VwGH 09.10.2024, Ra 2023/15/0066
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | DBAbk-EntlastungsV 2005 §2 Abs1 DBAbk-EntlastungsV 2005 §2 Abs2 |
RS 1 | Aus § 2 Abs. 1 der DBA-Entlastungsverordnung ergibt sich, dass die Abkommensberechtigung des ausländischen Einkünfteempfängers dem Grunde nach durch eine von der ausländischen Steuerverwaltung ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung unter Verwendung bestimmter Vordrucke glaubhaft gemacht werden kann. Dass diese Ansässigkeitsbescheinigung ausschließlich unter Verwendung der genannten Vordrucke erfolgen kann, ergibt sich aus der Bestimmung nicht. Aus § 2 Abs. 2 der Verordnung, der für Vergütungen unter 10.000 € unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht, dass anstelle einer Ansässigkeitsbescheinigung eine Erklärung mit einem bestimmten Inhalt vorgelegt werden kann, ergibt sich aber, dass für die Anwendung der DBA-Entlastungsverordnung bei Vergütungen über 10.000 € grundsätzlich eine Ansässigkeitsbescheinigung vorgelegt werden muss (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des F M in S, vertreten durch die Toifl Steuerberatung GmbH in 5020 Salzburg, Peter-Singer-Gasse 5, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/6100351/2015, betreffend Haftung für Abzugssteuer 2005 bis 2016 und Festsetzung von Verspätungszuschlägen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber bietet im Rahmen seines Unternehmens Seminare betreffend Management, Verkaufs- und Führungsstrategien an. Er beschäftigte MN als Vortragenden bei diversen Seminaren in Österreich. Für die Leistungen des MN wurden Rechnungen gelegt, die vom Revisionswerber als Fremdleistungsaufwand geltend gemacht wurden.
2 Im Zuge mehrerer Außenprüfungen ging das Finanzamt davon aus, dass diese Leistungen der Abzugssteuer gemäß § 99 EStG 1988 unterlägen und die DBA-Entlastungsverordnung nicht anwendbar sei und erließ entsprechende Haftungsbescheide.
3 Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden nach abweisender Beschwerdevorentscheidung und Vorlageantrag vom Bundesfinanzgericht als unbegründet abgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass MN in der Schweiz wohnhaft sei und in Österreich weder über eine Wohnung verfüge, noch sich länger als sechs Monate pro Jahr in Österreich aufhalte. Er habe im Inland auch keine betriebliche Einrichtung. Die Leistungsbeschreibungen der Rechnungen beträfen die Abhaltung von Seminaren in österreichischen Seminarhotels hinsichtlich Verkauf, Beratungspraxis, Führung, Motivation und Managementtraining. Es läge keine Ansässigkeitsbescheinigung von MN vor. Eine solche sei vom Revisionswerber trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden. Es sei auch kein gleichwertiger Nachweis vorgelegt worden, aus dem hervorgehe, dass der Schweizer Abgabenbehörde die von MN in Österreich erzielten Einkünfte bekannt seien.
4 Bei den gegenständlichen Leistungen handle es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 EStG 1988, weil im Rahmen der Seminare Fertigkeiten und Kenntnisse in den genannten Fachgebieten didaktisch aufbereitet und in systemgerechter Weise mit einem bestimmten Lehrziel vermittelt worden seien. Es handle sich um eine Vortragstätigkeit im Sinne des § 99 EStG 1988. Die Einkünfte fielen daher grundsätzlich unter die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte nach § 98 EStG 1988, für die ein Steuerabzug gemäß § 99 EStG 1988 vorgesehen sei. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz dürften derartige Einkünfte ausschließlich in dem Staat besteuert werden, in dem die Person, die die Einkünfte beziehe, ansässig sei, es sei denn, dass die Person für die Ausübung ihrer Tätigkeit in dem anderen Vertragsstaat regelmäßig über eine feste Einrichtung verfüge. Nach der DBA-Entlastungsverordnung könnten solche Einkünfte auch an der Quelle entlastet werden. Nach § 2 Abs. 1 DBA-Entlastungsverordnung könne die Abkommensberechtigung des ausländischen Einkünfteempfängers dem Grunde nach durch eine von der ausländischen Steuerverwaltung ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung unter Verwendung der Vordrucke ZS-QU 1 (für natürliche Personen) oder ZS-QU 2 (für juristische Personen) glaubhaft gemacht werden. Die Entlastung an der Quelle sei nach § 2 Abs. 1 DBA-Entlastungsverordnung nur dann zulässig, wenn nachweislich sämtliche Formalanforderungen rechtzeitig erfüllt seien. Der Empfänger der Einkünfte müsse demnach eine Ansässigkeitsbescheinigung beibringen. Mit der Ansässigkeitsbescheinigung werde dokumentiert, dass die ausländische Steuerverwaltung über den Einkünftezufluss an den deklarierten Einkünfteempfänger Kenntnis erlange. Der Revisionswerber habe im gesamten Verfahren keine Ansässigkeitsbescheinigung vorgelegt. Er sei daher seiner Dokumentationspflicht nach der DBA-Entlastungsverordnung nicht nachgekommen. Auch eine gleichwertige Beweisurkunde sei vom Revisionswerber nicht vorgelegt worden. Die Voraussetzungen der DBA-Entlastungsverordnung für eine Entlastung an der Quelle in unmittelbarer Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens seien nicht erfüllt.
5 Gegen diese Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, es sei der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu entnehmen, ob für Erfüllung der DBA-Entlastungsverordnung auch eine andere Möglichkeit zum Nachweis der Abkommensberechtigung von MN als durch ein von der Schweizer Steuerbehörde bestätigtes Formular ZS-QU 1 bestehe. Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, welche Anforderungen an eine solche andere Bescheinigung zu stellen seien. Zumindest dann, wenn die Abkommensberechtigung in der Schweiz auch anders als durch ein von der Schweizer Steuerverwaltung ausgestelltes Formular ZS-QU 1 geführt werden könne, weiche die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, dass nach § 166 BAO als Beweismittel alles in Betracht komme, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich sei. Dazu müssen aber alle vom Revisionswerber vorgelegten Beweismittel entsprechend gewürdigt werden. Es sei nicht gewürdigt worden, dass vor 2005 auch ein anderer Nachweis als das Formular ZS-QU 1 anerkannt worden sei.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Gemäß § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger durch Steuerabzug erhoben, und zwar bei Einkünften aus im Inland ausgeübter oder verwerteter selbständiger Tätigkeit als Schriftsteller, Vortragender, Künstler, Architekt, Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen, wobei es gleichgültig ist, an wen die Vergütungen für die genannten Tätigkeiten geleistet werden.
10 Dass MN Einkünfte bezog, die unter § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 fallen, wird von der Revision nicht bestritten. Im Verfahren alleine strittig ist, ob die DBA-Entlastungsverordnung im Revisionsfall zur Anwendung kommen musste.
11 Ist nach innerstaatlichem Recht eine Abfuhrpflicht gegeben, kann eine Abfuhr der Abzugsteuer nach § 99 EStG 1988 nur dann unterbleiben, wenn alle Voraussetzungen der DBA-Entlastungsverordnung für eine Entlastung an der Quelle in unmittelbarer Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens erfüllt sind.
12 §§ 1 und 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Entlastung von der Abzugsbesteuerung auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA-Entlastungsverordnung), BGBl. III Nr. 92/2005, lauten:
„§ 1. Sind Einkünfte von im Ausland ansässigen Personen auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen ganz oder teilweise von einer inländischen Abzugsbesteuerung zu entlasten, kann diese Entlastung in unmittelbarer Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen vom Vergütungsschuldner (vom Abfuhrpflichtigen) herbeigeführt werden (Entlastung an der Quelle). Der Vergütungsschuldner ist in diesem Fall verpflichtet, die Richtigkeit der Unterlassung oder Einschränkung des Steuerabzuges zu beweisen oder nach Maßgabe des § 138 BAO glaubhaft zu machen.
§ 2. (1) Die Abkommensberechtigung des ausländischen Einkünfteempfängers kann dem Grunde nach durch eine von der ausländischen Steuerverwaltung ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung unter Verwendung der Vordrucke ZS-QU 1 (für natürliche Personen) oder ZS-QU 2 (für juristische Personen) glaubhaft gemacht werden.
(2) Sofern die vom Schuldner der Einkünfte an den einzelnen Einkünfteempfänger geleisteten Vergütungen 10 000 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen und in Österreich kein Wohnsitz des Einkünfteempfängers besteht, kann die Abkommensberechtigung dem Grunde nach als glaubhaft gemacht angesehen werden, wenn anstelle einer Ansässigkeitsbescheinigung eine schriftliche Erklärung des Einkünfteempfängers vorliegt, die folgende Angaben enthält:
1. bei natürlichen Personen den Familien- und Vornamen und bei juristischen Personen die genaue Bezeichnung (z. B. den Firmennamen),
2. bei natürlichen Personen die Erklärung, dass sich in Österreich kein weiterer Wohnsitz (keine Wohnstätte) befindet,
3. bei natürlichen Personen die Anschriften aller in verschiedenen ausländischen Staaten unterhaltenen Wohnungen sowie die Bezeichnung jener Wohnung, an der sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet,
4. bei juristischen Personen die Angabe des Gründungsstaates und die Anschrift des Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung,
5. die Erklärung, dass keine Verpflichtung zur Weitergabe der Einkünfte an andere Personen besteht,
6. die Erklärung, dass die Einkünfte nicht einer vom Einkünfteempfänger unterhaltenen inländischen Betriebstätte zufließen,
7. Art und Höhe der bezogenen Vergütung.“
13 Aus § 2 Abs. 1 der Verordnung ergibt sich, dass die Abkommensberechtigung des ausländischen Einkünfteempfängers dem Grunde nach durch eine von der ausländischen Steuerverwaltung ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung unter Verwendung bestimmter Vordrucke glaubhaft gemacht werden kann. Dass diese Ansässigkeitsbescheinigung ausschließlich unter Verwendung der genannten Vordrucke erfolgen kann, ergibt sich aus der Bestimmung nicht. Aus § 2 Abs. 2 der VO, der für Vergütungen unter 10.000 € unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht, dass anstelle einer Ansässigkeitsbescheinigung eine Erklärung mit einem bestimmten Inhalt vorgelegt werden kann, ergibt sich aber, dass für die Anwendung der DBA-Entlastungsverordnung bei Vergütungen über 10.000 € grundsätzlich eine Ansässigkeitsbescheinigung vorgelegt werden muss (vgl. auch ).
14 Im angefochtenen Erkenntnis wird die Feststellung getroffen, dass eine Ansässigkeitsbescheinigung, die nach der DBA-Entlastungsverordnung zu den Voraussetzungen für die Entlastung an der Quelle zählt, nicht vorgelegt worden ist und daher die Voraussetzungen der Verordnung für die Entlastung nicht erfüllt sind.
15 Ob die Ansässigkeit des ausländischen Einkünfteempfängers, wie von der Revision behauptet, auch durch andere gleichwertige Unterlagen als durch eine Ansässigkeitsbescheinigung nachgewiesen werden kann, kann im Revisionsfall schon deshalb dahinstehen, weil das Bundesfinanzgericht die Feststellung getroffen hat, dass auch andere gleichwertige Beweismittel nicht vorgelegt wurden und es die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung verabsäumt darzulegen, welche konkreten Unterlagen mit welchem Inhalt vorgelegt wurden und wieso diese als gleichwertiges Beweismittel anerkannt hätten werden können.
16 Wenn darauf verwiesen wird, dass vor dem Jahr 2005 auch andere Nachweise anerkannt wurden, ist dies schon deshalb irrelevant, weil ab die DBA-Entlastungsverordnung gilt und eine Entlastung an der Quelle nur unter den dort angeführten Voraussetzungen erfolgen darf (vgl. , mwN).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | DBAbk-EntlastungsV 2005 §2 Abs1 DBAbk-EntlastungsV 2005 §2 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023150066.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAF-46354