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VwGH 25.02.2022, Ro 2019/13/0036

VwGH 25.02.2022, Ro 2019/13/0036

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z4
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z4 idF 2013/I/103
AWG 2002 Anh2
VwRallg
RS 1
Nach der Rechtsprechung des VwGH zu § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG 1989 idF vor BGBl. I Nr. 103/2013 kam es auf die "erste" Behandlung nach der Verbringung an. Die "erste" Behandlung nach der Verbringung ist jene, zu deren ersten (unmittelbaren) Zweck die Verbringung außerhalb des Bundesgebietes erfolgte, nicht eine daran anschließende weitere bzw. eine abschließende Tätigkeit (vgl. ; , 2012/07/0032; , 2011/07/0134). Nach der nunmehrigen Rechtslage - sowohl nach dem klaren Wortlaut der novellierten Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG 1989 als auch der aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (2293 BlgNR 24. GP 18 f) erkennbaren Absicht des Gesetzgebers - unterliegt das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit außerhalb des Bundesgebietes auch dann dem Altlastenbeitrag, wenn einer Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a ALSAG 1989 ein oder mehrere "Behandlungsverfahren" vorgeschaltet sind. Es kann nicht angenommen werden, dass es sich bei den vorgeschalteten Behandlungsverfahren lediglich um "Hilfstätigkeiten" handeln solle. Mit dem Begriff der "Behandlungsverfahren" knüpft der Gesetzgeber erkennbar an die in der Anlage 2 zum AWG 2002 dort benannten "Behandlungsverfahren" an (z.B. also das dort genannte Verwertungsverfahren R12).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2021/13/0008 E RS 1 (hier ohne die letzten beiden Sätze)
Norm
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z4 idF 2013/I/103
RS 2
Es kommt nicht darauf an, ob es sich um einen Beförderungsvorgang oder um mehrere handelt. Entscheidend ist vielmehr der Zweck der Beförderung; nach der Regelung des § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG 1989 idF BGBl. I Nr. 103/2013 reicht es aus, dass eine Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a ALSAG 1989 nicht der erste (unmittelbare) Zweck der Beförderung ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2021/13/0008 E RS 2
Normen
ALSAG 1989 §3 Abs1
ALSAG 1989 §3 Abs1a
ALSAG 1989 §4 Z3
RS 3
Beitragspflichtig ist eine Tätigkeit dann, wenn sie unter § 3 Abs. 1 ALSAG 1989 unter Berücksichtigung der in § 3 Abs. 1a ALSAG 1989 normierten Ausnahmebestimmungen fällt. Als Veranlasser einer beitragspflichtigen Tätigkeit ist derjenige anzusehen, in dessen Verantwortung die Tätigkeit vorgenommen wird. Hat jemand einen anderen beauftragt, bestimmte Abbruchmaterialien auf einem von ihm als Auftraggeber bestimmten Grundstück zu verwenden, und sich daher des anderen zur Ausführung dieses Vorhabens bedient, so ist der Auftraggeber als Veranlasser im Sinn des § 4 Z 3 ALSAG 1989 anzusehen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2019/13/0080 E RS 1 (hier ohne den ersten Satz)
Norm
ALSAG 1989 §4 Z3
RS 4
Hat jemand einen Anderen beauftragt, bestimmte Abbruchmaterialien auf einem von ihm als Auftraggeber bestimmten Grundstück zu verfüllen, und sich daher des Anderen zur Ausführung dieses Vorhabens bedient, ohne dass der Auftragnehmer ein Grundstück für die Ablagerung des Abfalls zu bestimmen hatte, so ist der Auftraggeber als Beitragsschuldner iSd § 4 Z 3 ALSAG 1989 anzusehen (Hinweis E , 2003/07/0038). Wird ein Anderer mit dem Abbruch und dem Abtransport von Baurestmassen beauftragt, wobei der Auftraggeber den Ablagerungsort nicht bestimmt, sondern dessen Auswahl in der Verantwortung des Auftragnehmers gelegen ist, so ist dem Auftraggeber die Ablagerungs- oder Verfüllungstätigkeit iSd § 4 Z 3 ALSAG 1989 nicht zuzurechnen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2004/07/0141 E VwSlg 16977 A/2006 RS 2 (hier nur der letzte Satz)
Normen
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z2
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z3
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z3a
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z4
ALSAG 1989 §4 Z3
RS 5
Als Veranlasser des dem Altlastenbeitrag unterliegenden Beförderns iSd § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG 1989 ist derjenige anzusehen, in dessen Veranwortung es liegt, dass der Abfall mit dem mittelbaren Zweck einer Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a ALSAG 1989 außerhalb des Bundesgebietes befördert wird.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2021/13/0008 E RS 7 (hier: Dabei kommt es nicht darauf an, wer die Abfälle unmittelbar zum Ort der Verbrennung geführt hat.)
Normen
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z4
ALSAG 1989 §4 Z3
RS 6
Bei der Bestimmung des Veranlassers kommt es nicht darauf an, wer die letzte Beförderung vorgenommen hat (vgl. ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, über die Revision der H GmbH in L, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Reisnerstraße 53, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/1200034/2019, betreffend Altlastensanierungsbeitrag 2013 bis 2016, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Strittig ist im Revisionsverfahren die Altlastensanierungsbeitragspflicht für das Befördern von heizwertreichen Fraktionen und Kunststoffabfällen durch die Revisionswerberin nach Deutschland und in die Schweiz.

2 Das Zollamt setzte für Zeiträume für die Jahre 2013 bis 2016 Altlastenbeiträge und Säumniszuschläge fest. Die Revisionswerberin sei Beitragsschuldnerin gemäß § 4 Z 3 ALSAG, weil sie als Veranlasserin des Beförderns der heizwertreichen Fraktionen bzw. Kunststoffabfälle zu einer Tätigkeit gem. Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes anzusehen sei. Bereits in den Notifizierungen sei festgehalten worden, dass sich an die vorläufige Verwertung eine endgültige Verwertung (Verbrennung) anschließen werde. Darüber hinaus handle es sich bei dem Schweizer Empfängerunternehmen um ein verbundenes Unternehmen.

3 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde. Nach abweisender Beschwerdevorentscheidung und Vorlageantrag führte das Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung durch und wies die Beschwerde als unbegründet ab. Es traf die folgenden Sachverhaltsfeststellungen: Die Revisionswerberin habe sich mit der Abholung, Verwertung und Deponierung von Abfällen, Herstellung von Sekundärbrennstoffen sowie Kanalreinigungen und -inspektionen und Dichtheitsprüfungen befasst. In den Jahren 2013 bis 2016 seien von der Revisionswerberin Fraktionen aus aufbereiteten Siedlungsabfällen nach Deutschland (zur E KG) und in die Schweiz (zur N AG, an der die Revisionswerberin zu 33 % beteiligt sei) verbracht worden. Es handle sich dabei um Anlagen zur Aufbereitung von Abfällen mit dem Zweck der Herstellung von Ersatzbrennstoffen für die Zementindustrie. Die Aufbereitung der von der Revisionswerberin stammenden Abfälle sei erforderlich, um diese in weiterer Folge thermisch in Zementwerken zu verwerten. Da es sich um notifizierungspflichtige Abfallverbringungen handle, habe die Revisionswerberin für diese Transporte beim zuständigen Bundesministerium entsprechende Genehmigungen eingeholt. Die Notifizierungsunterlagen seien dem Bundesfinanzgericht vorgelegt worden. In diesen seien für Deutschland die E KG als vorläufige Verwertungsanlage und die S KG als nicht vorläufige Verwertungsanlage geführt worden; zwischen der E KG und der S KG habe es einen unbefristeten Vertrag über die Verwertung gegeben. Für die Schweiz sei die N AG als vorläufige Verwertungsanlage und die H AG als nicht vorläufige Verwertungsanlage angegeben worden.

4 Strittig sei, ob die Verbringung von Abfällen, die zur Aufbereitung bei der E KG in Deutschland und der N AG in die Schweiz verbracht worden und in weiterer Folge als Ersatzbrennstoffe in der Zementindustrie verwendet worden seien, eine beitragspflichtige Tätigkeit darstelle und die Revisionswerberin Beitragsschuldnerin sei.

5 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Bundesfinanzgericht aus, die Revisionswerberin verbringe Abfälle zunächst zur E KG und zur N AG, wo die Abfälle zu Ersatzbrennstoffen aufbereitet würden. Dabei komme es zu keiner Verbrennung, sondern zu einer Aufbereitung der Abfälle. Erst durch diese Behandlungsschritte werde der Abfall entsprechend bearbeitet und aufbereitet, um als Kohlestaubsubstitut zur Energieerzeugung in Zementwerken eingesetzt zu werden. Die Behandlungsschritte seien daher notwendig, um eine beitragspflichtige Tätigkeit (das Verheizen als Brennstoff im Zementwerk) zu ermöglichen. Die Verbringung von Abfällen zur Aufbereitung nach Deutschland bzw. in die Schweiz stelle daher eine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG dar. Um als Beitragsschuldnerin nach § 4 Z 3 ALSAG in Anspruch genommen werden zu können, müsse die Revisionswerberin eine beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst haben. § 4 Z 3 ALSAG bestimme als Auffangtatbestand jedenfalls einen Beitragsschuldner, auch für den Fall, dass Abfälle im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG außerhalb des Bundesgebietes zunächst zu einem vorgeschalteten Behandlungsverfahren, welches die beitragspflichtige Tätigkeit gemäß Z 1 bis 3a erst ermögliche, befördert würden. Dadurch, dass die Revisionswerberin veranlasst habe, dass die Abfälle zur thermischen Verwertung in ein Zementwerk verbracht werden, wobei sie vorher zu einem Behandlungsverfahren (vorläufiges Verwertungsverfahren) zur E KG bzw N AG befördert worden seien, sei sie im Sinne des § 4 Z 3 ALSAG als Beitragsschuldnerin für den Altlastenbeitrag anzusehen.

6 Bereits im Notifizierungsverfahren habe die Revisionswerberin erklärt, dass sich an die vorläufige Verwertung (durch Aufbereitung) eine endgültige Verwertung - die Verbrennung in den Zementwerken in Deutschland und der Schweiz - anschließen werde. Außerdem müsse sie für die Verbringung ins Ausland eine Sicherheitsleistung bzw. Versicherung hinterlegen, die bis zum finalen Behandlungsschritt, der endgültigen Verwertung in den Zementwerken, gelte. Würde die Verbringung nicht entsprechend den vom Notifizierenden gemachten Angaben ablaufen, würde es sich um eine illegale Verbringung handeln, die wiederum die Notifizierende zu verantworten hätte. Der Einwand, die Revisionswerberin habe auf das Schicksal des Abfalls nach der Verbringung ins Ausland keinerlei Einfluss, erscheine nicht nachvollziehbar. Dies würde nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts bedeuten, dass die Revisionswerberin in den Notifizierungsansuchen Angaben zur endgültigen Verwertung mache, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt nicht wisse, ob eine endgültige Verwertung - wie von ihr erklärt - überhaupt stattfinde. Weiters sei nicht davon auszugehen, dass die Aufbereitungsanlagen Abfälle übernehmen würden, ohne bereits selbst über entsprechende Abnehmer zu verfügen. Hinsichtlich der N AG halte die Revisionswerberin eine Beteiligung von 33 %, sodass sie nicht ernsthaft behaupten könne, sie habe keinen Einfluss auf das Schicksal der zur Aufbereitung in die Schweiz verbrachten Abfälle. Dass die thermische Verwertung der Abfälle von Anfang an feststehe und auch konkret geplant gewesen sei, ergebe sich eindeutig aus den Notifizierungsanträgen.

7 Die ordentliche Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil es zur Frage der Beitragsschuldnerschaft nach § 4 Z 3 ALSAG (Veranlassen der beitragspflichtigen Tätigkeit bei Beitragspflicht nach § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG) keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebe.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision, die ausführt, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei nicht geklärt, ob einzig und allein die Beförderung zu einer nicht beitragspflichtigen Tätigkeit (Aufbereitung) ausreichend sei, um den Tatbestand des § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG, der explizit von einer Beförderung von Abfällen zu einer beitragspflichtigen Tätigkeit spreche, zu erfüllen. Die Revisionswerberin habe in den Jahren 2013 bis 2016 Abfälle nach Deutschland und in die Schweiz zu Anlagen verbracht, die diese Abfälle einem weiteren Behandlungsverfahren unterzogen hätten. § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG normiere eine Beitragspflicht für das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG außerhalb des Bundesgebietes, auch dann, wenn dieser Tätigkeit ein oder mehrere Behandlungsverfahren vorgeschaltet seien, um die jeweilige beitragspflichtige Tätigkeit zu ermöglichen. Das Bundesfinanzgericht vertrete in seiner Entscheidung die Auffassung, dass dieser Tatbestand immer dann zur Anwendung komme, wenn Abfälle im Ausland letzten Endes einer beitragspflichtigen Tätigkeit zugeführt würden. Dabei sei es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts offensichtlich völlig gleichgültig, wie vielen eigenständigen Behandlungsverfahren diese Abfälle unterzogen würden, bis es zu einer beitragspflichtigen Tätigkeit komme. Der ursprüngliche Beförderer zur ersten Behandlungsanlage im Ausland habe auf all diese Parameter keinen Einfluss mehr. Der Tatbestand sei wesentlich enger auszulegen. Die Revisionswerberin sei auch nicht die Veranlasserin der beitragspflichtigen Tätigkeit und damit nicht Beitragsschuldnerin. Die legislativen Vorgaben im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen dienten einem vollkommen anderen Regelungszweck als die Bestimmungen des ALSAG. Das Tatbestandsmerkmal des Veranlassens lasse sich nicht mit Querverweisen auf andere Regelungswerke auslegen. Entscheidend sei, wer die Verantwortung für die beitragspflichtige Tätigkeit trage. Es reiche nicht aus, am Beginn einer Kausalkette zu stehen, an deren Ende möglicherweise eine beitragspflichtige Tätigkeit stehe. Veranlasser könne nur sein, wer eine Einflussnahme auf die beitragspflichtige Tätigkeit habe. Diese Voraussetzung könne nur der Abfallbesitzer erfüllen; die Eigenschaft der Revisionswerberin als Abfallbesitzerin ende jedoch spätestens mit der Übergabe der Abfälle. Auf die Beförderung der Abfälle zu der Tätigkeit gemäß Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes habe die Revisionswerberin keinen Einfluss, weil nur die konkrete Beförderungstätigkeit zur Verbrennung die beitragsauslösende Tätigkeit sein könne. Diese Beförderungstätigkeiten würden durch die Unternehmen vorgenommen, die den Abfall aufbereiten und weiterverkaufen würden.

9 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

13 Maßgeblich für die Beurteilung des Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes. Wurde die zu beantwortende Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - wenn auch erst nach Einbringung der Revision - geklärt, so ist die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht mehr erfüllt (vgl. etwa , mwN).

14 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG idF vor BGBl. I Nr. 103/2013 kam es dabei auf die „erste“ Behandlung nach der Verbringung an. Die „erste“ Behandlung nach der Verbringung ist jene, zu deren ersten (unmittelbaren) Zweck die Verbringung außerhalb des Bundesgebietes erfolgte, nicht daran anschließende weitere bzw. eine abschließende Tätigkeit (vgl. ; , 2012/07/0032; , 2011/07/0134).

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Ro 2021/13/0008, ausgesprochen, dass nach der nunmehrigen Rechtslage - sowohl nach dem klaren Wortlaut der novellierten Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG als auch der aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage erkennbaren Absicht des Gesetzgebers - das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit außerhalb des Bundesgebietes auch dann dem Altlastenbeitrag unterliegt, wenn einer Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a ALSAG „Behandlungsverfahren“ (vgl. dazu Anhang2 zum Abfallwirtschaftsgesetz 2002) vorgeschaltet sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um einen Beförderungsvorgang oder um mehrere handelt. Entscheidend ist vielmehr der Zweck der Beförderung; nach der novellierten Regelung reicht es aus, dass eine Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a ALSAG nicht der erste (unmittelbare) Zweck der Beförderung ist. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

16 Im Revisionsfall war der Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG (Verbrennen in einem Zementwerk) ein Behandlungsverfahren vorgeschaltet; dieses Behandlungsverfahren war - nach den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts - für das nachfolgende Verbrennen eine notwendige Vorbehandlung. Es erfolgte daher eine Beförderung der Abfälle außerhalb des Bundesgebietes, um - nach einem Behandlungsverfahren - im Ausland verbrannt zu werden. Die Beförderung durch die Revisionswerberin stellt daher eine beitragspflichtige Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG dar.

17 Getrennt von der Frage der Beitragspflicht ist zu beurteilen, wer als Beitragsschuldner im Sinne des § 4 ALSAG anzusehen ist. Da § 4 Z 2 ALSAG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) in einem Fall wie dem gegenständlichen nicht anwendbar ist, kommt der Auffangtatbestand des § 4 Z 3 ALSAG zur Anwendung.

18 § 4 Z 3 ALSAG bestimmt als Auffangtatbestand jene Person zum Beitragsschuldner, die die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst hat. Als Veranlasser einer beitragspflichtigen Tätigkeit ist jene Person anzusehen, in deren Verantwortung sie vorgenommen wird. Hat etwa jemand einen anderen beauftragt, bestimmte Abbruchmaterialien auf einem von ihm als Auftraggeber bestimmten Grundstück zu verwenden, und sich daher des anderen zur Ausführung dieses Vorhabens bedient, so ist der Auftraggeber als „Veranlasser“ anzusehen (vgl. , mwN). Wird jedoch ein Anderer mit dem Abbruch und dem Abtransport von Baurestmassen beauftragt, wobei der Auftraggeber den Ablagerungsort nicht bestimmt, sondern dessen Auswahl in der Verantwortung des Auftragnehmers gelegen ist, so ist dem Auftraggeber die Ablagerungs- oder Verfüllungstätigkeit nicht zuzurechnen (vgl. ).

19 Als Veranlasser des dem Altlastenbeitrag unterliegenden Beförderns iSd § 3 Abs. 1 Z 4 ALSAG ist damit derjenige anzusehen, in dessen Verantwortung es liegt, dass der Abfall mit dem mittelbaren Zweck einer Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a ALSAG außerhalb des Bundesgebietes befördert wird. Dabei kommt es nicht darauf an, wer die Abfälle unmittelbar zum Ort der Verbrennung geführt hat (vgl. nochmals ).

20 Das Bundesfinanzgericht ist davon ausgegangen, dass die Revisionswerberin als Veranlasserin der beitragspflichtigen Tätigkeit des Beförderns anzusehen sei. Schon im Notifizierungsverfahren habe die Revisionswerberin erklärt, dass sich an die vorläufige Verwertung die endgültige Verwertung im Ausland anschließen werde. Für die Verbringung ins Ausland müsse die Revisionswerberin eine Sicherheitsleistung bzw. Versicherung hinterlegen, die bis zum finalen Behandlungsschritt, der endgültigen Verwertung in den Zementwerken, gelte. Die Revisionswerberin habe auf das Schicksal des Abfalls nach der Verbringung ins Ausland Einfluss gehabt.

21 Die Revision bringt nicht vor, dass die Revisionswerberin von einem Auftraggeber - etwa einem Ersterzeuger des Abfalls - dazu bestimmt wurde, mit den involvierten Unternehmen Verträge abzuschließen und die Abfälle ins Ausland zu befördern, damit sie dort final einer Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a ALSAG zugeführt werden, oder dass sich ein Auftraggeber der Revisionswerberin zur Ausführung der Beförderung nur bedient habe.

22 Die Revision bekämpft die Beurteilung des Bundesfinanzgerichts im Wesentlichen vielmehr damit, dass die Vorgaben im Notifizierungsverfahren anderen Regelungszwecken dienen würden und die Revisionswerberin schon deshalb nicht als Veranlasserin angesehen werden könne, weil sie die Beförderung zur finalen Tätigkeit nicht durchgeführt habe. Damit zeigt sie aber keine Unvertretbarkeit der Beurteilung des Bundesfinanzgerichts auf. Das Bundesfinanzgericht hat die Angaben im Notifizierungsverfahren als Indiz dafür angesehen, dass die Beförderung ins Ausland mit dem finalen Zweck der thermischen Verwertung in der Verantwortung der Revisionswerberin gelegen war. Dass es bei der Bestimmung des Veranlassers nicht darauf ankommt, wer die letzte Beförderung vorgenommen hat, hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis, Ro 2021/13/0008, bereits ausgesprochen.

23 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

24 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ALSAG 1989 §3 Abs1
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z2
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z3
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z3a
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z4
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z4 idF 2013/I/103
ALSAG 1989 §3 Abs1a
ALSAG 1989 §4 Z3
AWG 2002 Anh2
VwRallg
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2019130036.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAF-46512