VwGH 20.06.2023, Ro 2020/06/0092
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Die in § 5 Z 10 Slbg ROG 2009 enthaltene Definition des Begriffs "Privatzimmervermietung" und damit verbunden der Begriff "Hausverband" haben mit der Novelle LGBl. Nr. 82/2017 Eingang in das Slbg ROG 2009 gefunden. Der Salzburger Landesgesetzgeber hat sich bei der Legaldefinition der Privatzimmervermietung an der in Art. III der B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444, enthaltenen Definition orientiert. Die Anordnung, wonach sich die Gästezimmer bzw. Wohneinheiten innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden müssen, dient den Materialien (vgl. RV 307 BlgLT 5. Session 15. GP) zur ROG-Novelle LGBl. Nr. 82/2017 zufolge somit erkennbar der Sicherstellung des Vorliegens einer "häuslichen Nebenbeschäftigung" in Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit (vgl. zu der als häusliche Nebenbeschäftigung vom Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG ausgenommenen Privatzimmervermietung etwa VfSlg 7074/1973; s. dazu auch § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 sowie , mwN). Dabei sollte lediglich dem Umstand, ob die Gäste in Gästezimmern oder in (bis zu drei) selbständigen Wohneinheiten beherbergt werden, keine entscheidende Bedeutung zukommen; es sollte also keine Rolle spielen, ob einzelne Zimmer oder Wohneinheiten, die neben einem oder mehreren Zimmern auch über eine Kochgelegenheit bzw. eigene Sanitäranlagen verfügen, vermietet werden, solange sich diese innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden. Eine Abweichung vom Erfordernis einer "häuslichen Tätigkeit" war hingegen nicht intendiert. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2020/06/0004 E RS 1 |
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RS 2 | Wie der VwGH zu § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 bereits ausgesprochen hat, darf das Merkmal dieses gesetzlichen Ausnahmetatbestandes, dass die Beschäftigung eine "häusliche" zu sein hat, zwar nicht zu eng ausgelegt werden, es muss sich aber dennoch insofern um eine "häusliche" Beschäftigung handeln, als sie im Rahmen des eigenen Hausstandes auszuüben ist. Die Privatzimmervermietung setzt als häusliche Nebenbeschäftigung somit ein Naheverhältnis zum Hausstand des Vermieters voraus, weil es sich um eine Beschäftigung im Rahmen des eigenen Hausstandes handeln muss (vgl. , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2020/06/0004 E RS 2 |
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RS 3 | Der Salzburger Landesgesetzgeber hat im Rahmen der Regelung des Ausnahmetatbestandes des § 31b Abs. 2 Z 4 Slbg ROG 2009 darauf abgestellt, dass es sich bei der Privatzimmervermietung nur um eine (akzessorisch) zulässige Nebennutzung zur Hauptverwendung handle, weshalb diese - auch angesichts des mit dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen unter anderem verfolgten Zieles, bisher auf dem Wohnungsmarkt für Hauptwohnsitze nicht in Erscheinung tretende touristisch genutzte Wohnungen dem Wohnungsmarkt zuzuführen, - von der Bewilligungspflicht ausgenommen sei (vgl. RV 307 BlgLT 5. Session 15. GP). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2020/06/0004 E RS 3 |
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RS 4 | Die in § 5 Z 10 Slbg ROG 2009 enthaltene Anordnung, wonach sich die Gästezimmer bzw. Wohneinheiten innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden müssen, ist dahin zu verstehen, dass eine räumlich-funktionelle Verbindung der vermieteten Wohneinheiten mit der Vermieterwohnung bestehen muss. Ob eine solche Verbindung vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände jeweils im konkreten Einzelfall zu beurteilen. Dabei wird dem Erfordernis der räumlichen Verbindung mit der Vermieterwohnung im Sinn einer inneren Erschließung umso weniger Gewicht zukommen, je ausgeprägter die funktionelle Verbindung ist (vgl. ). Im Revisionsfall besteht keinerlei räumliche Verbindung im Sinn einer inneren Erschließung zwischen der zum Tatzeitpunkt vermieteten Wohneinheit in "Haus ZB" und dem Wohnhaus des Revisionswerbers "Haus FC". Alleine die gemeinsame Nutzung einer Tiefgarage bzw. von - nicht näher genannten - haustechnischen Anlagen, die nicht baulich an das Wohngebiet "Haus FC" angebunden sind, stellen demgegenüber keine so ausgeprägte funktionelle Verbindung dar, dass fallbezogen das Vorliegen einer Privatzimmervermietung zu Recht angenommen werden könnte. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag.a Merl, Mag. Rehak, Mag. Liebhart-Mutzl sowie Mag. Bayer als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , 405-3/673/1/11-2020, betreffend Übertretung des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009 (mitbeteiligte Partei: Mag. H A S in S, vertreten durch Dr. Berthold Garstenauer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Fürstenallee 17), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt S. (Amtsrevisionswerber) vom wurde dem Mitbeteiligten eine Übertretung des § 31b Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Z 4 erster Fall Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) zur Last gelegt, weil er das Objekt mit der Adressbezeichnung E.-Gasse X in S. zumindest am ohne baubehördliche Bewilligung nach § 31b Abs. 3 ROG 2009 zur touristischen Beherbergung genutzt habe; eine an diesem Tag stattgefundene Erhebung vor Ort habe ergeben, dass vier Personen aus der Schweiz das betreffende Objekt in der Zeit vom bis als Ferienwohnung gemietet hätten. Über den Mitbeteiligten wurde eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen und zwölf Stunden) verhängt und ihm ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
2 In seiner dagegen erhobenen Beschwerde berief sich der Mitbeteiligte mit näherer Begründung im Wesentlichen darauf, dass die touristische Verwendung des in Rede stehenden Hauses im Rahmen der Privatzimmervermietung erfolgt und sohin vom Ausnahmetatbestand nach § 31b Abs. 2 Z 4 ROG 2009 auszugehen sei.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) der Beschwerde des Mitbeteiligten statt, hob das Straferkenntnis des Amtsrevisionswerbers vom auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein (I.). Eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für zulässig (II.).
4 Begründend stellte das LVwG nach Darstellung des Verfahrensganges im Wesentlichen fest, der Mitbeteiligte und seine Ehefrau seien jeweils Hälfteeigentümer einer näher genannten Liegenschaft der KG M. mit einer Grundstücksfläche von 1.675 m². Auf dieser Liegenschaft seien drei Gebäude errichtet, die sich alle im Eigentum des Mitbeteiligten und seiner Ehefrau befänden. Das auf dem Grundstück nordwestlich gelegene „Haus Y“ werde vom Mitbeteiligten und seiner Ehefrau als Bürogebäude für das gemeinsam geführte Unternehmen genützt; in dem im südwestlichen Bereich errichteten „Haus Z“ seien zwei Wohneinheiten errichtet. Den (Anmerkung: nordöstlich gelegenen) Baukörper „Haus F“ mit einer Wohneinheit bewohnten der Mitbeteiligte mit seiner Ehefrau samt Familie; der Mitbeteiligte sei seit mit Hauptwohnsitz an der Adresse E.-Gasse E in S. gemeldet.
Mit Bescheid der Baubehörde vom sei dem Mitbeteiligten und seiner Ehefrau die Baubewilligung für den Neubau eines Bürogebäudes und eines Kleinwohnhauses mit zwei Wohneinheiten sowie einer Tiefgarage auf der Liegenschaft erteilt worden; mit Bescheid der Baubehörde vom sei die baubehördliche Bewilligung von Änderungsplänen im Zusammenhang mit dem Bürogebäude „Haus Y“ und dem Kleinwohnhaus „Haus Z“ samt Tiefgarage erteilt worden. Mit Bescheid der Baubehörde vom sei dem Mitbeteiligten und seiner Ehefrau die baubehördliche Bewilligung für einen Wohnhauszu- und -umbau am Bestandsgebäude „Haus C“ bewilligt worden; die Bauvollendung sei mit Eingabe vom angezeigt worden.
5 Die Baukörper „Haus Y“ und „Haus Z“ seien durch das errichtete Tiefgeschoss, welches als Tiefgarage diene und in welchem Keller- und Technikräume angeordnet seien, verbunden. Die Tiefgarage, sowie die Keller- und Technikräume seien funktional allen drei Baukörpern zugeordnet. Auf dem unterirdisch ausgeführten Tiefgeschoß seien der oberirdische Baukörper „Haus Y (Bürogebäude)“ und „der oberirdische Baukörper Z (Kleinwohnhaus)“ errichtet. Die einzelnen Baukörper würden über eine gemeinsame Zufahrt im Norden der Bauliegenschaft erschlossen. Sie seien nicht durch Einfriedungen getrennt oder in sich abgeschlossen; die Bauliegenschaft in ihrer Gesamtheit werde durch einen Zaun nach außen hin eingefriedet. Eine Parifizierung der Bauliegenschaft bzw. eigentumsrechtliche Abspaltung der einzelnen Objekte habe im Tatzeitpunkt nicht stattgefunden.
6 Von bis sei eine Wohneinheit im Haus Z an vier Personen aus der Schweiz gegen pauschales Entgelt vermietet worden; die Vermietung sei über die Plattform „airbnb“ abgewickelt und vom Mitbeteiligten administriert worden. Im Flächenwidmungsplan sei für die Bauliegenschaft die Kategorie „Bauland, Erweitertes Wohngebiet“ verordnet, für die touristische Beherbergung der Wohneinheiten im Haus Z sei im Tatzeitpunkt keine Bewilligung nach § 31b ROG 2009 vorgelegen. Die Wohneinheiten in Haus Z seien nicht vor dem für die touristische Beherbergung verwendet worden.
7 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das LVwG sodann nach Darstellung von Rechtsvorschriften aus, die Verwendung einer bestehenden Wohnung im Sinne des § 5 Z 15 ROG 2009 für die touristische Beherbergung sei seit der ROG-Novelle LGBl. Nr. 82/2017 grundsätzlich an eine baubehördliche Bewilligung nach § 31b Abs. 3 leg. cit. geknüpft; vom Bewilligungsvorbehalt des § 31b Abs. 1 leg. cit. seien touristische Beherbergungen im Rahmen der Privatzimmervermietung ausgenommen. Nach der Legaldefinition des § 5 Z 10 ROG 2009 stelle die Privatzimmervermietung die Beherbergung von bis zu zehn Gästen in Gästezimmern oder drei Wohneinheiten im Hausverband der Vermieter, die in diesem ihren Hauptwohnsitz haben, dar.
8 Zwischen den Parteien des Verfahrens sei strittig, ob die verfahrensgegenständliche touristische Beherbergung im Rahmen der Privatzimmervermietung nach § 31b Abs. 2 Z 4 ROG 2009 erfolgt sei, was zu bejahen wäre, „wenn die Bauliegenschaft bzw die darauf befindlichen Objekte als ‚Hausverband‘ anzusehen“ wären.
9 Eine Definition des Begriffes „Hausverband“ enthalte das ROG 2009 nicht; aus näheren Gründen könne nach Ansicht des LVwG bei der Auslegung dieses Begriffes auf den allgemeinen Sprachgebrauch bzw. auf den in § 48 Abs. 2 ROG 2009 verwendeten Begriff „Hofverband“ zurückgegriffen werden. Der Begriff „Hausverband“ indiziere eine Mehrzahl von Gebäuden; aus den Gesetzesmaterialien (Verweis auf RV 307 BlgLT 5. Session 15. GP, S. 49) sei weiters abzuleiten, dass der Gesetzgeber nicht eine Objektidentität angeordnet sehen habe wollen, sondern „nur“ ein räumliches Naheverhältnis. Für die Annahme eines „Hausverbandes“ im Sinn des § 5 Z 10 ROG 2009 sei daher nach Ansicht des LVwG ein räumliches Naheverhältnis mit funktionalem Zusammenhang „durch Nutzung einer gemeinsamen Tiefgarage bzw haustechnischer Anlagen“ zwischen dem Wohnhaus des Privatzimmervermieters und dem für die Ausübung der häuslichen Nebenbeschäftigung (Privatzimmervermietung) vorgesehenen Objekt ausreichend. Die räumliche Nähe gewährleiste, „dass die Ausübung der häuslichen Nebenbeschäftigung (Wirtschaften) mit dem Wohnen verbunden“ sei; Objektidentität sei für die Annahme eines „Hausverbandes“ hingegen nicht erforderlich.
10 In Anbetracht des festgestellten Sachverhaltes seien die Gegebenheiten auf der Bauliegenschaft und die darauf angeordneten Baukörper im Tatzeitpunkt als „Hausverband“ im Sinne des ROG 2009 zu beurteilen; zwischen dem Wohnhaus des Mitbeteiligten, dem Bürogebäude und dem Gebäude, in welchem die Privatzimmervermietung ausgeübt worden sei, habe ein „funktioneller Zusammenhang (durch gemeinsames Wirtschaften und Wohnen)“ und in Anbetracht der festgestellten Grundstücksgröße ein räumliches Naheverhältnis bestanden. Der Mitbeteiligte habe sich daher zulässigerweise auf den Ausnahmetatbestand des § 31b Abs. 2 Z 4 ROG 2009 berufen können, weshalb eine Übertretung des ROG 2009 im Tatzeitpunkt nicht vorgelegen sei.
11 Die ordentliche Revision sei zulässig, da zu der entscheidenden Rechtsfrage, ob ein „Hausverband“ im Sinn des § 5 Z 10 ROG 2009 vorliege, „wenn die Wohneinheiten, in welchen die Privatzimmervermietung durchgeführt wird, in einem vom Wohnhaus des Privatzimmervermieters getrennten Gebäude situiert sind, sich dieses Gebäude aber in unmittelbarer Nähe zum Wohnhaus des Privatzimmervermieters befindet und durch die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten und haustechnischen Anlagen in funktionalem Zusammenhang steht“, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.
12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision, in der eine Entscheidung in der Sache, in eventu die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird. Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unzulässig zurück- in eventu als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
13 Die Revision erweist sich angesichts der Ausführungen des LVwG zur Auslegung des § 5 Z 10 ROG 2009 als zulässig.
14 In der Sache bringt die Revision zusammengefasst vor, das östliche auf der Liegenschaft befindliche Bestandsobjekt, welches eine Wohneinheit aufweise, werde vom Mitbeteiligten und seiner Ehefrau bewohnt, beide seien dort mit Hauptwohnsitz gemeldet. Die Tiefgarage sowie die Keller- und Technikräume des Tiefgeschosses seien baulich und funktional nur den beiden Baukörpern E.-Gasse G und X zugeordnet; ein bauliche Anbindung an das Wohnobjekt E.-Gasse E des Mitbeteiligten und seiner Ehefrau bestehe nicht.
15 Das angefochtene Erkenntnis sei zu Unrecht damit begründet worden, dass ein „Hausverband“ im Sinne des § 5 Z 10 ROG 2009 vorliege. Zum einen könne der Begriff „Hofverband“ in § 48 Abs. 2 ROG 2009, der unter raumplanerischen Aspekten zu verstehen sei, aufgrund der unterschiedlichen Intentionen des Gesetzgebers nicht für die Auslegung des Begriffes „Hausverband“ herangezogen werden (wird näher ausgeführt). Die vom LVwG zur Auslegung des Begriffes „Hausverband“ unter anderem genannte Kommentierung (Verweis auf Schmidjell/Ginzinger, Salzburger Raumordnungsgesetz 2018, Gesetzestext/Kommentar/Information/Anmerkungen, S. 35) sei im angefochtenen Erkenntnis verkürzt und daher unrichtig wiedergegeben worden; auch die Gesetzesmaterialien seien durch ein unvollständiges Zitat falsch wiedergegeben. In einem sachverhaltsmäßig ähnlich gelagerten Fall betreffend ein Doppelwohnhaus, dessen Objekte durch eine Brandwand voneinander getrennt seien, habe das LVwG darüber hinaus selbst gegenteilig zum Ergebnis des hier angefochtenen Erkenntnisses entschieden und dort darüber hinaus auch die Annahme eines Hausverbandes im Sinne des § 5 Z 10 ROG 2009 bei Geschosswohnbauten dezidiert ausgeschlossen.
16 Auch im vorliegenden Fall hätten die Objekte E.-Gasse E, E.-Gasse G und E.-Gasse X jeweils eine eigenständige haustechnische Infrastruktur. Selbst wenn durch ein Tiefgeschoß mit Garage und Technikräumen eine baulich-funktionale Einheit bestünde, was gegenständlich aber nicht der Fall sei, liege nach Ansicht des Amtsrevisionswerbers kein „Hausverband“ vor. Weshalb eine Verknüpfung von Baukörpern durch eine bauliche Verbindung im Tiefgeschoß einen „Hausverband“ im Sinne der Ausnahmebestimmungen für Privatzimmervermietungen bewirken solle, ein solcher jedoch in einem Geschoßwohnbau nicht vorliegen könne, sei nicht nachvollziehbar. Dies insbesondere, wenn man dem LVwG in dem genannten Fall eines Doppelwohnhauses folge, wonach es darauf ankomme, dass eine räumlich-funktionale Verbindung der beiden Wohnungen durch innere Erschließung nicht gegeben sei und jede Wohneinheit autonom zu Hauptwohnsitzzwecken genutzt werden könne.
17 Folge man der Rechtsauffassung des LVwG im angefochtenen Erkenntnis, könne das in Rede stehende Verbot zu einem erheblichen Teil durch bauliche Maßnahmen ausgehöhlt werden, da durch die Schaffung von untergeordneten Verbindungen stets ein „Hausverband“ geschaffen werden könne. Vorstellbar wären auf diese Weise ganze Chalet-Dörfer mit zusammenhängenden Kellern; diesbezüglich sei der Auffassung des LVwG im zitierten Fall betreffend das Doppelwohnhaus zu folgen, wonach es vordergründiges Ziel der mit der ROG-Novelle 2017 eingeführten Bestimmung des § 31b ROG 2009 sei, zu verhindern, für Hauptwohnsitze geeignete Wohnungen ihrer eigentlichen Zweckbestimmung, nämlich der Begründung eines Hauptwohnsitzes, dem Wohnungsmarkt zu entziehen und mit der touristischen Beherbergung einhergehende Nutzungskonflikte in Wohngebieten einzudämmen. Im Hinblick auf diese vom Gesetzgeber definierten Zielsetzungen seien die in § 31b Abs. 2 ROG 2009 normierten Ausnahmen vom Verbot der Zweckentfremdung grundsätzlich eng auszulegen.
18 Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen des ROG 2009, LGBl. Nr. 30/2009, §§ 5 und 78 in der Fassung LGBl. Nr. 72/2018 und § 31b in der Fassung LGBl. Nr. 82/2018, lauten auszugsweise:
„Begriffsbestimmungen
§ 5
Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeuten die Begriffe:
[...]
10. Privatzimmervermietung: die Beherbergung von bis zu 10 Gästen in Gästezimmern oder höchstens drei Wohneinheiten im Hausverband der Vermieter, die in diesem ihren Hauptwohnsitz haben;
[...]“
„Zweckentfremdung von Wohnungen
§ 31b
(1) Die Zweckentfremdung von bestehenden Wohnungen ist nur mit Bewilligung gemäß Abs. 3 zulässig. Als Zweckentfremdung im Sinn dieser Bestimmung gilt die Verwendung einer Wohnung für touristische Beherbergungen.
(2) Von der Beschränkung gemäß Abs. 1 sind ausgenommen:
[...]
4. touristische Beherbergungen im Rahmen der Privatzimmervermietung;
[...]
(3) Soweit dies nicht bereits nach den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften des Landes der Fall ist und kein Ausnahmefall gemäß Abs. 2 vorliegt, bedarf die Zuführung von bestehenden Wohnungen zu einer Verwendung gemäß Abs. 1 jedenfalls einer baubehördlichen Bewilligung.
[...]“
„Strafbestimmungen
§ 78
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, soweit die Tat nicht den Tatbestand einer mit höherer Strafe bedrohten strafbaren Handlung bildet, wer
[...]
4. eine Wohnung entgegen § 31b Abs. 1 und 2 für touristische Beherbergungen verwendet oder wissentlich verwenden lässt;
[...]“
19 Nach den Feststellungen des LVwG sind auf der Liegenschaft in S., welche jeweils im Hälfteeigentum des Mitbeteiligten und seiner Ehefrau steht, drei Gebäude errichtet. „Haus Y“ wird vom Mitbeteiligten und seiner Ehefrau als Bürogebäude genützt, in „Haus Z“, in welchem die verfahrensgegenständliche Vermietung zum Tatzeitpunkt stattfand, sind zwei Wohneinheiten errichtet. Das „Haus F“ mit einer Wohneinheit bewohnt der Mitbeteiligte mit seiner Ehefrau samt Familie. Die baubehördlichen Bewilligungen für den Neubau des Bürogebäudes „Haus Y“ und des Kleinwohnhauses mit zwei Wohneinheiten „Haus Z“ samt Tiefgarage waren dem Mitbeteiligten und seiner Ehefrau mit Bescheid der Baubehörde vom bzw. vom erteilt worden; die Baubewilligung für den Wohnhauszu- und -umbau des auf der Liegenschaft bereits zuvor bestehenden Gebäudes „Haus F“, in welchem der Mitbeteiligte und seine Frau mit ihrer Familie wohnen, war diesen mit Bescheid vom erteilt worden. „Haus Y“ und „Haus Z“ sind durch das errichtete Tiefgeschoss, welches als Tiefgarage dient und in welchem Keller- und Technikräume angeordnet sind, verbunden. Diesbezüglich stellte das LVwG fest, die Tiefgarage, sowie die Keller- und Technikräume seien „funktional“ allen drei Baukörpern zugeordnet.
20 Eine baubehördliche Bewilligung zur Verwendung von „Haus Z“ zur touristischen Beherbergung im Sinn des § 31b Abs. 3 ROG 2009 liegt unbestritten nicht vor. Eine solche Verwendung wäre daher nur zulässig, wenn ein Ausnahmefall gemäß § 31b Abs. 2 ROG 2009 vorliegt. Der Mitbeteiligte beruft sich insofern auf den Ausnahmetatbestand des § 31b Abs. 2 Z 4 ROG 2009 und machte im Beschwerdeverfahren vor dem LVwG (ebenso wie in seiner Revisionsbeantwortung) geltend, die touristische Beherbergung erfolge im Rahmen der Privatzimmervermietung. Das LVwG kam diesbezüglich im angefochtenen, das Straferkenntnis des Amtsrevisionswerbers vom behebenden, Erkenntnis zu dem rechtlichen Schluss, für die Annahme eines „Hausverbandes“ im Sinn des § 5 Z 10 ROG 2009 (welcher gemäß der genannten Gesetzesbestimmung Voraussetzung für das Vorliegen einer Privatzimmervermietung wäre) sei ein „räumliches Naheverhältnis mit funktionalem Zusammenhang“ durch Nutzung einer gemeinsamen Tiefgarage und haustechnischer Anlagen zwischen dem Wohnhaus des Privatzimmervermieters und dem für die Ausübung der häuslichen Nebenbeschäftigung im Rahmen einer Privatzimmervermietung vorgesehenen Objekt ausreichend. Die räumliche Nähe gewährleiste, dass „die Ausübung der häuslichen Nebenbeschäftigung (Wirtschaften) mit dem Wohnen verbunden“ sei; Objektidentität sei für die Annahme eines Hausverbandes nicht erforderlich.
21 Dieser Argumentation des LVwG ist für den im Revisionsfall vorliegenden Sachverhalt aus folgenden Gründen nicht zu folgen:
22 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ro 2020/06/0004, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird (dieser betraf den Fall jenes Doppelwohnhauses, auf welchen auch der Amtsrevisionswerber in seiner Revision Bezug nimmt) unter Hinweis auf die Erläuterungen zur ROG-Novelle LGBl. Nr. 82/2017 (mit welcher die Definition des Begriffes „Privatzimmervermietung“ und damit verbunden der Begriff „Hausverband“ Eingang in das ROG 2009 gefunden haben) bereits festgehalten, dass sich der Salzburger Landesgesetzgeber bei der Legaldefinition der Privatzimmervermietung an der in Art. III der B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444, enthaltenen Definition orientiert hat. Die Anordnung, wonach sich die Gästezimmer bzw. Wohneinheiten innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden müssen, dient den Materialien zur ROG-Novelle zufolge erkennbar der Sicherstellung des Vorliegens einer „häuslichen Nebenbeschäftigung“ in Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit. Lediglich dem Umstand, ob die Gäste in Gästezimmern oder in (bis zu drei) selbständigen Wohneinheiten beherbergt werden, sollte dabei keine entscheidende Bedeutung zukommen; es sollte also keine Rolle spielen, ob einzelne Zimmer oder Wohneinheiten, die neben einem oder mehreren Zimmern auch über eine Kochgelegenheit bzw. eigene Sanitäranlagen verfügen, vermietet werden, solange sich diese innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden. Eine Abweichung vom Erfordernis einer „häuslichen Tätigkeit“ war hingegen nicht intendiert.
23 Das Merkmal dieses gesetzlichen Ausnahmetatbestandes, dass die Beschäftigung eine „häusliche“ zu sein hat, darf dabei zwar nicht zu eng ausgelegt werden, es muss sich aber dennoch insofern um eine „häusliche“ Beschäftigung handeln, als sie im Rahmen des eigenen Hausstandes auszuüben ist. Die Privatzimmervermietung setzt als häusliche Nebenbeschäftigung somit ein Naheverhältnis zum Hausstand des Vermieters voraus, weil es sich um eine Beschäftigung im Rahmen des eigenen Hausstandes handeln muss (vgl. dazu nochmals , mwN).
24 Wesentlich erscheint im Revisionsfall insbesondere, dass der Salzburger Landesgesetzgeber auch im Rahmen der Regelung des Ausnahmetatbestandes des § 31b Abs. 2 Z 4 ROG 2009 darauf abgestellt hat, dass es sich bei der Privatzimmervermietung nur um eine (akzessorisch) zulässige Nebennutzung zur Hauptverwendung handle, weshalb diese auch angesichts des mit dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen unter anderem verfolgten Zieles, bisher auf dem Wohnungsmarkt für Hauptwohnsitze nicht in Erscheinung tretende touristisch genutzte Wohnungen dem Wohnungsmarkt zuzuführen, von der Bewilligungspflicht ausgenommen sei (vgl. wiederum , mit Verweis auf RV 307 BlgLT 5. Session 15. GP).
25 Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits mehrfach erwähnten Erkenntnis vom , Ro 2020/06/0004, ebenso ausgesprochen hat, ist die in § 5 Z 10 ROG 2009 enthaltene Anordnung, wonach sich die Gästezimmer bzw. Wohneinheiten innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden müssen, dahin zu verstehen, dass eine räumlich-funktionelle Verbindung der vermieteten Wohneinheiten mit der Vermieterwohnung bestehen muss. Ob eine solche Verbindung vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände jeweils im konkreten Einzelfall zu beurteilen. Dabei wird dem Erfordernis der räumlichen Verbindung mit der Vermieterwohnung im Sinn einer inneren Erschließung umso weniger Gewicht zukommen, je ausgeprägter die funktionelle Verbindung ist.
26 Im Revisionsfall besteht nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des LVwG keinerlei räumliche Verbindung im Sinn einer inneren Erschließung zwischen der zum Tatzeitpunkt vermieteten Wohneinheit in „Haus Z“ und dem Wohnhaus des Revisionswerbers „Haus F“. Alleine die gemeinsame Nutzung einer Tiefgarage bzw. von - nicht näher genannten - haustechnischen Anlagen, die den Ausführungen in der Revision zufolge nicht baulich an das Wohngebiet „Haus F“ angebunden sind, stellen demgegenüber keine so ausgeprägte funktionelle Verbindung dar, dass fallbezogen das Vorliegen einer Privatzimmervermietung zu Recht angenommen werden könnte. Vor dem Hintergrund des dargestellten gesetzlichen Rahmens erweist sich die diesbezüglich vom LVwG im Revisionsfall vorgenommene Beurteilung daher als unvertretbar.
27 Daran ändert auch nichts, dass das LVwG seine Rechtsansicht mit dem in § 48 ROG 2009 gebrauchten Begriff „Hofverband“ zu begründen sucht, da, worauf der Amtsrevisionswerber in seiner Revision zutreffend verweist, dieser Begriff unter anderen raumplanerischen Aspekten zu verstehen ist als der hier gegenständliche Begriff „Hausverband“; für die Auslegung des letzteren ist daher daraus nichts zu gewinnen.
28 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
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Normen | BauRallg B-VG Art10 Abs1 Z8 B-VGNov 1974 ArtIII GewO 1994 §2 Abs1 Z9 ROG Slbg 2009 §31b Abs2 Z4 ROG Slbg 2009 §5 Z10 VwRallg |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Planung Widmung BauRallg3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RO2020060092.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-46538