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VwGH 18.04.2023, Ro 2020/06/0004

VwGH 18.04.2023, Ro 2020/06/0004

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
B-VG Art10 Abs1 Z8
B-VGNov 1974 ArtIII
GewO 1994 §2 Abs1 Z9
ROG Slbg 2009 §5 Z10
VwRallg
RS 1
Die in § 5 Z 10 Slbg ROG 2009 enthaltene Definition des Begriffs "Privatzimmervermietung" und damit verbunden der Begriff "Hausverband" haben mit der Novelle LGBl. Nr. 82/2017 Eingang in das Slbg ROG 2009 gefunden. Der Salzburger Landesgesetzgeber hat sich bei der Legaldefinition der Privatzimmervermietung an der in Art. III der B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444, enthaltenen Definition orientiert. Die Anordnung, wonach sich die Gästezimmer bzw. Wohneinheiten innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden müssen, dient den Materialien (vgl. RV 307 BlgLT 5. Session 15. GP) zur ROG-Novelle LGBl. Nr. 82/2017 zufolge somit erkennbar der Sicherstellung des Vorliegens einer "häuslichen Nebenbeschäftigung" in Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit (vgl. zu der als häusliche Nebenbeschäftigung vom Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG ausgenommenen Privatzimmervermietung etwa VfSlg 7074/1973; s. dazu auch § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 sowie , mwN). Dabei sollte lediglich dem Umstand, ob die Gäste in Gästezimmern oder in (bis zu drei) selbständigen Wohneinheiten beherbergt werden, keine entscheidende Bedeutung zukommen; es sollte also keine Rolle spielen, ob einzelne Zimmer oder Wohneinheiten, die neben einem oder mehreren Zimmern auch über eine Kochgelegenheit bzw. eigene Sanitäranlagen verfügen, vermietet werden, solange sich diese innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden. Eine Abweichung vom Erfordernis einer "häuslichen Tätigkeit" war hingegen nicht intendiert.
Normen
GewO 1994 §2 Abs1 Z9
ROG Slbg 2009 §5 Z10
RS 2
Wie der VwGH zu § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 bereits ausgesprochen hat, darf das Merkmal dieses gesetzlichen Ausnahmetatbestandes, dass die Beschäftigung eine "häusliche" zu sein hat, zwar nicht zu eng ausgelegt werden, es muss sich aber dennoch insofern um eine "häusliche" Beschäftigung handeln, als sie im Rahmen des eigenen Hausstandes auszuüben ist. Die Privatzimmervermietung setzt als häusliche Nebenbeschäftigung somit ein Naheverhältnis zum Hausstand des Vermieters voraus, weil es sich um eine Beschäftigung im Rahmen des eigenen Hausstandes handeln muss (vgl. , mwN).
Normen
BauRallg
ROG Slbg 2009 §31b Abs2 Z4
ROG Slbg 2009 §5 Z10
VwRallg
RS 3
Der Salzburger Landesgesetzgeber hat im Rahmen der Regelung des Ausnahmetatbestandes des § 31b Abs. 2 Z 4 Slbg ROG 2009 darauf abgestellt, dass es sich bei der Privatzimmervermietung nur um eine (akzessorisch) zulässige Nebennutzung zur Hauptverwendung handle, weshalb diese - auch angesichts des mit dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen unter anderem verfolgten Zieles, bisher auf dem Wohnungsmarkt für Hauptwohnsitze nicht in Erscheinung tretende touristisch genutzte Wohnungen dem Wohnungsmarkt zuzuführen, - von der Bewilligungspflicht ausgenommen sei (vgl. RV 307 BlgLT 5. Session 15. GP).
Normen
GewO 1994 §2 Abs1 Z9
ROG Slbg 2009 §31b Abs2 Z4
ROG Slbg 2009 §5 Z10
RS 4
Die in § 5 Z 10 Slbg ROG 2009 enthaltene Anordnung, wonach sich die Gästezimmer bzw. Wohneinheiten innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden müssen, ist dahin zu verstehen, dass eine räumlich-funktionelle Verbindung der vermieteten Wohneinheiten mit der Vermieterwohnung bestehen muss. Ob eine solche Verbindung vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände jeweils im konkreten Einzelfall zu beurteilen. Dabei wird etwa dem Erfordernis der räumlichen Verbindung mit der Vermieterwohnung im Sinn einer inneren Erschließung umso weniger Gewicht zukommen, je ausgeprägter die funktionelle Verbindung ist. Ein räumliches Naheverhältnis zur Vermieterwohnung muss aber im Hinblick auf das Erfordernis der Ausübung einer häuslichen Nebenbeschäftigung jedenfalls bestehen. Allein der Umstand, dass die vermietete Wohneinheit im selben Geschoßwohnbau wie die Vermieterwohnung liegt oder dass sich die vermietete Wohneinheit und die Vermieterwohnung jeweils in einer Hälfte eines Doppelwohnhauses befinden, vermag jedoch bei fehlender räumlich-funktioneller Verbindung der beiden Wohneinheiten das Vorliegen eines Hausverbandes im Sinn des § 5 Z 10 Slbg ROG 2009 nicht zu begründen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag.a Merl, Mag. Rehak, Mag. Liebhart-Mutzl und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der Mag. S W in S, vertreten durch Mag. Patrick Thun-Hohenstein, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , 405-3/556/1/16-2019, betreffend eine Übertretung des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg; mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Salzburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom wurde der Revisionswerberin eine Übertretung des § 31b Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Z 4 erster Fall Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) zur Last gelegt, weil sie das Objekt mit der Adressbezeichnung E-Straße X zumindest am ohne baubehördliche Bewilligung nach § 31b Abs. 3 ROG 2009 zur touristischen Beherbergung genutzt habe, zumal eine an diesem Tag stattgefundene Erhebung vor Ort ergeben habe, dass sechs Personen aus Sydney bzw. Berlin das betreffende Objekt in der Zeit vom bis als Ferienwohnung gemietet hätten, um ihren Weihnachtsurlaub zu verbringen. Unter einem wurde über die Revisionswerberin eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen und zwölf Stunden) verhängt und ihr ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

2 In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde führte die Revisionswerberin aus, dass die touristische Verwendung der Wohnung im Rahmen der Privatzimmervermietung erfolgt sei und sohin vom Ausnahmetatbestand nach § 31b Abs. 2 Z 4 ROG 2009 auszugehen sei. Zudem sei die Revisionswerberin mit Hauptwohnsitz an der Adresse E-Straße Y gemeldet. Es treffe nicht zu, dass es sich bei den auf näher bezeichneten Grundstücken errichteten Objekten mit den Adressbezeichnungen E-Straße X und E-Straße Y baurechtlich um zwei voneinander getrennte Objekte handle, zumal die Bewilligung für die Errichtung eines Doppelwohnhauses mit zwei Wohneinheiten erteilt worden sei.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit einer Maßgabe bestätigt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass die Revisionswerberin zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens verpflichtet sei und dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

4 In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges zunächst im Wesentlichen fest, dass der Revisionswerberin sowie ihrem Ehegatten mit näher bezeichnetem Bescheid der belangten Behörde die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Doppelwohnhauses mit zwei Wohneinheiten mit Nebenanlage auf näher bezeichneten Grundstücken mit den Adressbezeichnungen E-Straße X und E-Straße Y erteilt worden sei. Die beiden Objekte seien durch eine 2-schalige Zwischenwand voneinander getrennt, eine innere Erschließung sei ebenso wenig gegeben wie eine räumlich-funktionale Verbindung dieser Objekte. Jedes Objekt verfüge über einen eigenen Hauseingang und eine eigene Ordnungsnummer, über eine eigenständige haustechnische Infrastruktur, die eine autonome haustechnische Versorgung jedes Objektes gewährleiste, und es sei für jedes Objekt ein eigenständiger Energieausweis erstellt worden. Die Revisionswerberin bewohne mit ihrem Ehegatten und dem gemeinsamen Sohn das Objekt E-Straße Y und habe dort ihren Hauptwohnsitz; in dem Objekt E-Straße X habe die Revisionswerberin nie gewohnt. Das Objekt E-Straße X sei von der Revisionswerberin zumindest am tageweise gegen Entgelt an sechs Touristen aus Sydney bzw. Berlin vermietet worden, welche in Salzburg ihren Weihnachtsurlaub verbracht hätten.

5 In seinen rechtlichen Erwägungen legte das Verwaltungsgericht dar, zwischen den Parteien des Verfahrens sei strittig, ob die touristische Verwendung der Wohnung im Objekt E-Straße X im Rahmen der Privatzimmervermietung erfolgt sei, womit eine Ausnahme vom Bewilligungsvorbehalt des § 31b Abs. 1 ROG 2009 gegeben wäre. Vor dem Hintergrund der Gesetzesmaterialien zu dem in § 5 Z 10 ROG 2009 definierten Begriff „Privatzimmervermietung“ setze die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung „im Hausverband der Vermieter“ eine räumlich-funktionelle Verbindung der betreffenden Wohneinheiten voraus. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt lägen im Revisionsfall zwei räumlich und funktionell getrennte Wohnungen bzw. Wohneinheiten in Form eines aneinandergebauten Doppelhauses vor. Jede Haushälfte verfüge über einen eigenen Eingang und eine eigene haustechnische Gebäudeausstattung, die eine autonome haustechnische Versorgung der jeweiligen Wohneinheit gewährleiste. Im Übrigen sei jedes Haus mit einer eigenen Haus- bzw. Ordnungsnummer versehen. Jedes Haus bzw. jede Wohneinheit für sich sei daher grundsätzlich geeignet, einen eigenen Hauptwohnsitz zu begründen, an welchem die Privatzimmervermietung im gesetzlichen Ausmaß als akzessorisch zulässige Nebennutzung der Hauptverwendung möglich wäre. Die in § 31b Abs. 2 ROG 2009 normierten Ausnahmen vom Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen seien grundsätzlich eng auszulegen. Für die Annahme eines Hausverbandes im Sinn des § 5 Z 10 ROG 2009 genüge es demnach nicht, dass die vermietete Wohneinheit nur eine Wohnung von mehreren Wohnungen des Vermieters in einem Geschoßwohnbau darstelle oder dass zwei Wohneinheiten in aneinandergebauten Häusern vorlägen, aber eine räumlich-funktionale Verbindung der beiden Wohneinheiten durch innere Erschließung nicht gegeben sei und jede Wohneinheit demnach autonom zu Hauptwohnsitzzwecken genutzt werden könnte.

6 Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vorliege, ob der Begriff „Wohneinheiten im Hausverband“ im Sinn des § 5 Z 10 ROG 2009 eine räumlich-funktionelle Verbindung der Wohneinheiten mit dem Hausverband des Privatzimmervermieters durch innere Erschließung voraussetze.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der eine Entscheidung in der Sache, in eventu die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

8 Die Revision erweist sich angesichts der Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zum Fehlen von hg. Judikatur zur Auslegung des § 5 Z 10 ROG 2009, worauf auch die Revisionswerberin hinweist, als zulässig.

9 Die Revisionswerberin bringt im Wesentlichen vor, aus den gegenständlichen Baubewilligungsbescheiden ergebe sich zweifelsfrei, dass es sich hier schon rein bautechnisch gesehen um keine voneinander getrennten Objekte handle, sodass baurechtlich gesehen lediglich ein Objekt vorliege. Die Feststellung des Verwaltungsgerichtes, wonach es sich bei dem Doppelwohnhaus um zwei räumlich und funktionell getrennte Wohnungen bzw. Wohneinheiten in Form eines aneinandergebauten Doppelhauses, sohin um zwei eigenständige, voneinander getrennte Objekte handeln solle, entspreche somit nicht den Tatsachen. Dass es sich bei dem gegenständlichen Bauprojekt um ein Gebäude in Form eines Doppelwohnhauses mit zwei Wohneinheiten und Nebenanlagen handle, ergebe sich auch aus dem seitens der Revisionswerberin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Gutachten des Sachverständigen für Raumplanung vom , welches vom Verwaltungsgericht überhaupt nicht gewürdigt worden sei.

10 Darüber hinaus sei die seitens des Verwaltungsgerichtes hinsichtlich der Auslegung des Begriffes „Hausverband“ bezogene Rechtsansicht unzutreffend. Der Salzburger Landesgesetzgeber habe durch die ROG-Novelle 2017 den Anwendungsbereich der Privatzimmervermietung entsprechend den geänderten Nutzungsansprüchen der Vermieter und Gäste und den Anforderungen eines Tourismuslandes entsprechend angepasst. Tatsächlich sei es „mit dem Image des modernen Tourismuslandes Österreich schlichtweg unvereinbar, wenn der touristische Gast von Gesetzes wegen in derselben Wohnung untergebracht werden muss, in der auch der Vermieter lebt“. Die Zulässigkeit der Privatzimmervermietung erfasse nicht mehr bloß die eigentliche Wohnung des Vermieters, vielmehr habe der Landesgesetzgeber die Privatzimmervermietung nunmehr über Gästezimmer hinaus in bis zu drei weiteren Wohneinheiten für zulässig erklärt, wenn der Vermieter in diesem Hausverband einen Hauptwohnsitz habe. Der Begriff des Hausverbandes sei deutlich vom Begriff des Gebäudes zu unterscheiden. Hätte der Salzburger Landesgesetzgeber gewollt, dass sich die Gästezimmer bzw. die drei Wohneinheiten, die zur touristischen Beherbergung dienen, zwingend in ein und demselben Gebäude befinden müssen, in dem der Vermieter seinen Hauptwohnsitz „angemeldet“ habe, dann hätte er dies ausdrücklich so im Gesetz zum Ausdruck gebracht. Mit dem Begriff „Hausverband“ zwangsläufig verbunden sei die Annahme einer Mehrzahl von Wohneinheiten, die als solche (lediglich) in einem organisatorischen, sachlichen oder räumlichen Zusammenhang stünden. Dementsprechend könnten auch selbständige Wohnungen im Sinn des § 5 Z 16 ROG 2009 als Wohneinheiten im Sinn des § 5 Z 10 ROG 2009 aufgefasst werden, sofern der Vermieter innerhalb des betreffenden Hausverbandes seinen Hauptwohnsitz habe. Dass die zu vermietenden Räume (Gästezimmer, Wohneinheiten) Bestandteil der Wohnung des Vermieters seien, sei keine Bedingung für die Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit der Privatzimmervermietung. Dementsprechend sei auch die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes verfehlt, wenn es Wohneinheiten, die mangels innerer Erschließung keine räumlich-funktionale Verbindung zum Hauptwohnsitz des Vermieters aufwiesen und daher auch zu Hauptwohnsitzzwecken verwendet werden könnten, ganz allgemein vom Anwendungsbereich der Privatzimmervermietung ausnehme. Die bloße Möglichkeit der Verwendung einer Wohneinheit zu Hauptwohnsitzzwecken schließe deren Verwendung zur touristischen Beherbergung nicht aus, wenn diese Wohneinheiten Bestandteil des Hausverbandes des Vermieters seien, was nicht zuletzt aus den Erläuterungen des Salzburger Landesgesetzgebers zur Bestimmung des § 31b ROG 2009 deutlich hervorgehe. Demnach gehe es dem Gesetzgeber vor allem darum, Nutzungskonflikte mit der im gleichen Gebäude wohnenden (arbeitenden) Bevölkerung zu vermeiden, da es durch die touristische Nutzung zwangsläufig zu einer höheren Frequentierung des Wohnhauses durch ständig wechselnde hausfremde Personen komme. Dem vom Verwaltungsgericht noch genannten Argument, dem Gesetzgeber gehe es mit der Regelung auch darum, für Hauptwohnsitze geeignete Wohnungen ihrer eigentlichen Zweckbestimmung wieder zuzuführen, komme im gegenständlichen Zusammenhang kein Begründungswert zu, zumal dies im Revisionsfall mit Blick auf die Zugehörigkeit der beiden Wohneinheiten zu ein und demselben Hausverband definitiv nicht der Fall sei. Kleinwohnhäuser, wie das hier gegenständliche Doppelwohnhaus mit zwei Wohneinheiten, fielen im Hinblick auf die vom Gesetzgeber mit der Erlassung der Bestimmung verfolgten Zielsetzungen als solche schon dem Grunde nach nicht in den Anwendungsbereich des § 31b ROG 2009, zumal Nutzungskonflikte von vornherein ausgeschlossen seien.

11 Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen des ROG 2009, LGBl. Nr. 30 in der Fassung LGBl. Nr. 82/2018, lauten auszugsweise:

Begriffsbestimmungen

§ 5

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeuten die Begriffe:

...

10. Privatzimmervermietung: die Beherbergung von bis zu 10 Gästen in Gästezimmern oder höchstens drei Wohneinheiten im Hausverband der Vermieter, die in diesem ihren Hauptwohnsitz haben;

... “

Zweckentfremdung von Wohnungen

§ 31b

(1) Die Zweckentfremdung von bestehenden Wohnungen ist nur mit Bewilligung gemäß Abs. 3 zulässig. Als Zweckentfremdung im Sinn dieser Bestimmung gilt die Verwendung einer Wohnung für touristische Beherbergungen.

(2) Von der Beschränkung gemäß Abs. 1 sind ausgenommen:

...

4. touristische Beherbergungen im Rahmen der Privatzimmervermietung;

...

(3) Soweit dies nicht bereits nach den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften des Landes der Fall ist und kein Ausnahmefall gemäß Abs. 2 vorliegt, bedarf die Zuführung von bestehenden Wohnungen zu einer Verwendung gemäß Abs. 1 jedenfalls einer baubehördlichen Bewilligung. ... “

Strafbestimmungen

§ 78

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, soweit die Tat nicht den Tatbestand einer mit höherer Strafe bedrohten strafbaren Handlung bildet, wer

...

4. eine Wohnung entgegen § 31b Abs. 1 und 2 für touristische Beherbergungen verwendet oder wissentlich verwenden lässt;

...“

12 Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes handelt es sich im Revisionsfall um ein Doppelwohnhaus mit zwei Wohneinheiten. Während die in der einen Wohnhaushälfte gelegene Wohneinheit mit der Adressbezeichnung E-Straße Y von der Revisionswerberin (und ihrer Familie), die dort auch ihren Hauptwohnsitz hat, bewohnt wird, wird die in der anderen Wohnhaushälfte befindliche Wohneinheit mit der Adressbezeichnung E-Straße X zur touristischen Beherbergung verwendet, wofür keine baubehördliche Bewilligung im Sinn des § 31b Abs. 3 ROG 2009 vorliegt. Die Verwendung dieser Wohnung für touristische Beherbergungen wäre demnach nur zulässig, wenn ein Ausnahmefall gemäß § 31b Abs. 2 ROG 2009 vorliegt. Die Revisionswerberin beruft sich insoweit auf den Ausnahmetatbestand des § 31b Abs. 2 Z 4 ROG 2009 und macht geltend, dass die touristische Beherbergung im Rahmen der Privatzimmervermietung erfolgt.

13 Nach der in § 5 Z 10 ROG 2009 enthaltenen Begriffsdefinition handelt es sich bei der Privatzimmervermietung um die Beherbergung von bis zu 10 Gästen in Gästezimmern oder höchstens drei Wohneinheiten im Hausverband der Vermieter, die in diesem ihren Hauptwohnsitz haben. Was unter dem Begriff „Hausverband“ zu verstehen ist, wird in den salzburger bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen nicht definiert.

14 Die in § 5 Z 10 ROG 2009 enthaltene Definition des Begriffs „Privatzimmervermietung“ und damit verbunden der Begriff „Hausverband“ haben mit der Novelle LGBl. Nr. 82/2017 Eingang in das ROG 2009 gefunden. In den Erläuterungen zu dieser Novelle wird zu dieser Bestimmung Folgendes ausgeführt (vgl. RV 307 BlgLT 5. Session 15. GP):

Privatzimmervermietung (Z 10):

Gemäß Art. III der B-VG-Novelle 1974, BGBl Nr. 444, ist die Privatzimmervermietung die durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes als häusliche Nebenbeschäftigung ausgeübte Vermietung von nicht mehr als 10 Fremdenbetten. Sie gehört nicht zu den Angelegenheiten des Gewerbes im Sinn des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG.

Dem Erfordernis einer ‚häuslichen Tätigkeit‘ folgend muss der Privatzimmervermieter oder die Privatzimmervermieterin auch tatsächlich in diesem Hausstand wohnen und dort seinen bzw. ihren Hauptwohnsitz haben. Ob die Gäste in Gästezimmern oder in selbständigen Wohneinheiten - bis zu drei - beherbergt werden, soll dabei nicht entscheidend sein. Entscheidend ist nur, dass sich die Gästezimmer bzw. Wohneinheiten innerhalb des Hausverbandes des Vermieters oder der Vermieterin befinden, die Gäste also bis zu einem gewissen Teil dem Hausverband des Vermieters oder der Vermieterin angehören.“

15 Der Salzburger Landesgesetzgeber hat sich bei der Legaldefinition der Privatzimmervermietung an der in Art. III der B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444, enthaltenen Definition orientiert. Die Anordnung, wonach sich die Gästezimmer bzw. Wohneinheiten innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden müssen, dient den oben zitierten Materialien zur ROG-Novelle zufolge somit erkennbar der Sicherstellung des Vorliegens einer „häuslichen Nebenbeschäftigung“ in Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit (vgl. zu der als häusliche Nebenbeschäftigung vom Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG ausgenommenen Privatzimmervermietung etwa VfSlg 7074/1973; s. dazu auch § 2 Abs. 1 Z 9 Gewerbeordnung 1994 sowie , mwN). Dabei sollte lediglich dem Umstand, ob die Gäste in Gästezimmern oder in (bis zu drei) selbständigen Wohneinheiten beherbergt werden, keine entscheidende Bedeutung zukommen; es sollte also keine Rolle spielen, ob einzelne Zimmer oder Wohneinheiten, die neben einem oder mehreren Zimmern auch über eine Kochgelegenheit bzw. eigene Sanitäranlagen verfügen, vermietet werden, solange sich diese innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden. Eine Abweichung vom Erfordernis einer „häuslichen Tätigkeit“ war hingegen nicht intendiert.

16 Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 bereits ausgesprochen hat, darf das Merkmal dieses gesetzlichen Ausnahmetatbestandes, dass die Beschäftigung eine „häusliche“ zu sein hat, zwar nicht zu eng ausgelegt werden, es muss sich aber dennoch insofern um eine „häusliche“ Beschäftigung handeln, als sie im Rahmen des eigenen Hausstandes auszuüben ist. Die Privatzimmervermietung setzt als häusliche Nebenbeschäftigung somit ein Naheverhältnis zum Hausstand des Vermieters voraus, weil es sich um eine Beschäftigung im Rahmen des eigenen Hausstandes handeln muss (vgl. , mwN).

17 Darüber hinaus hat der Salzburger Landesgesetzgeber auch im Rahmen der Regelung des Ausnahmetatbestandes des § 31b Abs. 2 Z 4 ROG 2009 darauf abgestellt, dass es sich bei der Privatzimmervermietung nur um eine (akzessorisch) zulässige Nebennutzung zur Hauptverwendung handle, weshalb diese - auch angesichts des mit dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen unter anderem verfolgten Zieles, bisher auf dem Wohnungsmarkt für Hauptwohnsitze nicht in Erscheinung tretende touristisch genutzte Wohnungen dem Wohnungsmarkt zuzuführen, - von der Bewilligungspflicht ausgenommen sei (vgl. erneut RV 307 BlgLT 5. Session 15. GP).

18 Vor diesem Hintergrund ist die in § 5 Z 10 ROG 2009 enthaltene Anordnung, wonach sich die Gästezimmer bzw. Wohneinheiten innerhalb des Hausverbandes des Vermieters befinden müssen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, dahin zu verstehen, dass eine räumlich-funktionelle Verbindung der vermieteten Wohneinheiten mit der Vermieterwohnung bestehen muss. Ob eine solche Verbindung vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände jeweils im konkreten Einzelfall zu beurteilen. Dabei wird etwa dem Erfordernis der räumlichen Verbindung mit der Vermieterwohnung im Sinn einer inneren Erschließung umso weniger Gewicht zukommen, je ausgeprägter die funktionelle Verbindung ist. Ein räumliches Naheverhältnis zur Vermieterwohnung muss aber im Hinblick auf das Erfordernis der Ausübung einer häuslichen Nebenbeschäftigung jedenfalls bestehen. Allein der Umstand, dass die vermietete Wohneinheit im selben Geschoßwohnbau wie die Vermieterwohnung liegt oder dass sich - wie im Revisionsfall - die vermietete Wohneinheit und die Vermieterwohnung jeweils in einer Hälfte eines Doppelwohnhauses befinden, vermag jedoch gemäß der zutreffenden Ansicht des Verwaltungsgerichtes bei fehlender räumlich-funktioneller Verbindung der beiden Wohneinheiten das Vorliegen eines Hausverbandes im Sinn des § 5 Z 10 ROG 2009 nicht zu begründen.

19 Im Revisionsfall besteht nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes keinerlei räumlich-funktionelle Verbindung der vermieteten Wohneinheit mit der Wohneinheit der Revisionswerberin, sodass das Verwaltungsgericht zutreffend nicht von einer Privatzimmervermietung ausgegangen ist und das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 31b Abs. 2 Z 4 ROG 2009 zu Recht verneint hat.

20 Bei diesem Ergebnis kommt es auf die Frage, ob die im Revisionsfall gegenständlichen Doppelhaushälften, in welchen sich die betreffenden Wohneinheiten befinden, bautechnisch als einheitlicher Bau oder als zwei Bauten anzusehen sind, nicht an, sodass dem dazu von der Revisionswerberin geltend gemachten Verfahrensmangel keine Relevanz zukommt.

Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Normen
BauRallg
B-VG Art10 Abs1 Z8
B-VGNov 1974 ArtIII
GewO 1994 §2 Abs1 Z9
ROG Slbg 2009 §31b Abs2 Z4
ROG Slbg 2009 §5 Z10
VwRallg
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Planung Widmung BauRallg3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RO2020060004.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-46537