VwGH 18.06.2024, Ra 2024/15/0039
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Ein steuerlich anzuerkennender Vorteilsausgleich schließt die Annahme einer verdeckten Ausschüttung aus. Davon ist auszugehen, wenn dem Vorteil, den eine Körperschaft ihrem Anteilsinhaber einräumt, ein Vorteil gegenübersteht, den der Anteilsinhaber seinerseits der Körperschaft gewährt (vgl. Renner/Strimitzer/Vock, KStG 1988, 25. Lfg, § 8 Tz 185, mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Voraussetzung für einen steuerlich anzuerkennenden Vorteilsausgleich ist grundsätzlich eine eindeutige Vereinbarung über den Ausgleich der gegenseitigen Vorteilszuwendungen (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/15/0037 E RS 2 |
Normen | BAO §269 Abs3 VwRallg |
RS 2 | Ein Rechtsanspruch auf Durchführung einer Erörterung besteht nicht (vgl. Ritz, BAO6 § 269 Tz 12, unter Hinweis insbesondere auf den Ausschussbericht zum Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz, BGBl. I Nr. 97/2002, 1128 BlgNR 21. GP 13). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2020/15/0047 B RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der K GmbH in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Kempf, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Bürgerstraße 41, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100257/2021, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 2013 bis 2017 sowie Mai 2018, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Bei der Revisionswerberin wurde eine die Jahre 2010 bis 2018 umfassende Außenprüfung durchgeführt, in deren Anschluss sie zur Haftung für Kapitalertragsteuer herangezogen wurde.
2 Die Revisionswerberin erhob gegen die Haftungsbescheide Beschwerde, in der sie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragte. In einer Beschwerdeergänzung brachte sie sodann u.a. vor, es sei im Zuge der Außenprüfung vorgebracht und anhand der entsprechenden Verbuchungen im Rechnungswesen des Unternehmens nachgewiesen worden, dass jene Beträge, die der Prüfer als verdeckte Ausschüttung qualifiziert habe, regelmäßig an das Unternehmen zurückgeflossen seien.
3 Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und führte zur Begründung aus, die als verdeckte Ausschüttungen qualifizierten Beträge beträfen als Privataufwendungen eingestufte Ausgaben und gefälschte Eingangsrechnungen, die durch Überweisungen auf das private Bankkonto des Gesellschaftergeschäftsführers beglichen worden seien. Weder im Prüfungs- noch im Beschwerdeverfahren seien inhaltliche Einwände gegen diese Feststellungen vorgebracht worden. Dass die entsprechenden Beträge wieder an die Gesellschaft zurückgeflossen seien, stelle eine unbelegte Schutzbehauptung dar.
4 Die Revisionswerberin stellte den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht.
5 Mit Telefax vom nahm die Revisionswerberin den „Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und auf Abhaltung einer Verhandlung vor dem Senat“ zurück und beantragte die Abhaltung eines Erörterungstermins. Gleichzeitig legte sie - die vom Bundesfinanzgericht (BFG) zuvor angeforderten - Aufstellungen betreffend die Überweisungen des Gesellschaftergeschäftsführers auf deren Bankkonten vor und führte hierzu aus:
„Es muss trotz der festgestellten Geldabflüsse aus dem Unternehmensfeld darauf hingewiesen werden, dass in einem nicht unwesentlichen Umfang Geldzuflüsse von Seiten des Gesellschafters in das Unternehmen stattgefunden haben, welche darauf hinweisen, dass ein Vermögenszuwachs beim Gesellschafter zu Lasten der [Revisionswerberin] nicht in einem Umfang stattgefunden hat, der die Festsetzung der Kapitalertragsteuer 2013 - 2017 und 08/2018 rechtfertigt.“
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, änderte das BFG die Haftungsbescheide ab und führte u.a. aus, ein steuerlich anzuerkennender Vorteilsausgleich schließe die Annahme einer verdeckten Ausschüttung aus. Ein solcher liege vor, wenn dem Vorteil, den eine Körperschaft ihrem Anteilsinhaber einräume, ein Vorteil gegenüberstehe, den der Anteilsinhaber seinerseits der Körperschaft gewähre. Bei der Beurteilung eines Vorteilsausgleichs sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein restriktiver Maßstab anzulegen. Es reiche nicht aus, dass den Vorteilen des Anteilseigners bloß aufrechenbare Vorteile der Gesellschaft gegenüberstünden. Nach der ständigen Rechtsprechung sei eine innere Beziehung der Rechtsgeschäfte und eine eindeutige wechselseitige Vereinbarung zum Zeitpunkt der Vorteilseinräumung erforderlich. Darüber hinaus komme ein Vorteilsausgleich nur zustande, wenn eine Vereinbarung über den wechselseitigen Leistungsaustausch nach außen ausreichend zum Ausdruck komme, einen eindeutigen Inhalt aufweise und unter Fremden in gleicher Weise abgeschlossen würde. Eine solche Vereinbarung müsse bereits zum Zeitpunkt der Vorteilsgewährung vorliegen (Hinweis auf ; , 2006/13/0106; sowie die Übersicht von Heinrich in SWK 1999, S 167 f).
7 Die von der Revisionswerberin begehrte Saldierung der Überweisungen auf Privatkonten des Gesellschaftergeschäftsführers mit den Einlagen des Gesellschaftergeschäftsführers sei schon aufgrund der fehlenden Vereinbarung nicht anzuerkennen. Alleine der Umstand, dass der Gesellschafter und Geschäftsführer fortlaufend auch Bank- und Kasseneinzahlungen, somit Einlagen in die Revisionswerberin getätigt habe, reiche nicht aus, „damit es steuerlich zu einem Vorteilsausgleich mit festgestellten verdeckten Ausschüttungen kommt“.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Verdeckte Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form unter welcher Bezeichnung auch immer gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde (vgl. ).
13 Ein steuerlich anzuerkennender Vorteilsausgleich schließt die Annahme einer verdeckten Ausschüttung aus. Davon ist auszugehen, wenn dem Vorteil, den eine Körperschaft ihrem Anteilsinhaber einräumt, ein Vorteil gegenübersteht, den der Anteilsinhaber seinerseits der Körperschaft gewährt (vgl. Lachmayer/Strimitzer/Vock, KStG 1988, 32. Lfg, § 8 Tz 886, mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Voraussetzung für einen steuerlich anzuerkennenden Vorteilsausgleich ist grundsätzlich eine eindeutige Vereinbarung über den Ausgleich der gegenseitigen Vorteilszuwendungen (vgl. ).
14 Die Revision trägt zu ihrer Zulässigkeit vor, die Revisionswerberin habe auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat verzichtet und gleichzeitig die Abhaltung eines Erörterungstermins beantragt. Das BFG habe sich mit dem Antrag nicht auseinandergesetzt, obwohl die Revisionswerberin neue Unterlagen vorgelegt und neues Vorbringen erstattet habe. Das BFG hätte einen Erörterungstermin anberaumen müssen, um die von der Revisionswerberin vorgetragenen Sachverhalte zu erörtern und die vorgelegten Urkunden in Augenschein zu nehmen. Auch wenn keine schriftliche Vereinbarung vorliege, sei es bei der vorliegenden Personenidentität nicht unüblich, dass mündliche Vereinbarungen vorliegen. Es werde schon einen gewichtigen Grund gehabt haben, dass der Gesellschaftergeschäftsführer einen Betrag von 200.000 € an die Revisionswerberin bezahlt habe. „Bei einem Erörterungstermin wäre die Qualität/Hintergrund der Einzahlungen, der Inhalt der mündlichen Vereinbarung zwischen [Gesellschaftergeschäftsführer] und [Revisionswerberin] besprochen worden, sodass das Gericht sich ausreichend informiert hätte und auf Basis derselben Feststellungen treffen hätte können, bzw. eine Lösung im Sinne der BAO herbeiführen hätte können.“
15 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
16 Soweit die Revision die Nichtabhaltung eines Erörterungstermins rügt, ist darauf zu verweisen, dass ein Rechtsanspruch einer Partei auf Durchführung einer solchen Erörterung nicht besteht (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 269 Rz 12). Im Übrigen stellt selbst die Unterlassung einer rechtzeitig beantragten mündlichen Verhandlung - außerhalb des Anwendungsbereichs der Grundrechtecharta (GRC) - nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar, die nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses führt, wenn dieser Verfahrensmangel relevant im Sinne eines möglichen Einflusses auf das angefochtene Erkenntnis sein könnte und der Revisionswerber bereits in der Zulässigkeitsbegründung eine solche Relevanz aufzeigt (vgl. etwa , mwN).
17 Eine solche Relevanzdarstellung enthält die Revision nicht. Im Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision werden weder der „gewichtige Grund“ für die Zahlungen des Gesellschaftergeschäftsführers an die Revisionswerberin noch die Qualität bzw. der Hintergrund dieser Zahlungen offengelegt. Auch der Inhalt der vorgeblich abgeschlossenen mündlichen Vereinbarung zwischen dem Gesellschaftergeschäftsführer und der Revisionswerberin wird im Vorbringen zur Zulässigkeit nicht wiedergegeben, obwohl eine eindeutige Vereinbarung über den Ausgleich der gegenseitigen Vorteilszuwendungen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Voraussetzung für einen steuerlich anzuerkennenden Vorteilsausgleich ist (vgl. ).
18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024150039.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAF-46465