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VwGH 22.10.2024, Ra 2024/13/0106

VwGH 22.10.2024, Ra 2024/13/0106

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
BAO §111 Abs1
BAO §115 Abs1
BAO §138 Abs1
BAO §138 Abs2
BAO §144 Abs1
BAO §144 Abs2
BAO §147
BAO §161 Abs1
BAO §164 Abs2
RS 1
Es besteht auch außerhalb einer Nachschau oder Außenprüfung die Befugnis der Abgabenbehörden, zur Prüfung von Abgabenerklärungen die Vorlage von Urkunden zu verlangen. Der Abgabenbehörde kommen bei Prüfung der Abgabenerklärungen und der Ermittlung des abgabenrechtlich relevanten Sachverhalts insoweit keine geringeren Befugnisse zu als im Rahmen abgabenbehördlicher Prüfungen (vgl. ). Die Vorlage einer Abgabenerklärung entbindet somit nicht von der Pflicht, gerade zum Nachweis des Inhalts dieser Erklärungen weitere Urkunden vorzulegen. Der Abgabepflichtige ist insoweit verhalten, der Abgabenbehörde die Einsicht in seine Unterlagen zu gewähren bzw. deren Prüfung zu dulden. Die Abgabenbehörde ist aber auch zu einer Prüfung in ihren Amtsräumen berechtigt. Der Abgabepflichtige ist insoweit berechtigt, aber (ohne Beschlagnahme) nicht verpflichtet, die Gewahrsame über seine Unterlagen aufzugeben. Er kann also darauf bestehen, dass seine Unterlagen auch in den Amtsräumen nur in seiner Gegenwart (oder der seines Vertreters) eingesehen und geprüft werden (vgl. , mwN)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lukacic-Marinkovic, über die Revision des V in G, vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom , Zl. LVwG-477-3/2023-R10, betreffend Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO in einer Angelegenheit des Vorarlberger Tourismusgesetzes, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt B), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde den revisionswerbenden Verein auf, bis spätestens der belangten Behörde folgende Unterlagen zukommen zu lassen: Sämtliche Rechnungen im Zusammenhang mit der Beherbergung von Personen im Objekt des Vereins im Zeitraum März bis inklusive Mai 2023; sämtliche Gut- bzw. Lastschriften auf dem für die Gebarung des Vereins verwendeten Bankkonto im Zeitraum März bis inklusive Mai 2023. Im Falle der Nichtbeachtung der Aufforderung werde eine Zwangsstrafe von 500 € festgesetzt werden.

2 Mit Eingabe vom beantragte der Revisionswerber, die belangte Behörde möge mit Bescheid darüber absprechen, warum der Revisionswerber Rechnungen und Bankkonten vorzulegen habe und warum er sämtliche Gut- und Lastschriften auf seinem Vereinskonto offenzulegen habe. Der Revisionswerber sei der Ansicht, dass zuerst eine Erklärung abzuverlangen sei; im Anschluss daran könnte eine Außenprüfung zur Überprüfung der Richtigkeit der Erklärungen vorgenommen werden. Der Revisionswerber erstelle jährlich eine Mietüberschussrechnung, bei der die Einnahmen den Aufwendungen gegenübergestellt würden. Zur Begründung von Ansprüchen, zur Geltendmachung des Vorsteueranspruchs durch den Mieter und zur Dokumentation der Befreiungstatbestände erstelle der Revisionswerber Rechnungen. Der Revisionswerber beherberge keine Gäste im Sinne der Gästetaxverordnung. Es sei nicht erkennbar, warum im Zusammenhang mit der Einhebung der Gästetaxe Rechnungen und das Bankkonto vorzulegen seien. Seitens des Revisionswerbers würden aber nunmehr Erklärungen über die Gästetaxe vorgelegt. Zu diesen Abgabenerklärungen erfolgten sodann nähere Darlegungen. Der Revisionswerber erfasse die Mieteinnahmen auf einem bestimmten Konto in der Buchhaltung; dieser Kontoauszug, die Rechnungen sowie die Abgabenerklärungen für den Zeitraum März bis Mai 2023 würden vorgelegt.

3 Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde eine Zwangsstrafe in Höhe von 500 € fest. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Revisionswerber habe mit Schreiben vom Gästetaxerklärungen für den Zeitraum März bis Mai 2023, Rechnungen über erfolgte Beherbergungen sowie ein Dokument übermittelt, das offensichtlich einen Auszug aus seinem Rechnungsabschluss 2023 darstelle und Erlöse aus der Vermietung im Zeitraum Februar bis Mai 2023 beinhalte. Er habe allerdings keine Gut- und Lastschriften auf dem für die Gebarung des Vereins verwendeten Bankkonto beigelegt. Im Ergebnis sei der Revisionswerber der Aufforderung der Abgabenbehörde zur Übermittlung von Gut- und Lastschriften auf dem für seine Gebarung verwendeten Bankkonto nicht nachgekommen. Diese Unterlagen seien für die Nachvollziehbarkeit der Vollständigkeit der Abrechnungen der von ihm vollzogenen Beherbergungen im angeführten Zeitraum aber jedenfalls notwendig. Durch die Übermittlung des genannten Auszugs, dessen Befüllung gänzlich dem subjektiven Verständnis des Abgabepflichtigen unterliege, habe dies nicht ersetzt werden können. Es sei daher die angedrohte Zwangsstrafe festzusetzen gewesen.

4 Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Er machte insbesondere geltend, es bestünden keine Auskunftspflichten. Der Revisionswerber habe Erklärungen abgegeben, diese könnten im Rahmen einer Außenprüfung von der Abgabenbehörde auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Es liege kein Fehlverhalten vor. Im Übrigen habe die Abgabenbehörde die Abgabe auch ohne Verhängung einer Zwangsstrafe festsetzen können, wie sie dies unmittelbar im Anschluss an den gefällten Bescheid getan habe. Es sei eine Gästetaxerklärung abgegeben worden; ab dem Zeitpunkt der Abgabe bestehe keine Rechtsgrundlage mehr für eine Zwangsstrafe.

5 Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.

6 Der Revisionswerber beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht. Darin machte er insbesondere geltend, die Bücher des Revisionswerbers lägen zur Nachschau oder Außenprüfung zur Verfügung. Sollte die Abgabenbehörde die gewünschten Informationen einholen wollen, so habe sie dies im Rahmen der genannten Rechtsinstitute zu tun.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde keine Folge. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

8 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, zur Beurteilung des Abgabenschuldners, der Abgabepflicht, der Höhe der allfälligen Abgabe und des Vorliegens eines Befreiungstatbestandes sei es erforderlich gewesen, die von der Abgabenbehörde geforderten Auskünfte vom Revisionswerber zu verlangen. Der Revisionswerber sei der Aufforderung der Abgabenbehörde nicht bzw. unvollständig nachgekommen. Da der Revisionswerber die erforderlichen Unterlagen zur Vorschreibung der Gästetaxe für den Zeitraum März 2023 bis Mai 2023 nicht vorgelegt habe, sei diese berechtigt gewesen, die Zwangsstrafe vorzuschreiben.

9 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Vorlage von Unterlagen könne insbesondere dann verlangt werden, wenn das Bestehen oder Nichtbestehen einer Abgabenpflicht festgestellt werden solle. Im vorliegenden Fall seien aber Abgabenerklärungen vorgelegt worden, sodass unstrittig sei, dass eine Abgabenpflicht bestehe. Der Revisionswerber sei in der Vergangenheit der Auffassung gewesen, gar keine Abgabenerklärung abgeben zu müssen, da es sich bei seinem Mietobjekt um ein Arbeiterwohnheim und nicht um einen Beherbergungsbetrieb handle; diese Meinung habe er inzwischen geändert.

14 Mit diesem Vorbringen kann die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan werden.

15 Gemäß § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer Anordnung zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen.

16 Für Zwecke der Abgabenerhebung kann die Abgabenbehörde gemäß § 144 Abs. 1 BAO bei Personen, die nach abgabenrechtlichen Vorschriften Bücher oder Aufzeichnungen zu führen haben, Nachschau halten. In Ausübung der Nachschau dürfen Organe der Abgabenbehörde nach § 144 Abs. 2 BAO u.a. die Vorlage der nach den Abgabenvorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie sonstiger für die Abgabenerhebung maßgeblicher Unterlagen verlangen und in diese Einsicht nehmen.

17 Gemäß § 161 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Abgabenerklärungen zu prüfen. Nach § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen (u.a. Abgabenerklärungen) zu erläutern und zu ergänzen sowie deren Richtigkeit zu beweisen. Gemäß § 138 Abs. 2 BAO sind Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und Urkunden auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung sind.

18 Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers besteht sohin auch außerhalb einer Nachschau oder Außenprüfung die Befugnis der Abgabenbehörden, zur Prüfung von Abgabenerklärungen die Vorlage von Urkunden zu verlangen. Der Abgabenbehörde kommen bei Prüfung der Abgabenerklärungen und der Ermittlung des abgabenrechtlich relevanten Sachverhalts insoweit keine geringeren Befugnisse zu als im Rahmen abgabenbehördlicher Prüfungen (vgl. ). Die Vorlage einer Abgabenerklärung entbindet somit nicht von der Pflicht, gerade zum Nachweis des Inhalts dieser Erklärungen weitere Urkunden vorzulegen.

19 Der Abgabepflichtige ist insoweit verhalten, der Abgabenbehörde die Einsicht in seine Unterlagen zu gewähren bzw. deren Prüfung zu dulden. Die Abgabenbehörde ist aber auch zu einer Prüfung in ihren Amtsräumen berechtigt. Der Abgabepflichtige ist insoweit berechtigt, aber (ohne Beschlagnahme) nicht verpflichtet, die Gewahrsame über seine Unterlagen aufzugeben. Er kann also darauf bestehen, dass seine Unterlagen auch in den Amtsräumen nur in seiner Gegenwart (oder der seines Vertreters) eingesehen und geprüft werden (vgl. , mwN). Dass die geforderte Übermittlung der Bankunterlagen - etwa im Hinblick auf den Umfang - unzumutbar oder untunlich (§ 164 Abs. 2 BAO) wäre (vgl. dazu ), ist nicht erkennbar. Auch dass - wie nunmehr in der Revision behauptet - die Vorlage tatsächlich nicht erbracht werden könne, ist (abgesehen davon, dass es sich hiebei um eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung handelt) nicht erkennbar.

20 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

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BAO §138 Abs1
BAO §138 Abs2
BAO §144 Abs1
BAO §144 Abs2
BAO §147
BAO §161 Abs1
BAO §164 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024130106.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-46452