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VwGH 22.11.2023, Ra 2023/13/0157

VwGH 22.11.2023, Ra 2023/13/0157

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
BAO §291 Abs1
VwGG §38
RS 1
Eine unangemessen lange Verfahrensdauer bewirkt - außerhalb eines Strafverfahrens - nicht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung (vgl. , mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Tichy, über die Revision der A W in B, vertreten durch die Eckhardt Wirtschaftsprüfung und Steuerberatungs GmbH in 7033 Pöttsching, Hauptstraße 58, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7100921/2013, betreffend Umsatzsteuer 2002 und Einkommensteuer 2002 bis 2004, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zum bisherigen Verfahrensgeschehen ist eingangs auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/15/0188 (betreffend den Zeitraum 2002 bis 2004), zu verweisen.

2 Für das nunmehrige Revisionsverfahren ist hervorzuheben, dass in der Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich einer Außenprüfung vom festgehalten wurde, dass Aufwendungen für Fremdleistungen in Höhe von 100.000 € zuzüglich Umsatzsteuer (20.000 €) nicht anerkannt würden, weil keine Rechnung habe vorgelegt werden können. Beim leistenden Unternehmen, bei dem die Revisionswerberin Gesellschafter-Geschäftsführerin sei, sei zwar der Ertrag (ebenfalls ohne Beleg) gebucht worden, die Umsatzsteuer jedoch nicht erklärt worden. Nach Ansicht der Außenprüfung weise dies auf eine nachträgliche Buchung hin, der keine wirkliche Leistung zugrunde liege, sondern die ausschließlich aus Bilanzerwägungen erfolgt sei. Es ergäben sich damit für das Jahr 2002 geringere Vorsteuern (20.000 €) und höhere Einkünfte aus Gewerbebetrieb (100.000 €). Für die Jahre 2003 und 2004 würden Kostensteigerungen für Buchhaltungsarbeiten nicht anerkannt; die Kosten seien (nur) entsprechend den Werten von 2002 zu berücksichtigen. Für sämtliche Jahre (2002 bis 2004) seien für die private Mitverwendung einer Reinigungsfachfrau Aufwendungen dem Erfolg hinzuzurechnen.

3 Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 sowie Umsatzsteuer für das Jahr 2002 fest. In der Begründung verwies das Finanzamt jeweils auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung.

4 Die Revisionswerberin erhob (u.a.) gegen diese Bescheide Berufung.

5 Mit Berufungsvorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Berufung betreffend Einkommensteuer 2002 und Umsatzsteuer 2002 als unbegründet ab; die Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 wurden hingegen abgeändert (die Änderung erfolgte im Hinblick auf die Buchhaltungskosten).

6 Die Revisionswerberin beantragte, die Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.

7 Mit Berufungsentscheidung vom wies der (damalige) unabhängige Finanzsenat die Berufung betreffend Einkommensteuer 2002 und Umsatzsteuer 2002 als unbegründet ab; betreffend Einkommensteuer 2003 und 2004 wurde der Berufung teilweise (betreffend Buchhaltungskosten) stattgegeben.

8 Mit dem bereits eingangs angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom wurde diese Berufungsentscheidung u.a. betreffend Einkommensteuer 2002 bis 2004 und Umsatzsteuer 2002 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

9 Nach mündlicher Verhandlung am wies das Bundesfinanzgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung betreffend Einkommensteuer 2002 und Umsatzsteuer 2002 als unbegründet ab; betreffend Einkommensteuer 2003 und 2004 wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

10 Das Bundesfinanzgericht kam zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass die von der Revisionswerberin für das Jahr 2002 mittels Gutschrift geltend gemachten Aufwendungen für Fremdleistungen (100.000 €) samt Umsatzsteuer (20.000 €) nicht zu berücksichtigen seien. Auch der für Reinigungskosten geltend gemachte Betriebsausgabenabzug sei entsprechend den Feststellungen der Außenprüfung zu kürzen. Hingegen seien - wie bereits in der Berufungsvorentscheidung - die beantragten Buchhaltungskosten zur Gänze als Betriebsausgaben anzuerkennen.

11 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision.

12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst umfangreich die unangemessene Dauer des Verfahrens gerügt.

16 Es ist zwar zutreffend, dass im vorliegenden Fall die in § 291 Abs. 1 BAO normierte Entscheidungsfrist erheblich überschritten wurde. Eine unangemessen lange Verfahrensdauer bewirkt aber - außerhalb eines Strafverfahrens - nicht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung (vgl. , mwN). Der Revisionswerberin wäre es auch freigestanden, gegen die Säumnis des Bundesfinanzgerichts mittels Fristsetzungsantrag (§ 38 VwGG) vorzugehen (vgl. z.B. ; , Ra 2023/13/0042).

17 Die Revisionswerberin macht sodann geltend, mit einem neuerlichen Erkenntnis über 10 Jahre nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom liege ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot vor.

18 Der Revisionswerberin ist zwar zuzustimmen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Abgabenverfahren ein Überraschungsverbot gilt (vgl. z.B. ; , Ra 2016/15/0058). Es ist aber in keiner Weise erkennbar, worin im vorliegenden Fall einer Entscheidung nach vorangegangener mündlicher Verhandlung ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot liegen soll. Ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot würde überdies nur dann zu einer Aufhebung der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Entscheidung führen, wenn diesem Verfahrensmangel Relevanz zukäme, was im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof darzulegen ist (vgl. z.B. ; , Ra 2021/13/0125). Derartiges Vorbringen (etwa dazu, welche in die angefochtene Entscheidung einbezogenen Sachverhaltselemente der Partei allenfalls nicht bekannt gewesen seien; vgl. z.B. ; vgl. weiters ) kann der Revision nicht entnommen werden.

19 Schließlich rügt die Revision, der „wichtigste Zeuge“ (Y) sei weder geladen noch befragt worden; dieser hätte im Detail Auskunft über den Auftrag der I geben können.

20 Im vorliegenden Verfahren sind aber - anders als in jenem Verfahren, das dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2022/13/0120, zu Grunde lag (vgl. zum dort strittigen Sachverhalt die Schilderung in Rz 4) - keine Zahlungen im Zusammenhang mit dem Auftrag der I strittig. Thema dieses Verfahrens waren hingegen (abgesehen von Buchhaltungskosten, zu denen bereits in der Berufungsvorentscheidung und auch im angefochtenen Erkenntnis dem Standpunkt der Revisionswerberin gefolgt wurde, und Reinigungskosten) Aufwendungen der Revisionswerberin für Leistungen eines Unternehmens, bei dem die Revisionswerberin Gesellschafterin und Geschäftsführerin war. Dazu hatte die Revisionswerberin geltend gemacht, es handle sich um eine Korrektur der Geschäftsführerbezüge der Revisionswerberin. Dass zu diesem Thema Y als Zeuge beantragt worden wäre, wird in der Revision nicht behauptet.

21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §291 Abs1
VwGG §38
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023130157.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-46308