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VwGH 26.04.2021, Ro 2020/05/0020

VwGH 26.04.2021, Ro 2020/05/0020

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
BauO Wr §69 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
RS 1
Die Frage, ob durch eine konkrete Abweichung von den Vorschriften des Bebauungsplanes die Zielrichtung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes im Sinn des § 69 Abs. 1 Wr BauO unterlaufen wird oder nicht, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des VwG. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa , mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2021/05/0046 B RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der E K in W, vertreten durch die Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße 6/5, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , VGW-111/077/4784/2019-18, VGW-111/077/4793/2019, VGW-111/V/077/4785/2019, VGW-111/V/077/4794/2019, VGW-111/V/077/4786/2019, VGW-111/V/077/4795/2019, VGW-111/V/077/4787/2019, VGW-111/V/077/4796/2019, VGW-111/V/077/4788/2019, VGW-111/V/077/4797/2019, VGW-111/V/077/4789/2019 und VGW-111/V/077/4798/2019, betreffend Versagung eines Bauvorhabens (belangte Behörden vor dem Verwaltungsgericht: 1. Magistrat der Stadt Wien; 2. Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 2. Bezirk; weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. P G, 2. Dipl. Ing. J G, 3. Mag. K L, 4. M S, 5. U K und 6. P P, alle in W, alle vertreten durch Mag. Erwin Dirnberger, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/5), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 und der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Der Revisionswerber hat auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeitsgründe gesondert darzulegen, wenn die Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht für deren Zulässigkeit nicht ausreicht oder der Revisionswerber andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben erachtet (vgl. , 0003, mwN).

5 Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. , 0064 bis 0072, mwN).

6 Gegenständlich hatte der Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 2. Bezirk gemäß § 69 der Bauordnung für Wien (BO) eine Abweichung von den Vorschriften des Bebauungsplanes dahingehend erteilt, dass eine Überschreitung der zulässigen Firsthöhe um 1,07 m bewilligt wurde. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die Revisionswerberin für die Überschreitung der maximal zulässigen Firsthöhe die Ausnahmebewilligung benötige, um den projektgegenständlichen zweigeschossigen Dachausbau verwirklichen zu können. Die Überschreitung der Firsthöhe sei erforderlich, um zwei Dachgeschosse errichten zu können. Die Ausnahmebewilligung für die Überschreitung der Firsthöhe könne aber schon deshalb nicht erteilt werden, weil die Abweichung der Zielrichtung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes insoweit zuwiderlaufe, als sie für die Errichtung von zwei Dachgeschossen erforderlich sei, der Zielrichtung jedoch die Errichtung von nur einem Dachgeschoss entspreche. Im Zusammenhang damit stelle sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Es fehle insbesondere an höchstgerichtlicher Rechtsprechung, ob die Zielrichtung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes tatsächlich als Rechtsfrage nach näher genannten Kriterien zu beurteilen oder aber allenfalls Gegenstand des Sachverständigenbeweises sei.

7 Im Übrigen schöpfe die Revisionswerberin als Bauwerberin einerseits die Möglichkeiten des Art. V Abs. 6 BO zur Ansteilung der Dachflächen für die Errichtung von Wohnungen aus und gehe andererseits durch die Errichtung von zwei der Liegenschaft der mitbeteiligten Parteien zugewandten Gauben über den gemäß Art. V Abs. 6 BO maximal zulässigen Dachumriss hinaus. Höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob das Erkenntnis , auf eine Kombination des Art. V Abs. 6 BO mit der Neuerrichtung von Gauben übertragbar sei, fehle, sodass auch insoweit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege.

8 Die vorliegende Revision enthält keine Revisionszulässigkeitsgründe, die über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes hinausgehen.

9 Die Frage, ob durch eine konkrete Abweichung von den Vorschriften des Bebauungsplanes die Zielrichtung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes im Sinne des § 69 Abs. 1 BO unterlaufen wird oder nicht, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. , mwN).

10 Das Verwaltungsgericht hat sich unter Heranziehung der Beschlussunterlagen (Vorlagebericht) zum Flächenwidmungs- und Bebauungsplan mit der Zielrichtung dieser Verordnung befasst und ist zu dem Schluss gekommen, dass die gegenständliche Abweichung von den Bestimmungen des Bebauungsplanes dieser Zielrichtung zuwiderlaufe (S. 9 f des angefochtenen Erkenntnisses). Dass angesichts dessen die entsprechende Beurteilung durch das Verwaltungsgericht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, kann nicht erkannt werden und wird auch in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht dargelegt. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles gegebenenfalls auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. , mwN).

11 In den Revisionszulässigkeitsgründen der vorliegenden Revision wird der Annahme des Verwaltungsgerichtes, dass die Revisionswerberin für die Überschreitung der maximal zulässigen Firsthöhe die Ausnahmebewilligung gemäß § 69 BO benötige, um den projektgegenständlichen zweigeschossigen Dachausbau verwirklichen zu können, nicht entgegengetreten. Dies führt aber dazu, dass die im Zusammenhang mit Art. V Abs. 6 BO aufgeworfene Rechtsfrage keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung mehr darstellen kann: Angesichts der oben behandelten Versagung der Ausnahmebewilligung gemäß § 69 BO kommt dieser Frage für das gegenständliche, ohne die Ausnahmebewilligung nicht verwirklichbare Bauvorhaben nur mehr theoretische Bedeutung zu. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Parteienrevisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG aber nicht zuständig (vgl. neuerlich , 0003, mwN; ferner , mwN).

12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

13 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014 (zum Kostenzuspruch an die Bundeshauptstadt Wien vgl. auch , mwN).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauO Wr §69 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020050020.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-46532