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VwGH 25.01.2024, Ra 2023/13/0169

VwGH 25.01.2024, Ra 2023/13/0169

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litc
ALSAG 1989 §4 Z3
RS 1
Im Falle des Verfüllens von Geländeunebenheiten oder des Vornehmens von Geländeanpassungen (§ 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG 1989) kommt es für die Frage der Beitragsschuldnerschaft darauf an, wer die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst hat bzw. subsidiär, wer die beitragspflichtige Tätigkeit duldet. Demnach ist entscheidend, in wessen Verantwortung diese Tätigkeit mit dem konkreten Material vorgenommen wurde (vgl. ).
Normen
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litc
ALSAG 1989 §3 Abs1a Z6
BauO NÖ 1996 §4 Z3
RS 2
Die Herstellung einer standfesten Fläche, die mit Asphalt bedeckt wird, erfordert ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse. Es handelt sich dabei um ein Bauwerk iSd § 4 Z 3 NÖ BauO 1996, dessen Errichtung eine Baubewilligung erfordert (vgl. ; vgl. weiters - zur NÖ BauO 2014 - ) Eine Baubewilligung lag zum Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten zur Herstellung dieser standfesten Fläche, insbesondere zum Zeitpunkt der Verfüllungsarbeiten nicht vor, sodass der Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG 1989 (arg "zulässigerweise"; vgl. dazu ) nicht vorlag.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der B GmbH in B, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7200056/2021, betreffend Altlastenbeitrag und Säumniszuschlag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Österreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom setzte das Zollamt für das Ablagern von Abfällen auf einem näher bezeichneten Grundstück den Altlastenbeitrag für das dritte Quartal 2013 (samt Säumniszuschlag) fest.

2 Die revisionswerbende Partei erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Sie machte geltend, sie habe der M GmbH den Auftrag erteilt, Recyclingmaterial zu liefern, einzubauen und zu verdichten sowie den Aushub und die Baurestmassen auf eine Deponie zu führen. Die Revisionswerberin gehe davon aus, dass das Material von der M GmbH entsprechend den gesetzlichen Anforderungen hergestellt und eingebaut worden sei. Ein Gutachten des Sachverständigen DI P belege, dass das Recyclingmaterial gemäß der „Richtlinie für Baustoffe und Maßgabe eines Qualitätssicherungssystems“ hergestellt worden sei. Das Zollamt habe bis jetzt nicht auf gleichwertiger fachlicher Ebene mit Befund und Gutachten feststellen können, dass das eingebaute Material nicht den geforderten Qualitätsansprüchen entspreche. Es sei auch bereits Verjährung eingetreten. Falls eine Beitragspflicht bestehe, treffe diese die M GmbH, nicht die Revisionswerberin. Die M GmbH habe die Verfüllung in Eigenverantwortung durchgeführt.

3 Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Zollamt die Beschwerde als unbegründet ab.

4 Die Revisionswerberin beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht aus, über Auftrag der Revisionswerberin habe ein Erdbauunternehmen auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück im Zeitraum zwischen 11. und die Lieferung, den Einbau und das Verdichten von Baurestmassen vorgenommen. Dieses Material habe als Unterbau für die Errichtung einer LKW-Servicehalle samt Eigenbedarfstankstelle und einer befestigten Freifläche dienen sollen. Am habe eine Begutachtung dieser Anschüttung durch den zuständigen Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz stattgefunden. In dessen Stellungnahme sei u.a. ausgeführt worden, es sei auf einer Fläche von ca. 2.600 m² die Humusschichte abgeschoben und ein Materialgemisch aus Ziegel-Betonbruch und natürlichen Gesteinen in einer Schichtstärke von ca. 0,5 m angeschüttet worden. Dieses Materialgemisch habe einen auffallend hohen Störstoffanteil (Plastik, Bewehrungseisen usw.) aufgewiesen. Über dieser Anschüttung sei großflächig eine Schichte (ca. 15 cm) Asphaltgranulat aufgebracht worden, wobei der nordwestliche Teilbereich des Grundstücks zum Zeitpunkt der Begehung noch nicht zur Gänze fertiggestellt gewesen sei. Das Anschüttungsausmaß lasse sich mit ca. 1.300 m³ Materialgemisch aus Ziegel-Betonbruch und natürlichen Gesteinen und mit ca. 300 m³ Asphaltgranulat abschätzen. Die Anschüttung sei aus fachlicher Sicht als unzulässige Abfallbeseitigung anzusprechen.

7 Mit einem an die Geschäftsführerin der Revisionswerberin gerichteten und in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom Februar 2014 habe die Bezirkshauptmannschaft einen Behandlungsauftrag gemäß § 73 AWG 2002 erteilt. Demnach sei das aufgebrachte Material umgehend zu entfernen und nachweislich von einem hierzu Befugten zu entsorgen. Die Baurestmassen und das Asphaltgranulat seien im April 2014 entfernt worden.

8 Nach Zitierung eines Berichts der technischen Gewässeraufsicht vom Dezember 2013 und des Gutachtens des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz, das sich insbesondere auch mit einem von der Revisionswerberin vorgelegten Prüfbericht vom Mai 2013 befasst, führte das Bundesfinanzgericht aus, der Prüfbericht werde als nicht einschlägig erachtet, zumal darin ein Betonrecyclingmaterial beschrieben werde; beim hier zu beurteilenden Material handle es sich hingegen um ein Materialgemisch mit einem hohen Ziegelanteil. Der Amtssachverständige habe sein Gutachten nach einer gründlichen Untersuchung des abgelagerten Materials vor Ort abgegeben. Dem von der Revisionswerberin vorgelegten Prüfbericht fehle hingegen jeder zeitliche oder örtliche Bezug zu den streitgegenständlichen Ablagerungen, zumal darin ein in einer Grube der M GmbH im März 2013 vorgefundenes Material beschrieben werde. Nachweise dafür, dass genau dieses Recyclingmaterial in die Liegenschaft der Revisionswerberin eingearbeitet worden sei, habe die Revisionswerberin nicht vorgelegt. Einwänden der Revisionswerberin gegen die Ausführungen des Amtssachverständigen komme keine Berechtigung zu. Zum Zeitpunkt der Begehung der Liegenschaft im Rahmen der Begutachtung durch den Amtssachverständigen habe dieser feststellen können, dass der nordwestliche Teilbereich des Grundstücks noch nicht zur Gänze fertiggestellt gewesen sei. Dadurch sei nicht nur die bereits planierte Oberfläche sichtbar gewesen, es habe vielmehr in einem weiten Bereich das aufgeschüttete Material von der Unterkante bis zur Oberkante begutachtet werden können. Auf Grund dieser besonderen Umstände erachte das Bundesfinanzgericht das Gutachten des Amtssachverständigen trotz der von der Revisionswerberin bemängelten Unterlassung der Vornahme von Schürfen als aussagekräftig. Aus den vorliegenden Beweismitteln sei demnach auf die Abfalleigenschaft der Anschüttung zu schließen. Der von der Revisionswerberin vorgelegte Prüfbericht sei für die Beurteilung hingegen nicht geeignet, weil nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststehe, dass es sich bei dem im Prüfbericht beschriebenen Material um jenes handle, das für die in Rede stehende Verfüllung zum Einsatz gelangt sei. Im Streitfall sei daher der objektive Abfallbegriff erfüllt.

9 Die Verjährungsfrist für den im dritten Quartal 2013 entstandenen Altlastenbeitrag habe mit Ablauf des Jahres 2013 zu laufen begonnen. Am , also innerhalb der fünfjährigen Festsetzungsverjährungsfrist, sei ein Vorhalt an die Revisionswerberin ergangen. Dieser Vorhalt beziehe sich zweifellos auf die verfahrensgegenständlichen Ablagerungen im dritten Quartal 2013. Dieser Vorhalt sei eine nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung der Abgabenschuld, der eine Verlängerung der Festsetzungsverjährung bis nach sich gezogen habe. Das Zollamt habe den Abgabenbescheid () innerhalb der Verjährungsfrist erlassen.

10 Der von der Revisionswerberin geltend gemachte Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG sei nicht erfüllt. Das Material sei wegen seiner mangelhaften Qualität für den intendierten Zweck (Herstellung eines Unterbaus für die geplanten Baumaßnahmen) nicht geeignet gewesen. Dazu komme, dass die Revisionswerberin erst im Dezember 2013, somit lange nach der Verfüllung, um die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung angesucht habe, sodass auch insoweit keine zulässige Tätigkeit iSd ALSAG vorliege.

11 Die Revisionswerberin habe die M GmbH mit der Vornahme der Anschüttungen beauftragt. Diese Leistungen seien der Revisionswerberin von der M GmbH im September 2013 in Rechnung gestellt worden. Es könne daher nicht von einem eigenverantwortlichen Handeln der M GmbH die Rede sein. Die beitragspflichtige Tätigkeit sei somit von der Revisionswerberin veranlasst worden.

12 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst geltend gemacht, das Bundesfinanzgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die gesetzlich festgelegte Reihenfolge des § 4 ALSAG nicht befolgt. Die M GmbH habe die Verfüllung in eigener Verantwortung vorgenommen, wobei es der Revisionswerberin im Gegenzug dazu an der notwendigen Bestimmungsmöglichkeit mangle. Die M GmbH sei gemäß § 4 Z 1 ALSAG Beitragsschuldnerin. Das Bundesfinanzgericht habe entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Revisionswerberin als Beitragsschuldnerin beurteilt. Zu beachten sei dabei auch, dass die M GmbH einen kostenlosen Austausch des Materials vorgenommen habe. Im vorliegenden Fall habe nicht die Revisionswerberin, sondern die M GmbH über das Material bestimmt.

17 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass es im Falle des Verfüllens von Geländeunebenheiten oder des Vornehmens von Geländeanpassungen (§ 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG) nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Frage der Beitragsschuldnerschaft darauf ankommt, wer die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasst hat bzw. subsidiär, wer die beitragspflichtige Tätigkeit duldet. Demnach ist entscheidend, in wessen Verantwortung diese Tätigkeit mit dem konkreten Material vorgenommen wurde (vgl. ).

18 Nach den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts erfolgte das Verfüllen über Auftrag der Revisionswerberin durch die M GmbH. Damit war es aber die Revisionswerberin, die bestimmte, welche Materialien wo verfüllt wurden. Die Revisionswerberin ist sohin jene Person, die die beitragspflichtige Tätigkeit veranlasste. Dass der Revisionswerberin allenfalls nicht bekannt war, dass die Materialien nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG entsprächen, führt nach der hier noch anwendbaren Rechtslage (vor Einfügung des § 4 Abs. 2 ALSAG mit dem Verwaltungsreformgesetz BMLFUW, BGBl. I Nr. 58/2017, vgl. Art. VII Abs. 24 ALSAG) nicht zu einer Änderung des Beitragsschuldners.

19 Die Revisionswerberin verweist zwar auf die Reihenfolge der Beitragsschuldner nach § 4 ALSAG, behauptet aber nicht, dass die Tätigkeiten in einer Anlage vorgenommen worden seien, deren Inhaberin nicht die Revisionswerberin sei (Z 1); eine Beförderung von Abfällen zu einer Tätigkeit außerhalb des Bundesgebietes liegt nicht vor, sodass § 4 Z 2 ALSAG nicht anwendbar ist. Dieses Vorbringen ist daher von vornherein nicht geeignet, die Eigenschaft der Revisionswerberin als Beitragsschuldnerin iSd Z 3 zu verneinen.

20 Die Revisionswerberin macht weiters geltend, das Bundesfinanzgericht habe die Pflicht zur sachgerechten Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen verletzt.

21 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass sich das Bundesfinanzgericht eingehend mit den Einwänden der Revisionswerberin zum Gutachten des Amtssachverständigen auseinandergesetzt hat. Es hat sich auch ausführlich mit dem von der Revisionswerberin vorgelegten Prüfbericht befasst und ist zum Ergebnis gelangt, es stehe nicht fest, dass es sich bei dem im Prüfbericht beschriebenen Material um jenes handle, das verwendet worden sei. Eine Mangelhaftigkeit dieser Darlegungen des Bundesfinanzgerichts kann die Revision nicht aufzeigen.

22 Schließlich wird geltend gemacht, die Revisionswerberin habe vorgebracht, dass es sich um bauliche Vorbereitungen handle, welche nicht genehmigungspflichtig und anzeigefrei seien. Das Bundesfinanzgericht habe dieses Vorbringen nicht beachtet. Es lägen keine genehmigungspflichtigen Arbeiten vor.

23 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die Herstellung einer standfesten Fläche, die mit Asphalt bedeckt wird, ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erfordert. Es handelt sich dabei um ein Bauwerk iSd § 4 Z 3 NÖ Bauordnung 1996, dessen Errichtung eine Baubewilligung erfordert (vgl. ; vgl. weiters - zur NÖ Bauordnung 2014 - ). Eine hier - anders als nach dem zu , zu beurteilenden Sachverhalt - erforderliche Baubewilligung lag zum Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten zur Herstellung dieser standfesten Fläche, insbesondere zum Zeitpunkt der Verfüllungsarbeiten nicht vor, sodass der Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG schon aus diesem Grunde (arg „zulässigerweise“; vgl. dazu ) nicht vorlag.

24 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litc
ALSAG 1989 §3 Abs1a Z6
ALSAG 1989 §4 Z3
BauO NÖ 1996 §4 Z3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023130169.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-46315