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VwGH 23.10.2024, Ra 2023/15/0010

VwGH 23.10.2024, Ra 2023/15/0010

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
NoVAG 1991 §12a Abs1
RS 1
§ 12a NoVAG 1991 nennt die Person des Vergütungsberechtigten nicht explizit. Diese kann jedoch aus den Tatbeständen, die in den drei Teilstrichen des § 12a Abs. 1 NoVAG 1991 festgelegt sind, erschlossen werden. Eine Vergütung der Normverbrauchsabgabe an mehrere Personen für denselben Fahrzeugexport ist ausgeschlossen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2022/15/0036 E RS 1 (hier nur die ersten beiden Sätze)
Norm
NoVAG 1991 §12a Abs1
RS 2
Die Bestimmung des § 12a Abs. 1 NoVAG sieht nicht vor, dass es sich bei dem befugten Fahrzeughändler um einen inländischen Fahrzeughändler handeln muss. Für die Frage, wer die Vergütung beantragen kann, ist vielmehr darauf abzustellen, wem die Lieferung bzw. das Verbringen, die zu einer dauerhaften Verlegung des Standorts des Fahrzeuges ins Ausland geführt haben, zuzurechnen ist (vgl. ).
Normen
RS 3
Auch wenn das NoVAG 1991 weder die Lieferung noch das Verbringen gesondert definiert, knüpft es an mehreren Stellen ausdrücklich an das UStG 1994 an, weshalb davon auszugehen ist, dass die in § 12a NoVAG 1991 genannten Tatbestandsmerkmale der Lieferung und Verbringung im Sinne des UStG 1994 zu verstehen sind. Dafür sprechen auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, die als Beispiele für ein Verbringen solche aufzählen, bei denen ein Gegenstand zur eigenen Verfügung in das übrige Unionsgebiet gelangt.
Normen
RS 4
Auch im Abholfall wird die Lieferung - wie bei der Umsatzsteuer - dem Verkäufer und nicht dem Abholenden zugerechnet. Dies ergibt sich auch daraus, dass in jenen Fällen, bei denen der Erwerber kein befugter Fahrzeughändler, sondern ein anderer Unternehmer oder Privater ist, sonst von niemandem eine Rückvergütung beantragt werden könnte und zwar weder nach dem 1. noch nach dem 2. TS des § 12a NoVAG 1991.
Norm
RS 5
Dass der Vergütungsberechtigte keinen Antrag auf Vergütung gestellt hat, macht § 12a NoVAG nicht unionsrechtswidrig oder verfassungswidrig, weil es dem Erwerber eines Fahrzeuges freisteht, im Kaufvertrag der möglichen NoVA-Rückvergütung Rechnung zu tragen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Österreich, Dienststelle Salzburg-Stadt in 5026 Salzburg, Aignerstraße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/6100355/2022, betreffend Normverbrauchsabgabe 2022 (mitbeteiligte Partei: A S in B, Bundesrepublik Deutschland), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte betreibt in Deutschland einen KfZ Handel. Im Mai 2022 erwarb er von einem Fahrzeughändler in Österreich einen Gebrauchtwagen. Dieses Fahrzeug war am von der Verkehrszulassung in Österreich abgemeldet worden.

2 Der Mitbeteiligte brachte das Fahrzeug nach Deutschland und verkaufte es im Mai 2022 an eine Käuferin mit Wohnsitz in Deutschland. Am wurde das Fahrzeug in Deutschland angemeldet und zum Verkehr zugelassen. Mit Schreiben vom beantragte der Mitbeteiligte die Rückerstattung der Normverbrauchsabgabe (NoVA) für dieses Fahrzeug in Höhe von 1.087,50 €. Die vom Mitbeteiligten beantragte Sperre in der Genehmigungsdatenbank wurde vom Finanzamt am durchgeführt.

3 Das Finanzamt wies den Antrag des Mitbeteiligten auf Rückerstattung der NoVA gemäß § 12a 2. TS Normverbrauchsabgabegesetz (NoVAG 1991) mit der Begründung ab, dass eine Vergütung an den ausländischen Fahrzeughändler nicht vorgesehen sei.

4 Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht Folge gegeben. Es führte aus, es sei unstrittig, dass das gegenständliche Fahrzeug in Österreich von der Zulassung abgemeldet worden, ins Ausland gelangt und dort angemeldet worden sei, dass die Sperre in der Genehmigungsdatenbank erfolgt sei und dass der inländische Verkäufer keine Rückerstattung der NoVA beantragt habe. Die Einführung des § 12a NoVAG 1991 und die sukzessive Ausweitung seines Anwendungsbereiches sei erst durch die Rechtsprechung des EuGH und des Verfassungsgerichtshofes erzwungen worden. § 12a NoVAG 1991 solle eine Vergütung der im Restwert von exportierten Gebrauchtfahrzeugen enthaltenen NoVA-Komponente erlauben.

5 Im Revisionsfall sei unstrittig, dass ein von 2018 bis 2021 im Inland zum Verkehr zugelassenes und mit NoVA belastetes KFZ vom Mitbeteiligten, der ein befugter Fahrzeughändler in Deutschland sei, gekauft und dauerhaft nach Deutschland verbracht worden sei. Sein Verkäufer, ein inländischer Fahrzeughändler, habe keine Rückerstattung von NoVA beantragt. In Fällen, in denen der Verkäufer eines Gebrauchtfahrzeuges aus welchen Gründen immer keine NoVA-Rückvergütung beantrage, obwohl das Fahrzeug nachweislich ins Ausland gelange, sondern die anteilige NoVA-Belastung an den Käufer weiterverrechne, führe die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht, dass der ausländische Fahrzeughändler eine Rückvergütung nicht beantragen könne, dazu, dass das Fahrzeug mit der Abgabe belastet bleibe, obwohl es nicht mehr im Inland verwendet werde. Aus dem Gesetzestext des § 12a Abs. 1 2. Satz NoVAG 1991 sei diese Rechtsansicht nicht ableitbar, weil das Gesetz lediglich von einem „befugten Fahrzeughändler“ spreche. Das Vorliegen eines „inländischen“ befugten Fahrzeughändlers sei kein Tatbestandsmerkmal. Der Ausschluss der Vergütung wäre unionsrechtwidrig und verfassungswidrig.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, die Vergütungsbestimmung des § 12a NoVAG 1991 sehe vor, dass Fahrzeuge die nachweislich ins Ausland gelangen und im Inland nicht mehr genutzt würden, von der im Restwert enthalten NoVA zu befreien und insofern eine Neutralität des Exports zu erreichen sei, wodurch der Rechtsprechung des EuGH und VfGH entsprochen werde. Der dadurch bedingte niedrige Verkaufspreis werde dann durch die Vergütung der NoVA ausgeglichen und insofern eine steuerliche Gleichstellung mit Inlandsverkäufen herbeigeführt. Das Bundesfinanzgericht verkenne, dass es im Revisionsfall zu keiner unionsrechtswidrigen Ungleichbehandlung komme, weil der inländische Fahrzeughändler nach wie vor (aufgrund der bestehenden zeitlichen Komponente von 5 Jahren für die Antragsstellung) die Möglichkeit habe, die Vergütung zu beantragen.

7 Zu der Frage, ob ein ausländischer Fahrzeughändler als ein befugter Fahrzeughändler iSd § 12a 2. TS NoVAG 1991 anzusehen sei und ihm damit in weiterer Folge eine Vergütungsberechtigung zukomme, gebe es gegenwärtig noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung. Eine Vergütung an den ausländischen Fahrzeughändler bei Erwerb eines Kraftfahrzeuges in Österreich sei schon nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 12a NoVAG 1991 ausgeschlossen, weil dieser weder eine Lieferung oder ein Verbringen ausführe. Der ausländische Fahrzeughändler sei allenfalls für die Beförderung oder Versendung des Kraftfahrzeuges zuständig. Dies müsse jedoch getrennt von einer Lieferung oder einem Verbringen beurteilt werden.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens, in dem keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde, erwogen:

9 Die Revision ist zulässig und begründet.

10 § 12a NoVAG 1991 in der für den Revisionsfall geltenden Fassung lautet:

„§ 12a (1) Wird ein Fahrzeug

- durch den Zulassungsbesitzer selbst nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert

- durch einen befugten Fahrzeughändler nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert

- nach Beendigung der gewerblichen Vermietung im Inland durch den Vermieter nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert,

dann wird auf Antrag die Abgabe vom nachweisbaren gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland vergütet, wenn die Fahrgestellnummer (die Fahrzeugidentifizierungsnummer) bekanntgegeben wird und wenn das Fahrzeug im Zeitpunkt des Antrages in der Genehmigungsdatenbank gemäß § 30a KFG1967 gesperrt und nicht im Inland zum Verkehr zugelassen ist. Die Höhe der Vergütung ist mit dem Betrag der tatsächlich für das Fahrzeug entrichteten Normverbrauchsabgabe begrenzt.

(2) Der Antrag kann binnen fünf Jahren ab der Verwirklichung des Vergütungstatbestandes in jenen Fällen, in denen der Antragsteller ein Unternehmen im Sinne des § 2 UStG 1994 ist, bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer des Antragstellers zuständigen Finanzamt gestellt werden, in allen anderen Fällen beim Finanzamt Österreich.“

11 Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur UFSG - Novelle 2006 (BlgNR 1567, 22. GP 9), mit dem der Vergütungstatbestand der Lieferung bzw. des Verbringens durch einen befugten Fahrzeughändler in § 12a Abs. 1 NoVAG 1991 eingeführt wurde, lauteten:

„Auf Grund des Erkenntnisses des Zl G 99/05, ist eine Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten für eine Vergütung der Normverbrauchsabgabe im Falle der Verbringung bzw der Lieferung eines Gebrauchtfahrzeuges ins Ausland notwendig. Nunmehr ist auch das Verbringen eines Privatfahrzeuges ins Ausland als Übersiedlungsgut, bzw. das Verbringen eines betrieblichen Fahrzeuges in eine ausländische Betriebsstätte desselben Steuerpflichtigen als Tatbestand gemäß § 12a anzusehen und führt daher zu einem Vergütungsanspruch. Als weiterer Tatbestand wird die Lieferung durch einen Fahrzeughändler ins Ausland bzw. ins übrige Gemeinschaftsgebiet angesehen. Auch in diesem Fall besteht der Anspruch auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe vom gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung im Inland. Nicht unter die Begünstigung fällt die Lieferung eines privaten PKW ins Ausland. Der Verfassungsgerichtshof hat dem Gesetzgeber bis zum Zeit gegeben, eine verfassungskonforme Regelung in Kraft zu setzen.“

12 § 12a Abs. 1 NoVAG nennt die Person des Vergütungsberechtigten nicht explizit; diese kann jedoch aus den Tatbeständen, die in den drei Teilstrichen festgelegt sind, erschlossen werden. Die Bestimmung sieht nicht vor, dass es sich bei dem befugten Fahrzeughändler um einen inländischen Fahrzeughändler handeln muss. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Frage, wer die Vergütung beantragen kann, vielmehr darauf abzustellen, wem die Lieferung bzw. das Verbringen, die zu einer dauerhaften Verlegung des Standorts des Fahrzeuges ins Ausland geführt haben, zuzurechnen ist (vgl. ).

13 Gemäß § 3 Abs. 1 UStG 1994 liegt eine Lieferung vor, wenn ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Gemäß Art. 3 Abs. 1 UStG 1994 gilt als Lieferung gegen Entgelt das Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung. Der Unternehmer gilt als Lieferer.

14 Auch wenn das NoVAG 1991 weder die Lieferung noch das Verbringen gesondert definiert, knüpft es an mehreren Stellen ausdrücklich an das UStG 1994 an, weshalb davon auszugehen ist, dass die in § 12a NoVAG 1991 genannten Tatbestandsmerkmale der Lieferung und Verbringung im Sinne des UStG 1994 zu verstehen sind. Dafür sprechen auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, die als Beispiele für ein Verbringen solche aufzählen, bei denen ein Gegenstand zur eigenen Verfügung in das übrige Unionsgebiet gelangt.

15 Im Revisionsfall liegt kein Verbringen des Kraftfahrzeuges in diesem Sinne vor, sondern eine Lieferung vom inländischen Fahrzeughändler an die mitbeteiligte Partei. Der Umstand, dass das Fahrzeug offenbar vom Mitbeteiligten abgeholt und nach Deutschland gebracht wurde, ändert nichts daran, dass Lieferer im Revisionsfall der inländische Fahrzeughändler war.

16 Dass auch im Abholfall die Lieferung - wie bei der Umsatzsteuer - dem Verkäufer und nicht dem Abholenden zugerechnet wird, ergibt sich auch daraus, dass in jenen Fällen, bei denen der Erwerber kein befugter Fahrzeughändler, sondern ein anderer Unternehmer oder Privater ist, sonst von niemandem eine Rückvergütung beantragt werden könnte und zwar weder nach dem 1. noch nach dem 2. TS des § 12a NoVAG 1991.

17 Vergütungsberechtigter ist somit im Revisionsfall der Verkäufer des Fahrzeuges und nicht der Mitbeteiligte. Dass der Vergütungsberechtigte keinen Antrag auf Vergütung gestellt hat, macht § 12a NoVAG nicht unionsrechtswidrig oder verfassungswidrig, weil es dem Erwerber eines Fahrzeuges freisteht, im Kaufvertrag der möglichen NoVA-Rückvergütung Rechnung zu tragen.

18 Das Bundesfinanzgericht hat somit sein Erkenntnis mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am

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Normen
NoVAG 1991 §12a
NoVAG 1991 §12a Abs1
UStG 1994 Art3 Abs1
UStG 1994 §3 Abs1
VwRallg
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023150010.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-46328