VwGH 24.10.2024, Ra 2023/16/0068
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | BAO §115 Abs1 VwGG §63 Abs1 |
RS 1 | Erfolgte die Aufhebung einer angefochtenen Entscheidung, weil es das VwG (bzw. die Verwaltungsbehörde) unterlassen hat, die für die Beurteilung des Rechtsfalles wesentlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen, so besteht die Herstellung des der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustandes darin, dass das VwG (bzw. die Verwaltungsbehörde) jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführt und die Feststellungen trifft, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes ermöglichen (vgl. , und , Ro 2016/11/0007). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/12/0011 B RS 3 (hier keine Bezugnahme auf "die Verwaltungsbehörde") |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. Funk-Leisch und den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Bamer, über die Revision der V GmbH in W, vertreten durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5200036/2017, betreffend Erstattung von Einfuhrumsatzsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Österreich), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von 1.346,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte des Revisionsfalls wird zunächst in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2017/16/0037, verwiesen.
2 Da das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom keine tragfähige Begründung enthielt, weshalb ein besonderer Fall nach § 83 Zollrechtsdurchführungsgesetz (ZollR-DG) (Unbilligkeit nach Lage der Sache) entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin nicht vorlag, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom im ersten Rechtsgang mit Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0037, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
3 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des damaligen Zollamts Feldkirch Wolfurt (nunmehr: Zollamt Österreich) vom - wie schon im ersten Rechtsgang - als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-G für nicht zulässig.
4 Das Bundesfinanzgericht führte - soweit für das Revisionsverfahren wesentlich - zunächst aus, die Revisionswerberin, ein Speditionsunternehmen, habe mit dreizehn Zollanmeldungen im Zeitraum vom bis zum als Anmelderin die Überführung verschiedener Parfümeriewaren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr unter Inanspruchnahme der Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 6 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG 1994) durch Angabe des Codes 4200 in den Zollanmeldungen beantragt. Sie sei dabei als indirekte Vertreterin des in den Anmeldungen von ihr angeführten Empfängers, der A. s.r.o. in der Slowakei, aufgetreten. Als Versender sei jeweils die S. AG in der Schweiz angegeben worden. Die Revisionswerberin habe weder die Transporte organisiert, noch diese selbst durchgeführt.
5 Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens liege im Beschwerdefall laut dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom (gemeint: 2015) ein als innergemeinschaftliche Lieferung geltendes Verbringen der Gegenstände im Sinn des Art. 7 Abs. 2 iVm Art. 3 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, somit eine von der A. s.r.o. vorgenommene Verbringung der Gegenstände dieses Unternehmens in einen anderen Mitgliedstaat nicht vor, weil die in Rede stehenden Waren nicht zur Verfügung (Art. 3 Abs. 1 Z 1 UStG 1994) und nicht für Unternehmenszwecke des von der Revisionswerberin indirekt vertretenen, in den Zollanmeldungen genannten Empfängers verbracht worden seien. Die Lieferungen seien jener Person, die unter Verschleierung ihrer Identität als Geschäftsführer des angeführten Unternehmens nach außen aufgetreten sei, zuzurechnen.
6 Die Einfuhrumsatzsteuer, deren Erstattung nach Art. 239 Zollkodex (ZK) iVm § 83 ZollR-DG beantragt werde, sei gemäß Art. 204 Abs. 3 ZK in Verbindung mit § 2 Abs. 1 ZollR-DG und § 26 Abs. 1 ZollR-DG für die slowakische Gesellschaft A. s.r.o. entstanden. Die Revisionswerberin sei hierfür mit Bescheid des Zollamts bestätigt durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , gemäß § 71a ZollR-DG als Gesamtschuldnerin herangezogen worden. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Ra 2015/16/0097, zurückgewiesen worden.
7 Das Bundesfinanzgericht führte des Weiteren mit Verweis auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0037, aus, der Revisionswerberin könne als Anmelderin nicht die Durchführung komplexer und umfassender Überprüfungen der Vertragspartner auferlegt und ihr faktisch die der Behörde obliegende Kontrolle übertragen werden. Zu prüfen sei, ob die Revisionswerberin aufgrund der in ihre Sphäre gelangten Informationen bzw. ihr zur Verfügung gestandenen Unterlagen Maßnahmen unterlassen habe, die zur Vermeidung der im Beschwerdefall begangenen Steuerhinterziehung geführt hätten bzw. ob ihr offensichtliche Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei, weil sie die erforderliche und ihr zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen habe.
8 Die im Beschwerdefall in Form von Kopien vorgelegten CMR-Frachtbriefe genügten den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Belegnachweis zum sicheren Nachweis des Erfüllens der materiellen Anforderungen für die Steuerbefreiung nicht. Die in kopierter Form vorgelegten Frachtbriefe enthielten weder Angaben (Name und Anschrift) des Frachtführers, noch sei daraus zu erkennen, wer diese unterschrieben habe. In den Frachtbriefen zu den Zollanmeldungen CRN 10 vom , CRN 11 vom und CRN 12 vom fehle die Unterschrift des Frachtführers gänzlich. Den Belegnachweisen sei daher nicht zu entnehmen, wer die Waren in diesen Fällen tatsächlich transportiert und wer sie erhalten habe. Im Hinblick auf die gegebenen Umstände (Verschleierung der Identität des Geschäftsführers durch Vorlage gefälschter Dokumente) vermöge die Revisionswerberin auch keine sonstigen Nachweise über das tatsächliche Befördern der Waren zum angegebenen Unternehmen in der Slowakei beizubringen.
9 Zwar enthielten die Frachtbriefkopien eine Empfangsbestätigung (ebenfalls in Kopie). Diese könnten aber nicht als sicherer Nachweis anerkannt werden, weil diese unter Berücksichtigung der genannten Umstände der Lieferung (auch nachträglich) an jedem beliebigen Ort hätten erstellt werden können. Im Übrigen sei nicht erkennbar, welche Person die angebliche Empfangsbestätigung unterzeichnet habe. Ort und Datum fehlten ebenso. Dass die Frachtbriefe nicht den Erfordernissen entsprechen würden, hätte die Revisionswerberin bereits zum Zeitpunkt der Abfertigung feststellen können und müssen. Sie hätte die fehlenden Angaben aufgrund dessen, dass der Frachtführer nachträglich nicht mehr identifizierbar sei, zum Anlass für weitere Erkundigungen betreffend die von ihr vertretenen Warenempfängerin und den tatsächlichen Zielort der Waren nehmen müssen. Gerade in den Fällen des Verbringens (Personenidentität zwischen Verbringer und Erwerber) komme der Person des Frachtführers eine wichtige Funktion zu, das tatsächliche Befördern zum angegebenen Erwerber zu gewährleisten und nicht in eine Steuerhinterziehung einbezogen zu werden.
10 Die fehlende Prüfung, ob ordnungsgemäße Belegnachweise vorlägen, betreffe die Sphäre der Revisionswerberin und hänge nicht von einem von ihr nicht zu beeinflussenden späteren Verhalten eines Dritten ab. Ihr sei insofern offensichtliche Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil sie nicht alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, die unter den genannten Umständen vernünftigerweise von ihr verlangt hätten werden können. Der Verbleib der Waren sei nicht nachgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 239 ZK iVm § 83 ZollR-DG wegen Unbilligkeit nach Lage der Sache lägen daher nicht vor. Soweit sich die Revisionswerberin unter anderem auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen beziehe, sei darauf hinzuweisen, dass gerade der ins Treffen geführte Punkt „Einholung eines entsprechenden Versendungsbeleges“ nicht erfüllt worden sei.
11 Es liegt bei der Revisionswerberin auch keine Existenzgefährdung durch die Abgabenbelastung vor, die im § 83 ZollR-DG als weiterer Fall für einen Erlass/Erstattung vorgesehen sei.
12 Die Revisionswerberin, eine 100%-Tochter der schweizerischen X. AG, erbringe ausschließlich Leistungen für die X. AG. Sie sei als in Form einer Gesellschaft geführte Zweigniederlassung der X. AG zu betrachten. Dies zeige sich nicht zuletzt durch die enge personelle Verschränkung der Gesellschaften beim Geschäftsführer und bei den Mitarbeitern. So seien die Zollanmeldungen zumindest teilweise von Angestellten der X. AG erstellt worden und der Geschäftsführer habe nach eigenen Angaben für seine (zusätzliche) Tätigkeit bei der Revisionswerberin keine eigene Entlohnung erhalten.
13 Eine ernsthafte Existenzgefährdung durch die Abgabenbelastung sei unter Berücksichtigung der Angaben des Geschäftsführers E im Rahmen der mündlichen Verhandlung und der vorliegenden Unterlagen nicht nachgewiesen worden. Die Nachforderung der Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von insgesamt 788.903,72 € bzw. von insgesamt ca. zwei Millionen Euro, wenn man die Nachforderungen aus Parallelverfahren hinzuzähle, möge bei einem ausgewiesenen Eigenkapital von rund 153.000 € (Jahresabschluss 2014) und einem durchschnittlichen Jahresgewinn von rund 15.000 € in den letzten fünf Jahren zwar als Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts zu beurteilen sein. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sei aufgrund der gesellschaftlichen Verflechtung neben der Einbeziehung der Vermögenslage der X. AG auch zu berücksichtigen, dass die Revisionswerberin in den Konzern D eingebunden und konzernintern versichert bzw. rückversichert sei. Die Einfuhrumsatzsteuerschuld sei aus diesem Titel zwischenzeitlich auch von der D. AG entrichtet worden.
14 Die in der mündlichen Verhandlung für die Existenzgefährdung ins Treffen geführte Rückzahlungsforderung der Konzernmutter, die die Revisionswerberin nicht erfüllen könne, was zur Entscheidung führen könnte, die Gesellschaft zu liquidieren bzw. Insolvenz anzumelden, vermöge eine Existenzgefährdung, welche unmittelbar „durch die Abgabenbelastung“ verursacht würde, nicht aufzuzeigen. Eine allfällige Liquidation oder Insolvenz der Gesellschaft, die im Übrigen keine eigenen Mitarbeiter mehr habe und deren Sitz sich in Untermiete in einem Container am Amtsplatz des Zollamtes befinde, sei unter diesen Umständen nur als interne wirtschaftliche Entscheidung zu betrachten. Daran vermöge auch das weitere Vorbringen nichts zu ändern, dass die Revisionswerberin im Hinblick auf ihre Möglichkeit, in der Union als Zollanmelderin aufzutreten, ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal für die in der Schweiz ansässige X. AG darstelle und ihre Auflösung auch Auswirkungen auf die Bestandskraft der X. AG haben könne. Hinsichtlich des Hinweises des Vertreters der Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung auf zukünftig höhere Versicherungsprämien aufgrund des Versicherungsfalles gelte das Gleiche.
15 Die im ergänzenden Schreiben vom zum Beweis des gesamten Vorbringens angebotene Einvernahme des Geschäftsführers E habe unterbleiben können, weil dieser bereits in der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit gehabt hätte, zur Sache bzw. finanziellen Lage Stellung zu nehmen. Ein konkretes für die Entscheidung wesentliches (weiteres) Beweisthema sei nicht genannt worden.
16 Die Revisionswerberin erhob gegen das angefochtene Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , E 3689/2021-10, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
17 Daraufhin brachte die Revisionswerberin die vorliegende Revision ein. Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung. Die Revisionswerberin brachte eine Replik zur Revisionsbeantwortung der belangten Behörde ein. Die belangte Behörde erstattete dazu eine Duplik.
18 Die Revisionswerberin bringt zur Begründung der Revision - unter anderem und auf das Wesentliche zusammengefasst - vor, das Bundesfinanzgericht habe eine unvertretbare Beweiswürdigung vorgenommen, erneut unvollständige und zum Teil aktenwidrige Sachverhaltsfeststellungen getroffen und die Revisionswerberin durch die näher genannten Verfahrensfehler in ihrem Recht auf Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
19 Die Revision ist zulässig und begründet.
20 Zur Darstellung der Rechtslage kann zunächst gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2017/16/0037, verwiesen werden.
21 In dem nunmehr im Revisionsfall angefochtenen Erkenntnis stützt das Bundesfinanzgericht den Vorwurf der offensichtlichen Fahrlässigkeit der Revisionswerberin im Zeitpunkt der Anmeldung tragend darauf, dass die in Kopie vorgelegten Frachtbriefe keine Angaben (Name und Anschrift) des Frachtführers enthielten und nicht zu erkennen sei, wer die Frachtbriefe unterschrieben habe. Den Belegnachweisen sei daher nicht zu entnehmen, wer die Waren in diesen Fällen tatsächlich transportiert und wer sie erhalten habe. Da der Frachtführer nachträglich nicht mehr identifizierbar sei, hätte die Revisionswerberin die fehlenden Angaben zum Anlass für weitere Erkundigungen betreffend die von ihr vertretene Warenempfängerin nehmen müssen.
22 Das Bundesfinanzgericht blendet bei dieser Annahme zum einen jedoch gänzlich aus, dass die vorgelegten Frachtbriefe als Ablieferort die Firma und Adresse der slowakischen Empfängerin enthielten und diese daher erkennbar war. Zum anderen stützte sich die Revisionswerberin im Beschwerdeverfahren neben den Frachtbriefen auch auf die im Abgabenverfahren vorgelegten, von der Schweizer Zollbehörde ausgestellten T1-Versandscheine, Nachweise der Abmeldung der Waren aus dem offenen Zolllager der Versenderin sowie auf Rechnungen für die Waren als Grundlage der Zollanmeldungen. Eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen der Revisionswerberin fehlt in dem angefochtenen Erkenntnis zur Gänze.
23 Soweit das Bundesfinanzgericht sich auch darauf stützt, dass die Empfangsbestätigungen in den Frachtbriefen nicht als Nachweis anerkannt werden könnten, weil sie nachträglich an jedem beliebigen Ort erstellt hätten werden können und die unterzeichnende Person nicht erkennbar sei, sind diese Ausführungen nicht geeignet, den Vorwurf der offensichtlichen Fahrlässigkeit zu begründen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0037, festgehalten, dass das Unterlassen eines Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID)-Bestätigungsverfahrens zum Zeitpunkt der Anmeldung im Revisionsfall nicht kausal für die behauptete Unkenntnis der Revisionswerberin sein konnte, dass es sich bei dem in den Anmeldungen angeführten vertretenen Empfänger um einen unredlichen Wirtschaftsteilnehmer handelte, weil die UID der A. s.r.o. erst Monate nach diesem Zeitpunkt gelöscht worden ist. Die Zweifel des Bundesfinanzgerichts in dem angefochtenen Erkenntnis an der Echtheit der Empfangsbestätigungen in den Frachtbriefen sind aber ebenso wenig geeignet, den Vorwurf der offensichtlichen Fahrlässigkeit zum Zeitpunkt der Anmeldung zu stützen, weil eine Empfangsbestätigung zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vorliegen konnte und allfällige Mängel dieser somit keine weiteren Schritte der Revisionswerberin hinsichtlich der Empfängerin hätten auslösen können.
24 Erfolgt die Aufhebung einer Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof - wie im ersten Rechtsgang -, weil es das Verwaltungsgericht unterlassen hat, die für die Beurteilung des Rechtsfalls wesentlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen, so besteht die Herstellung des der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustands gerade darin, dass das Verwaltungsgericht jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführt und die Feststellungen trifft, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgeblichen Sachverhalts ermöglichen (vgl. etwa ; , Ra 2019/13/0097; , Ra 2014/13/0008, mwN).
25 Dieser Verpflichtung hat das Bundesfinanzgericht - trotz unveränderter Sach- und Rechtslage - im fortgesetzten Verfahren nicht entsprochen. Das angefochtene Erkenntnis enthält nach wie vor keine ausreichenden Feststellungen zu jenen vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0037, dargelegten Umständen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob der Revisionswerberin offensichtliche Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, oder nicht. Das angefochtene Erkenntnis enthält auch keine Auseinandersetzung mit dem von der Revisionswerberin anschließend im zweiten Rechtsgang erstatteten Vorbringen zur Geschäftsbeziehung der Versenderin mit der von der Revisionswerberin indirekt vertretenen Empfängergesellschaft.
26 Die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesfinanzgerichts vermögen die in dem angefochtenen Erkenntnis gezogene rechtliche Schlussfolgerung, dass sich die Abgabenbelastung gemäß § 83 ZollR-DG nicht als unbillig nach Lage der Sache erweise, aus den dargelegten Gründen nicht zu tragen.
27 Das angefochtene Erkenntnis war schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
28 Auf das weitere Revisionsvorbringen, insbesondere zur ernsthaften Gefährdung der Existenz des Abgabenschuldners durch die Abgabenbelastung, war vor diesem Hintergrund nicht mehr einzugehen.
29 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
30 Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil ein weiterer Aufwandersatz nach den genannten Bestimmungen nicht vorgesehen ist und die Umsatzsteuer in dem in der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 festgesetzten Pauschalsatz enthalten ist (vgl. etwa , mwN).
Wien, am
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Normen | BAO §115 Abs1 VwGG §63 Abs1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023160068.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-46387