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VwGH 24.10.2024, Ra 2023/15/0048

VwGH 24.10.2024, Ra 2023/15/0048

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
BAO §115 Abs1 idF 2017/I/136
VwRallg
RS 1
In Bezug auf ausländisches Recht gilt der Grundsatz "iura novit curia" nicht, sodass dieses in einem - im Rahmen der erhöhten Mitwirkungspflicht (vgl. § 115 Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2017/136) amtswegigen - Ermittlungsverfahren vom VwG festzustellen ist (vgl. , mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des W L in W, vertreten durch die Eidlwimmer Steuerberatungs GmbH in 5020 Salzburg, Neutorstraße 52, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/6100398/2022, betreffend Einkommensteuer 2018, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu erstatten.

Begründung

1 Vom Revisionswerber wurden in der Einkommensteuererklärung 2018 - neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie geringfügigen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft - negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Ausmaß (lediglich) der Aufwendungen für seine österreichische Pflichtversicherung bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Höhe von 19.142,50 € erklärt.

2 Bei der Einkommensteuerveranlagung 2018 erkannte das Finanzamt die negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit nicht an, weshalb der Revisionswerber gegen den Einkommensteuerbescheid Beschwerde erhob.

3 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, woraufhin der Revisionswerber deren Vorlage an das Bundesfinanzgericht (BFG) beantragte.

4 Mit Erkenntnis vom wies das BFG die Beschwerde als unbegründet ab. Es stellte fest, der Revisionswerber habe einen Wohnsitz in Österreich und erziele hier Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. In Deutschland, wo er als selbständiger Radiomoderator tätig sei, habe er einen weiteren Wohnsitz. Aus der Tätigkeit als Radiomoderator habe der Revisionswerber im Jahr 2018 Einkünfte in Höhe von 397.645 € erzielt. Mit diesen Einkünften aus selbständiger Arbeit sei er im Jahr 2018 in Deutschland als unbeschränkt Steuerpflichtiger zur Einkommensteuer veranlagt worden.

5 Auf Basis seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Deutschland werde der Revisionswerber seit von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Österreich zur Pflichtversicherung (Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung) herangezogen. Die in Österreich geleisteten Pflichtversicherungsbeiträge gründeten in den in Deutschland erzielten Einkünften aus selbständiger Arbeit.

6 Die im Jahr 2018 bezahlten österreichischen Pflichtversicherungsbeiträge habe der Revisionswerber in Deutschland weder in die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung noch in die Einkommensteuererklärung aufgenommen. Demgemäß seien sie im deutschen Einkommensteuerbescheid nicht berücksichtigt worden.

7 In Österreich habe der Revisionswerber die in Deutschland erzielten Einkünfte aus selbständiger Arbeit als nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland (im Folgenden nur: DBA-Deutschland) steuerbefreite Einkünfte für Zwecke der Einkommensbesteuerung zum Progressionsvorbehalt herangezogen, wobei das österreichische Finanzamt die deutschen Einkünfte um die im Jahr 2018 entrichteten österreichischen Pflichtversicherungsbeiträge von 19.142,50 € gekürzt habe.

8 Strittig sei, ob die in Österreich geleisteten Pflichtversicherungsbeiträge als Betriebsausgaben im Inland zum Verlustausgleich mit den positiven Einkünften aus Land- und Fortwirtschaft sowie Vermietung und Verpachtung zuzulassen oder ausschließlich als Ausgabenpost bei den Progressionseinkünften zu berücksichtigen seien.

9 In rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhalts führte das BFG aus, der Revisionswerber habe im Inland einen Wohnsitz und sei damit in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig iSd § 1 Abs. 2 EStG 1988. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstrecke sich auf seine in- und ausländischen Einkünfte. Aufgrund seines inländischen Hauptwohnsitzes gelte er auch als eine in Österreich ansässige Person iSd Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA-Deutschland.

10 Gemäß Art. 14 DBA-Deutschland liege das Besteuerungsrecht hinsichtlich der in Deutschland erzielten Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Deutschland.

11 Die zwingende Anwendung des EStG 1988 für die Berechnung des Progressionsvorbehaltes habe zur Folge, dass die ausländischen Einkünfte nach österreichischem Recht zu ermitteln seien.

12 Fest stehe, dass der Revisionswerber (als selbständig erwerbstätige Person) aufgrund seiner - in Deutschland erwirtschafteten - Einkünfte nach den Bestimmungen des gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (§ 2 GSVG) in Österreich pflichtversichert sei und die von ihm diesbezüglich geleisteten Beiträge Pflichtversicherungsbeiträge nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen darstellten. Die Pflichtversicherung umfasse sämtliche in der EU und der Schweiz ausgeübten selbständigen Tätigkeiten iSd § 2 GSVG.

13 Die gegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge seien unter Beachtung des Veranlassungszusammenhanges der deutschen Einkunftsquelle zuzuordnen. Dabei seien die ausländischen Einkünfte nach § 2 Abs. 8 EStG 1988 durch Umrechnung auf das inländische Recht zu adaptieren und die Pflichtversicherungsbeiträge bei der Ermittlung der Auslandseinkünfte als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

14 Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung seien nämlich kraft Gesetzes Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 und nach obigen Ausführungen bei jenen Einkünften in Abzug zu bringen, mit denen sie im Zusammenhang stünden.

15 Aufwendungen im Zusammenhang mit Einnahmen, die auf Grund eines DBA von der Besteuerung im Inland ausgenommen seien, seien somit nicht abziehbar.

16 Voraussetzung für die Versagung der Abzugsfähigkeit sei ein objektiver Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den nicht der Einkommensteuer unterliegenden Einnahmen. Dabei genüge ein klar abgrenzbarer, objektiver Zusammenhang zwischen beiden Größen.

17 Die geltend gemachten Betriebsausgaben gingen - auch iSd Rechtsprechung des BFH - nicht in die Bemessungsgrundlage der österreichischen Einkommensteuer ein, denn der wirtschaftliche Zusammenhang mit Auslandseinkünften, die nicht der österreichischen Besteuerung unterlägen, würde die Einbeziehung der Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage der österreichischen Einkommensteuer ausschließen.

18 Die durch die deutschen Einkünfte veranlassten Sozialversicherungsbeiträge minderten durch deren Berücksichtigung bei der Gewinnermittlung die Höhe der zu berücksichtigenden ausländischen Einkünfte und kürzten damit den zu ermittelnden Durchschnittssteuersatz.

19 Entscheidungsrelevant sei demnach nur der Veranlassungszusammenhang der angefallenen Aufwendungen mit den in Deutschland erzielten Einnahmen. Die vom Revisionswerber aufgeworfene Frage des Besteuerungsrechtes für Ruhegehälter bedürfe mangels Aktualität im Jahr 2018 keiner Erörterung.

20 Die Einkünfte in Höhe von 397.645 €, die der Revisionswerber im Jahr 2018 in Deutschland erzielt habe, seien daher zutreffend um die hier in Rede stehenden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 19.142,50 € gekürzt und die steuerbefreiten Auslandseinkünfte mit einem Betrag von 374.922,06 € zum Progressionsvorbehalt herangezogen worden. Über den Progressionsvorbehalt komme den Pflichtversicherungsbeiträgen eine progressionsmindernde Wirkung zu.

21 Der Verwaltungsgerichtshof hob die Entscheidung des BFG mit Erkenntnis vom , Ra 2021/15/0005 (im Folgenden: Vorerkenntnis), wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf.

22 Das BFG hat - grundsätzlich zutreffend - für Zwecke der Einkommensbesteuerung nach dem EStG 1988 die Einkünfte der in Deutschland ausgeübten selbstständigen Tätigkeit des Revisionswerbers nach österreichischem Steuerrecht ermittelt und sodann diese Einkünfte in Anwendung des DBA-Deutschland aus dem in Österreich zu versteuernden Einkommen ausgeschieden und nur für Zwecke des Progressionsvorbehaltes berücksichtigt. Bei dieser Ermittlung der Einkünfte hat es die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung als Betriebsausgaben berücksichtigt.

23 Allerdings hat sich das BFG nicht mit der Frage beschäftigt, ob die gegenständlichen in Österreich bezahlten und mit den deutschen Einkünften in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland - nach deutschem Recht - auch steuerlich Berücksichtigung finden. Es stellte lediglich fest, der Revisionswerber habe die im Jahr 2018 bezahlten österreichischen Pflichtversicherungsbeiträge in Deutschland weder in die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung noch in die Einkommensteuererklärung aufgenommen. Feststellungen dahingehend, dass die in Rede stehenden Beiträge im Falle ihrer Geltendmachung in Deutschland zum Abzug zuzulassen gewesen wären, traf es nicht. Solche Feststellungen sind aber erforderlich, zumal der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0077, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH ausgesprochen hat, dass die einkommensteuerliche Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse von in der EU grenzüberschreitend tätigen Personen im Zweifel jenem Staat obliegt, in welchem die Person gebietsansässig ist.

24 Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung gab das BFG der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 teilweise Folge. Es führte - mit ausführlicher Begründung - aus, der Revisionswerber hätte die Möglichkeit gehabt, die im Jahr 2018 bezahlten Beiträge zur Rentenversicherung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Höhe von 12.695,98 € in voller Höhe in Deutschland geltend zu machen (§ 10 Abs. 1 Z 2 lit. a dEStG). Die in Österreich geleisteten Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 5.249,69 € hätten im Jahr 2018 im Ausmaß von 86 % des tatsächlich geleisteten Betrages, dies seien 4.514,73 € in Deutschland als Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 dEStG abgezogen werden können. Die übersteigenden Beitragsleistungen für die Krankenversicherung in Höhe von 734,96 €, die Unfallversicherung in Höhe von 147,43 € und die Selbständigen Vorsorge in Höhe von 1.049,90 € wären hingegen auch im Falle ihrer Geltendmachung nicht abziehbar gewesen.

25 Von den Einkünften des Revisionswerbers aus selbständiger Arbeit in Deutschland seien somit 17.210,71 € in Abzug zu bringen, wodurch sich für Zwecke des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigende deutsche Einkünfte in Höhe von 376.943,85 € ergäben. Die in Deutschland nicht abziehbaren Beitragsleistungen für die Kranken- (734,96 €) und Unfallversicherung (147,43 €) sowie für die Selbständigen Vorsorge (1.049,90 €) in Höhe von insgesamt 1.932,29 € seien hingegen als negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Österreich als dem (Haupt)Wohnsitzstaat des Revisionswerbers zu berücksichtigen.

26 Eine ordentliche Revision erklärte das BFG für nicht zulässig, weil es der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im Vorerkenntnis gefolgt sei.

27 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu der das Finanzamt - über Aufforderung hierzu - eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

28 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

29 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

30 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

31 Im Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision werden folgende Fragen von grundsätzlicher Bedeutung releviert:

„Sind Pflichtversicherungsbeiträge in eine österreichische Pflichtversicherungskasse (nach SVS, ASVG etc) als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 Z 1 EStG oder als Werbungskosten nach § 16 Abs. 1 Z 3 EStG abzugsfähig, soweit sie auf eine (selbständige oder nichtselbständige) Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der EU entfallen?

Sind Pflichtversicherungsbeiträge in eine österreichische Pflichtversicherungskasse nach dem objektiven Nettoprinzip der §§ 4 und 16 EStG in Österreich als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig, soweit für eine Tätigkeit (als selbständiger Radiomoderator) im ausländischen Tätigkeitsstaat eine Versicherungspflicht nicht besteht, die österreichische Pflichtversicherung jedoch auch die Einkünfte aus dieser (selbständigen) Tätigkeit (als freier Radiomoderator [...]) erfasst?

Ist eine Abzugsfähigkeit von Pflichtversicherungsbeiträgen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten in Österreich gegeben, wenn ein Abzug als Sonderausgabe in Deutschland nach § 10 des deutschen EStG ausgeschlossen ist, weil in Österreich eine Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe oder Werbungskosten gesetzlich verankert ist und weil spätere Pensionsleistungen nach Art 18 und 23 DBA - Österreich/Deutschland in Österreich steuerpflichtig und in Deutschland steuerfrei sind?

Wird der Abgabepflichtige im Sinn des Unionsrechts diskriminiert und unsachlich benachteiligt, wenn er auf Grund seiner Tätigkeit in Deutschland im Vergleich zu einer Tätigkeit in Österreich im Abzug von österreichischen Pflichtversicherungsbeiträgen begrenzt wird?“

32 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

33 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt in Bezug auf ausländisches Recht der Grundsatz „iura novit curia“ nicht, sodass dieses in einem - im Rahmen der erhöhten Mitwirkungspflicht (vgl. § 115 Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2017/136) amtswegigen - Ermittlungsverfahren vom Verwaltungsgericht festzustellen ist (vgl. , mwN).

34 Das BFG stellte im fortgesetzten Verfahren - unter Bezugnahme auf den Wortlaut des § 10 deutsches EStG und Kommentarmeinung hierzu - fest, der Revisionswerber hätte die Möglichkeit gehabt, die im Jahr 2018 bezahlten Beiträge zur Rentenversicherung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in voller Höhe und die in Österreich geleisteten Krankenversicherungsbeiträge im Ausmaß von 86 % des tatsächlich geleisteten Betrages in Deutschland als Sonderausgaben geltend zu machen. Lediglich die übersteigenden Beitragsleistungen für die Krankenversicherung, die Unfallversicherung und die Selbständigen Vorsorge wären auch im Falle ihrer Geltendmachung in Deutschland nicht abziehbar gewesen.

35 Dieser Feststellung des BFG ist der Revisionswerber im fortgesetzten Verfahren trotz erhöhter Mitwirkungspflicht nicht wirksam entgegen getreten. Der im Rahmen eines Erörterungstermins erfolgten Aufforderung des BFG, darzulegen, wieso die gegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge in der deutschen Steuererklärung nicht angesetzt worden seien, kam er nicht nach. Nach mehrmaliger Fristverlängerung legte er nur eine in den Verwaltungsakten einliegende Bestätigung des deutschen steuerlichen Vertreters vor, laut welcher in der deutschen Einkommensteuererklärung 2018 „keine ausländischen Vorsorgeaufwendungen erklärt wurden“. Diese Bestätigung umfasst somit insbesondere österreichische Sozialversicherungsbeiträge.

36 Auch das Revisionsvorbringen, „eine Abzugsfähigkeit der österreichischen Pflichtversicherungsbeiträge als Sonderausgaben nach § 10 des deutschen EStG ist ausgeschlossen“, weil die in Österreich bezahlten Pflichtversicherungsbeiträge zur Pensionsversicherung nach § 4 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 in Österreich als Betriebsausgaben abziehbar seien, gibt nicht Anlass, die Feststellungen des BFG in Zweifel zu ziehen.

37 Der Revisionswerber verfügt in Österreich und in Deutschland über einen Wohnsitz. Er ist in Deutschland wie in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig. Die in Rede stehenden, in Österreich entrichteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung sind den Einkünften zuzuordnen, für welche - auch im nunmehrigen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbestritten - nach dem DBA-Deutschland das Besteuerungsrecht Deutschland zukommt. Diese Pflichtbeiträge sind daher aufgrund der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland vorrangig von Deutschland zu berücksichtigen. In Österreich sind sie - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Vorerkenntnis ausgesprochen hat - nur dann zum Abzug zuzulassen, wenn in Deutschland keine steuerliche Berücksichtigung erfolgt.

38 Mit dem Vorbringen die in Österreich bezahlten Pflichtversicherungsbeiträge zur Pensionsversicherung seien in Österreich abziehbar, weil spätere Pensionsleistungen aus der österreichischen Pflichtversicherungskasse als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Österreich steuerpflichtig seien, wird schon deswegen kein relevanter Feststellungsmangel aufgezeigt, weil der Staat, dem das Besteuerungsrecht an allfälligen Pensionszahlungen tatsächlich zukommen wird, im Zeitpunkt der Beitragsleistung noch gar nicht bekannt sein kann (siehe dazu im Übrigen Sutter in FS Zorn, 2022, 576 ff).

39 Das BFG stellte - wie bereits ausgeführt - fest, der Revisionswerber hätte die Möglichkeit gehabt, den überwiegenden Teil der in Rede stehenden Beiträge in Deutschland als Sonderausgaben geltend zu machen. Die in Deutschland abziehbaren Beiträge wurden für Zwecke des Progressionsvorbehaltes und die in Deutschland nicht abziehbaren als negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit berücksichtigt. Die im Zulässigkeitsvorbringen aufgeworfenen Fragen stellen sich bei dieser Sachlage nicht.

40 Die Revision war daher zurückzuweisen.

41 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Normen
BAO §115 Abs1 idF 2017/I/136
VwRallg
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023150048.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAF-46344