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VwGH 07.02.2024, Ra 2023/16/0087

VwGH 07.02.2024, Ra 2023/16/0087

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb idF 1992/311
StudFG 1992 §3
RS 1
Die - für das Vorliegen einer Berufsausbildung notwendige - Voraussetzung eines ernstlichen, zielstrebigen und nach außen erkennbaren Bemühens um einen Ausbildungserfolg ist seit dem Inkrafttreten der Änderung des § 2 Abs. 1 lit. b FamLAG 1967 durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 nur noch außerhalb des in § 2 Abs. 1 lit. b FamLAG 1967 besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung im Sinne des § 3 des StudFG 1992 relevant (vgl. ; , Ra 2014/16/0006; , Ro 2015/16/0005; , 2010/16/0013, jeweils mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2021/16/0076 B RS 4
Normen
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb
StudFG 1992 §3
StudFG 1992 §3 Abs1 Z1
UniversitätsG 2002 §60 Abs4
RS 2
Der Besuch einer Einrichtung im Sinn des § 3 StudFG 1992 beginnt bei Studien - wie dem für die vorliegende Revision maßgeblichen, welches an einer österreichischen Universität im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 1 StudFG 1992 ausgeübt wird - mit der Zulassung zum Studium gemäß § 60 Abs. 4 UniversitätsG 2002 (vgl. ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Weinviertel in 2100 Korneuburg, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100134/2021, betreffend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (mitbeteiligte Partei: A S in S), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom forderte das revisionswerbende Finanzamt von der Mitbeteiligten näher genannte Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum September 2019, die sie für ihre im November 1996 geborene Tochter bezogen habe, gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurück.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde vom wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Begründend führte das Finanzamt aus, die Tochter der Mitbeteiligten habe ein Bachelorstudium an einer genannten österreichischen Universität am abgeschlossen und im Wintersemester 2019/2020 mit einem weiteren Bachelorstudium an einer anderen österreichischen Universität begonnen. Nach § 2 Abs. 1 lit. b bis e FLAG bestehe für die Zeit nach Abschluss eines Studiums und dem Beginn eines neuen Studiums kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

2 Das über Vorlageantrag vom zuständig gewordene Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge und hob den Bescheid vom gemäß § 279 BAO ersatzlos auf. Unter einem sprach es aus, dass eine Revision gegen sein Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Begründend führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Studien an einer Einrichtung gemäß § 3 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) die Berufsausbildung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG mit der Zulassung zum Studium gemäß § 60 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002 (UG 2002) beginne. Die Zulassung der Tochter der Mitbeteiligten zu einem näher genannten Bachelorstudium an einer österreichischen Universität sei am erfolgt. Damit stehe die Familienbeihilfe bereits ab September 2019 zu.

4 In der gegen diese Entscheidung eingebrachten Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, es fehle eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann der Anspruch auf Familienbeihilfe bei Besuch einer Einrichtung im Sinn des § 3 StudFG beginne.

5 Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren eingeleitet. Die Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet. Kostenersatz wurde nicht begehrt.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein Beschluss nach § 34 Abs. 1 VwGG ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts, denen in der Revision nicht entgegengetreten wird, sei die Tochter der Mitbeteiligten im November 1996 geboren. Zunächst habe diese Tochter an einer österreichischen Universität ein Bachelorstudium betrieben. Nach Ablegen der letzten Prüfung (Beurteilung der Bachelorarbeit) am sei der Tochter mit Bescheid vom der akademische Grad Bachelor of Laws verliehen worden. Die Tochter habe die Zulassung zu einem weiteren Bachelorstudium an einer anderen österreichischen Universität am beantragt und sei am selben Tag zu diesem Studium zugelassen worden. Der entsprechende Studierendenbeitrag gemäß § 38 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 4 Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014 sei am entrichtet worden. Das erste Studienjahr im neuen Bachelorstudium habe am begonnen.

10 Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG haben näher bezeichnete Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die u.a für einen Beruf ausgebildet werden. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 StudFG genannte Einrichtung besuchen, bestehen näher ausgeführte Voraussetzungen, insbesondere im Zusammenhang mit der zurückgelegten Studienzeit.

11 Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Ordentliche Studierende sind gemäß § 51 Abs. 2 Z 15 UG 2002 die Studierenden, die zu den ordentlichen Studien zugelassen sind. Ordentliche Studien sind nach § 51 Abs. 2 Z 2 UG 2002 u.a. die Bachelorstudien.

12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die - für das Vorliegen einer Berufsausbildung notwendige - Voraussetzung eines ernstlichen, zielstrebigen und nach außen erkennbaren Bemühens um einen Ausbildungserfolg seit dem Inkrafttreten der Änderung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 nur noch außerhalb des in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung im Sinn des § 3 StudFG relevant (vgl. , mwN).

13 Der Besuch einer Einrichtung im Sinn des § 3 StudFG beginnt bei Studien - wie dem für die vorliegende Revision maßgeblichen, welches an einer österreichischen Universität im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 1 StudFG ausgeübt wird - mit der Zulassung zum Studium gemäß § 60 Abs. 4 UG 2002 (vgl. ; vgl. auch Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG², § 2 Rz 59).

14 Dass, wie in der Revision vorgebracht wird, der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2020/16/0017 lediglich abgegrenzt hätte, ob es sich der Art nach um einen Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b erster Satz FLAG oder um den Besuch einer Einrichtung im Sinn des § 3 StudFG gemäß § 2 Abs. 1 lit. b zweiter Satz FLAG handle, trifft daher nicht zu. Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf die Frage einer Berufsausbildung eines Studienwerbers für vor der Zulassung liegende Zeiträume eines Aufnahmeverfahrens zur Zulassungsbeschränkung die Rechtsprechung zur Definition der Berufsausbildung maßgeblich ist - und damit (erneut) ausdrücklich auf die Zulassung zum Studium abgestellt.

15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb idF 1992/311
StudFG 1992 §3
StudFG 1992 §3 Abs1 Z1
UniversitätsG 2002 §60 Abs4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023160087.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-46390