somit, dass die Einleitung des Verfahrens vor Eintritt der Tatbestände nach §§ 61 und 62 Z 1 und 2 ArbVG erfolgt (vgl. ). Das Verfahren vor einer Schlichtungsstelle wird nach § 144 Abs. 1 ArbVG durch einen Antrag an den Präsidenten des in Betracht kommenden Gerichtshofes auf Entscheidung einer Streitigkeit begonnen. |
Normen | |
RS 4 | Mit trat die Aufhebung der §§ 58a und 58b PatG 1970 durch die Novelle BGBl. I Nr. 71/2016 in Kraft (§ 180c PatG 1970). Damit wurde die Teilrechtsfähigkeit des Patentamts beseitigt. Jedenfalls mit diesem Zeitpunkt wurde die (eigene) betriebliche Tätigkeit des teilrechtsfähigen Bereichs des Patentamts eingestellt. |
Normen | |
RS 5 | Wird eine Anfechtung der Betriebsratswahl unterlassen, hat auch eine allenfalls fehlende Betriebseigenschaft keinen Einfluss auf die Bestands- und Tätigkeitsdauer des Betriebsrates (vgl. ; RIS-Justiz RS0051150). (hier: Selbst wenn kein Betrieb im Sinn des § 34 Abs. 1 ArbVG, sondern nur eine unselbstständige Betriebsabteilung vorgelegen sein sollte, könnte dies an der Partei- und Prozessfähigkeit des Betriebsrates des [im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit nach § 58a Abs. 1 PatG 1970 vor der Novelle BGBl. I Nr. 71/2016 geführten] Betriebs des Österreichischen Patentamts nichts ändern. Bei Einstellung auch einer solchen bloßen Betriebsabteilung gelangt daher § 62a ArbVG zur Anwendung.) |
Normen | |
RS 6 | Der teilrechtsfähige Bereich des Patentamts - und nicht der Bund - war gemäß § 58b Abs. 3 PatG 1970 (idF vor BGBl. I Nr. 71/2016) Arbeitgeber der Arbeitnehmer, die für die nach § 58a Abs. 1 PatG 1970 (idF vor BGBl. I Nr. 71/2016) durchgeführten Service- und Informationsleistungen beschäftigt wurden. Das Patentamt war im Rahmen seiner Teilrechtsfähigkeit somit Betriebsinhaber und damit zunächst Streitteil des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle. (hier: Einleitung des Verfahrens durch den Betriebsrat des [im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit nach § 58a Abs. 1 PatG 1970 vor der Novelle BGBl. I Nr. 71/2016 geführten] Betriebs des Österreichischen Patentamts vor Inkrafttreten der Aufhebung der §§ 58a und 58b PatG 1970 durch die Novelle BGBl. I Nr. 71/2016 [§ 180c PatG 1970].) |
Normen | |
RS 7 | Hinsichtlich des Eintritts eines Rechtsnachfolgers in ein Verfahren auf der Seite des Betriebsinhabers enthält das ArbVG keine Sonderregelungen. Insoweit ist auf die Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach bei einer Gesamtrechtsnachfolge der Gesamtrechtsnachfolger, wenn es sich bei dem relevanten Recht (bzw. der Verpflichtung) um ein (eine) solches (solche) handelt, das (die) übertragen werden kann - also nicht höchstpersönlich ist -, auch verfahrensrechtlich in die Position eintritt, in der sich auch der Rechtsvorgänger befunden hat (vgl. ; , 2012/12/0148; jeweils mwN). Der VwGH hat im Sinn dessen darauf hingewiesen, dass der in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur entwickelte Grundsatz, dass bei "persönlichen" Verwaltungssachen eine Rechtsnachfolge im Allgemeinen nicht, sondern nur in solchen Fällen in Betracht komme, in denen die zu erlassenden Bescheide "dingliche Wirkung" haben, sich jedenfalls auf den Fall der gesellschaftsrechtlich bewirkten Universalsukzession nicht anwenden lässt. Eine gesellschaftsrechtliche Universalsukzession erfasst auch verwaltungsrechtlich verliehene Berechtigungen und führt in der Regel zur Rechtsnachfolge der Nachfolgegesellschaft in die Parteistellung der Vorgängergesellschaft, ohne dass es auf eine (mit Grund und Boden verknüpfte) Dinglichkeit des in der betroffenen Verwaltungsangelegenheit zu erlassenden oder erlassenen Bescheides ankäme (vgl. ; , 97/07/0168). Diese Grundsätze hat der VwGH - in Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit einer gesellschaftsrechtlichen Universalsukzession - auch auf Fälle übertragen, in denen in einer gesetzlichen Regelung eine Gesamtrechtsnachfolge und damit die Übertragung aller Rechte und Pflichten von einem bestimmten Rechtsträger auf einen bestimmten anderen Rechtsträger angeordnet wird (vgl. ). |
Normen | |
RS 8 | Nach § 176c Abs. 4 PatG 1970 hat der Bund neben dem Vermögen sowie sonstigen Rechten auch alle Verbindlichkeiten übernommen, die das Patentamt im Rahmen seiner Teilrechtsfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen erworben oder begründet hat. § 176c PatG 1970 normiert somit insoweit eine - einer gesellschaftsrechtlichen Universalsukzession vergleichbare - Gesamtrechtsnachfolge, von der bereits begründete Verpflichtungen als Dienstgeber nach dem ArbVG nicht ausgenommen wurden. |
Normen | |
RS 9 | Im Zuge eines Sozialplans umfasst die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien - anders als bei sonstigen Betriebsvereinbarungen - auch Maßnahmen zugunsten von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnisse bereits beendet worden sind (vgl. ). Wie sich auch aus § 62a ArbVG ergibt, kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 109 Abs. 3 ArbVG ein Sozialplan auch dann noch durchgesetzt werden, wenn ein dem II. Teil des ArbVG unterliegender Betrieb bereits dauernd eingestellt wurde. § 97 Abs. 1 Z 4 und § 109 Abs. 3 ArbVG stellen somit auf eine Betriebsänderung (§ 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 ArbVG) hinsichtlich eines Betriebes ab, der in den Anwendungsbereich des II. Teiles des ArbVG fällt. Nicht von Bedeutung ist dagegen, ob nach der Betriebsänderung noch ein solcher Betrieb vorliegt. Bei der Stilllegung des Betriebes (§ 109 Abs. 1 Z 1 ArbVG) ist dies nämlich voraussetzungsgemäß gerade nicht der Fall. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie die Hofräte Mag. Stickler, Mag. Cede und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des Betriebsrates des (im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit nach § 58a Abs. 1 Patentgesetz 1970 vor der Novelle BGBl. I Nr. 71/2016 geführten) Betriebs des Österreichischen Patentamts, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W121 2182634-1/23E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Entscheidung der Schlichtungsstelle nach dem ArbVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Schlichtungsstelle beim Arbeits- und Sozialgericht Wien; mitbeteiligte Partei: der Bund, vertreten durch Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Köllnerhofgasse 6/2), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Schriftsatz vom (eingelangt am selben Tag) beantragte der revisionswerbende Betriebsrat des Österreichischen Patentamts (in der Folge: Betriebsrat) bei der Präsidentin des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien die Errichtung einer Schlichtungsstelle gemäß § 144 ArbVG. Dazu brachte der Betriebsrat vor, Antragsgegnerin sei das Österreichische Patentamt (in der Folge: Patentamt) im Rahmen seiner Teilrechtsfähigkeit. Diese Teilrechtsfähigkeit gehe gemäß § 180c Patentgesetz 1970 (PatG) in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2016 mit Ablauf des verloren. Die im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit beschäftigten Personen könnten gemäß § 176c Abs. 1 PatG in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2016 in ein vertragliches Dienstverhältnis zum Bund wechseln. Damit sei eine Geltung des Dienst- und Besoldungsrechtes für Vertragsbedienstete des Bundes verbunden. Für einzelne Beschäftigte ergebe sich daraus eine wesentliche Verschlechterung der Entgeltbedingungen. Verhandlungen über den Abschluss eines Sozialplans nach § 109 Abs. 3 ArbVG seien erfolglos geblieben. Unter einem stellte der revisionswerbende Betriebsrat den Sachantrag, die Schlichtungsstelle möge eine entsprechende Betriebsvereinbarung erlassen, in der eine Ergänzungszulage für die betroffenen Arbeitnehmer festzusetzen sei.
2 Das Patentamt beantragte, den Antrag mangels Rechts- und Parteifähigkeit des Patentamts zurückzuweisen. Der vormals teilrechtsfähige Bereich - die sogenannte „serv.ip“ - sei durch die mit wirksam gewordene Aufhebung der Teilrechtsfähigkeit in die Hoheitsverwaltung eingegliedert worden. Das Patentamt sei nunmehr eine nachgeordnete Bundesbehörde, die nicht selbständig rechts- bzw. parteifähig sei. Auf eine solche Bundesbehörde sei der II. Teil des ArbVG gemäß § 33 Abs. 2 Z 2 ArbVG nicht anwendbar. Es bestehe für die Belegschaft daher auch keine Möglichkeit mehr, eine Betriebsvereinbarung - insbesondere einen Sozialplan - durchzusetzen. Tatsächlich sei aber ohnehin auch bereits zuvor ein einheitlicher Betrieb des Patentamts unter Einbeziehung auch des teilrechtsfähigen Teils vorgelegen. Auch die inhaltlichen Voraussetzungen eines Sozialplans seien nicht gegeben.
3 Mit Bescheid vom sprach die beim Arbeits- und Sozialgericht Wien nach § 144 ArbVG errichtete Schlichtungsstelle aus, die Bezeichnung des Antragsgegners werde auf die Republik Österreich berichtigt (Spruchpunkt 1.). Der Antrag auf Festsetzung eines Sozialplans nach § 109 Abs. 3 ArbVG werde abgewiesen (Spruchpunkt 2.).
4 Begründend führte die Schlichtungsstelle zusammengefasst aus, die 44 Personen, die zum beim teilrechtsfähigen Bereich des Patentamts beschäftigt gewesen seien, seien mit in Dienstverhältnisse zum Bund übernommen worden. Im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit habe auch die Befugnis zum Abschluss von Arbeitsverträgen bestanden. Daraus habe sich als Reflexwirkung die Parteifähigkeit des teilrechtsfähigen Bereichs des Patentamts - der serv.ip - im Verfahren zur Erzwingung eines Sozialplans nach § 109 Abs. 3 ArbVG ergeben. Hinsichtlich der Frage, ob ein Verwaltungsverfahren mit einem Rechtsnachfolger fortzusetzen sei, sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblich, ob eine „persönliche“ oder „dingliche“ Verwaltungssache vorliege. Ein Sozialplan werde nach § 31 Abs. 4 ArbVG als Betriebsvereinbarung durch einen Übergang des Betriebes auf einen anderen Betriebsinhaber nicht in seiner Geltung berührt. Darin zeige sich seine dingliche Wirkung, sodass das Verfahren mit der Republik Österreich als Rechtsnachfolgerin fortzusetzen sei. Der Antrag sei somit zulässig. Er sei jedoch inhaltlich nicht berechtigt. Die serv.ip sei zwar ein Betrieb im Sinn des ArbVG gewesen, der im Sinn des § 109 Abs. 1 Z 1 ArbVG eingestellt worden sei. Eine wesentliche Verschlechterung der Entgeltbedingungen sei jedoch nur für wenige Arbeitnehmer eingetreten, sodass keine wesentlichen Nachteile für einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft im Sinn des § 109 Abs. 3 ArbVG entstanden und die Voraussetzungen der Durchsetzung eines Sozialplans daher nicht gegeben seien.
5 Gegen diesen Bescheid erhob der Betriebsrat eine Beschwerde.
6 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid der Schlichtungsstelle auf und wies den Antrag des Betriebsrates als unzulässig zurück. Weiter sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
7 In seiner Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensganges aus, am seien 44 Personen bei der serv.ip - dem vormals teilrechtsfähigen Teil des Patentamts - beschäftigt gewesen. Die serv.ip habe zuletzt über ein Vermögen von drei Millionen Euro verfügt. Im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit sei die serv.ip berechtigt gewesen, Dienstverträge abzuschließen. Insoweit sei auch das ArbVG anzuwenden gewesen. Die serv.ip habe mit durch die Patentgesetz-Novelle 2016, BGBl I Nr. 71/2016, ihre Rechtsfähigkeit zur Gänze verloren. Die Dienstverhältnisse seien mit vom Bund übernommen worden. Für neun Beschäftigte seien damit (mehr oder weniger hohe) Einkommensverluste verbunden gewesen. Entgegen der Ansicht der Schlichtungsstelle liege jedoch keine dingliche, sondern eine persönliche Verwaltungssache vor. Das zu Grunde liegende Rechtsverhältnis nach dem ArbVG knüpfe zumindest überwiegend an die persönlichen Eigenschaften der Berechtigten und Verpflichteten an. Hinzu komme, dass das ArbVG nach § 33 Abs. 2 Z 2 ArbVG für Behörden, Ämter und sonstige Verwaltungsstellen des Bundes nicht gelte. Die Möglichkeit, einen Sozialplan durchzusetzen, sei aber lediglich in einem Betrieb gegeben, der auch „der Betriebsverfassung“ unterliege, weshalb Dienstnehmern des Bundes diese Möglichkeit nicht offenstehe. Der Bund sei daher nicht in die Parteistellung eingetreten.
8 Die Revision sei zulässig, weil zu den zu lösenden Fragen, ob der Bund als Rechtsnachfolger des früheren teilrechtsfähigen Teils des Patentamts in die Parteistellung in einem Rechtsstreit wie dem vorliegenden eintrete, ob der Ausnahmetatbestand nach § 33 Abs. 2 Z 2 ArbVG greife sowie ob es sich bei dem vorliegenden Rechtsstreit um eine persönliche oder dingliche Verwaltungssache handle, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vorliege.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Vorverfahren durchgeführt, in dem der Bund eine Revisionsbeantwortung erstattet und die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision beantragt hat.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Die Revision verweist zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts. Entgegen den Annahmen des Bundesverwaltungsgerichts trete der Bund in die Parteistellung ein.
12 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
13 Zunächst wird darauf hingewiesen, dass die Parteibezeichnung der mitbeteiligten Partei nicht auf die „Republik Österreich“, sondern auf den Bund als Rechtsträger des Patentamtes zu lauten hat.
14 § 58a und § 58b Patentgesetz 1970 (PatG) lauteten vor der Novelle BGBl. I Nr. 71/2016 auszugsweise:
„58a. (1) Dem Patentamt kommt insofern Rechtspersönlichkeit (Teilrechtsfähigkeit) zu, als es berechtigt ist, durch folgende Service- und Informationsleistungen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes Vermögen und Rechte zu erwerben:
1. bis 10 [...]
(2) bis (4)“
„§ 58b.
(1) und (2) [...]
(3) Auf Dienst- und Werkverträge, die im Rahmen des Abs. 1 abgeschlossen werden, findet das auf die Art der Tätigkeit jeweils zutreffende Gesetz Anwendung. Ein Dienstverhältnis zum Bund wird nicht begründet.
(4) [...]
(5) Im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit wird das Patentamt durch den Geschäftsführer vertreten. [...] Das Patentamt hat in diesem Zusammenhang eine Bezeichnung zu führen, der die eigene Rechtspersönlichkeit zu entnehmen ist. Bei der Erbringung von Service- und Informationsleistungen gemäß § 58a Abs. 1 und insbesondere auch bei der diesbezüglichen kommerziellen Kommunikation ist jeglicher Hinweis auf eine behördliche oder amtliche Funktion zu vermeiden. Im Hinblick auf die Erbringung derartiger Service- und Informationsleistungen sind Kunden vor Vertragsabschluss darauf hinzuweisen, dass diese Leistungen im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit auf rein privatrechtlicher Basis und ohne behördlichen Charakter einschließlich der sich aus § 58a Abs. 4 letzter Satz ergebenden Rechtsfolge erbracht werden.
(6) [...]“
15 Mit der Novelle BGBl. I Nr. 71/2016 wurden § 58a und § 58b Patentgesetz 1970 (PatG) aufgehoben. § 176c leg. cit. lautet in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 71/2016 auszugsweise:
„176c. (1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Patentamt im Rahmen seiner Teilrechtsfähigkeit gemäß § 58b stehen und nicht gleichzeitig Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des Patentamts im Rahmen eines Dienstverhältnisses zum Bund sind, sind berechtigt, mit dem Außerkrafttreten des § 58b in ein vertragliches Dienstverhältnis zum Bund (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie - Patentamt) zu wechseln. [...] Das Arbeitsverhältnis jener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die Erklärung nicht rechtzeitig abgeben, oder die nicht ausschließlich in einem Arbeitsverhältnis zum Patentamt im Rahmen seiner Teilrechtsfähigkeit stehen, ist nach den für dieses Arbeitsverhältnis maßgeblichen Bestimmungen zu beenden.
(2) Für jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die eine Erklärung zum Wechsel in ein vertragliches Dienstverhältnis zum Bund gemäß Abs. 1 abgeben, aber kein solches Dienstverhältnis eingehen, endet das Arbeitsverhältnis zum Patentamt im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit mit dem Außerkrafttreten des § 58b unter Wahrung der arbeitsrechtlichen Ansprüche.
(3) [...]
(4) Der Bund übernimmt mit dem Außerkrafttreten der §§ 58a und 58b das Vermögen sowie sonstige Rechte und Verbindlichkeiten, die das Patentamt im Rahmen seiner Teilrechtsfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen erworben oder begründet hat. Der Bund haftet nur bis zum Ausmaß des übernommenen Vermögens.
(5) bis (7) [...]“
16 Die §§ 33, 62, 62a, 97, 109, 132, 144 ArbVG haben samt Überschriften auszugsweise folgenden Wortlaut:
„Geltungsbereich
§ 33 (1) Die Bestimmungen des II. Teiles gelten für Betriebe aller Art.
(2) Unter die Bestimmungen des II. Teiles fallen nicht
1. [...]
2. die Behörden, Ämter und sonstigen Verwaltungsstellen des Bundes, der Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden;
4. und 5. [...]“
„Vorzeitige Beendigung der Tätigkeitsdauer
§ 62 Vor Ablauf des im § 61 Abs. 1 bezeichneten Zeitraumes endet die Tätigkeitsdauer des Betriebsrates, wenn
1. der Betrieb dauernd eingestellt wird
2. bis 7. [...]“
„Verlängerung der Partei- und Prozeßfähigkeit
§ 62a. Endet die Tätigkeitsdauer des Betriebsrates nach den §§ 61 und 62 Z 1 und 2 während eines Verfahrens vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde, in dem der Betriebsrat Partei ist, so besteht seine Partei- und Prozeßfähigkeit in bezug auf dieses Verfahren bis zu dessen Abschluß, längstens jedoch bis zur Konstituierung eines neuen Betriebsrates, weiter. Dies gilt auch im Falle der Ergreifung eines außerordentlichen Rechtsmittels. Im Falle des § 62 Z 5 besteht die Partei- und Prozeßfähigkeit des Betriebsrates, dessen Wahl angefochten worden ist, in bezug auf dieses gerichtliche Verfahren bis zu dessen Abschluß weiter.“
„Betriebsvereinbarungen
§ 97. (1) Betriebsvereinbarungen im Sinne des § 29 können in folgenden Angelegenheiten abgeschlossen werden:
1. bis 3 [...]
4. Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung der Folgen einer Betriebsänderung im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6, sofern diese wesentliche Nachteile für alle oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft mit sich bringt;
5. bis 27. [...]
(2) Kommt in den in Abs. 1 Z 1 bis 6 und 6a bezeichneten Angelegenheiten zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat über den Abschluß, die Abänderung oder Aufhebung einer solchen Betriebsvereinbarung eine Einigung nicht zustande, so entscheidet - insoweit eine Regelung durch Kollektivvertrag oder Satzung nicht vorliegt - auf Antrag eines der Streitteile die Schlichtungsstelle.
(3) und (4) [...]“
„Mitwirkung bei Betriebsänderungen
§ 109. (1) [...] Als Betriebsänderungen gelten insbesondere
1. die Einschränkung oder Stillegung des ganzen Betriebes oder von Betriebsteilen;
1a. und 2. [...]
3. der Zusammenschluß mit anderen Betrieben;
4. Änderungen des Betriebszwecks, der Betriebsanlagen, der Arbeits- und Betriebsorganisation sowie der Filialorganisation;
5. bis 7. [...]
(1a) und (2) [...]
(3) Bringt eine Betriebsänderung im Sinne des Abs. 1 Z 1 bis 6 wesentliche Nachteile für alle oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft mit sich, so können in Betrieben, in denen dauernd mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind, Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung dieser Folgen durch Betriebsvereinbarung geregelt werden. Sind mit einer solchen Betriebsänderung Kündigungen von Arbeitnehmern verbunden, so soll die Betriebsvereinbarung auf die Interessen von älteren Arbeitnehmern besonders Bedacht nehmen. Kommt zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat über den Abschluß, die Abänderung oder Aufhebung einer solchen Betriebsvereinbarung eine Einigung nicht zustande, so entscheidet - insoweit eine Regelung durch Kollektivvertrag oder Satzung nicht vorliegt - auf Antrag eines der Streitteile die Schlichtungsstelle. [...]“
„Betriebe mit besonderer Zweckbestimmung und Verwaltungsstellen juristischer Personen des öffentlichen Rechts
§ 132. (1) Auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, wissenschaftlichen, erzieherischen oder karitativen Zwecken dienen, ferner auf Verwaltungsstellen von juristischen Personen öffentlichen Rechts und der Österreichischen Nationalbank sind die §§ 110 bis 112 nicht anzuwenden. §§ 108 und 109 Abs. 1 und 2 sind anzuwenden, soweit nicht die besondere Zweckbestimmung betroffen ist. § 109 ist jedenfalls anzuwenden, soweit es sich um Betriebsänderungen im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1a, 5 und 6 handelt.“
„Schlichtungsstelle
Errichtung und Zusammensetzung
§ 144.
(1) Zur Entscheidung von Streitigkeiten über den Abschluß, die Änderung oder die Aufhebung von Betriebsvereinbarungen in Angelegenheiten, in welchen das Gesetz die Entscheidung durch Schlichtungsstellen vorsieht, ist auf Antrag eines der Streitteile eine Schlichtungsstelle zu errichten. Die Schlichtungsstelle ist am Sitz des mit Arbeits- und Sozialrechtssachen in erster Instanz befaßten Gerichtshofes, in dessen Sprengel der Betrieb liegt, zu errichten. [...] Ein Antrag auf Entscheidung einer Streitigkeit durch die Schlichtungsstelle ist an den Präsidenten des in Betracht kommenden Gerichtshofes zu richten.“
17 Schlichtungsstellen nach § 144 ArbVG entscheiden über Streitigkeiten zwischen dem Betriebsrat und dem Betriebsinhaber über den Abschluss, die Abänderung oder Aufhebung von Betriebsvereinbarungen in bestimmten im Gesetz (insbesondere in § 97 Abs. 2 und § 109 Abs. 3 ArbVG) genannten Angelegenheiten der notwendigen oder erzwingbaren Mitbestimmung (vgl. Ritzberger-Moser in Jabornegg/Resch, ArbVG § 144, Rz 1). Streitteile (Parteien) vor der Schlichtungsstelle sind der Betriebsrat und der Betriebsinhaber.
18 Hinsichtlich der Verlängerung der Partei- und Prozessfähigkeit des Betriebsrates enthält § 62a ArbVG eine Sonderregelung. Vor Inkrafttreten dieser Bestimmung mit durch BGBl Nr. 394/1986 sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Parteifähigkeit eines Betriebsrates im Verfahren vor der Schlichtungsstelle durch die mit der Betriebseinstellung nach § 62 Z 1 ArbVG bewirkte Beendigung seiner Funktionsperiode ende (, VwSlg 10277 A/1980). Durch § 62a ArbVG wurde dem Betriebsrat in den Fällen der §§ 61 und 62 Z 1 und 2 ArbVG die Möglichkeit eingeräumt, ein begonnenes Verfahren zu Ende zu führen. Insbesondere wurde dabei auf den - auch im vorliegenden Verfahren gegenständlichen - Fall eines Verfahrens über einen Sozialplan bei dauernder Betriebsstilllegung abgezielt. Ein Zustandekommen eines Sozialplans soll insoweit insbesondere nicht durch ein Hinauszögern des Verfahrens verhindert werden können (vgl. Tomandl, Bemerkungen zu den §§ 96a und 62a Arbeitsverfassungsgesetz, ZAS 1986, 181).
19 § 62a ArbVG setzt voraus, dass die Tätigkeitsdauer des Betriebsrates nach den §§ 61 und 62 Z 1 und 2 ArbVG während des Verfahrens endet. Verlangt wird somit, dass die Einleitung des Verfahrens vor Eintritt der Tatbestände nach §§ 61 und 62 Z 1 und 2 ArbVG erfolgt (vgl. ; Burger-Ehrnhofer/Drs in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 62a Rz 16 [36.Lfg.]). Das Verfahren vor einer Schlichtungsstelle wird nach § 144 Abs. 1 ArbVG durch einen Antrag an den Präsidenten des in Betracht kommenden Gerichtshofes auf Entscheidung einer Streitigkeit begonnen.
20 Mit trat die Aufhebung der §§ 58a und 58b PatG durch die Novelle BGBl. I Nr. 71/2016 in Kraft (§ 180c PatG). Damit wurde die Teilrechtsfähigkeit des Patentamts beseitigt. Jedenfalls mit diesem Zeitpunkt wurde unstrittig die (eigene) betriebliche Tätigkeit des teilrechtsfähigen Bereichs des Patentamts eingestellt. Bereits zuvor - nämlich am - wurde das gegenständliche Verfahren durch den bei der Präsidentin des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien gestellten Antrag des Betriebsrates auf Errichtung einer Schlichtungsstelle gemäß § 144 ArbVG eingeleitet.
21 Von der mitbeteiligten Partei wurde im Verfahren der Schlichtungsstelle auch vorgebracht, die Tätigkeiten des teilrechtsfähigen Bereichs und des Patentamts als Bundesbehörde seien so verwoben gewesen, dass - entgegen den Behauptungen des Betriebsrates - immer ein einheitlicher Betrieb vorgelegen sei. Die wirksame Errichtung des revisionswerbenden Betriebsrates wurde allerdings nicht bestritten. Selbst wenn somit kein Betrieb im Sinn des § 34 Abs. 1 ArbVG, sondern nur eine unselbstständige Betriebsabteilung vorgelegen sein sollte, könnte dies an der Partei- und Prozessfähigkeit des revisionswerbenden Betriebsrates nichts ändern. Wird eine Anfechtung der Betriebsratswahl nämlich unterlassen, hat auch eine allenfalls fehlende Betriebseigenschaft keinen Einfluss auf die Bestands- und Tätigkeitsdauer des Betriebsrates (vgl. ; RIS-Justiz RS0051150). Bei Einstellung auch einer solchen bloßen Betriebsabteilung gelangt daher § 62a ArbVG zur Anwendung (vgl. Burger-Ehrnhofer/Drs aaO Rz 22). Der revisionswerbende Betriebsrat hat somit im vorliegenden Verfahren gemäß § 62a ArbVG seine Partei- und Prozessfähigkeit durch die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit des teilrechtsfähigen Bereichs des Patentamts nicht verloren.
22 Der teilrechtsfähige Bereich des Patentamts - und nicht der Bund - war gemäß § 58b Abs. 3 PatG (idF vor BGBl. I Nr. 71/2016) Arbeitgeber der Arbeitnehmer, die für die nach § 58a Abs. 1 PatG (idF vor BGBl. I Nr. 71/2016) durchgeführten Service- und Informationsleistungen beschäftigt wurden. Unstrittig war das Patentamt im Rahmen seiner Teilrechtsfähigkeit somit Betriebsinhaber und damit zunächst Streitteil des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle.
23 Hinsichtlich des Eintritts eines Rechtsnachfolgers in ein Verfahren auf der Seite des Betriebsinhabers enthält das ArbVG keine Sonderregelungen. Insoweit ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, wonach bei einer Gesamtrechtsnachfolge der Gesamtrechtsnachfolger, wenn es sich bei dem relevanten Recht (bzw. der Verpflichtung) um ein (eine) solches (solche) handelt, das (die) übertragen werden kann - also nicht höchstpersönlich ist -, auch verfahrensrechtlich in die Position eintritt, in der sich auch der Rechtsvorgänger befunden hat (vgl. ; , 2012/12/0148; jeweils mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Sinn dessen darauf hingewiesen, dass der in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur entwickelte Grundsatz, dass bei „persönlichen“ Verwaltungssachen eine Rechtsnachfolge im Allgemeinen nicht, sondern nur in solchen Fällen in Betracht komme, in denen die zu erlassenden Bescheide „dingliche Wirkung“ haben, sich jedenfalls auf den Fall der gesellschaftsrechtlich bewirkten Universalsukzession nicht anwenden lässt. Eine gesellschaftsrechtliche Universalsukzession erfasst auch verwaltungsrechtlich verliehene Berechtigungen und führt in der Regel zur Rechtsnachfolge der Nachfolgegesellschaft in die Parteistellung der Vorgängergesellschaft, ohne dass es auf eine (mit Grund und Boden verknüpfte) Dinglichkeit des in der betroffenen Verwaltungsangelegenheit zu erlassenden oder erlassenen Bescheides ankäme (vgl. ; , 97/07/0168). Diese Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof - in Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit einer gesellschaftsrechtlichen Universalsukzession - auch auf Fälle übertragen, in denen in einer gesetzlichen Regelung eine Gesamtrechtsnachfolge und damit die Übertragung aller Rechte und Pflichten von einem bestimmten Rechtsträger auf einen bestimmten anderen Rechtsträger angeordnet wird (vgl. ).
24 Nach § 176c Abs. 4 PatG hat der Bund neben dem Vermögen sowie sonstigen Rechten auch alle Verbindlichkeiten übernommen, die das Patentamt im Rahmen seiner Teilrechtsfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen erworben oder begründet hat. § 176c PatG normiert somit insoweit eine - einer gesellschaftsrechtlichen Universalsukzession vergleichbare - Gesamtrechtsnachfolge, von der bereits begründete Verpflichtungen als Dienstgeber nach dem ArbVG nicht ausgenommen wurden.
25 Von der mitbeteiligten Partei wurde argumentiert, für die Belegschaft bestehe keine Möglichkeit mehr, eine Betriebsvereinbarung - insbesondere einen Sozialplan - gegen den Bund durchzusetzen, weil das Patentamt nunmehr nach § 33 Abs. 2 Z 2 ArbVG von der Anwendung der Bestimmungen des II. Teiles ausgenommen sei. Mit diesen Ausführungen wird übersehen, dass der revisionswerbende Betriebsrat nicht die Belegschaft des nunmehrigen Patentamts vertritt, sondern - im Rahmen seiner nach § 62a ArbVG erhalten gebliebenen Partei- und Prozessfähigkeit - für die Belegschaft des (eingestellten) Betriebes des teilrechtsfähigen Bereichs des Patentamts auftritt und deren Recht nach dem ArbVG auf Erzwingung eines Sozialplans nach § 109 Abs. 3 ArbVG geltend macht.
26 Im Zuge eines Sozialplans umfasst die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien - anders als bei sonstigen Betriebsvereinbarungen - auch Maßnahmen zugunsten von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnisse bereits beendet worden sind (vgl. ; Födermayr in Jabornegg/Resch, ArbVG § 31 Rz 9). Wie sich auch aus § 62a ArbVG ergibt, kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 109 Abs. 3 ArbVG ein Sozialplan auch dann noch durchgesetzt werden, wenn ein dem II. Teil des ArbVG unterliegender Betrieb bereits dauernd eingestellt wurde. § 97 Abs. 1 Z 4 und § 109 Abs. 3 ArbVG stellen somit - wie das Bundesverwaltungsgericht verkannt hat - auf eine Betriebsänderung (§ 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 ArbVG) hinsichtlich eines Betriebes ab, der in den Anwendungsbereich des II. Teiles des ArbVG fällt. Nicht von Bedeutung ist dagegen, ob nach der Betriebsänderung noch ein solcher Betrieb vorliegt. Bei der Stilllegung des Betriebes (§ 109 Abs. 1 Z 1 ArbVG) ist dies nämlich voraussetzungsgemäß gerade nicht der Fall.
27 Entscheidend ist daher nicht, ob das Patentamt nunmehr in den Anwendungsbereich des II. Teiles des ArbVG, insbesondere auch des § 103 Abs. 3 ArbVG, fällt, sondern ob dies auf den bis im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit des Patentamts geführten Betrieb - die sogenannte „serv.ip“ - zutraf. Dies wurde aber weder vom Bundesverwaltungsgericht noch von den Verfahrensparteien in Abrede gestellt. Auch für den Verwaltungsgerichtshof ist das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes (§ 33 Abs. 2 Z 2 bzw. § 132 Abs. 1 ArbVG) nicht ersichtlich.
28 Aufgrund der in § 176c Abs. 4 PatG angeordneten Gesamtrechtsnachfolge trat der Bund in die nach §§ 97 und 109 ArbVG begründeten Verpflichtungen sowie nach dem Gesagten als Rechtsnachfolger in die Parteistellung des teilrechtsfähigen Bereichs des Patentamts im Verfahren der Schlichtungsstelle nach § 144 ArbVG ein. Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher die Beschwerde nicht zurückweisen dürfen, sondern die Voraussetzungen eines Sozialplans nach § 109 Abs. 3 ArbVG inhaltlich prüfen müssen.
29 Das angefochtene Erkenntnis war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
30 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | ABGB §819 ArbVG §109 Abs1 Z1 ArbVG §109 Abs3 ArbVG §144 ArbVG §144 Abs1 ArbVG §34 Abs1 ArbVG §59 ArbVG §61 ArbVG §62 Z1 ArbVG §62 Z2 ArbVG §62a ArbVG §97 Abs1 Z4 ArbVG §97 Abs2 AVG §56 AVG §68 Abs1 AVG §8 PatG 1970 §176c Abs4 idF 2016/I/071 PatG 1970 §176c idF 2016/I/071 PatG 1970 §180c idF 2016/I/071 PatG 1970 §58a PatG 1970 §58a Abs1 PatG 1970 §58b PatG 1970 §58b Abs3 |
Schlagworte | Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Person des Bescheidadressaten dingliche Wirkung |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RO2020080005.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-46540