VwGH 27.08.2024, Ra 2024/15/0040
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des M R in M, vertreten durch Mag. Karl Komann, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Freihausgasse 10/1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/4100004/2023, betreffend Einkommensteuer 2019 und 2020, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber hat mit Übergabsvertrag vom Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile in das Eigentum seiner beiden Söhne übertragen. Als Gegenleistung räumten ihm die Söhne das lebenslange Fruchtgenussrecht an den übertragenen Liegenschaften und Liegenschaftsteilen ein.
2 In der Einkommensteuererklärung 2019 wurden vom Revisionswerber u.a. Einkünfte aus der Vermietung der mit Vertrag vom übergebenen Mietobjekte erklärt, und er machte Zahlungen an seine Söhne für die Substanzabgeltung als Werbungskosten geltend.
3 Das Finanzamt forderte den Revisionswerber mit Vorhalt vom u.a. auf, die Vereinbarung zwischen ihm und den beiden Fruchtgenussbestellern über die Zahlung einer Substanzabgeltung vorzulegen und die damit im Zusammenhang stehenden Zahlungsflüsse nachzuweisen.
4 Der Revisionswerber gab dem Finanzamt zunächst bekannt, die Zahlungen für Substanzabgeltung seien in bar erfolgt.
5 Nachdem die vertraglichen Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Substanzabgeltung mit einem weiteren Vorhalt vom neuerlich abverlangt worden sind, teilte der Revisionswerber dem Finanzamt Folgendes mit (Vorhaltsbeantwortung vom ):
„[...] Die Vereinbarung zwischen den Fruchtgenussberechtigten und den zivilen Eigentümern lautete im Wesentlichen wie folgt: Es wird dem Fruchtgenussberechtigten das Recht der Fruchtniessung im Sinne des § 509 ABGB ff eingeräumt. Der Fruchtgenussberechtigte nimmt dieses eingeräumte Recht an. Das Fruchtgenussrecht wird auf eine Laufzeit von 10 Jahren eingeräumt, ohne dass es einer Aufkündigung bedarf. Außer es erfolgt vorher eine Verlängerung dieses Fruchtgenussrechtes. Auf eine grundbücherliche Sicherstellung wird verzichtet. Die steuerlich berechnete Abschreibung wird dem zivilen Eigentümer im Rahmen der Substanzabgeltung abgegolten. Die Substanzabgeltung wird zum Teil in bar entrichtet und zum Teil durch Banküberweisung. Die Banküberweisungen erfolgen auf Wunsch des zivilen Eigentümers zum Teil nicht in voller Höhe und auf einmal, sondern werden diese Beträge auf Anforderung des zivilen Eigentümers überwiesen.“
6 Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2019 und 2020 versagte das Finanzamt den vom Revisionswerber geltend gemachten Beträgen für Substanzabgeltung die steuerliche Anerkennung.
7 Eine u.a. dagegen gerichtete Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, woraufhin der Revisionswerber die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht beantragte.
8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis - in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde - gab das Bundesfinanzgericht (BFG) der Beschwerde keine Folge und führte aus, nach den Einkommensteuerrichtlinien sei die Leistung einer Substanzabgeltung durch den Fruchtgenussberechtigten in Höhe der vom Eigentümer bisher geltend gemachten AfA beim Fruchtnießer abziehbar; für den Eigentümer entstünden in dieser Höhe Einnahmen, denen die AfA als Ausgabe gegenüberstehe. Dieser Ansicht habe sich das BFG in der jüngeren Spruchpraxis angeschlossen und auch der Verwaltungsgerichtshof habe diese Auffassung im Erkenntnis vom , Ra 2017/15/0021, nicht beanstandet; allerdings habe er die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen wegen mangelnder Fremdüblichkeit der zugrundeliegenden Vereinbarung versagt.
9 Eine Substanzabgeltung sei - wie andere laufende Zahlungen eines Fruchtgenussberechtigten an den Eigentümer - an den Grundsätzen des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 zu messen. Die steuerliche Berücksichtigung der Substanzabgeltung könne beim Fruchtgenussberechtigten daher nur dann erfolgen, wenn eine ertragsteuerlich anzuerkennende Vereinbarung vorliege.
10 Verträge zwischen nahen Angehörigen würden im Steuerrecht nur dann anerkannt, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kämen (Publizitätswirkung), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hätten, und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich). Diese Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen.
11 Wenn das Finanzamt das Vorliegen einer ausreichenden Publizität als nicht gegeben erachtet habe, weil die Vereinbarung über eine Substanzabgeltung offensichtlich nicht in Schriftform erstellt worden sei und - zumindest im Streitzeitraum - die Sphäre der (sich nahestehenden) Vertragsparteien nicht verlassen habe, könne das BFG darin keine Rechtswidrigkeit erblicken.
12 Auch in Bezug auf die Beurteilung des Vorliegens der Kriterien „Klarheit und Eindeutigkeit des Vertragsinhaltes“ sowie der „Fremdvergleichstauglichkeit“ folge das BFG der Rechtsauffassung des Finanzamts.
13 Der in der Vorhaltsbeantwortung vom wiedergegebene Inhalt der Vereinbarung lasse jene Klarheit und Eindeutigkeit vermissen, die erforderlich wäre, um Zweifel an dem Vereinbarten auszuschließen. Dort werde etwa ausgeführt, das Fruchtgenussrecht sei mit zehn Jahren befristet, obwohl dem Revisionswerber im Übergabsvertrag ein lebenslängliches Fruchtgenussrecht eingeräumt worden sei. Auch die Vereinbarung, die Substanzabgeltung sei teilweise in bar und teilweise durch Banküberweisung zu entrichten und die Banküberweisungen hätten nicht in voller Höhe und auf einmal, sondern auf Anforderung des zivilen Eigentümers zu erfolgen, entspreche nicht der unter Fremden üblichen Vorgehensweise.
14 Zudem habe der Revisionswerber keinen Nachweis für die im Jahr 2019 erfolgten Zahlungen erbracht. Auch für das Jahr 2020 seien die Zahlungen an den einen Sohn gar nicht und die Zahlungen an den anderen Sohn nicht in der gebotenen, eindeutigen Form nachgewiesen worden.
15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
16 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
19 Die Revision trägt zu ihrer Zulässigkeit vor, sowohl nach dem österreichischen Zivilrecht als auch nach dem Einkommensteuergesetz seien mündliche Verträge wirksam und gegenüber den Vertragsparteien durchsetzbar. Auch die Rz. 1132 der Einkommensteuerrichtlinien 2000 besage, dass die Schriftform des Vertrages nicht unbedingt erforderlich sei; in Ausnahmefällen sei bei genügend deutlicher Fixierung der wesentlichen Vertragsbestandteile sowie des Beweises des Abschlusses und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages eine steuerrechtliche Anerkennung ohne Schriftform möglich (Hinweis auf ). Das BFG anerkenne den Fruchtgenussvertrag mit der Begründung nicht, dass die in der angefochtenen Entscheidung zitierten Voraussetzungen nicht vorlägen. Mit dieser Entscheidung widerspreche das BFG der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und auch den Einkommensteuerrichtlinien, die für Verträge nicht unbedingt die Schriftlichkeit verlangten.
20 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
21 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können Verträge zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl. ).
22 Die Frage, ob eine Rechtsbeziehung auch unter Fremden in gleicher Weise zu Stande gekommen und abgewickelt worden wäre, ist eine Tatfrage und daher auf Grund entsprechender Erhebungen in freier Beweiswürdigung zu lösen (vgl. ).
23 Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. , mwN).
24 Mit dem Zulässigkeitsvorbringen, auch mündliche Verträge seien wirksam, weshalb die angefochtene Entscheidung im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stehe, wird keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt. Das BFG hat die Fremdunüblichkeit der in der Vorhaltsbeantwortung vom skizzierten mündlichen Vereinbarung nicht nur mit der fehlenden Schriftform begründet. Es wies im angefochtenen Erkenntnis auf Widersprüche zwischen der im Übergabsvertrag getroffenen Fruchtgenussvereinbarung und der vorgeblich getroffenen mündlichen Vereinbarung hin und vertrat den Standpunkt, die mündlich vereinbarten Zahlungsmodalitäten entsprächen nicht jenen, die unter Fremden üblicherweise vereinbart würden. Zudem stellte es fest, der Revisionswerber habe keinen Nachweis für die im Jahr 2019 erfolgten Zahlungen erbracht. Auch für das Jahr 2020 seien die Zahlungen an den einen Sohn gar nicht und die Zahlungen an den anderen Sohn nicht in der gebotenen, eindeutigen Form nachgewiesen worden.
25 Dass die hier in Rede stehende Vereinbarung auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre, wird im Zulässigkeitsvorbringen nicht dargelegt.
26 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024150040.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
LAAAF-46466