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VwGH 25.09.2024, Ra 2024/08/0093

VwGH 25.09.2024, Ra 2024/08/0093

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Weiterbildungsgeld ist neben der vertraglichen Vereinbarung einer Bildungskarenz (§ 11 AVRAG) u.a. die nachweisliche Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme im Ausmaß von mindestens 20 bzw. in bestimmten Fällen 16 Wochenstunden oder einer vergleichbaren zeitlichen Belastung während dieser Zeit (§ 26 Abs. 1 Z 1 AlVG). Schon der Wortlaut dieser Bestimmung "Teilnahme an einer im Wesentlichen der Dauer der Bildungskarenz entsprechenden Weiterbildungsmaßnahme nachgewiesen", erhellt, dass als Voraussetzung für die Zuerkennung des Weiterbildungsgeldes im Allgemeinen eine Bestätigung eines Bildungsträgers oder einer sonstigen dafür zuständigen Stelle über das notwendige Stundenausmaß an Ausbildungszeiten während der Bildungskarenz vorliegen muss. Ausschließliche Lernzeiten und Prüfungsvorbereitung im Rahmen eines Selbststudiums außerhalb von Ausbildungseinrichtungen können diese Voraussetzungen daher nicht erfüllen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2014/08/0066 E VwSlg 19342 A/2016 RS 1
Norm
RS 2
§ 26 Abs. 1 Z 1 3. Satz AlVG sieht vor, dass eine Ergänzung der erforderlichen Kursstunden durch Lern- und Übungszeiten erfolgen kann und diese in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen (vgl. Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz (11. Lfg.) § 26 Rz 562). Hier wird an das Vorliegen eines Seminarteils angeknüpft.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2014/08/0066 E VwSlg 19342 A/2016 RS 2 (hier anstelle des letzten Satzes: Hier wird somit an das Vorliegen eines Seminar- bzw. Kursteils [einer Weiterbildungsmaßnahme mit einem bestimmten Ausmaß an Wochenstunden] angeknüpft.)
Normen
RS 3
Für die Weiterbildung in Form eines Studiums ist nicht (wie nach § 26 Abs. 1 Z 1 AlVG) die Teilnahme an Lehrveranstaltungen, sondern der Erfolg durch positive Ablegung von Prüfungen oder anderweitige Bestätigung nachzuweisen. Diese Nachweisobliegenheit besteht auch für den Fall, dass es zu einem Wechsel des Studiums kommt. Der Grundsatz muss aber ebenso gelten, wenn ein Wechsel von einem Studium zu einer anderen Ausbildung (bei der nach § 26 Abs. 1 Z 1 AlVG die Teilnahme nachzuweisen ist) oder umgekehrt von einer solchen Ausbildung zu einem Studium stattfindet, könnte doch andernfalls die Obliegenheit zum Erfolgsnachweis leicht umgangen und der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck (Verhinderung eines Missbrauchs) vereitelt werden.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2015/08/0210 E VwSlg 19458 A/2016 RS 2 (hier nur der erste Satz)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision der L J in F, vertreten durch Mag.a Stephanie Gugler, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 124/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , L525 2291986-1/8E, betreffend Widerruf und Rückforderung von Weiterbildungsgeld (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Zell am See), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom widerrief die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) gemäß § 26 Abs. 7 iVm. § 24 Abs. 2 AlVG den Bezug von Weiterbildungsgeld durch die Revisionswerberin für den Zeitraum bis und verpflichtete die Revisionswerberin gemäß § 26 Abs. 7 iVm. § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Bezuges von € 13.503,62. Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das AMS mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

2 Mit dem - nach einem Vorlageantrag der Revisionswerberin ergangenen - in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde der Revisionswerberin keine Folge. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

3 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, die Revisionswerberin sei für die Zeiträume bis und bis  jeweils zu Online-Sprachkursen für Italienisch angemeldet gewesen. Die Kurse seien ausschließlich über das Internet durchgeführt worden und hätten darin bestanden, dass den Teilnehmenden der Zugang zu einer „Online-Lernplattform“ eingeräumt worden sei. Dort habe die Revisionswerberin einerseits auf bestimmte „Lerninhalte“ und andererseits auf Übungen mit dem Zweck der Wiederholung des Erlernten zugreifen können.

4 Vom System sei insoweit aufgezeichnet worden, wie viel Zeit (Lernzeit) von den Teilnehmenden auf der Online-Lernplattform verbracht worden sei, wobei aber eine aktive Kontrolle während der Nutzung nicht stattgefunden habe. Der Kursanbieter habe eine Teilnahmebestätigung für den Kurs dann ausgestellt, wenn während der Absolvierung des Kurses insgesamt zumindest 90 Stunden auf der Online-Lernplattform gelernt worden sei. Hinsichtlich des Kurses vom bis habe die Revisionswerberin diese Zeit nicht erreicht, sondern nur insgesamt 20,37 Stunden auf der Lernplattform verbracht, sodass keine Teilnahmebestätigung ausgestellt worden sei. Beim zweiten Kurs von bis sei eine Lernzeit der Revisionswerberin auf der Online-Plattform von insgesamt 94,31 Stunden aufgezeichnet und dies vom Kursanbieter bestätigt worden.

5 Die Revisionswerberin habe sich darüber hinaus Wissen im Selbststudium angeeignet. Es sei aber nicht erweislich, dass die Revisionswerberin, wie von ihr behauptet, bei beiden Kursen insoweit jeweils über 500 Stunden solcher privater Lernzeit gehabt hätte. Am habe sie ein Sprachzertifikat B2.1. und am ein Sprachzertifikat B2.2. erworben. Ihr sei bewusst gewesen, dass die Gewährung von Weiterbildungsgeld die Absolvierung einer Weiterbildungsmaßnahme von mindestens 20 Wochenstunden voraussetze.

6 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht, es könne dahingestellt bleiben, ob das von der Revisionswerberin absolvierte „reine Onlineprogramm“ überhaupt den Begriff einer Weiterbildungsmaßnahme nach § 26 Abs. 1 Z 1 AlVG erfülle. Die Revisionswerberin habe nämlich die erforderliche Wochenstundenanzahl nach dieser Bestimmung ohnehin nicht erreicht. So ergebe sich auch für den (zweiten) Kurs in der Zeit von bis umgerechnet eine Lernzeit auf der Onlineplattform von nur etwa 3,8 Stunden pro Woche. Diese Zeit sei somit deutlich unter den erforderlichen 20 Wochenstunden nach § 26 Abs. 1 AlVG geblieben. Hinsichtlich des ersten Kurses sei das Stundenausmaß noch wesentlich geringer gewesen. Reine Lernzeiten ohne einen angemessenen Seminaranteil seien aber nicht ausreichend. Es komme somit auch nicht zu einer Ergänzung der fehlenden Kurszeiten durch zusätzliche Lernzeiten im Sinn von § 26 Abs. 1 Z 3 dritter Satz AlVG, weil auch diese im Rahmen des angebotenen Kurses stattzufinden hätten. Die Revisionswerberin hätte zumindest erkennen müssen, dass ihr die Leistung nicht gebühre, sodass die Rückforderung nach § 25 Abs. 1 AlVG berechtigt sei.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob ein die Weiterbildungsmaßnahme ergänzendes Selbststudium als Teil dieser Weiterbildungsmaßnahme anzusehen sei. Auch liege keine Judikatur dazu vor, ob die Ablegung von Prüfungen bzw. - wie im vorliegenden Fall - der Erwerb von Zertifikaten, mit denen der Erfolg des Selbststudiums nachgewiesen worden sei, die erforderlichen Zeiten der Weiterbildungsmaßnahme substituieren könnten. Die Situation sei insoweit einem Studium vergleichbar, bei dem von Studierenden durch Absolvierung von Prüfungen ECTS-Punkte nachgewiesen würden.

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bereits festgehalten, dass nach § 26 Abs. 1 Z 1 AlVG Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Weiterbildungsgeld neben der vertraglichen Vereinbarung einer Bildungskarenz (§ 11 AVRAG) u.a. die nachweisliche Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme im Ausmaß von mindestens 20 bzw. in bestimmten (hier nicht vorliegenden) Fällen 16 Wochenstunden oder eine vergleichbare zeitliche Belastung während dieser Zeit ist. Schon der Wortlaut des § 26 Abs. 1 Z 1 AlVG („... Teilnahme an einer im Wesentlichen der Dauer der Bildungskarenz entsprechenden Weiterbildungsmaßnahme ...“) erhellt damit, dass als Voraussetzung für die Zuerkennung des Weiterbildungsgeldes im Allgemeinen eine Bestätigung eines Bildungsträgers oder einer sonstigen dafür zuständigen Stelle über das notwendige Stundenausmaß an Ausbildungszeiten während der Bildungskarenz vorliegen muss. Ausschließliche Lernzeiten und Prüfungsvorbereitung im Rahmen eines Selbststudiums außerhalb von Ausbildungseinrichtungen können diese Voraussetzungen daher nicht erfüllen. Im Weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass auch § 26 Abs. 1 Z 1 dritter Satz AlVG, wonach, wenn die Weiterbildungsmaßnahme nur eine geringere Wochenstundenanzahl umfasst, nachzuweisen ist, dass zur Erreichung des Ausbildungszieles zusätzliche Lern- und Übungszeiten in einem Ausmaß erforderlich sind, dass insgesamt eine vergleichbare zeitliche Belastung besteht, nicht dazu führt, dass ein bloßes Selbststudium ausreichend wäre. § 26 Abs. 1 Z 1 dritter Satz AlVG sieht - im Gegenteil - nichts anderes vor, als dass eine Ergänzung der erforderlichen Kursstunden durch Lern- und Übungszeiten erfolgen kann, wobei diese in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen. Auch hier wird somit an das Vorliegen eines Seminar- bzw. Kursteils (einer Weiterbildungsmaßnahme mit einem bestimmten Ausmaß an Wochenstunden) angeknüpft (vgl. ; , Ra 2022/08/0011).

12 Für den vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob die festgestellten Lernzeiten der Revisionswerberin auf der Online-Plattform des Kursanbieters überhaupt eine „Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme“ nach § 26 Abs. 1 Z 1 AlVG - einen Kursteil - dargestellt haben oder nicht auch diese Zeiten tatsächlich als bloßes Selbststudium zu qualifizieren sind. Nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts haben diese Lernzeiten auf der Online-Plattform nämlich selbst beim zweiten Onlinekurs nur 3,8 Stunden pro Woche und somit nicht einmal ein Fünftel der nach § 26 Abs. 1 Z 1 AlVG erforderlichen 20 Wochenstunden betragen.

13 Eine Ergänzung durch zusätzliche Lern- und Übungszeiten nach § 26 Abs. 1 Z 1 dritter Satz AlVG setzt nach der genannten Rechtsprechung aber voraus, dass diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Kurszeiten stehen. Bleiben die Kurszeiten so deutlich wie hier unter den erforderlichen 20 Stunden zurück, ist dies aber jedenfalls zu verneinen. Entgegen den Ausführungen der Revision kam es daher auf eine Feststellung, welche (selbständigen) Lernzeiten die Revisionswerberin neben den genannten Zeiten der Nutzung der Online-Plattform tatsächlich zurückgelegt hat, nicht mehr an.

14 Soweit die Revision insoweit darauf verweist, dass auch bei einem Studium lediglich die Ablegung von Prüfungen ausreichend sei, ist festzuhalten, dass in § 26 Abs. 1 Z 5 AlVG für eine Weiterbildung in Form eines Studiums an einer im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtung von vornherein andere Regeln gelten, wonach nicht (wie nach § 26 Abs. 1 Z 1 AlVG) die Teilnahme an Lehrveranstaltungen erforderlich ist, sondern der Erfolg durch positive Ablegung von Prüfungen oder anderweitige Bestätigung nachzuweisen ist (vgl. näher ). Ein Studium im Sinn von § 26 Abs. 1 Z 5 AlVG (vgl. zu diesem Begriff ) lag aber zweifellos bei der gegenständlichen Ausbildung der Revisionswerberin nicht vor.

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024080093.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-46419