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VwGH 25.07.2024, Ra 2024/16/0044

VwGH 25.07.2024, Ra 2024/16/0044

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
BAO §116
BAO §166
BAO §167
VwRallg
RS 1
In Abgabenverfahren besteht - schon wegen der anders gearteten Beweisregeln - weder eine Bindung an ein freisprechendes Strafurteil noch an einen Einstellungsbeschluss (vgl. , mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2020/13/0014 B RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher und die Hofrätin Dr. Funk-Leisch als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des T T in R, vertreten durch Dr. Martin Brenner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Rathausgasse 8/2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100322/2020, betreffend Grunderwerbsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom nahm das damalige Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, im Folgenden: Finanzamt) das Verfahren in der Grunderwerbsteuersache betreffend den Kaufvertrag vom gegenüber dem Revisionswerber als Käufer gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO von Amts wegen wieder auf und behob den Grunderwerbsteuerbescheid vom . Unter einem setzte das Finanzamt für den Erwerbsvorgang aufgrund des Kaufvertrages vom die Grunderwerbsteuer mit 17.325 €, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage iHv 495.000 €, neu fest. Daraus ergab sich eine Nachforderung gegenüber dem Revisionswerber iHv 8.925 €.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesfinanzgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3 Das Bundesfinanzgericht stellte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und soweit für das Revisionsverfahren relevant fest, die Verkäuferin habe mit Kaufvertrag vom ihren Hälfteanteil an einem Grundstück (Haus- und Gartenanteil) an den Revisionswerber verkauft. Der Kaufpreis sei iHv 240.000 € vereinbart worden. Der Sohn der Verkäuferin habe im Kaufvertrag auf das zu seinen Gunsten grundbücherlich einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot verzichtet. Zuvor sei die Liegenschaft um 535.000 € über gewerbliche Immobilienmakler angeboten worden.

4 Der Revisionswerber sei zu 100 % Gesellschafter der T GmbH gewesen. Der Sohn der Verkäuferin habe mit Werkvertrag vom die T GmbH mit der Errichtung eines Niedrigenergiehauses auf dessen Grundstück beauftragt. Ausgehend von einem ursprünglichen Pauschalfixpreis für das Niedrigenergiehaus iHv 548.300 € sei ein Betrag iHv 400.000 € als „in Zahlungnahme ½-Anteil Villa“ vom Kaufpreis abgezogen worden, sodass ein Betrag iHv 98.300,00 verblieben sei. Der Werkvertrag vom sei von der T GmbH unterfertigt worden, der Inhalt des Werkvertrages sei dem Revisionswerber somit bekannt gewesen. Strittig sei die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer.

5 Beweiswürdigend stützte sich das Bundesfinanzgericht auf die Inhalte des Werkvertrages vom , des Kaufvertrages vom , der Selbstanzeige der Verkäuferin und ihres Sohnes vom , die Protokolle der niederschriftlichen Einvernahme des Revisionswerbers vom , der Verkäuferin und ihres Sohnes vom sowie auf weitere Unterlagen zur Verwertung der Liegenschaft.

6 In der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesfinanzgericht - soweit für das Revisionsverfahren maßgeblich - aus, dass eine Leistung an den Sohn der Verkäuferin erbracht worden sei, ändere im konkreten Sachverhalt nichts daran, dass das errichtete Niedrigenergiehaus zum überwiegenden Teil durch den Verkauf von Liegenschaftsanteilen der Mutter (der Verkäuferin) finanziert worden sei. Es liege somit eine Gegenleistung im wirtschaftlichen Sinn vor.

7 Die T GmbH als dritte Person habe sich zur Errichtung eines Niedrigenergiehauses gegen Überlassung des Liegenschaftsanteils der Mutter verpflichtet. Damit stehe fest, dass die Errichtung des Wohnhauses zum Teil durch die „Inzahlungnahme“ der ½-Villa, welche mit einem Betrag iHv 480.000 € bewertet worden sei, finanziert worden sei. Dieser Betrag stelle die Gegenleistung für den Verkauf der Liegenschaft dar.

8 Der Kaufvertrag und der Werkvertrag stünden in einem unmittelbaren tatsächlichen inneren wirtschaftlichen Zusammenhang. Dies sei von den Vertragsparteien von Beginn an gewollt gewesen. Stehe die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder „inneren“ Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, dann sei sie als Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetz 1967 anzusehen. Es sei für die Vertragsparteien von Anfang an klar gewesen, dass die Errichtung des Niedrigenergiehauses durch den Verkauf der Liegenschaftshälfte an Zahlungs statt finanziert werden sollte. Daraus leite sich ab, dass der Verkauf des Hauses als Teil des Entgelts für die Errichtung des Niedrigenergiehauses vereinbart gewesen sei.

9 Die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage errechne sich sohin aus dem tatsächlichen Kaufpreis für die Haushälfte iHv 480.000 € zuzüglich des Anteils iHv 15.000 € für den Verkauf von land- und forstwirtschaftlichen Flächen, sohin insgesamt iHv 495.000 €.

10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob sich das Bundesfinanzgericht mit dem Erkenntnis des Spruchsenats beim Finanzamt vom , mit dem das Finanzstrafverfahren gegen den Revisionswerber wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung von Grunderwerbsteuer gemäß § 136 erster Fall Finanzstrafgesetz eingestellt worden sei, hätte befassen müssen. Es hätte eine Bindung des Bundesfinanzgerichts an das Erkenntnis des Spruchsenats bestehen können. Es ergebe sich schon aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/13/0181, dass sich das Bundesfinanzgericht mit dem vollständigen Inhalt der Akten des Finanzstrafverfahrens hätte vertraut machen müssen. Das Bundesfinanzgericht hätte jedenfalls prüfen müssen, aus welchen Gründen die Einstellung des Finanzstrafverfahrens erfolgt sei.

15 Soweit mit diesem Vorbringen eine Bindung des Bundesfinanzgerichts im Beschwerdeverfahren betreffend die Festsetzung der Grunderwerbsteuer an das Erkenntnis des Spruchsenats beim Finanzamt vom , mit dem das Finanzstrafverfahren gegen den Revisionswerber eingestellt wurde, angesprochen wird, ist dem entgegen zu halten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Abgabenverfahren - schon wegen der anders gearteten Beweisregeln - weder eine Bindung an ein freisprechendes Strafurteil noch an einen Einstellungsbeschluss besteht (vgl. ; , Ra 2020/15/0043, mwN).

16 Soweit der Revisionswerber vorbringt, das Bundesfinanzgericht wäre nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gehalten gewesen, sich mit dem vollständigen Inhalt des Aktes des Finanzstrafverfahrens vertraut zu machen, ist darauf hinzuweisen, dass in dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 91/13/0181, die Frage der Sorgfaltspflichtverletzung des zur Haftung herangezogenen Beschwerdeführers maßgeblich war, das revisionsgegenständliche Abgabenverfahren hingegen die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer betraf. Der Revisionswerber legt auch nicht konkret dar, aus welchem Grund welche Inhalte des Aktes des Finanzstrafverfahrens für das Abgabenverfahren relevant gewesen wären.

17 Mit dem Vorbringen der fehlenden Auseinandersetzung des Bundesfinanzgerichts mit den Gründen der Einstellung des Finanzstrafverfahrens macht der Revisionswerber zudem einen Verfahrensmangel geltend, ohne dessen Relevanz darzulegen (vgl. zum Erfordernis der Relevanzdarlegung bei der Geltendmachung von Verfahrensmängeln etwa , mwN).

18 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

19 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

20 Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §116
BAO §166
BAO §167
VwRallg
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024160044.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-46482