VwGH 23.08.2024, Ra 2024/15/0003
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Norm | VwGG §63 Abs1 |
RS 1 | Wenn der VwGH einer Revision stattgegeben hat, ist das VwG gemäß § 63 Abs. 1 VwGG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Auch der VwGH selbst ist an diese überbundene Rechtsauffassung gebunden (). Für neue rechtliche Erwägungen zur überbundenen Rechtsanschauung besteht bei unverändert festgestelltem Sachverhalt im fortgesetzten Verfahren sohin grundsätzlich kein Raum. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der W GmbH in L, vertreten durch die Frotz Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Schottengasse 10/12, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100672/2023, betreffend Haftung Lohnsteuer und Festsetzung Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2013 bis 2015, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Im Revisionsfall war strittig ist, ob die Bezüge von nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern, die schuldrechtlich im Arbeitsvertrag hinsichtlich ihres arbeitsbezogenen Verhaltens weisungsfrei gegenüber ihrer GmbH gestellt sind, gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 der Lohnsteuer und iVm § 41 FLAG dem Dienstgeberbeitrag unterliegen, weil die arbeitsvertraglich vereinbarte Weisungsfreiheit auch gesellschaftsvertraglich abgesichert ist.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision nicht zugelassen wurde, wies das Bundesfinanzgericht (BFG) im fortgesetzten Verfahren nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ra 2022/15/0002, die Beschwerde der revisionswerbenden GmbH ab und verwies begründend auf das genannte Erkenntnis.
3 Gegen dieses Erkenntnis des BFG wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zu deren Zulässigkeit bringt die revisionswerbende GmbH vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur „Frage, in welchem Umfang und in welcher Intensität das von § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 geforderte Tatbestandsmerkmal ausgeprägt sein muss, Weisungen auf Grund einer gesellschaftsvertraglichen Sonderbestimmung zu verhindern und sie so nicht befolgen zu müssen“. Zudem sei das BFG (und auch der Verwaltungsgerichtshof) von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Erkenntnis vom , Ra 2018/13/0061, abgewichen.
4 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, ist das Verwaltungsgericht - wie vom BFG richtig erkannt - gemäß § 63 Abs. 1 VwGG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mittel unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Auch der Verwaltungsgerichtshof selbst ist an diese überbundene Rechtsauffassung gebunden ().
9 Für neue rechtliche Erwägungen zur überbundenen Rechtsanschauung besteht bei unverändert festgestelltem Sachverhalt im fortgesetzten Verfahren sohin grundsätzlich kein Raum (zur Bindungswirkung vgl. im Detail Sutter, in Holoubek/Lang, Bindungswirkungen zwischen Verfahren 317 ff, 320 ff).
10 Mit der Abgrenzung des Revisionsfalles von der Sachverhaltskonstellation, die dem von der Revision zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/13/0061, zu Grunde lag, hat sich der Gerichtshof zudem bereits im Vorerkenntnis auseinandergesetzt.
11 Wenn die Revision in den Revisionsgründen im Übrigen ausführlich darauf verweist, dass die Gesellschafterversammlung der Geschäftsführung sehr wohl inhaltliche Vorgaben machen könne sowie dieser „bedeutende Gegenstände der außerordentlichen Geschäftsführung ... zur Zustimmung vorzulegen sind“ und daraus auf eine Weisungsunterworfenheit der Geschäftsführer schließt, so verkennt sie grundlegend den Unterschied zwischen einer für die Anwendung des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 entscheidenden persönlichen Weisungsunterworfenheit der Geschäftsführer und dafür unschädlichen inhaltlichen Vorgaben der Gesellschafterversammlung an die Geschäftsführung (vgl. , Rz 12 mwN, sowie Kirchmayr/Geringer, in Doralt ua, EStG21 § 25 Rz 26).
12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | VwGG §63 Abs1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024150003.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAF-46455