VwGH 13.06.2024, Ra 2023/13/0140
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Aufwendungen, die einen Zusammenhang mit der persönlichen Lebensführung aufweisen, sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abzugsfähig, wenn eine beinahe ausschließliche betriebliche bzw. berufliche Veranlassung gegeben ist (vgl. die bei Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 20 Tz 3. und 3.1. zitierte hg. Rechtsprechung). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2012/15/0040 E VwSlg 8879 F/2013 RS 1 |
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RS 2 | Aus dem Erkenntnis , ist nicht abzuleiten, dass der Besuch von Veranstaltungen durch einen Bürgermeister stets nur dann abzugsfähig sein kann, wenn der Werbezweck wesentlicher Charakter dieser Veranstaltung ist. Entscheidend sind vielmehr die allgemeinen Grundsätze über die Anerkennung von Werbungskosten, nämlich, dass Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen vorliegen und das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 nicht greift. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Mag. A in L, vertreten durch die PWT Pannonische Wirtschaftstreuhand GmbH in 7201 Neudörfl, Hauptstraße 26, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7100889/2020, betreffend u.a. Einkommensteuer 2016, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber war im Revisionszeitraum Bürgermeister einer Gemeinde. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 machte er diverse Werbungskosten für den Besuch von Fachmessen und Veranstaltungen sowie Repräsentationsaufwendungen, Spenden, Arbeitsmittel und pauschale Kilometergelder geltend. Das Finanzamt erkannte nur einen Teil der geltend gemachten Werbungskosten an. Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde änderte das Finanzamt den Bescheid mit Beschwerdevorentscheidung ab. Der Revisionswerber stellte einen Vorlageantrag.
2 Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde teilweise Folge und änderte den Bescheid ab. Es führte, soweit für das Revisionsverfahren noch relevant, aus, dass hinsichtlich der nicht anerkannten Werbungskosten betreffend die Teilnahme an diversen Veranstaltungen der Revisionswerber nicht habe nachweisen können, dass das berufliche Interesse überwogen hätte und diese Aufwendungen daher eindeutig beruflich veranlasst gewesen seien. Aufgrund des Charakters der gegenständlichen Veranstaltungen entspreche es auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei Veranstaltungen wie z.B. „Weidefest L“, X-Ball S, Burg F, Fest der Sicherheit, etc. das berufliche Interesse an einer Teilnahme vorherrschend sei. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnten bei Politikern nur Aufwendungen anlässlich konkreter Wahlveranstaltungen bzw. zur Informationsbeschaffung als Werbungskosten anerkannt werden. Vom Steuerpflichtigen sei daher in jedem einzelnen Fall nachzuweisen, dass diese Ausgaben getätigt worden seien, diese einen eindeutigen Werbezweck gehabt hätten und dass die berufliche Veranlassung überwogen habe. Jene Veranstaltungen, die außerhalb des Wirkungsbereiches des Revisionswerbers stattgefunden hätten und in Zusammenhang mit der Mitgliedschaft bei einer politischen Partei stünden, könnten daher nicht als Werbungskosten anerkannt werden. Aufwendungen hinsichtlich jener Veranstaltungen, bei denen schon aus der Art und Bezeichnung nicht klar hervorgehe, dass der Informationscharakter und damit das berufliche Interesse an der Teilnahme an der Veranstaltung eindeutig vorherrschend seien, könnten hingegen nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Aufgrund des augenscheinlichen Charakters der gegenständlichen Veranstaltung, zB. „Weidefest L“, erscheine auch ausgeschlossen, dass die Teilnahme vorherrschend aufgrund von beruflichen Interessen erfolgt sei. Durch das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 solle vermieden werden, dass ein Steuerpflichtiger aufgrund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen könne. Es möge zwar zutreffend sein, dass - wie vorgebracht - Veranstaltungen wie z.B. das „Weidefest L“ auch einen Informations- und Fortbildungscharakter aufgewiesen hätten. Dass eine klare berufliche Veranlassung an der Teilnahme bestanden habe, habe vom Revisionswerber jedoch nicht nachgewiesen werden können.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die gegenständliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesfinanzgericht habe in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ausgeführt, dass es im vorliegenden Fall der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gefolgt sei, wobei es mehrmals das Erkenntnis des , zitiert habe. Im Ergebnis weiche das Bundesfinanzgericht aber erheblich von der Rechtsprechung dieses Höchstgerichtes ab, indem es eine unrichtige Beurteilung der §§ 16 Abs. 1 und 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 und eine mangelhafte Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen habe und sich entgegen der aus dem Gesetz ergebenden Verpflichtung nicht bzw. nur rudimentär mit der Stellungnahme und den Erläuterungen des Revisionswerbers auseinandergesetzt habe. Hätte es das getan, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und dem Revisionswerber die Gelegenheit gegeben, sich bei auftretenden Unklarheiten oder Zweifeln hinsichtlich der von ihm geltend gemachten Aufwendungen und seiner Stellungnahme entsprechend zu erklären, wozu der Revisionswerber im Rahmen der ihn treffenden Mitwirkungspflicht ausdrücklich bereit gewesen sei und dies auch angeboten habe, hätte sich für das Bundesfinanzgericht bei der in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes ergeben, dass die berufliche Veranlassung bei der Teilnahme des Revisionswerbers an diesen Veranstaltungen nicht nur überwogen habe, sondern private Interessen bzw. Veranlassungen des Revisionswerbers schlichtweg nicht vorhanden gewesen seien.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 § 16 Abs. 1 EStG 1988 definiert Werbungskosten als Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Aufwendungen, die einen Zusammenhang mit der persönlichen Lebensführung aufweisen, sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abzugsfähig, wenn eine beinahe ausschließliche betriebliche bzw. berufliche Veranlassung gegeben ist (vgl. ).
8 Das Bundesfinanzgericht hat die strittigen Werbungskosten nicht anerkannt, weil die nahezu ausschließliche berufliche Veranlassung nicht habe nachgewiesen werden können.
9 Dem Revisionswerber ist insofern zuzustimmen, dass das Bundesfinanzgericht dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/15/0040, einen Inhalt unterstellt, der nicht zutreffend ist, weil es in dieser Entscheidung um die Frage der Anerkennung von Bewirtungsspesen als Repräsentationsaufwendungen ging, bei denen § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 vorsieht, dass die Bewirtung der Werbung dienen muss, wobei der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass im Beschwerdefall der Werbezweck wesentlicher Charakter dieser Veranstaltung, vergleichbar einer konkreten Wahlveranstaltung, sein muss. Daraus ist nicht abzuleiten, dass der Besuch von Veranstaltungen durch einen Bürgermeister stets nur dann abzugsfähig sein kann, wenn der Werbezweck wesentlicher Charakter dieser Veranstaltung ist. Entscheidend sind vielmehr die allgemeinen Grundsätze über die Anerkennung von Werbungskosten, nämlich, dass Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen vorliegen und das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 nicht greift.
10 Dem Zulässigkeitsvorbringen mit seiner pauschalen Rüge eines nicht ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahrens gelingt es allerdings nicht, eine Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts aufzuzeigen. Die Revision zeigt in ihrer Zulässigkeitsbegründung weder auf, inwiefern die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts in Bezug auf welche konkreten Werbungskosten unvertretbar gewesen ist, noch legt sie bezogen auf einzelne strittige Ausgaben dar, inwieweit diese (beinahe) ausschließlich beruflich veranlasst gewesen wären. Die Zulässigkeitsbegründung nennt vielmehr überhaupt keine einzige konkrete Ausgabe. Damit wird aber auch eine Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023130140.L00 |
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Fundstelle(n):
TAAAF-46300