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VwGH 22.10.2024, Ra 2024/13/0003

VwGH 22.10.2024, Ra 2024/13/0003

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
EStG 1988 §4 Abs1
EStG 1988 §4 Abs4
RS 1
Aufwendungen sind betrieblich veranlaßt, wenn die Leistung, für

die die Ausgaben erwachsen, ausschließlich oder doch vorwiegend

aus betrieblichen Gründen (im Interesse des Betriebes) erbracht

wird. Die Frage der betrieblichen Veranlassung ist unter

Bedachtnahme auf die Verkehrsauffassung zu beurteilen. Ein bloß

mittelbarer Zusammenhang mit dem Betrieb genügt, um

betriebliche Veranlassung annehmen zu können. Wird der

mittelbare Zusammenhang allerdings von einem in erster Linie

die persönliche Sphäre betreffenden Faktor überlagert, so wird

der Veranlassungszusammenhang unterbrochen. Dabei ist ein

strenger Maßstab anzulegen; es gilt die typisierende

Betrachtungsweise.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 92/15/0171 E RS 1 (hier nur erster und dritter Satz)

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2024/13/0004

Ra 2024/13/0005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat MMag. Maislinger, die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lukacic-Marinkovic, über die Revision 1. des G K, 2. der Z K, beide in T und 3. der K KG in B, alle vertreten durch die FELFERNIG Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7103622/2016, betreffend u.a. Wiederaufnahme der Einkünftefeststellung gemäß § 188 BAO 2006 bis 2009 sowie Einkünftefeststellung gemäß § 188 BAO 2006 bis 2014, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im angefochtenen Umfang (Spruchpunkte IV und V) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin waren Gesellschafter der Drittrevisionswerberin, einer Kommanditgesellschaft. Die Drittrevisionswerberin betrieb in den revisionsgegenständlichen Jahren ein Nachtlokal, in dessen Rahmen und Räumlichkeiten auch sexuelle Dienstleistungen erbracht wurden.

2 Aufgrund einer durchgeführten Außenprüfung, bei der nicht verbuchte Einnahmen geschätzt und hinzugerechnet wurden, wurden die Feststellungsverfahren zur Einkommensteuer der Jahre 2006 bis 2009 wiederaufgenommen sowie entsprechende Feststellungsbescheide für die Jahre 2006 bis 2015 erlassen.

3 Begründend führte das Finanzamt aus, in den revisionsgegenständlichen Jahren hätten sechs Dienstleisterinnen in den dazugehörigen Räumlichkeiten des Nachtlokals gearbeitet. Diese hätten Trinkprovisionen für von den Gästen konsumierte Getränke erhalten und Erlöse für sexuelle Dienstleistungen nach zeitabhängig gestaffelten Zimmerpreisen erwirtschaftet. 45% dieser Erlöse habe jedenfalls die Drittrevisionswerberin erhalten, welche sie in ihrer Buchhaltung erfasst habe. Die übrigen 55% seien nach Angaben der Revisionswerber an die Dienstleisterinnen ausbezahlt worden; diese seien aber der Drittrevisionswerberin zuzurechnen. Eine Anerkennung der vermeintlichen Auszahlung an die Dienstleisterinnen als Betriebsausgabe sei zu versagen, weil die Dienstleisterinnen auf den vorgelegten Unterlagen unter einem Alias-Namen aufgelistet seien und somit eine eindeutige Zuordnung der Auszahlungen nicht möglich sei.

4 Die gegen die Bescheide eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidungen als unbegründet abgewiesen, woraufhin ein Vorlageantrag gestellt wurde.

5 Das Bundesfinanzgericht wies - soweit für den Revisionsfall maßgeblich - die Beschwerde hinsichtlich der Wiederaufnahme der Einkünftefeststellung nach § 188 BAO für die Jahre 2006 bis 2009 (Spruchpunkt IV) ab, wohingegen es der Beschwerde betreffend der Einkünftefeststellung nach § 188 BAO für die Jahre 2005 (hier wohl gemeint: 2006) bis 2014 teilweise stattgab (Spruchpunkt V). Die ordentliche Revision ließ das Bundesfinanzgericht nicht zu.

6 Das Bundesfinanzgericht führte hinsichtlich der revisionsgegenständlichen Zimmererlöse in seinen Erwägungen aus, es sei eine Beweisfrage, wem die Zimmererlöse zugeflossen seien. Hier seien die Zimmererlöse auf ein Bankkonto eingezahlt worden, dessen Inhaberin die Drittrevisionswerberin gewesen sei und von dem nur die Gesellschafter und/oder geschäftsführenden Organe hätten abheben können. Aufgrund dieses Umstandes seien die Zimmererlöse der Drittrevisionswerberin zuzurechnen. Wenn die Gesellschafterinnen und geschäftsführenden Organe der Drittrevisionswerberin die Zimmererlöse vom Bankkonto abhoben, verfügten sie über die der Drittrevisionswerberin zugeflossenen Zimmererlöse und es liege auch dann eine unbeachtliche Einkommensverwendung vor, wenn die Drittrevisionswerberin die Zimmererlöse den Damen aushändige.

7 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, welche unter Anführung von Judikatur ein Abweichen von dieser zum Betriebsausgabenbegriff vorbringt.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens, in dem keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde, erwogen:

9 Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 erster Satz EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Aufwendungen sind betrieblich veranlasst, wenn die Leistung, für die Ausgaben erwachsen, aus betrieblichen Gründen, nämlich im Interesse des konkreten Betriebes, erbracht wird (vgl. , mwN). Ein mittelbarer Zusammenhang genügt bereits, um eine betriebliche Veranlassung zu bejahen (vgl. , mwN).

10 Das Bundesfinanzgericht hat nicht - wie das Finanzamt - die Betriebsausgabeneigenschaft verneint, weil die Empfänger der Gelder nicht benannt wurden, sondern weil die Zahlungen an die Sexdienstleisterinnen selbst dann eine Einkommensverwendung darstellen würden, wenn den Damen die Zimmererlöse ausgehändigt worden wären.

11 Bei der Drittrevisionswerberin handelt es sich um ein Nachtlokal, in dem auch sexuelle Dienstleistungen von Frauen angeboten wurden, die in den Zimmern der Revisionswerberin tätig waren. Wären die 55% der Zimmererlöse an die Frauen ausgehändigt worden, wie von den Revisionswerbern im Verfahren behauptet, dann würde es sich dabei um die Bezahlung von Honoraren handeln, die in einem direkten Zusammenhang mit den betrieblichen Einnahmen der Drittrevisionswerberin stünden. Wie das Bundesfinanzgericht zu der Beurteilung kommen kann, dass derartige Zahlungen keine Betriebsausgaben, sondern Einkommensverwendung darstellen, ist nicht nachvollziehbar.

12 Im gesamten Erwägungsteil des Erkenntnisses findet sich im Übrigen auch keine einzige Feststellung dazu, ob die Zahlungen tatsächlich an die Frauen geleistet wurden oder nicht.

13 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

14 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
EStG 1988 §4 Abs1
EStG 1988 §4 Abs4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024130003.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-46428