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VwGH 03.07.2024, Ra 2024/15/0043

VwGH 03.07.2024, Ra 2024/15/0043

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
EStG 1988 §2 Abs3 Z1
LiebhabereiV
LiebhabereiV 1993
RS 1
Die Anwendbarkeit der Verordnung BGBl. Nr. 33/1993 und der ihr vorausgegangenen Verordnung BGBl. Nr. 322/1990 auf Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ist vom VwGH ausdrücklich bejaht worden ist (vgl. zur Verordnung BGBl. Nr. 33/1993 ; und zur früheren Verordnung ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des S B in K, vertreten durch Mag. Wolfgang Kempf, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Bürgerstraße 41, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100789/2023, betreffend Einkommensteuer 2021, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber machte in seiner Einkommensteuererklärung 2021 einen Verlust aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 39.915,55 € geltend.

2 Das Finanzamt führte ein Vorhalteverfahren durch. Im Anschluss an dieses Verfahren erließ es einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2021, in dem der Verlust aus Land- und Forstwirtschaft, mit der Begründung, dass diese Betätigung als Liebhaberei iSd Liebhabereiverordnung anzusehen sei, nicht berücksichtigt wurde.

3 Einer gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 erhobenen Beschwerde gab das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung keine Folge, woraufhin der Revisionswerber die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht beantragte.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab das Bundesfinanzgericht (BFG) der Beschwerde keine Folge. Zur Begründung führte es aus, der Revisionswerber betreibe seit Juli 2010 eine Land- und Forstwirtschaft. Den Betrieb, der rund 27,75 ha landwirtschaftlich genutzte Flächen und rund 6,7 ha fortwirtschaftlich genutzte Flächen umfasse, habe er von seinem Vater übernommen, welcher Mitglied einer Maschinengemeinschaft gewesen sei und mit dem Betrieb nahezu durchgehend Gewinne erzielt habe. Der Revisionswerber habe die für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Maschinen und Geräte hingegen selbst angeschafft. Dadurch seien ihm seit Übernahme des Betriebes Kosten von 368.802 € erwachsen. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Nutztieren, dem Milchverkauf und der Verwertung der vom Revisionswerber angebauten Feldfrüchte hätten sich in den Jahren 2010 bis 2021 zwischen 15.823,97 € und 46.790,81 € bewegt. Diesen Einnahmen stehe u.a. die Absetzung für Abnutzung der angeschafften Maschinen und Geräte gegenüber, die sich von 2.636,47 € im Jahr 2010 sukzessive auf 27.823,27 € im Jahr 2021 erhöht habe. Der mittels Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelte Verlust der Jahren 2010 bis 2021 habe sich auf insgesamt 180.687,14 € belaufen. Neben diesen negativen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft habe der Revisionswerber in den Jahren 2010 bis 2021 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.

5 Die vom Revisionswerber bewirtschaftete Fläche umfasse mehr als 30 ha. Eine Landwirtschaft dieser Größenordnung könne nicht als Kleinlandwirtschaft angesehen werden, weshalb deren Bewirtschaftung - abstrakt nach der Verkehrsauffassung - keine Betätigung darstelle, die unter § 1 Abs. 2 LVO subsumiert werden könne. Es liege eine Betätigung iSd § 1 Abs. 1 LVO vor, bei der die Absicht des Steuerpflichtigen, Gewinne oder Überschüsse zu erzielen, anhand der in § 2 Abs. 1 LVO angeführten Kriterien zu prüfen sei.

6 Der Revisionsweber habe in den Jahren 2010 bis 2021 Verluste von insgesamt 180.687,14 € realisiert. Ein Gesamtverlust in dieser Höhe sei jedenfalls als beträchtlich bzw. gravierend anzusehen. Gewinne seien nur in den Jahren 2011 und 2012 erzielt worden und in den Jahren 2013 bis 2016 seien die Verluste kontinuierlich angewachsen. Den bis dato höchsten Verlust habe der Revisionswerber im Jahr 2019 erwirtschaftet. Der Verlust des Jahres 2019 habe 40.500,24 € betragen und die in diesem Jahr erzielten Umsätze um das fast Vierfache überstiegen. Von 2014 (42.052,09 €) bis 2019 (15.823,97 €) seien zudem rückläufige Umsätze zu verzeichnen. Rückläufige Umsätze und die Umsätze um ein Vielfaches übersteigende Verluste sprächen nach der Judikatur gegen das Vorliegen einer Einkunftsquelle.

7 Auch das Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen sei im Rahmen der Kriterienprüfung von Relevanz. In den Jahren 2011 und 2012 habe der Revisionswerber Gewinne in Höhe von lediglich 9.945,95 € erzielt. Dies entspreche 5,5 % der erzielten Verluste. Die Verluste stünden demnach auch in einem krassen Missverhältnis zu den Gewinnen. Dies spreche ebenfalls für das Vorliegen von Liebhaberei.

8 Als Ursachen, aufgrund derer im Gegensatz zu Vergleichsbetrieben keine Gewinne erzielt würden, seien die vom Revisionswerber getätigten Investitionen in Maschinen und Geräte anzusehen. Der Vater des Revisionswerbers, der den Betrieb bis 2010 geführt und die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ebenfalls mittels Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt habe, habe nur in drei Jahren einen Verlust erklärt und insgesamt einen Gewinn erwirtschaftet. Mit dem gegenständlichen Betrieb wäre somit ein Gesamtgewinn erzielbar, wenn der Revisionswerber - wie sein Vater - einer Maschinengemeinschaft beigetreten wäre.

9 Stehe eine Verlustursache fest, die durch den Abgabepflichtigen beeinflussbar sei (interne Verlustursache), sei es Aufgabe des Abgabepflichtigen darzulegen, welche Maßnahmen ergriffen würden, um trotz dieser Verlustursache einen Gesamtgewinn zu erzielen. Solche Maßnahmen habe der Revisionswerber nicht dargestellt. Er habe nur die nicht nachvollziehbare Behauptung aufgestellt, mit einer gezielten Verbesserung der Bodenqualität würde eine Verbesserung der Erträgnisse einhergehen, und vorgebracht, dass ein Vergleich mit dem Vorgängerbetrieb nicht zielführend sei, weil dieser nur konventionell betrieben worden sei. Dieses Vorbringen sei für das BFG nicht nachvollziehbar, weil der Revisionswerber laut eigenen Angaben eine „Hybrid-Landwirtschaft“ betreibe. Diese beinhalte auch eine konventionelle Landwirtschaft, die Vergleichbarkeit sei somit zumindest teilweise gegeben. Auch der Nachweis dafür, dass Maschinengemeinschaften nicht über die vom Revisionswerber angeschafften Maschinen und Geräte für die schonende Bearbeitung des Ackerbodens verfügten, sei nicht erbracht worden.

10 Ein marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die vom Revisionswerber angebotenen Produkte könne nicht festgestellt werden, weil er nicht dargelegt habe, dass sein Bestreben, „Komponenten der Bio-Landwirtschaft“ in seinen Betrieb einzuführen, durch sich verändernde Marktverhältnisse bedingt gewesen sei bzw. der Abstimmung der angebotenen Produktpalette mit dem vorhandenen Markt gedient habe. Dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb nur im Nebenerwerb geführt werde, stelle ein Indiz für nicht marktgerechtes Verhalten dar. Der Revisionswerber habe in den Jahren 2010 bis 2021 eine nichtselbständige Tätigkeit in Vollzeit ausgeübt und widersprüchliche Angaben zu Arbeitszeiten im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gemacht.

11 Der Revisionswerber habe auf bloßer Behauptungsebene vorgebracht, dass durch die von ihm getätigten Investitionen und weitere strukturverbessernde Maßnahmen ein Anwachsen der betrieblichen Erträge zu erwarten sei. Diese Behauptung werde durch die tatsächlich realisierten Erträge nicht gedeckt. Seit 2010 habe der Revisionswerber einen Verlust von mehr als 180.000 € erzielt und eine Tendenz zur Verbesserung der Ertragslage sei nicht erkennbar. Den Unterhalt für sich und seine Familie bestreite der Revisionswerber mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und mit den Mieteinkünften. Spätestens im Jahr 2020 hätte der Revisionswerber erkennen müssen, dass mit der von ihm betriebenen Land- und Forstwirtschaft in absehbarer Zeit keine Überschüsse erzielbar seien. Werde eine Betätigung trotz Aussichtslosigkeit eines Erfolges nicht eingestellt, sei sie ab Erkennen dieser Situation als Liebhaberei zu werten.

12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, eine „Nebenerwerbslandwirtschaft“ sei per se nicht unter § 1 Abs. 2 LVO zu subsumieren (Hinweis auf Schweinberger in Trauner/Wakounig, Praxishandbuch der Land- und Forstwirtschaft, 3. Auflage 2016, Kapitel 6.3.4.). Der Verwaltungsgerichtshof habe die Größe der landwirtschaftlichen Fläche als für die Liebhabereibeurteilung relevant erachtet und ausgesprochen, „dass bei einer bewirtschafteten landwirtschaftlichen Fläche von mehr als 16 ha nicht mehr von einer Kleinlandwirtschaft gesprochen werden kann“ (Hinweis auf ). Der Verwaltungsgerichtshof habe auch judiziert, „dass eine Landwirtschaft in der Größe von 18 ha eine Betätigung mit Einkunftsquelle nach § 1 Abs. 1 LVO ist“ (Hinweis auf ). Die LVO sei somit sowohl vom Finanzamt als auch vom BFG rechtswidrig angewendet worden, sodass eine Abweichung von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

17 Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.

18 Soweit die Revision im Vorbringen zur Zulässigkeit den Standpunkt vertritt, das BFG habe die Rechtslage verkannt, indem es die Liebhabereiverordnung im Revisionsfall angewendet habe, ist ihr zu entgegnen, dass die Anwendbarkeit der Verordnung BGBl. Nr. 33/1993 und der ihr vorausgegangenen Verordnung BGBl. Nr. 322/1990 auf Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vom Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich bejaht worden ist (vgl. zur Verordnung BGBl. Nr. 33/1993 ; und zur früheren Verordnung ).

19 Die angefochtene Entscheidung weicht auch nicht vom - zur Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn ergangenen - Erkenntnis 2008/15/0059 ab, in dem der Verwaltungsgerichtshof u.a. ausgesprochen hat, dass eine bewirtschaftete Fläche, die mehr als 16 ha umfasst, nicht mehr als Kleinlandwirtschaft angesehen werden kann, weshalb deren Bewirtschaftung - abstrakt nach der Verkehrsauffassung - keine Betätigung darstellt, die unter § 1 Abs. 2 der Liebhabereiverordnung subsumiert werden kann. Das BFG hat die vom Revisionswerber ausgeübte land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit unter § 1 Abs. 1 der Liebhabereiverordnung subsumiert.

20 Ob eine Betätigung iSd § 1 Abs. 1 LVO, bei der Verluste anfallen, durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) zu erzielen, ist insbesondere anhand der in § 2 Abs. 1 LVO aufgezählten Umstände zu beurteilen.

21 Das BFG hat sich im angefochtenen Erkenntnis mit den unter die Kriterien nach § 2 Abs. 1 LVO fallenden Umständen auseinandergesetzt und ist sodann zum Ergebnis gekommen, dass die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht nicht vorliegt, weshalb die Betätigung ab dem Jahr 2020 als Liebhaberei im einkommensteuerlichen Sinn anzusehen ist. Die in diesem Zusammenhang vorgenommene Beweiswürdigung ist nur insofern der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofs zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut bzw. den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen (vgl. , mwN). Eine Unschlüssigkeit der beweiswürdigenden Erwägungen zu den Sachverhaltsannahmen oder eine unvertretbare Gesamtwürdigung wird durch das Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzeigt.

22 Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
EStG 1988 §2 Abs3 Z1
LiebhabereiV
LiebhabereiV 1993
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024150043.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-46467