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VwGH 29.02.2024, Ra 2023/16/0132

VwGH 29.02.2024, Ra 2023/16/0132

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher und den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der M F in T, vertreten durch die Grama Schwaighofer Vondrak Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottengasse 4/20-25, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7102256/2022, betreffend erhöhte Familienbeihilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die am geborene Revisionswerberin beantragte mit Schreiben vom die Gewährung der Familienbeihilfe gemäß § 6 Abs. 2 lit. d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) und des Erhöhungsbetrages gemäß § 8 Abs. 4 Z 3 FLAG ab März 2016. Sie wurde auf Grund des Antrages in der Landesstelle des Sozialministeriumservice am von einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie untersucht und es wurde ein Gutachten erstellt, welches - unter Berücksichtigung von in näher angeführten Vorgutachten dokumentierten Befunden - der Revisionswerberin eine dauernde Selbsterhaltungsunfähigkeit ab 5/2009 rückwirkend bestätigte.

2 Das Finanzamt wies darauf hin den genannten Antrag der Revisionswerberin vom unter Zugrundelegung der in dem Gutachten getroffenen Feststellungen mit Bescheid vom ab. Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde, auf Grund derer sie am wiederum in der Landesstelle des Sozialministeriumservice von einer anderen Fachärztin für Psychiatrie untersucht wurde. Am wurde ein weiteres Gutachten erstellt, welches den Beginn der dauernden Selbsterhaltungsunfähigkeit der Revisionswerberin unverändert mit 5/2009 bescheinigte.

3 Gegen die - auf die genannten Gutachten gestützte - abweisende Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts vom stellte die Revisionswerberin mit Schreiben vom einen Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass der Revisionswerberin in den Gutachten aus den Jahren 2021 und 2022 keine dauernde Erwerbsunfähigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahrs bzw. während einer schulischen Ausbildung bescheinigt werde. Unter einem sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts habe die Revisionswerberin am das 21. Lebensjahr vollendet. Sie sei in den Jahren 2003 bis 2004 Angestelltenlehrling, im Jahr 2006 Lehrling im Amt einer Landesregierung und im Jahr 2007 Lehrling in einem Schulschiheim gewesen. Die Revisionswerberin habe einen im Jahr 2014 geborenen Sohn und habe vom bis  pauschales Kinderbetreuungsgeld bezogen. Vom bis  habe die Revisionswerberin Rehabgeld bezogen.

6 Die Revisionswerberin sei vom bis  geringfügig beschäftigte Arbeiterin und vom bis - laut Angaben der Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung - als Arbeiterin tätig gewesen.

7 Zwei vom Sozialministeriumservice erstellte Gutachten vom und vom , die schlüssig und nachvollziehbar seien und von denen das Bundesfinanzgericht ausgehe, dass sie mit größter Wahrscheinlichkeit den Tatsachen entsprechen würden, bescheinigten der Revisionswerberin eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit rückwirkend ab Mai 2009.

8 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz grundsätzlich nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung berufen. Diese ist nur dahingehend der Kontrolle unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vor dem Verwaltungsgerichtshof daher nicht zu überprüfen (etwa , mwN).

13 Gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn - neben anderen dort genannten Voraussetzungen - wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

14 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, das Bundesfinanzgericht habe sich in seinem Erkenntnis ausschließlich auf Gutachten gestützt, die im Zeitraum von 2020 bis 2022 eingeholt worden seien und somit zu dem für die Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe maßgeblichen Zeitraum keine Aussagekraft haben würden. Darüber hinaus seien diese Gutachten unschlüssig und widersprüchlich, weil sie aus einer ex-post Perspektive Tatsachen beurteilten, die mehr als zehn Jahre zurückliegen würden und in anderen Gutachten aus den Jahren 2008 bis 2011, welche übergangen worden seien, bereits anders festgestellt worden seien. Das Bundesfinanzgericht habe es verabsäumt, die genannten Widersprüchlichkeiten durch Einholung eines ergänzenden Gutachtens, dem alle Befunde und bisherigen Stellungnahmen zugrunde gelegt werden würden, aufzugreifen.

15 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision auch vor, das Bundesfinanzgericht habe durch die Unterlassung der Befragung der in den Jahren 2001 und 2003 befundausstellenden Ärzten das Amtswegigkeitsprinzip verletzt und damit einen gravierenden Verstoß gegen das Verfahrensrecht zu verantworten.

16 Soweit sich die Revision mit ihrem Vorbringen gegen die auf eingeholten Sachverständigengutachten basierenden Feststellungen und damit gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wendet, ist dazu anzumerken, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, unterliegt ebenso wie die Beweiswürdigung der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG könnte sich in diesem Zusammenhang nur dann ergeben, wenn das Verwaltungsgericht diese im Einzelfall vorgenommenen Beurteilungen in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte.

17 Die Revision wirft in ihrer Zulässigkeitsbegründung weder über den Einzelfall hinausreichende Fragen auf, noch liegen aufgrund dieses Vorbringens Anhaltspunkte dafür vor, dass das Verwaltungsgericht eine krasse oder unvertretbare Fehlbeurteilung des vorliegenden Sachverhaltes vorgenommen hätte. Das Verwaltungsgericht setzte sich in der Begründung seines Erkenntnisses ausführlich mit den eingeholten Gutachten der Sachverständigen auseinander und stellte in seiner Beweiswürdigung nachvollziehbar dar, warum es den Ausführungen der Sachverständigen folgte.

18 Eine Relevanz der bemängelten unterbliebenen Einvernahme von Ärzten wird nicht dargelegt.

19 Die Revision vermag nicht darzulegen, dass die dieser Beurteilung zugrundeliegende Beweiswürdigung fallbezogen unvertretbar wäre.

20 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

21 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Verbesserungsauftrag zur Behebung der Mängel der den Vorschriften über Form und Inhalt einer Revision nicht entsprechenden Revisionsschriftsätze (vgl. etwa , mwN).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §167 Abs2
BAO §183
B-VG Art133 Abs4
FamLAG 1967 §6 Abs2 litd
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023160132.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-46402