VwGH 03.09.2024, Ra 2023/13/0164
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Der Begriff der "selbständigen Tätigkeit" iSd Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Ermittlung des Einkommens von Sportlern, BGBl. II Nr. 418/2000, deckt sich nicht mit jenem der "selbständigen Arbeit" iSd § 2 Abs. 3 Z 2 iVm § 22 EStG 1988, zumal die Tätigkeit von Sportlern (als solche) zu keinen Einkünften aus selbständiger Arbeit iSd § 22 EStG 1988 führt und dem Verordnungsgeber nicht zusinnbar ist, eine nicht anwendbare Regelung geschaffen zu haben. Eine selbständige Tätigkeit (iSd Verordnung) ist daher abzugrenzen von einer nichtselbständigen Arbeit nach § 2 Abs. 3 Z 4 iVm § 25 EStG 1988. |
Normen | Einkommensermittlung Sportler 2000 §1 EStG 1988 §47 Abs2 |
RS 2 | Alleine aus einer Vereinszugehörigkeit eines Sportlers kann nicht abgeleitet werden, dass betreffend den Verein eine persönliche Weisungsgebundenheit oder eine organisatorische Eingliederung vorliegt. Auch aus der Verpflichtung eines Sportlers zur Teilnahme an Turnieren und Wettkämpfen kann nicht abgeleitet werden, dass diese Teilnahme unter Bedingungen erfolgt, die den Kriterien einer nichtselbständigen Arbeit entspricht. Dass der Sportler selbst trainieren und selbst an den Wettkämpfen und Turnieren teilnehmen muss, insoweit also kein Vertretungsrecht besteht, ist gerade für Spitzensportler kein prägendes Unterscheidungskriterium (vgl. - insoweit zu künstlerischen Leistungen - : ihrer Natur nach grundsätzlich unvertretbar). Gleiches gilt für die Vorschreibung von Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitskleidung (Dressen) betreffend die verpflichtende Teilnahme an Wettkämpfen und Turnieren. Sachliche Bindungen betreffend eine bestimmte Zeit, einen bestimmten Ort und eine vorgeschriebene Kleidung, die über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten nicht hinausgehen, schließen die Selbständigkeit einer Tätigkeit (für sich) nicht aus (vgl. - zu einem Fußballschiedsrichter - ; vgl. auch - zur Tätigkeit reproduzierender Künstler - : "schon ihrer Natur nach an eine bestimmte Zeit und an einen bestimmten Ort gebunden"). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma, den Hofrat MMag. Maislinger, die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lukacic-Marinkovic, über die Revision des S in W, vertreten durch die Althuber Spornberger & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Doblhoffgasse 9/Top 14, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7102275/2015, betreffend Einkommensteuer 2004 bis 2010, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist österreichischer Staatsbürger mit inländischem Wohnsitz. Im Streitzeitraum war er Spitzensportler (Profi-Tischtennisspieler).
2 Im März 2014 erstattete er eine Selbstanzeige betreffend Einkommensteuer (u.a.) für die Jahre 2004 bis 2010. Er machte geltend, er habe zusätzlich zu den erklärten Einkünften weitere Einkünfte als Sportler in bar erhalten. Die Einkünfte von Sportvereinen seien nach Ansicht des Revisionswerbers als unselbständige Einkünfte zu werten, da er Mitglied der Kampfmannschaft gewesen sei, fixe Trainings- und Turnierzeiten im In- und Ausland einzuhalten gehabt habe und Tischtennis als Mannschaftssport auch nach Ansicht der Sozialversicherungsanstalt zu unselbständigen Einkünften führe. Hilfsweise werde beantragt, die zusätzlichen Einkünfte gemäß der „Sportler-Verordnung“, BGBl. II Nr. 418/2000, zu besteuern.
3 Mit Bescheiden vom wurde die Einkommensteuer für die Jahre 2004 bis 2010 festgesetzt. Neben unstrittigen Einkünften aus Gewerbebetrieb wurden jeweils auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ohne inländischen Steuerabzug berücksichtigt. In den (gesonderten) Begründungen wurde jeweils ausgeführt, die von einem Verein (laut Selbstanzeige) erzielten Einnahmen seien als Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit zu qualifizieren. Die Merkmale eines echten Dienstverhältnisses (Weisungsrecht des Vereins hinsichtlich Spiel- und Trainingszeit, Spiel- und Trainingsort, Spiel- und Trainingsanweisungen, Kontrollunterworfenheit, Erbringung der persönlichen Arbeitsleistungen) seien gegeben. Der bisher zu Unrecht unterbliebene Lohnsteuerabzug werde im Zuge des Veranlagungsverfahrens nachgeholt.
4 Der Revisionswerber erhob gegen diese Bescheide Beschwerde. Er machte nunmehr geltend, die strittigen Einkünfte seien als selbständige Einkünfte zu beurteilen. Es liege ein freies Dienstverhältnis vor. Er habe trotz der Eigenschaft als offizielles Mannschaftsmitglied stets auf ihn abgestimmte persönliche und durch sein eigenes Betreuerteam gestaltete Trainingseinheiten absolviert. Er habe in keiner Weise die Vorgaben hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsablauf des Vereins erfüllen müssen.
5 Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Nach dem Gesamtbild der Tätigkeit überwögen eindeutig die Merkmale, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprächen: Schulden der Arbeitskraft (persönliche Verpflichtung zur Arbeitsleistung), Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers, Weisungsgebundenheit und Fehlen des Unternehmerrisikos.
6 Der Revisionswerber beantragte, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine ordentliche Revision nicht zulässig sei.
8 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe die im Verfahren strittigen Einnahmen (in jeweils gleicher Höhe pro Jahr) von einem Verein erhalten, damit er an Wettkämpfen teilnehme und als Werbeträger für den Verein auftrete. In den Streitjahren habe der Revisionswerber weiters aus Sponsorenverträgen Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt.
9 Der Revisionswerber sei Einzeltischtennisspieler und spiele mit anderen Einzeltischtennisspielern in einer Mannschaft für einen Verein, der ihm dafür die im Verfahren strittigen Einnahmen gezahlt habe. Ohne Vereinszugehörigkeit könne der Revisionswerber diesen Sport nicht ausüben.
10 Der Revisionswerber habe im Streitzeitraum an Wettkämpfen und Turnieren im In- und Ausland teilgenommen (und zwar an mehr ausländischen als an inländischen).
11 In der Selbstanzeige und niederschriftlich habe der Revisionswerber angegeben, er müsse fixe Trainings- und Turnierzeiten im In- und Ausland einhalten, er müsse täglich 6 Stunden in der Halle anwesend sein, davon müsse er 4 Stunden trainieren oder an Wettkämpfen teilnehmen. In der Verhandlung habe der Revisionswerber angegeben, dass er zwar an Vereinswettkämpfen teilnehmen müsse, jedoch - aufgrund seiner Erfolge - keine fixen Trainingszeiten einhalten müsse und sein Training gestalten könne, wie er wolle.
12 Der Revisionswerber habe ein eigenes Betreuungsteam, das aus einem Trainer für das laufende Training, einem Fitnesstrainer, Coaches, Mentaltrainern und einem eigenen Manger bestehe. Der Revisionswerber sei nicht derjenige gewesen, der die Trainer für das laufende Training, den Fitnesstrainer, die Coaches und die Mentaltrainer entlohnt habe. Der eigene Manager sei für den Privatbereich des Revisionswerbers zuständig gewesen und sei vom Revisionswerber entlohnt worden.
13 Die wichtigsten Arbeitsmittel seien Tischtennisschläger und Schuhe; diese seien dem Revisionswerber von einem Sponsor zur Verfügung gestellt worden.
14 Der Revisionswerber habe Dressen des Vereins und Dressen des Nationalteams tragen müssen, weshalb die Dressen Arbeitskleidung des Revisionswerbers seien. Auf allen Dressen befänden sich Werbeaufdrucke der Vereinssponsoren sowie Werbeaufdrucke der Sponsoren des Revisionswerbers.
15 Der Revisionswerber könne die Sportart ohne Vereinszugehörigkeit nicht ausüben, weshalb er die zu beurteilenden Einnahmen ohne Vereinszugehörigkeit nicht erzielen könne. Er sei schon aus diesem Grund persönlich und wirtschaftlich in einem Ausmaß vom Verein abhängig, was bereits ein freies Dienstverhältnis und eine selbständige Tätigkeit ausschließe. Der Revisionswerber habe die Einnahmen erhalten, damit er für den Verein an Wettkämpfen und Turnieren teilnehme. Er habe daher dem Verein seine Arbeitskraft als Wettkampf- und Turnierteilnehmer geschuldet.
16 Der Revisionswerber müsse selbst trainieren und er müsse selbst an den Wettkämpfen und Turnieren teilnehmen. Dass er sich beim Training, den Wettkämpfen und den Turnieren nicht vertreten lassen könne, spreche gegen eine selbständig ausgeübte Tätigkeit.
17 Auch Spitzensportler (wie der Revisionswerber) müssten trainieren, um ihr Leistungsniveau aufrecht zu erhalten. Tischtennis sei ein Sport, bei dem mindestens zwei Spieler gegeneinander anträten, was auch trainiert werden müsse und nur trainiert werden könne, wenn zumindest zwei Spieler gleichzeitig anwesend seien. Unglaubwürdig sei daher, dass der Revisionswerber fixe Trainingszeiten nicht habe einhalten müssen.
18 Im Vertrag würden die Wettkämpfe und Turniere aufgezählt, an denen der Revisionswerber teilnehmen und Tischtennis spielen müsse. Damit werde ihm der Arbeitsort, die Arbeitszeit und die zu erbringende Leistung vorgeschrieben. Der Revisionswerber sei daher an regelmäßige Pflichten gebunden, die ihm vom Verein vorgeschrieben würden, was gegen eine selbständig ausgeübte Tätigkeit spreche.
19 Der Revisionswerber müsse die Dressen des Vereins und des Nationalteams tragen. Auch dies spreche gegen eine selbständig ausgeübte Tätigkeit. Dass der Revisionswerber Tischtennisschläger und Schuhe nicht vom Verein erhalte, spreche hingegen für eine selbständige Tätigkeit.
20 Der vom Revisionswerber entlohnte Manager sei ausschließlich für dessen Privatbereich zuständig; das „eigene“ Betreuerteam des Revisionswerbers bestehe aus mehreren Personen, die nicht vom Revisionswerber entlohnt würden. Auch diese Umstände sprächen gegen eine selbständig ausgeübte Tätigkeit.
21 Alle Ausgaben, die beim Training, bei den Wettkämpfen und den Turnieren anfielen, würden nicht vom Revisionswerber getätigt. Er trage daher kein Unternehmerrisiko. Dies spreche gegen eine selbständig ausgeübte Tätigkeit.
22 Insgesamt sei festzustellen, dass der Revisionswerber seine sportliche Tätigkeit zumindest überwiegend nicht selbständig im Sinne der „Sportler-Verordnung“ ausübe. Damit sei aber eine der Voraussetzungen der „Sportler-Verordnung“ nicht erfüllt, deren Bestimmungen seien daher nicht anzuwenden.
23 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision. Zur Zulässigkeit wird im Wesentlichen geltend gemacht, der Sachverhalt sei zu einem zentralen Punkt (Verpflichtung des Revisionswerbers gegenüber dem Verein betreffend regelmäßige Teilnahme am Training) - wie näher dargestellt wird - mit groben und relevanten Verfahrensmängeln behaftet.
24 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat sich die belangte Behörde am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.
25 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
26 Die Revision ist zulässig und begründet.
27 Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Ermittlung des Einkommens von Sportlern, BGBl. II Nr. 418/2000, hat auf Antrag die Ermittlung des in Österreich steuerpflichtigen Anteils der Einkünfte von selbständig tätigen Sportlern pauschal zu erfolgen. Die pauschale Ermittlung ist nur zulässig, wenn der Sportler in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist und im Kalenderjahr überwiegend im Rahmen von Sportveranstaltungen (Wettkämpfen, Turnieren) im Ausland auftritt. Die pauschale Ermittlung hat die Einkünfte aus der Tätigkeit als Sportler einschließlich der Werbetätigkeit zu umfassen.
28 Strittig ist im Verfahren, ob der Revisionswerber im Streitzeitraum im Sinne dieser Verordnung „selbständig tätig“ war. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Rechtsansicht, dass sich der Begriff der „selbständigen Tätigkeit“ nicht mit jenem der „selbständigen Arbeit“ iSd § 2 Abs. 3 Z 2 iVm § 22 EStG 1988 deckt (vgl. z.B. Toifl in Doralt et al, EStG20, § 2 Tz 5/5; vgl. auch Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 99 Tz 2), zumal die Tätigkeit von Sportlern (als solche) zu keinen Einkünften aus selbständiger Arbeit iSd § 22 EStG 1988 führt und dem Verordnungsgeber nicht zusinnbar ist, eine nicht anwendbare Regelung geschaffen zu haben. Eine selbständige Tätigkeit (iSd Verordnung) ist daher abzugrenzen von einer nichtselbständigen Arbeit nach § 2 Abs. 3 Z 4 iVm § 25 EStG 1988.
29 Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 - soweit hier von Bedeutung - liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
30 Dieser Definition sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die (nicht bloß sachliche, sondern persönliche) Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Nur in Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien, wie etwa das Fehlen des Unternehmerrisikos und die Befugnis, sich vertreten zu lassen, Bedacht zu nehmen (vgl. z.B. , mwN).
31 Die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit ist durch eine weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Hievon muss die sachliche und technische Weisungsbefugnis unterschieden werden, die etwa im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübt wird und sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Leistung bezieht (vgl. , mwN).
32 Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (vgl. neuerlich , mwN).
33 Ob bzw. in welcher Ausprägung und Intensität im konkreten Fall die einzelnen Kriterien vorliegen, ist eine Sachverhaltsfrage (vgl. z.B. , mwN). Es ist dabei das Gesamtbild der Tätigkeit darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen (vgl. , mwN).
34 Das Bundesfinanzgericht führt dazu zunächst aus, der Revisionswerber könne seine Sportart ohne Vereinszugehörigkeit nicht ausüben; schon aus diesem Grund sei er persönlich und wirtschaftlich in einem Ausmaß vom Verein abhängig, was eine selbständige Tätigkeit ausschließe. Dem ist entgegenzuhalten, dass alleine aus einer Vereinszugehörigkeit nicht abgeleitet werden kann, dass betreffend den Verein eine persönliche Weisungsgebundenheit oder eine organisatorische Eingliederung vorliegt.
35 Sodann verweist das Bundesfinanzgericht auf die Verpflichtung des Revisionswerbers zur Teilnahme an Turnieren und Wettkämpfen. Auch daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass diese Teilnahme unter Bedingungen erfolgt, die den Kriterien einer nichtselbständigen Arbeit entspricht. Dass der Revisionswerber selbst trainieren und selbst an den Wettkämpfen und Turnieren teilnehmen muss, insoweit also kein Vertretungsrecht besteht, ist gerade für Spitzensportler wie den Revisionswerber kein prägendes Unterscheidungskriterium (vgl. - insoweit zu künstlerischen Leistungen - : ihrer Natur nach grundsätzlich unvertretbar). Gleiches gilt für die Vorschreibung von Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitskleidung (Dressen) betreffend die verpflichtende Teilnahme an Wettkämpfen und Turnieren. Sachliche Bindungen betreffend eine bestimmte Zeit, einen bestimmten Ort und eine vorgeschriebene Kleidung, die über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten nicht hinausgehen, schließen die Selbständigkeit einer Tätigkeit (für sich) nicht aus (vgl. - zu einem Fußballschiedsrichter - ; vgl. auch - zur Tätigkeit reproduzierender Künstler - : „schon ihrer Natur nach an eine bestimmte Zeit und an einen bestimmten Ort gebunden“). Betreffend die Trikots macht die Revision überdies zutreffend geltend, dass der Revisionswerber nach seinem Vorbringen auch teilweise das Recht hatte, die Art von Werbeaufdrucken (sowohl auf dem Vereinstrikot als auch auf dem Trikot des Nationalteams) mitzubestimmen. Eine Auseinandersetzung mit diesem an sich unstrittigen Sachverhaltselement erfolgt im Rahmen der rechtlichen Beurteilung nicht.
36 Das Bundesfinanzgericht führt weiters aus, die Angaben des Revisionswerbers, er müsse fixe Trainingszeiten nicht einhalten, seien unglaubwürdig. Die Revision macht dazu zutreffend geltend, eine explizite Feststellung des Bundesfinanzgerichts, der Revisionswerber sei gegenüber dem Verein (als angenommenem Arbeitgeber) verpflichtet gewesen, diese Trainingszeiten einzuhalten, liege nicht vor. Der Revisionswerber hatte dazu im Verfahren geltend gemacht, für das Training sei ausschließlich das Nationalteam (also der Verband, nicht der Verein) zuständig gewesen. Eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen kann dem angefochtenen Erkenntnis nicht entnommen werden.
37 Zum Betreuerteam des Revisionswerbers führt das Bundesfinanzgericht aus, dies sei (mit Ausnahme des Managers) nicht vom Revisionswerber entlohnt worden, was gegen eine selbständige Tätigkeit des Revisionswerbers spreche. Dieser Darlegung ist entgegenzuhalten, dass daraus nicht ableitbar ist, dass die hier zu beurteilenden, vom Verein stammenden Einnahmen aus einer nichtselbständigen Arbeit resultieren, war es doch nach den (vom Bundesfinanzgericht insoweit nicht als unrichtig angesehenen) Behauptungen des Revisionswerbers der Verband (und nicht der Verein), der das Betreuerteam entlohnte.
38 Wenn das Bundesfinanzgericht darlegt, der vom Revisionswerber entlohnte Manager sei ausschließlich für den „Privatbereich“ des Revisionswerbers zuständig, so zeigt die Revision zutreffend auf, dass der Revisionswerber insoweit zwar ausgeführt hat, dieser sei „für den Privatbereich, nicht für diesen Vereinsbereich“ zuständig gewesen. Damit erfolgte offenkundig eine Abgrenzung der Tätigkeit des Managers von den mit dem Verein verbundenen Angelegenheiten; dass dieser Manager damit für einen außerbetrieblichen (außerberuflichen) Privatbereich (und nicht für Belange des Revisionswerbers als Tischtennisspieler, also für dessen beruflichen oder betrieblichen Bereich) zuständig sein sollte, kann den Darlegungen des Revisionswerbers nicht entnommen werde und wird auch vom Bundesfinanzgericht nicht begründet.
39 Insgesamt sind daher eine Reihe von Kriterien, die vom Bundesfinanzgericht für seine Gesamtabwägung herangezogen wurden, mit Verfahrensmängeln belastet oder für sich nicht aussagekräftig. Vor diesem Hintergrund ist dem Verwaltungsgerichtshof eine abschließende Beurteilung, ob der Revisionswerber in den Streitjahren iSd „Sportler-Verordnung“ selbständig tätig war, nicht möglich.
40 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
41 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023130164.L00 |
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Fundstelle(n):
MAAAF-46311