Suchen Hilfe
VwGH 17.03.2021, Ro 2019/15/0182

VwGH 17.03.2021, Ro 2019/15/0182

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
RS 1
Da die Revision zu der vom Verwaltungsgericht als grundsätzlich erachteten Rechtsfrage keinerlei Ausführungen enthält und sie auch nicht gesondert darlegt, dass die Lösung des Falles von einer anderen solchen Rechtsfrage abhängt, eignet sie sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen (vgl. ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2017/15/0014 B RS 2
Norm
EStG 1988 §124b Z53
RS 2
Zweck des § 124b Z 53 EStG 1988 ist es, eine tarifmäßige Besteuerung von Pensionsabfindungen zu vermeiden, wenn keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme dieser Abfindung besteht (vgl. ). Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgeführt hat, setzt § 124b Z 53 EStG 1988 voraus, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. , mit weiteren Nachweisen).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2019/15/0003 E RS 1
Norm
EStG 1988 §124b Z53
RS 3
Auch die Abfindung von Pensionsanwartschaften kann grundsätzlich von der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 erfasst sein (vgl. ). Jedoch ist auch in diesem Fall Voraussetzung der Begünstigung, dass keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Abfindung für den Anspruchsberechtigten offen gestanden ist. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob ein Vorsorgeschutz mit späterem Rentenanspruch durch eine entsprechende Disposition über die Freizügigkeitsleistung im Rahmen einer Freizügigkeitspolice aufrechterhalten werden kann (vgl. z.B. ; und , Ra 2018/15/0086). Unerheblich ist hierbei, ob die spätere Rentenleistung von der Vorsorgeeinrichtung des früheren Arbeitgebers oder durch ein "privates Versicherungsunternehmen" erfolgt, sofern ein Verbleib innerhalb des ausländischen Vorsorgesystems trotz Beendigung der Auslandstätigkeit möglich ist und daraus ein späterer Rentenbezug erfolgen kann (vgl. ).
Norm
EStG 1988 §124b Z53
RS 4
Im vorliegenden Fall kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn das Bundesfinanzgericht angesichts der faktisch gegebenen Möglichkeit, sich anstelle der Abfindung für einen Rentenbezug zu entscheiden, zu der Beurteilung gelangte, dass der Zwang zur Abfindung der Pensionsanwartschaft, den die Steuerbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 voraussetzt, nicht gegeben war (). Anderes könnte gelten, wenn die Inanspruchnahme der Frühpension für den Anspruchsberechtigten mit unzumutbaren rechtlichen Nachteilen verbunden wäre.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ro 2019/15/0183

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr. Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revisionen 1. des R P in H, vertreten durch die Reiner & Reiner Steuerberatungs GmbH, Steuerberater in 6890 Lustenau, Schillerstraße 22 (protokolliert zu Ro 2019/15/0182) und 2. des Finanzamts Bregenz (nunmehr: Finanzamt Österreich) in 6900 Bregenz, Brielgasse 19 (mitbeteiligte Partei: R P in H, vertreten durch die Reiner & Reiner Steuerberatungs GmbH, Steuerberater in 6890 Lustenau; protokolliert zu Ro 2019/15/0183), beide gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/1101048/2015, betreffend Einkommensteuer 2014,

Spruch

zu Ro 2019/15/0182 zu Recht erkannt:

Die Revision des R P wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei R P hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. zu Ro 2019/15/0183 den Beschluss gefasst:

Die Revision des Finanzamts wird zurückgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei R P Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber (im Folgenden: RP) war in der Schweiz als Grenzgänger nichtselbstständig tätig.

2 Das Dienstverhältnis des RP wurde mit , ca. drei Monate nach Vollendung seines 59. Lebensjahres, beendet. Laut der Austrittsabrechnung vom betrug das im Rahmen seiner Grenzgängertätigkeit bei der betrieblichen Pensionskasse seines Schweizer Dienstgebers erworbene Altersguthaben (am ) 102.737,10 CHF. Da RP von der (bei einer Auflösung des Dienstverhältnisses nach Vollendung des 58. Lebensjahrs bestehenden) Möglichkeit, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, keinen Gebrauch machte, erhielt er eine Freizügigkeitsleistung.

3 Der überobligatorische Teil der Freizügigkeitsleistung in Höhe von 34.391,30 € wurde RP aufgrund des „endgültigen Verlassens der Schweiz“ im Jahr 2014 (nach Abzug der Quellensteuer) ausbezahlt. Den obligatorischen Teil in Höhe von 67.805,80 €, der von der Pensionskasse auf ein Konto bei der X Freizügigkeitsstiftung überwiesen wurde, hat RP und im Jahr 2015 zuzüglich Zinsen erhalten.

4 Nach Beendigung seines Dienstverhältnisses in der Schweiz bezog RP in Österreich Arbeitslosen- und (zeitweise) Krankengeld. Seit bezieht er in Österreich eine Pension.

5 In der Arbeitnehmerveranlagung 2014 erklärte RP den überobligatorischen Teil der Freizügigkeitsleistung als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und beanspruchte dafür die Drittelbegünstigung nach § 124b Z 53 EStG 1988.

6 Das Finanzamt erließ einen Einkommensteuerbescheid 2014, in dem es mit der Begründung, RP habe darüber verfügt, den im Jahr 2015 ausbezahlten obligatorischen Teil der Freizügigkeitsleistung als im Jahr 2014 zugeflossen wertete und das gesamte Altersguthaben (obligatorischer und überobligatorischer Teil ohne Abzug der im Jahr 2014 einbehaltenen Schweizer Quellensteuer) der Einkommensteuer unterzog. Eine Anrechnung der Schweizer Quellensteuer unterblieb mit der Begründung, dass diese RP erstattet worden sei.

7 Die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 gewährte das Finanzamt nicht, weil RP laut Pensionskassenreglement die Möglichkeit offen gestanden sei, das angesparte Vorsorgekapital im Falle der vorzeitigen Pensionierung als lebenslange Pensionskassenrente zu beziehen. Stattdessen habe er sich für die Überweisung des obligatorischen Kapitals auf das Konto einer Freizügigkeitsstiftung und die sofortige Auszahlung des überobligatorischen Kapitals entschieden. Angesichts der Wahlmöglichkeit liege keine „Pensionsabfindung“ vor und die Drittelbegünstigung sei nicht zu gewähren. Die von RP geltend gemachten Beiträge in die Schweizer Nichtberufsunfallsversicherung erkannte das Finanzamt nicht als Pflichtbeiträge iSd § 16 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988 an, weil die Schweizer Nichtberufsunfallsversicherung mit der inländischen gesetzlichen Sozialversicherung nicht vergleichbar sei.

8 Eine gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 gerichtete Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung ab, woraufhin RP die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragte.

9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - teilweise Folge.

10 Hinsichtlich des überobligatorischen Teils der Freizügigskeitsleistung ließ das Bundesfinanzgericht die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 nicht zu und führte aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei keine (begünstigt zu besteuernde) Pensionsabfindung gegeben, wenn der Anwartschaftsberechtigte zwischen der Rente einerseits und dem Rentenbarwert (als Kapitalanspruch) andererseits wählen können (Hinweis auf ; Ra 2016/15/0025).

11 Das Vorbringen im Vorlageantrag und in der mündlichen Verhandlung, RP habe keine Wahl zwischen der Rente und der kapitalisierten Auszahlung gehabt, treffe nicht zu und stehe auch im Widerspruch zu den Ausführungen in der Beschwerde, wo ausdrücklich eingeräumt worden sei, dass RP „das faktische Wahlrecht auf eine frühzeitige Alterspension zustand, da er bereits älter als 58 Jahre war“.

12 Im Streitfall bestimme das Vorsorgereglement der Pensionskasse, dass jede versicherte Person, die das reglementarische Rücktrittsalter erreiche und in den Ruhestand trete, eine Altersleistung erhalte. Das Vorsorgereglement sehe vor, dass die versicherte Person, wenn das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 58. Lebensjahres aufgelöst werde, verlangen könne, vorzeitig pensioniert zu werden und eine Altersleistung zu erhalten. Die entsprechende schriftliche Erklärung an die Pensionskasse habe spätestens vor dem effektiven Altersrücktritt zu erfolgen. Werde keine vorzeitige Pensionierung verlangt, so erhalte die versicherte Person eine Freizügigkeitsleistung. In der Regel werde die Altersleistung in Form einer lebenslänglichen Altersrente geleistet. Bei Kapitalabfindung könne die fällige Altersleistung vollständig oder teilweise in Kapitalform bezogen werden.

13 Laut Reglement der Pensionskasse habe RP demnach die Option auf Bezug einer (monatlichen) Rente und (alternativ) auf Kapitalauszahlung gehabt. Er habe von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht, die Variante der Kapitalauszahlung beansprucht und sich den überobligatorischen Anteil des Altersguthabens nach Abzug der Quellensteuer auf sein Bankkonto überweisen lassen. Er habe somit von einer obligatio alternativa Gebrauch gemacht, weshalb nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Pensionsabfindung vorliege und die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 nicht zustehe.

14 Hinsichtlich des obligatorischen Teils der Freizügigkeitsleistung gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde dahingehend statt, dass dieser Teil dem Erstrevisionswerber erst im Jahr 2015 zugeflossen und daher aus der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer 2014 auszuscheiden sei. Weiters erkannte das Bundesfinanzgericht die Beiträge zur Nichtberufsunfallsversicherung als abzugsfähige Werbungskosten an, weil sich der Erstrevisionswerber diesen Ausgaben nicht habe entziehen können und sie unmittelbar mit den Einnahmen aus dem Schweizer Dienstverhältnis in Zusammenhang stünden.

15 Eine ordentliche Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob Beiträge zur Schweizer Nichtberufsunfallsversicherung als Werbungskosten abziehbar seien.

16 Gegen dieses Erkenntnis richten sich die von RP und dem Finanzamt erhobenen Revisionen.

1. Zur Revision des Finanzamts (Ro 2019/15/0183)

17 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

18 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahren zu fassen.

19 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

20 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Revisionswerber auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die maßgeblichen Gründe für die Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Auf eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht bei der Zulassung der Revision als grundsätzlich erachtet hat, ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht einzugehen, wenn diese Rechtsfrage in der Revision nicht angesprochen wird (vgl. ).

21 In der vorliegenden Revision verweist das Finanzamt lediglich darauf, dass das Verwaltungsgericht die ordentliche Revision für zulässig erklärt habe, und führt von sich aus keinen (weiteren) Grund für die Zulässigkeit der Revision an. In den Gründen wendet sich das Finanzamt nicht gegen die Lösung der vom Bundesfinanzgericht als grundsätzlich erachteten Rechtsfrage (Anerkennung der Beiträge zur Schweizer Nichtberufsunfallsversicherung als Werbungskosten). Sie macht in den Revisionsgründen vielmehr - jedoch nicht als grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG - geltend, dass das obligatorische Vorsorgekapital dem Erstrevisionswerber schon im Jahr 2014 zugeflossen sei.

22 Da die Revision zu der vom Verwaltungsgericht als grundsätzlich erachteten Rechtsfrage keinerlei Ausführungen enthält und sie auch nicht gesondert darlegt, dass die Lösung des Falles von einer anderen Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, eignet sie sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung. Sie war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen (vgl. ).

2. Zur Revision des RP (Ro 2019/15/0182)

23 Auch die Revision des RP wendet sich nicht gegen die Lösung der vom Verwaltungsgericht als grundsätzlich erachteten Rechtsfrage. Sie führt jedoch als (weiteren) Zulässigkeitsgrund an, das Erkenntnis weiche von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil dieser in der Entscheidung eines Arbeitnehmers sich das Überobligatorium auszahlen zu lassen, wenn der Vorsorgefall nicht eingetreten sei, kein für die Zuerkennung der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 schädliches Wahlrecht sehe (Hinweis auf ; und , Ra 2018/15/0086). Zudem fehle Rechtsprechung zur Frage, ob der Möglichkeit der vorzeitigen Pensionierung für die Frage der Zuerkennung der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 Bedeutung zukomme.

24 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

25 Die Revision des Erstrevisionswerbers ist zulässig, aber nicht begründet.

26 Mit BGBl. I Nr. 54/2002 wurde in § 124b Z 53 EStG 1988 ein Satz (dritter Satz) angefügt und dadurch normiert, dass Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen ab dem Jahr 2001 zu einem Drittel steuerfrei sind.

27 In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (927 BlgNR 21. GP 2) wird hiezu ausgeführt:

„Ausländische gesetzliche Regelungen bzw. die darauf beruhenden Statuten der ausländischen Pensionskassen sehen vielfach Pensionsabfindungen vor. Eine Übertragung des abzufindenden Barwertes in eine inländische Pensionskasse ist nicht möglich. Diese Problematik trifft insbesondere Grenzgänger, die in diesen Fällen keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung haben. Es wäre daher unbillig, Pensionsabfindungen in diesen Fällen zur Gänze tarifmäßig zu versteuern.“

28 Zweck dieser Bestimmung ist es also, eine volle tarifmäßige Besteuerung von Pensionsabfindungen zu vermeiden, falls keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme dieser Abfindung besteht (vgl. ).

29 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, setzt § 124b Z 53 EStG 1988 somit voraus, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. , mwN).

30 Auch die Abfindung von Pensionsanwartschaften - wie beispielsweise die gegenständliche Freizügigkeitsleistung - kann daher grundsätzlich von der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 erfasst sein (vgl. ). Jedoch ist auch in diesem Fall Voraussetzung der Begünstigung, dass keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Abfindung für den Anspruchsberechtigten offen gestanden ist. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob ein Vorsorgeschutz mit späterem Rentenanspruch durch eine entsprechende Disposition über die Freizügigkeitsleistung im Rahmen einer Freizügigkeitspolice aufrechterhalten werden kann (vgl. z.B. ; und , Ra 2018/15/0086). Unerheblich ist hierbei, ob die spätere Rentenleistung von der Vorsorgeeinrichtung des früheren Arbeitgebers oder durch ein „privates Versicherungsunternehmen“ erfolgt, sofern ein Verbleib innerhalb des ausländischen Vorsorgesystems trotz Beendigung der Auslandstätigkeit möglich ist und daraus ein späterer Rentenbezug erfolgen kann (vgl. ).

31 Entscheidend ist also, ob RP durch die Möglichkeit in der Schweiz vorzeitig in den Ruhestand zu gehen (also den Vorsorgefall eintreten zu lassen) und im Hinblick darauf die Altersleistung in Rentenform zu beziehen, ein der Steuerbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 abträgliches Wahlrecht eingeräumt war.

32 RP wendet in der Revision ein, dass allenfalls die Option zwischen der Auszahlungsform der Altersleistung als Rente oder Kapitalauszahlung ein schädliches Wahlrecht darstelle, nicht jedoch das vorgelagerte Wahlrecht anstelle der Inanspruchnahme der Freizügigkeitsleistung vorzeitig in den Ruhestand zu treten.

33 Wie bereits dargelegt, steht die Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 nur dann zu, wenn dem Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist. Den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts zufolge, konnte RP zwischen dem Bezug einer monatlichen Rente oder der Abfindung seiner Pensionsanwartschaft wählen. Dies wird auch in der Revision nicht bestritten, wo im Zusammenhang mit diesem „faktischen Wahlrecht“ ausgeführt wird, „dass [RP] bei vorzeitiger Pensionierung ab Juli 2014 aus der Pensionskasse eine monatliche Frühpension von CHF [...] erhalten hätte“. Damit kann aber nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn das Bundesfinanzgericht angesichts dieser faktisch gegebenen Möglichkeit, sich anstelle der Abfindung für einen Rentenbezug zu entscheiden, zu der Beurteilung gelangte, dass der Zwang zur Abfindung der Pensionsanwartschaft, den die Steuerbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 voraussetzt, nicht gegeben war (). Anderes könnte gelten, wenn die Inanspruchnahme der Frühpension für den Anspruchsberechtigten mit unzumutbaren rechtlichen Nachteilen verbunden wäre. Solche wurden in der Revision nicht vorgebracht.

34 Soweit die Revision ausführt, die Auszahlung einer Freizügigkeitsleistung werde in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als schädliches Wahlrecht beurteilt, und dazu insbesondere auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2006/15/0258, verweist, in welchem dem seinerzeitigen Beschwerdeführer nach Schweizer Recht (Vorsorgereglement der betreffenden Pensionskasse) aufgrund seines Alters wohl ebenfalls die theoretische Möglichkeit, in den Ruhestand zu treten, offen gestanden sei, genügt es darauf zu verweisen, dass es im damaligen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht kein Thema war, ob das Schweizer Recht eine solche theoretische Möglichkeit vorsehe.

35 Die Revision des RP erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

36 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
B-VG Art133 Abs4
EStG 1988 §124b Z53
VwGG §34 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2019150182.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-46518