VwGH 18.10.2022, Ro 2019/11/0020
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung ist für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung ebenso wenig entscheidend wie eine Gliederung dieser Erledigung nach Spruch und Begründung. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 87/12/0103 E RS 1 |
Normen | |
RS 2 | Das für das Vorliegen eines Bescheides erforderliche wesentliche Merkmal der Bezeichnung der Behörde ist dann erfüllt, wenn nach objektiven Gesichtspunkten für jedermann - also unabhängig von der subjektiven Kenntnis des Adressaten des Schriftstücks - erkennbar ist, von welcher Behörde der Bescheid erlassen wurde. Es genügt für die Zurechnung zur zuständigen Behörde nicht, dass diese aus dem Gesetz erschlossen werden kann. |
Normen | |
RS 3 | Ein "Für den Bezirkshauptmann" gefertigter Bescheid, der die Bezirkshauptmannschaft selbst in seiner Kopfzeile anführt, ändert unter Berücksichtigung der hier vorliegenden Umstände nichts an der Zurechnung des Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft. Eine behördliche Zuständigkeit des Bezirkshauptmannes selbst besteht nämlich nicht. Daran vermag auch die Fertigungsklausel "Für den Bezirkshauptmann" nichts zu ändern, zumal der Bezirkshauptmann den Willen der monokratischen Behörde Bezirkshauptmannschaft bildet (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2016/17/0214 E RS 5 |
Normen | |
RS 4 | Mit der vorliegenden Erledigung - nach der Rotwild-Tbc-Bekämpfungsplan-Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom , LGBl Nr 68/2011 idF LGBl 26/2014 - wird ein näher definierter Mindestabschuss innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorgeschrieben. Dabei handelt es sich um einen Spruch in Form einer individuellen, eine Leistung anordnenden Entscheidung in einer Angelegenheit des Verwaltungsrechts. Der Spruch ist zwar nicht als solcher bezeichnet, dennoch geht aus der Formulierung der Erledigung klar hervor, dass diese Verwaltungssache von der Revisionswerberin als Veterinärbehörde in rechtsverbindlicher Weise erledigt werden soll. Eine Begründung für diese Entscheidung enthält die Abschussanordnung in ihrem ersten Absatz ebenfalls, auch wenn sie nicht als solche ausdrücklich ausgewiesen ist. Dass die Erledigung an den Mitbeteiligten gerichtet ist, steht außer Zweifel, ebenso wie die elektronische Signatur. |
Entscheidungstext
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ro 2021/11/0007 B
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak, Mag. Hainz-Sator und MMag. Ginthör und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Reutte, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG-2019/23/1235-6, betreffend eine Anordnung nach dem Tierseuchengesetz (mitbeteiligte Partei: J H in S, vertreten durch Mag. Dr. Hermann Pfurtscheller, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 4/II), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt I. wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufgehoben.
Begründung
1 Ausweislich der vorgelegten Akten wurde am in den Räumlichkeiten der Revisionswerberin eine von deren Amtstierarzt einberufene „Abschussbesprechung“ mit den Jagdschutzorganen - darunter auch dem Mitbeteiligten - und Abschussverantwortlichen der von Rotwild-Tbc betroffenen Jagdreviere durchgeführt, bei der die Abschussplanung für 2019 vom Amtstierarzt und einem Jagdsachverständigen dargelegt und anschließend diskutiert wurde. Eine Anordnung von Abschüssen erfolgte anlässlich dieser Besprechung nicht. Am wurde dem Mitbeteiligten das folgende, mit einer Amtssignatur versehene und „von Land Tirol am 08:46“ elektronisch unterfertigte Schreiben zugestellt:
„Bezirkshauptmannschaft Reutte
Veterinärwesen
Dr. [Amtstierarzt]
Telefon [...] bh.reutte@tirol.gv.at
Mindestabschussanordnung Rotwild 2019 gemäß Tierseuchengesetz; Revier GJ Kaisers (einschließlich EJ Fallesin-ÖBf)
RE-V-TS-14/57i-2019
Reutte,
Sehr geehrter Herr H[...]!
Nachdem im Jagdjahr 2018 die Abgangszahlen beim Rotwild im Hegebezirk Lechtal I unter den Erwartungen geblieben sind und eine Bestandszunahme von unserem Jagdsachverständigen festgestellt wurde, musste die Abschussquote für das Jagdjahr 2019 auf 220 Stück empfindlich erhöht werden. Folglich ergeben sich für die einzelnen Jagdteilgebiete höhere Abschusszahlen. Außerdem mussten bei den Trophäenträgern (Hirsche der Klasse I und II) Einschränkungen vorgenommen und auch eine zeitliche Abfolge eingeführt werden.
Für das Revier GJ Kaisers (allfällige Abschüsse im Revier EJ Fallesin-ÖBf werden miteingerechnet) wird lt. Abschussbesprechung vom für Rotwild von der Veterinärbehörde folgender Mindestabschuss vom bis zum angeordnet:
58 Stück Rotwild
davon zumindest 22 Stück Zuwachsträger (Schmal- oder Alttiere) und 22 Kälber, aber höchstens 3 Stück Hirsche der Klasse I oder II (siehe Detailplan auf der Rückseite).
Achtung: Die Abschüsse der Hirsche der Klasse I oder II sind genau einzuhalten, bei Zuwiderhandlung wird Strafanzeige erstattet. Grundsätzlich gilt, dass beim Abschuss von Hirschen jeder Klassen im Gegenzug zumindest ein Zuwachsträger (Schmal- oder Alttier) zu erlegen ist und mit der Bejagung der Klasse I und II darf außerdem erst begonnen werden, sobald mindestens 1/3 der angeordneten Tiere erlegt wurden.
Bei Abweichung oder Nichterfüllung der Abschussvorgaben wird für allfällige Strafverfahren zur Strafbemessung der Abschuss mit Stichtag herangezogen.
Für die Reviere in der Gemeinde Kaisers wird folgender Detailplan vorgelegt:
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Verteilung 2019 | ||||||
Hirsche | ||||||
SP | III | I I + II | Kälber | TiereGesamt | ||
GJ KaisersEJ Fallesin ÖBf | 2 | 9 | 3 | 22 | 22 | 58 |
EJ Alpe Kaisers | 2 | 1 (II) | 3 | 3 | 9 | |
EJ SchafbergEJ Alpe MahdbergEJ ErlachalpeEJ Almejur ÖBf | 1 | 1 (1) | 3 | 3 | 8 | |
EJ Almejur-Agrar | 1 | [1] | 1 | 1 | 3 | |
Gesamt | 2 | 13 | 5 | 29 | 29 | 78 |
Dieser detaillierte Abschussplan sollte zur Erhaltung des Populationsaufbaus bestmöglich eingehalten werden.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Bezirkshauptfrau:
Dr. [Amtstierarzt]
Ergeht an:
J[...] H[...], ... (RSb)
Zur Kenntnis an:
die Jagdausübungsberechtigten, mit der Aufforderung gemäß § 2 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Reutte zur Bekämpfung der Tuberkulose beim Rotwild vom , GZ. RE-V-TS-14/56-2019, diese Abschussanordnung sowohl in materieller als auch personeller Hinsicht zu unterstützen.“
2 Gegen diese Erledigung erhoben der Mitbeteiligte (als Jagdschutzorgan) und Dr. F (als Jagdausübungsberechtigter für die GJ Kaisers) eine gemeinsame Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm. Art. 132 Abs. 2 B-VG an das Landesverwaltungsgericht Tirol. Begründend wurde darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die Abschussanordnung - wie schon die in den vergangenen Jahren ergangenen Anordnungen - aufgrund näher dargestellter äußerer Gegebenheiten (wie Witterungs- und Geländebedingungen, Wildbestand und Wildwechsel) durch den Mitbeteiligten unerfüllbar sei. Nachdem er in den vorangegangenen Jahren bereits mehrmals wegen Nichterfüllung der Abschussanordnungen bestraft worden sei, werde er neuerlich einem Strafverfahren ausgesetzt, obwohl die verfahrensgegenständliche Anordnung weder umsetzbar noch zielführend sei.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der Beschwerde des Mitbeteiligten Folge und stellte fest, dass dieser „durch die Anordnung des Abschusses von 58 Stück Rotwild, welche in Anwendung von § 3 Abs 1 Rotwild-Tbc-Bekämpfungsplan-Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom , LGBl Nr 68/2011 idF LGBl 26/2014, als Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt zu werten ist, in seinen Rechten verletzt wurde“ (Spruchpunkt I.1.). Weiters sprach es aus, dass der Bund als Rechtsträger der belangten Behörde dem Mitbeteiligten als Ersatz für seine Aufwendungen insgesamt € 3.349,20 zu ersetzen habe (Spruchpunkt I.2.) und dass eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei (Spruchpunkt I.3.).
4 In Bezug auf Dr. F wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unzulässig zurück (Spruchpunkt II.1.), verpflichtete ihn zum Ersatz des Vorlageaufwandes der belangten Behörde (Spruchpunkt II.2.) und sprach gemäß § 25a VwGG aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt II.3.).
5 Als entscheidungswesentlichen Sachverhalt stellte das Verwaltungsgericht zusammengefasst fest, dass seit dem Jahr 1999 im Bezirk Reutte in der Region Oberes Lechtal zunehmend Fälle von Tuberkulose bei Rotwild diagnostiziert worden seien. Aufbauend auf den Verordnungen BGBl. II Nr. 181/2011 und LGBl. Nr. 68/2011 sei das Seuchenbekämpfungsgebiet, das aus einer Bekämpfungszone und einer Überwachungszone bestehe, letztmals mit neu definiert worden. Die verfahrensgegenständliche Genossenschaftsjagd liege in der Überwachungszone. Zur Bekämpfung der Rotwildtuberkulose habe die Revisionswerberin die jagdliche Bewirtschaftung des Rotwildbestandes ausgesetzt und sich auf ein ausschließliches Bekämpfen auf Grundlage des Tierseuchengesetzes gestützt. Dafür seien in den letzten Jahren jeweils gegenüber den Jagdschutzorganen der betreffenden Reviere Abschussanordnungen erlassen worden.
6 Der Mitbeteiligte sei seit April 2015 als Berufsjäger für die Jagdreviere GJ Kaisers und EJ Fallesin-ÖBf angestellt. In dieser Funktion sei er auch als Jagdschutzorgan von der Revisionswerberin bestellt worden. Dem Mitbeteiligten seien bereits in mehreren Jahren Abschussanordnungen erteilt worden, für deren Nichterfüllung er bestraft worden sei. Verfahrensgegenständlich sei dem Mitbeteiligten aufgetragen worden, 58 Stück Rotwild zu erlegen. Diese Abschussanordnung sei auch Dr. F als Jagdausübungsberechtigtem zugestellt worden.
7 In der rechtlichen Beurteilung ging das Verwaltungsgericht nach Darstellung der maßgeblichen Rechtslage angesichts eines durchgehend negativen Abschussergebnisses des Mitbeteiligten mit deutlich abfallender Tendenz davon aus, eine weitere Anordnung von Abschüssen sei kein zielführendes Mittel zur Bekämpfung einer endemisch vorkommenden Tierseuche. Vielmehr habe nun die zwingend verordnete Alternativmaßnahme im Sinne des § 3 Abs. 3 Rotwild-Tbc-Bekämpfungsplan-Verordnung zur Anwendung zu gelangen, sodass nach allfälliger bescheidmäßiger Vorschreibung zukünftig jeglicher Abschuss von Rotwild ausschließlich durch behördlich zu bestellende Organe anstatt durch den Mitbeteiligten zu erfolgen habe. Konkret sei somit „eine gesetzliche bestehende und im Verordnungsweg perpetuierte Ermächtigung insofern überschritten worden, dass an sich in Ausübung unmittelbarer Befehlsgewalt zulässige Abschussanordnungen gegenüber dem Mitbeteiligten als Jagdschutzorgan nach viermaligem Scheitern jedenfalls zwingend durch eine andere Maßnahme zu ersetzen“ gewesen seien. Insofern sei die neuerliche Anordnung von Abschüssen rechtswidrig gewesen.
8 Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig, weil hg. Rechtsprechung zur Frage fehle, „inwieweit bzw. wie oft Jagdschutzorgane bei einer Tierseuchenbekämpfung einzubeziehen sind und ab wann alternative Maßnahmen zwingend zur Anwendung zu gelangen haben“.
9 In Bezug auf Dr. F führte das Verwaltungsgericht aus, dass eine lediglich „zur Kenntnis“ zugestellte Abschussanordnung, auch wenn sie den Zusatz, „... diese Abschussanordnung sowohl in materieller als auch personeller Hinsicht zu unterstützen“, aufweise, keinesfalls einen Befolgungsanspruch auszulösen vermöge, „der bei objektiver Betrachtung bei Nichtbefolgung des Befehls unverzüglich drohende physische Sanktion (objektiv) androht“, weshalb die erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss zurückzuweisen gewesen sei.
10 Gegen dieses Erkenntnis - inhaltlich jedoch ausschließlich gegen dessen Spruchpunkt I. - richtet sich die vorliegende (ordentliche) Amtsrevision, zu der das Verwaltungsgericht die Verfahrensakten vorgelegt hat. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:
12 Die hier maßgebenden Bestimmungen des Tierseuchengesetzes, RGBl. Nr. 177/1909 in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2018 (TSG), lauten auszugsweise:
„Gegenstand des Gesetzes
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden Anwendung auf Haustiere sowie auf Tiere, die wie Haustiere oder in Tiergärten oder in ähnlicher Weise gehalten werden.
(2) Auf Wild in freier Wildbahn findet dieses Bundesgesetz nach Maßgabe der Bestimmungen des Abs. 5 sowie des § 41 Z 4 Anwendung.
...
(5) Der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz hat ferner, soweit dies nach dem Stande der Wissenschaft zur Verhinderung von Tierseuchen erforderlich ist, durch Verordnung festzusetzen, auf welche Arten von Wild in freier Wildbahn und in welchem Umfang die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind.
...
Handhabung des Gesetzes, Eingreifen der Oberbehörden.
§ 2. (1) Die Vollziehung dieses Bundesgesetzes obliegt, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, in erster Instanz der Bezirksverwaltungsbehörde.
(2) Die Behörden haben die auf Grund dieses Bundesgesetzes zu treffenden Maßnahmen unverzüglich anzuordnen. Generelle Anordnungen treten, soweit die Behörde nichts anderes bestimmt, mit ihrer Kundmachung in Kraft. Die Kundmachung hat, sofern sie nicht anders rechtzeitig und wirksam erfolgen kann, durch öffentlichen Anschlag, durch Verlautbarung in der Presse oder im Rundfunk oder im Fernsehen zu erfolgen. Die Rechtsfolgen der Übertretung der Anordnungen sind gleichzeitig bekanntzugeben. Kundmachungen nach diesem Bundesgesetz dürfen durch Veröffentlichung in den „Amtlichen Veterinärnachrichten des Bundeskanzleramtes“ erfolgen.
...
§ 2c. Der Bundeskanzler kann durch Verordnung veterinärpolizeilich notwendige Verfügungen zur Verhinderung der Einschleppung von Tierseuchen oder von durch Tiere auf Menschen übertragbare Krankheiten aus anderen Staaten sowie zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Tierseuchen von einem Bundesland in ein anderes Bundesland oder in einen anderen Staat durch den Verkehr mit Tieren, tierischen Rohstoffen und sonstigen Produkten und Waren, die Träger des Ansteckungsstoffes sein können, erlassen. Hiebei ist nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft, gemäß der Art der abzuwendenden Gefahr und unter Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse, der verkehrsmäßigen Gegebenheiten sowie der Dichte und Art der Tierpopulation und der Erfordernisse des Schutzes der menschlichen Gesundheit sowie in Übereinstimmung mit den einschlägigen Vorschriften der EU vorzugehen.
...
§ 23.
Schutz- und Tilgungsmaßregeln.
Im Falle der Seuchengefahr und für die Dauer derselben können vorbehaltlich der in diesem Gesetze rücksichtlich einzelner Viehseuchen erlassenen besonderen Bestimmungen (IV. Abschnitt) je nach Beschaffenheit des Falles und der Größe der Gefahr die in den §§ 24 und 25 vorgesehenen Maßregeln angeordnet werden. ...
...
§ 25. Wenn es im Interesse einer raschen Tilgung einer Seuche geboten ist, ist die Tötung seuchenkranker oder verdächtiger Tiere des Gehöftes, in dem die Seuche aufgetreten ist, anzuordnen.
...
Strafvorschriften.
§ 63.
(1) Wer
a) es unterläßt, eine Anzeige zu erstatten, die ihm nach diesem Bundesgesetz oder nach den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Anordnungen obliegt; oder
c) den Vorschriften der §§ 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 15a, 19, 20, 22, 24, 31a, 32 und 42 lit. a bis f oder den auf Grund dieser Bestimmungen erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt; oder
d) den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Anordnungen über Schutzimpfungen zuwiderhandelt,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 4 360 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu drei Wochen zu bestrafen.
(2) ...
§ 64. Wer den sonstigen in diesem Bundesgesetz enthaltenen oder auf Grund desselben erlassenen Anordnungen oder dem unmittelbar anwendbaren Recht der EU auf dem Gebiet des Veterinärwesens zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und wird, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, mit Geldstrafe bis zu 4 360 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft.“
13 Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit zur Bekämpfung der Tuberkulose in Rotwildbeständen (Rotwild-Tbc-Verordnung), BGBl. II Nr. 181/2011, lauten auszugsweise:
„Anwendungsbereich
§ 1. (1) Dieser Verordnung unterliegt Rotwild, das nicht in der in § 1 Abs. 1 TSG beschriebenen Weise gehalten wird (Wildtiere) und sich in einem gemäß § 2 Abs. 1 kundgemachten Seuchengebiet aufhält.
(2) Auf Rotwild gemäß Abs. 1 sind die §§ 2, 2b, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 22 Abs. 2 und 3, 23, 24 Abs. 4, 25, 28, 30, 46, 59, 61 Abs. 1 lit. c, d und g TSG nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen anzuwenden. Dabei ist als Tierhalter jene Person, die zur Ausübung des Jagdschutzes berufen ist, als Eigentümer der Tiere und Tierbesitzer die bzw. der Jagdausübungsberechtigte oder-wenn es solche im jeweiligen Fall nicht gibt - die Grundeigentümerin bzw. der Grundeigentümer anzusehen. Als Gehöft gilt das Seuchengebiet.
Seuchengebiet
§ 2. (1) Gebiete, in welchen beim Rotwildbestand auf Grundlage aktueller, statistisch aussagekräftiger wissenschaftlicher oder amtlicher Untersuchungen
1. der Erreger der Tuberkulose im Sinne der Rindertuberkuloseverordnung, BGBl. II Nr. 322/2008 in der jeweils geltenden Fassung, (Mykobakterien des Mycobacterium tuberculosis-Komplex) nachgewiesen und im Nationalen Referenzlabor für Tuberkulose gemäß § 2 Z 8 der Rindertuberkuloseverordnung bestätigt wurde,
2. eine Prävalenz dieses Erregers zumindest in einzelnen Teilen (Habitaten oder epidemiologischen Einheiten) des Gebietes von zumindest 35% anzunehmen ist,
3. das Vorkommen des identen Erregers im lokalen Haustierbestand durch das Nationale Referenzlabor für Tuberkulose nachgewiesen wurde, und
4. aufgrund der epidemiologischen Gegebenheiten eine Übertragung dieses Erregers auf Rinder oder auf gemeinsam mit Rindern gehaltene Ziegen anzunehmen ist,
werden von der Bundesministerin oder dem Bundesminister für Gesundheit in den „Amtlichen Veterinärnachrichten“ als Seuchengebiet im Sinne dieser Verordnung kundgemacht.
Bekämpfungsplan
§ 3. (1) Wird ein Seuchengebiet kundgemacht, hat der jeweilige Landeshauptmann unverzüglich unter Berücksichtigung des aktuellen Standes der Wissenschaft sowie unter Zuziehung von Amtstierärztinnen bzw. Amtstierärzten und nach Anhörung von Vertreterinnen bzw. Vertretern der Jägerschaft eine Bekämpfungszone und eine Überwachungszone im Seuchengebiet festzulegen und ehestmöglich einen Bekämpfungsplan zur Hintanhaltung der Weiterverbreitung der Seuche und zu deren raschen Tilgung nach Maßgabe dieser Verordnung zu erstellen. ...
(2) Der Bekämpfungsplan sowie der Kosten- und Finanzierungsplan sind unverzüglich nach Fertigstellung dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorzulegen. Sofern binnen sechs Wochen nach Vorlage der Pläne kein Einspruch erfolgt, ist der Bekämpfungsplan vom Landeshauptmann durch Verordnung zu erlassen. Im Fall eines bundesländerübergreifenden Seuchengebietes ist der Bekämpfungsplan von jedem betroffenen Landeshauptmann für jenen Teil des Seuchengebietes, der im jeweiligen Bundesland liegt, durch Verordnung zu erlassen.
Maßnahmen im Seuchengebiet
§ 4. Der Bekämpfungsplan hat jedenfalls die Anordnung zu beinhalten, dass
1. die Jagdausübungsberechtigten Auflagen zur Vermeidung der Ausbreitung der Seuche erfüllen müssen;
...
3. die Tötung möglichst vieler seuchen- und ansteckungsverdächtiger Rotwildstücke in der Bekämpfungszone innerhalb eines bestimmten Zeitraums - gegebenenfalls unter Nutzung vorhandener Reviereinrichtungen - durch geeignete Maßnahmen ermöglicht wird;
4. die Tötung der in der Bekämpfungszone befindlichen Rotwildstücke, die durch herkömmliche Methoden nicht entnommen werden konnten, durch Personen mit entsprechender Erfahrung unter Beiziehung einer bzw. eines Jagdsachverständigen und Verwendung der geeigneten Ausrüstung zu erfolgen hat, wobei möglichst tierschutzgerecht sowie möglichst ohne Störung der Bevölkerung vorzugehen ist;
...
8. nach Abschluss der Tötungsmaßnahmen und der Entsorgung der Tierkörper die Bekämpfungszone - sofern eine entsprechende Reduktion des Rotwildbestands erreicht wurde - Teil der Überwachungszone wird, oder - falls die erforderliche Reduktion nicht erreicht wurde - die Bekämpfungsmaßnahmen so rasch wie möglich zu wiederholen sind;
9. in der Überwachungszone aus epidemiologischen Gründen eine adäquate Reduktion des Rotwildbestands durch Umgestaltung der Abschussanordnungen nach veterinärfachlichen Gesichtspunkten und eine Restriktion der Winterfütterungspraxis vorzunehmen ist;
10. die Veterinärbehörde die Erfüllung der Abschussanordnungen durch Personen mit entsprechender Erfahrung auf Kosten der Jagdausübungsberechtigten anzuordnen hat, falls mit herkömmlichen Methoden nicht das Auslangen gefunden wird und die Abschussanordnung nicht entsprechend erfüllt wurde;
...“
14 Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Landeshauptmannes vom , mit der ein Bekämpfungsplan zur Hintanhaltung der Weiterverbreitung und zur Tilgung der Tbc beim Rotwild im Tiroler Lechtal erlassen wird (Rotwild-Tbc-Bekämpfungsplan-Verordnung), LGBl. Nr. 68/2011 in der Fassung LGBl. Nr. 26/2014, lauten auszugsweise:
„§ 1
Geltungsbereich
(1) Dieser Verordnung unterliegen die in Anlage 1 und in Anlage 2 angeführten Jagdgebiete. Sie bilden in ihrer Gesamtheit das Seuchengebiet.
(2) Die in Anlage 1 angeführten Jagdgebiete bilden die Bekämpfungszone, die in Anlage 2 angeführten Jagdgebiete die Überwachungszone des Seuchengebietes.
§ 2
Ziel, Umsetzung
(1) Ziel dieser Verordnung ist die Hintanhaltung der Weiterverbreitung und die rasche Tilgung der Tbc-Seuche in den Rotwildbeständen des Tiroler Lechtals durch eine adäquate Reduktion der Rotwildbestände und geeignete Begleitmaßnahmen.
(2) ...
§ 3
Abschussanordnungen, Auflagen bei der Jagdausübung
(1) Der Amtstierarzt hat in Ausübung unmittelbarer Befehlsgewalt sowohl für die Bekämpfungszone als auch für die Überwachungszone Abschüsse von Rotwild nach veterinärfachlichen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der epidemiologischen Gegebenheiten nach Alter, Geschlecht und Nutzung gegliedert sowie nach Maßgabe von der Behörde festgesetzter Abschusszeiten anzuordnen.
(2) In den Abschussanordnungen nach Abs. 1 kann der Amtstierarzt die zur Erfüllung notwendigen Modalitäten, wie insbesondere die Vorlage von Lockfütterungen oder die Einhaltung bestimmter zeitlicher Intervalle anordnen.
(3) Wird mit herkömmlichen Methoden nicht das Auslangen gefunden und die Abschussanordnungen nicht im entsprechenden Ausmaß erfüllt, so hat die Behörde die Erfüllung der Abschussanordnungen durch Personen mit entsprechender Erfahrung auf Kosten des Jagdausübungsberechtigten mit Bescheid anzuordnen.
(4) Der Amtstierarzt kann den Jagdausübungsberechtigten, den Jagdleitern sowie den Jagdschutzorganen in Ausübung unmittelbarer Befehlsgewalt Auflagen zur Vermeidung der Ausbreitung der Seuche vorschreiben.
...
§ 7
Ende der Bekämpfungsmaßnahmen, weitere Überwachung, Erlöschen der Seuche
(1) ... In der Überwachungszone ist mittels Abschussanordnungen gemäß § 3 und durch eine Restriktion der Winterfütterungspraxis gemäß § 6 auf einen epidemiologisch adäquaten Rotwildbestand hinzuwirken.
...
Anlage 2
Überwachungszone
...
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Lechtal I | ... | |
EJ Fallesin-ÖBf ... | Reutte | |
GJ Kaisers | Reutte | |
...“ | ||
15 Die im vorgelegten Verwaltungsakt einliegende Verordnung der Revisionswerberin zur Bekämpfung der Tuberkulose beim Rotwild vom , Zl. RE-V-TS-14/56-2019, lautete auszugsweise:
„Verordnung
Aufgrund der §§ 2, 23, 24 Abs. 4 lit. c., f., h., i., j., k. des Tierseuchengesetzes (TSG) RGBl. Nr. 177/1909,
zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2018 wird verordnet:
§ 1
Räumlicher Geltungsbereich (Jagdgebiete)
Dieser Verordnung unterliegen die Jagdgebiete der Anlagen 1, 2 und 3, wobei die Anlage 1 die Bekämpfungszone, die Reviere der Anlage 2 die Überwachungszone und die Reviere der Anlage 3 das Überwachungsgebiet festlegen.
§ 2
Abschussanordnungen
Der Amtstierarzt hat in Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt sowohl für die Bekämpfungszone als auch für die Überwachungszone Abschüsse von Rotwild nach veterinärfachlichen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der epidemiologischen Gegebenheiten, nach Alter, Geschlecht und Nutzung gegliedert, anzuordnen. Für die Abschusserfüllung ist das für das jeweilige Revier zuständige Jagdschutzorgan verantwortlich, wobei der Jagdausübungsberechtigte dieses sowohl in materieller als auch personeller Hinsicht zu unterstützen hat.
...
§ 7
Inkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Reutte zur Bekämpfung der Tuberkulose beim Rotwild, GZ. RE-V-TS-14/45-2018 vom außer Kraft.
...
Anlage 2
Überwachungszone
...
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Lechtal I | ... | |
EJ Fallesin ÖBf | ||
GJ Kaisers | ||
...“ | ||
16 Zum Zusammenwirken des Tierseuchengesetzes und der einschlägigen Verordnungen hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ro 2015/11/0009, geäußert, auf welches diesbezüglich gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.
17 Das Verwaltungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil durch die Rechtsprechung ungeklärt sei, „inwieweit bzw. wie oft Jagdschutzorgane bei einer Tierseuchenbekämpfung einzubeziehen sind und ab wann alternative Maßnahmen zwingend zur Anwendung zu gelangen haben“.
18 Die Amtsrevision, welche sich inhaltlich nur gegen Spruchpunkt I. wendet, bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, dass - unbeschadet der vom Verwaltungsgericht angeführten Punkte - die Revision jedenfalls schon deshalb zulässig sei, da zur Rechtsfrage des Verhältnisses der Erfüllung der Abschussanordnungen durch Personen mit entsprechender Erfahrung nach § 3 Abs. 3 Rotwild-Tbc-Bekämpfungsplan-Verordnung (Ersatzvornahme) und der Abschussanordnung selbst keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorhanden sei.
19 Die Revision ist zulässig und im Ergebnis begründet.
20 Sowohl die Rotwild-Tbc-Bekämpfungsplan-Verordnung des Landeshauptmannes als auch die Verordnung der Revisionswerberin sehen die Anordnung von Abschüssen durch den Amtstierarzt „in Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt“ vor.
21 Zunächst ist daher zu klären, ob die eingangs wiedergegebene Erledigung einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd. Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG darstellte.
22 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung, die die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält, das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich ist. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Es muss im Wortlaut der behördlichen Erledigung selbst zum Ausdruck kommen, dass die Behörde eine Verwaltungssache in rechtsverbindlicher Weise erledigt. Ergibt sich ein solcher rechtsverbindlicher Abspruch bereits aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung, dann liegt ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher vor. Auch ist das Erfordernis, dass ein Bescheid einen Spruch enthalten muss, nicht streng formal auszulegen; vielmehr ist der normative Abspruch auch aus der Formulierung erschließbar, doch muss sich der Wille der Behörde, in einer Verwaltungssache hoheitlich abzusprechen, eindeutig aus der Erledigung ergeben (vgl. zum Ganzen , mwN).
23 Auch formlose Schreiben können daher Bescheide sein. Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung ist für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung ebenso wenig entscheidend wie eine Gliederung dieser Erledigung nach Spruch und Begründung (vgl. , Rn. 55, mwN). An eine nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnete behördliche Erledigung ist allerdings hinsichtlich der Wertung als Bescheid ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. , 0047 und 0048).
24 Das für das Vorliegen eines Bescheides erforderliche wesentliche Merkmal der Bezeichnung der Behörde ist dann erfüllt, wenn nach objektiven Gesichtspunkten für jedermann - also unabhängig von der subjektiven Kenntnis des Adressaten des Schriftstücks - erkennbar ist, von welcher Behörde der Bescheid erlassen wurde. Es genügt für die Zurechnung zur zuständigen Behörde nicht, dass diese aus dem Gesetz erschlossen werden kann (vgl. etwa die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG I2 § 18 Rz 15f).
25 Nach dem Wortlaut der verfahrensgegenständlichen Erledigung vom wurde ein Mindestabschuss „von der Veterinärbehörde“ angeordnet. Weiters ist in der Kopfzeile des Schreibens die Behörde angeführt; die Fertigungsklausel lautet: „Für die Bezirkshauptfrau: Dr. [Amtstierarzt]“. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt festgehalten hat, ist ein „Für den Bezirkshauptmann“ gefertigter Bescheid, der die Bezirkshauptmannschaft selbst in seiner Kopfzeile anführt, der Bezirkshauptmannschaft zuzurechnen. Eine behördliche Zuständigkeit des Bezirkshauptmannes bzw. der Bezirkshauptfrau selbst besteht nämlich nicht. Daran vermag auch die Fertigungsklausel „Für die Bezirkshauptfrau“ nichts zu ändern, zumal Letztere den Willen der monokratischen Behörde Bezirkshauptmannschaft bildet (vgl. etwa bis 0216, mwN). Gegenständlich handelt es sich somit um eine Erledigung der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft.
26 Mit der vorliegenden Erledigung wird ein näher definierter Mindestabschuss innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorgeschrieben. Dabei handelt es sich um einen Spruch in Form einer individuellen, eine Leistung anordnenden Entscheidung in einer Angelegenheit des Verwaltungsrechts. Der Spruch ist zwar nicht als solcher bezeichnet, dennoch geht aus der Formulierung der Erledigung klar hervor, dass diese Verwaltungssache von der Revisionswerberin als Veterinärbehörde in rechtsverbindlicher Weise erledigt werden soll. Eine Begründung für diese Entscheidung enthält die Abschussanordnung in ihrem ersten Absatz ebenfalls, auch wenn sie nicht als solche ausdrücklich ausgewiesen ist. Dass die Erledigung an den Mitbeteiligten gerichtet ist, steht außer Zweifel, ebenso wie die elektronische Signatur.
27 Für die Qualifikation der gegenständlichen Abschussanordnung als Bescheid spricht überdies, dass deren Erlassung ein Ermittlungsverfahren vorausgegangen ist. Am fand bei der Revisionswerberin eine „Abschussbesprechung“ mit den Jagdschutzorganen - darunter auch dem Mitbeteiligten - und Abschussverantwortlichen der von Rotwild-Tbc betroffenen Jagdreviere in Anwesenheit des Amtstierarztes und eines Jagdsachverständigen statt. Erst einige Wochen danach erging die Abschussanordnung. Vor dem Hintergrund der unbedenklichen Aktenlage ist es angesichts der zeitlichen Abfolge ausgeschlossen, die dem Mitbeteiligten zugestellte Erledigung bloß als schriftliche Ausfertigung einer bereits zuvor ausgesprochenen mündlichen Anordnung zu qualifizieren.
28 Zusammenfassend ergibt sich daraus, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Abschussanordnung um einen an den Mitbeteiligten gerichteten Bescheid der Revisionswerberin handelt. Ob eine Abschussanordnung wie die vorliegende im Lichte der hg. Judikatur überhaupt als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergehen kann, wie dies in den zitierten Verordnungen des Landeshauptmannes und der Revisionswerberin vorgesehen ist, kann im Revisionsfall dahinstehen, da jedenfalls die verfahrensgegenständliche Erledigung kein Akt der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd. Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist.
29 Letzteres hat das Verwaltungsgericht verkannt, indem es die gegen die Abschussanordnung erhobene Maßnahmenbeschwerde des Mitbeteiligten ausdrücklich für zulässig erklärte und darüber meritorisch absprach, anstatt diese mangels Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt als unzulässig zurückzuweisen.
30 Das angefochtene Erkenntnis war im angefochtenen Umfang schon aus diesem - von Amts wegen wahrzunehmenden (vgl. etwa ) - Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge (funktioneller) Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts aufzuheben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Behördenbezeichnung Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse Einhaltung der Formvorschriften Spruch und Begründung |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RO2019110020.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-46505