VwGH 24.10.2024, Ra 2024/16/0018
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. Funk-Leisch sowie den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Bamer, über die Revision des Finanzamts Österreich in 6500 Landeck, Innstraße 11, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/3100249/2020, betreffend Kraftfahrzeugsteuer (mitbeteiligte Partei: D S in E, vertreten durch die Dkfm. Erwin Baldauf und Mag. Reinhard Eberle Wirtschaftstreuhandgesellschaft OG in 6600 Reutte, Innsbrucker Straße 8), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Begründung
1 Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate September bis Dezember 2019 betreffend ein Kraftfahrzeug vom Typ Mercedes C 220 D, mit einem näher genannten deutschen amtlichen Kennzeichen fest. Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis behob das Bundesfinanzgericht - auf das Erlassen einer Beschwerdevorentscheidung wurde gemäß § 262 Abs. 2 BAO verzichtet - den Bescheid vom ersatzlos. Unter einem sprach es aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts sei mit Festsetzungsbescheid vom die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate September bis Dezember 2019 betreffend das revisionsgegenständliche Kraftfahrzeug mit einem näher genannten deutschen amtlichen Kennzeichen, das im August 2019 erstmals nach Österreich verbracht worden sei, festgesetzt worden.
4 Der Kraftfahrzeugsteuer unterlägen gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet würden (widerrechtliche Verwendung).
5 Aus § 6 Abs. 3 KfzStG 1992 in der für den Revisionszeitraum geltenden Fassung folge, dass bei der Kraftfahrzeugsteuer der Selbstberechnungs- und Besteuerungszeitraum das Kalendervierteljahr sei. Mehrere derartige Zeiträume könnten allenfalls zusammengefasst werden. Eine Vorschreibung von Monatsbeträgen sei - auch wenn sie in einer zusammengefassten Festsetzung erfolgte - rechtswidrig. Im angefochtenen Bescheid sei die Abgabe für die Monate September bis Dezember 2019 - somit für vier Monate - festgesetzt worden. Der Bescheid sei bereits aus formellen Gründen aufzuheben. Eine inhaltliche Entscheidung könne unterbleiben.
6 Dagegen richtet sich das Finanzamt mit der gegenständlichen Revision, zu deren Zulässigkeit vorgebracht wird, das Bundesfinanzgericht habe eine für den hier maßgeblichen Zeitraum unrichtige Gesetzeslage zur Entscheidung herangezogen.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 36 VwGG das Vorverfahren eingeleitet. Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie ausführt, hinsichtlich der Festsetzung des Zeitraums „dürfte“ dem Bundesfinanzgericht „ein Fehler unterlaufen sein“. Es gebe jedoch keine Anknüpfungspunkte der Mitbeteiligten zu Österreich. Eine kraftfahrrechtliche Zulassung in Österreich sei schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich, weil es sich um ein Firmen-Leasing-Fahrzeug handle. Deshalb werde beantragt, die Revision nicht zuzulassen. Es werde zudem beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision ist zulässig und sie ist auch begründet.
10 § 6 Abs. 3 Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 (KfzStG 1992), BGBl. Nr. 449/1992 in der auf den Revisionsfall anzuwendenden Fassung des Jahressteuergesetzes 2018 (JStG 2018), BGBl. I Nr. 62, lautet:
„(3) 1.
Bei widerrechtlicher Verwendung (§ 1 Abs. 1 Z 3) hat der Steuerschuldner jeweils für einen Kalendermonat die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat zweitfolgenden Kalendermonats an das Finanzamt zu entrichten. Wenn die Selbstberechnung unterlassen wird oder wenn sich die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen. Der festgesetzte Abgabenbetrag hat den im ersten Satz genannten Fälligkeitstag. Eine Festsetzung kann nur so lange erfolgen, als nicht ein den Selbstberechnungszeitraum beinhaltender Jahresbescheid erlassen wurde.“
11 Diese Bestimmung ist gemäß § 11 Abs. 1 Z 9 KfzStG 1992 mit in Kraft getreten und auf die Besteuerung von Kraftfahrzeugen für Zeiträume nach dem anzuwenden.
12 In den Materialien zum JStG 2018 (ErlRV 190 BlgNR 26. GP 41) wird zur Änderung des § 6 Abs. 2 Z 1 KfzStG 1992 ausgeführt:
„Zudem soll der Besteuerungszeitraum bei der widerrechtlichen Verwendung vom Kalendervierteljahr auf den Kalendermonat umgestellt werden, weil dies die Realität der widerrechtlichen Verwendung besser abbildet. Die Neuregelung soll ab dem Jahr 2019 gelten.“
13 Das Bundesfinanzgericht hat seine Entscheidung allein darauf gestützt, dass die Vorschreibung der Kraftfahrzeugsteuer in Form von Monatsbeträgen nach § 6 Abs. 3 KfzStG 1992 nicht vorgesehen sei. Dabei ging das Bundesfinanzgericht offenbar von der Rechtslage, die vor Inkrafttreten des JStG 2018 bestand, aus.
14 Nach der auf den Revisionsfall anzuwendenden Fassung des § 6 Abs. 3 Z 1 KfzStG 1992 hat die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer bei widerrechtlicher Verwendung jeweils für einen Kalendermonat zu erfolgen. Dass ein der monatsweisen Festsetzung entgegenstehender Jahresbescheid (§ 6 Abs. 3 Z 1 letzter Satz KfzStG 1992) erlassen worden wäre, hat das Bundesfinanzgericht weder festgestellt, noch ist ein solcher aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich.
15 Gemäß § 201 Abs. 4 BAO kann innerhalb derselben Abgabenart die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen (vgl. diesbezüglich zur Umsatzsteuer jüngst , mwN). Eine solche Festsetzung hat die Abgabenbehörde im dem revisionsgegenständlichen Bescheid vom vorgenommen.
16 Indem das Bundesfinanzgericht den angefochtenen Bescheid allein deshalb aufgehoben hat, weil damit die Kraftfahrzeugsteuer für vier Monate festgesetzt worden ist, hat es sein Erkenntnis mit Rechtswidrig des Inhaltes belastet. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
17 Bei diesem Ergebnis hat die Mitbeteiligte gemäß § 47 Abs. 3 VwGG keinen Anspruch auf Zuerkennung von Aufwandersatz für die Erstattung einer Revisionsbeantwortung.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024160018.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-46475