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VwGH 05.10.2023, Ra 2023/13/0122

VwGH 05.10.2023, Ra 2023/13/0122

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2023/13/0123

Ra 2023/13/0124

Ra 2023/13/0125

Ra 2023/13/0126

Ra 2023/13/0127

Ra 2023/13/0128

Ra 2023/13/0129

Ra 2023/13/0130

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. P Betriebsges.m.b.H. & Mitgesellschafter in O, 2. Dr. B in L, 3. K in L, 4. P in K, 5. P in W, 6. P GmbH, 7. S in O, 8. S in U und 9. Verlassenschaft nach Ing. S in V, alle vertreten durch die Centurion Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 1010 Wien, Hegelgasse 8/14, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7102357/2014, betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2009, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts wurde im Jahr 1995 von der PS GmbH ein Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft mit mehreren natürlichen Personen abgeschlossen. Der atypisch stille Gesellschafter war am Gewinn, Verlust sowie am Vermögen und den stillen Reserven einschließlich des Firmenwerts der Gesellschaft beteiligt.

2 Mit Beschluss des Landesgerichts vom Juli 2009 erfolgte hinsichtlich der PS GmbH eine Konkursabweisung mangels Vermögens. Demzufolge wurde die Gesellschaft gemäß § 39 FBG aufgelöst. Im Oktober 2009 wurde die PS GmbH gemäß § 40 FBG von Amts wegen gelöscht.

3 Für das Jahr 2009 wurde eine Außenprüfung der Mitunternehmerschaft durchgeführt, in der die Versteuerung der negativen Kapitalkonten der atypisch stillen Gesellschafter gemäß § 24 Abs. 2 EStG 1988 mit Konkurseröffnung festgestellt wurde. Das Finanzamt folgte der Außenprüfung und erließ einen Bescheid betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2009.

4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, woraufhin ein Vorlageantrag gestellt wurde.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise Folge und änderte den Bescheid ab. Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens stellte es fest, dass seit 1995 bis inklusive dem Jahr 2008 das zuständige Finanzamt für die Mitunternehmerschaft großteils erklärungsgemäße Bescheide betreffend Feststellung der Einkünfte erlassen und die Einkünfte auf die einzelnen Beteiligten verteilt habe. Im Jahr 2007 seien positive Einkünfte iHv 121.398,39 € und im Jahr 2008 negative Einkünfte iHv 32.732,24 € erzielt worden. Von der Mitunternehmerschaft sei für das Jahr 2009 keine Erklärung ihrer Einkünfte beim Finanzamt eingereicht worden, weshalb in der Folge eine Außenprüfung stattgefunden habe. Vom Finanzamt sei zu Recht für das Jahr 2009 die Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft festgestellt worden. Schieden Mitunternehmer mit negativen Kapitalkonto aus einer Mitunternehmerschaft aus, sei gemäß § 24 Abs. 2 EStG 1988 als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag des negativen Kapitalkontos zu erfassen, die der Mitunternehmer nicht auffüllen müsse. Im Revisionsfall fehle eine Auffüllungsverpflichtung für die Gesellschafter, weshalb die negativen Kapitalkonten gesetzeskonform als Veräußerungsgewinn zu erfassen seien. Dies sei schon zu Beginn der Außenprüfung mangels Vorhandenseins eines steuerlichen Vertreters für die Mitunternehmerschaft jedem einzelnen Mitunternehmer ausdrücklich vorgehalten worden. Daraufhin hätten einige Mitunternehmer schriftlich bekannt gegeben, dass die Veräußerungsgewinnbesteuerung gesetzeskonform sei. Zu Beginn der Außenprüfung hätten einige Mitunternehmer der Prüferin mitgeteilt, dass sie ihre atypisch stille Beteiligung an der PS GmbH schon per an B, den Initiator dieses Beteiligungsmodells, unentgeltlich abgetreten hätten. Diese vorgeblichen Beteiligungsabtretungen seien zu Recht nicht anerkannt worden. Die betreffenden Gesellschafter hätten der Finanzverwaltung erstmals im Rahmen der im Jahr 2012 stattgefundenen Außenprüfung Unterlagen vorgelegt, aus denen sich die unentgeltliche Abtretung ihrer Anteile im Jahr 2004 ergeben solle. Schon daraus könne keine steuerliche Anerkennung der behaupteten unentgeltlichen Abtretungen im Jahr 2004 erfolgen. Die angeblich im Jahr 2004 ausgeschiedenen Gesellschafter seien aber auch in den eingereichten Jahresabschlüssen für die nachfolgenden Jahre bis inkl. 2006 bzw. teilweise sogar bis 2007 und 2008 als Mitunternehmer aufgeschienen. Es habe an einer für eine Schenkung erforderlichen Schenkungsabsicht gemangelt. Mit der behaupteten Schenkung hätte ganz offenkundig die Versteuerung des negativen Kapitalkontos umgangen werden sollen. Somit seien diese vorgeblichen Abtretungserklärungen unbeachtlich. Zum im Beschwerdeverfahren erhobenen Vorwurf, das Finanzamt habe im angefochtenen Feststellungsbescheid 2009 die für die Jahre vor 2008 ergangenen Feststellungsbescheide sowie die Jahresabschlüsse bzw. die Kapitalkonten nicht beachtet, sei darauf hinzuweisen, dass die Prüferin deshalb nicht von der - kurz vor dem Konkursabweisungsbeschluss - beim Finanzamt eingereichten Bilanz der Mitunternehmerschaft zum ausgegangen sei, weil darin umfangreiche Umbuchungen bei den Kapitalkonten vorgenommen worden und diese großteils auf Null gestellt worden seien. Die Prüferin sei vielmehr vom Jahresabschluss 2007 bzw. teilweise 2006 ausgegangen. Im Rahmen eines E-Mail-Verkehrs mit B habe dieser zunächst erläutert, dass im Jahresabschluss 2008 das Konto freie Rücklagen auf die einzelnen Mitunternehmer verteilt worden sowie ein Firmenwert aktiviert worden seien. Die Prüferin habe B dazu aufgefordert, die buchhalterischen Vorgänge beim Ausscheiden der atypisch stillen Gesellschafter mit negativem Kapitalkonto darzulegen und mehrere Fragen, unter anderem zur Entstehung der Rücklagen und des Firmenwertes, zu beantworten. Dieses E-Mail sei von B in weiterer Folge nicht beantwortet worden. Vor diesem Hintergrund sei das Beschwerdevorbringen, es hätte der Jahresabschluss zum mit den darin ausgewiesenen Kapitalkonten herangezogen werden müssen, wodurch überhaupt kein Veräußerungsgewinn im Jahr 2009 festzusetzen gewesen wäre, mangels Eingehen auf die konkreten Ausführungen der Prüferin für das Bundesfinanzgericht unverständlich. Das Vorbringen gehe über die Behauptungsebene nicht hinaus. Im Ergebnis komme dem Einwand, es hätte der Jahresabschluss 2008 als Grundlage für die Festsetzung von eventuellen Veräußerungsgewinnen bei den einzelnen Gesellschaftern herangezogen werden müssen, schon deshalb keine Berechtigung zu, weil weder von B im Prüfungsverfahren noch von der steuerlichen Vertreterin im Beschwerdeverfahren die Buchungsvorgänge anlässlich der Bilanzerstellung zum unter Beantwortung der Fragen der Prüferin bzw. des Finanzamtes eingehend dargestellt worden seien. Dem Einwand, dass im Jahr 2007 verschiedenen Gesellschaftern positive Einkünfte zugewiesen und von diesen versteuert worden seien, komme allerdings Berechtigung zu. In Stattgabe dieses Beschwerdepunktes würden die Veräußerungsgewinne um die zugewiesenen Einkünfte des Jahres 2007 vermindert.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, entgegen dem Zulässigkeitsausspruch des Bundesfinanzgerichts sei nicht die Anwendung des § 24 Abs. 2 EStG 1988 zu untersuchen, sondern ob die Abgabenbehörde bei voller Kenntnis der Einnahmen in den Jahren 2005, 2006, 2007 und 2008, die zwischenzeitlich zum Großteil der Einkommensteuer unterworfenen Einkünfte einfach beiseiteschieben könne, auf einen willkürlichen Kapitalkontostand zum bzw.  oder zurückgreifen dürfe und die zwischenzeitlichen Gewinnzuweisungen unbeachtet lassen könne. In diesem Sinne sei festzuhalten, dass nicht die einschlägige Vorschrift des § 24 EStG 1988 zur Diskussion stehe, sondern die Vorschriften der §§ 115 und 116 BAO, die die amtswegige Erforschung und Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Rahmen der Veranlagung bzw. des Rechtsmittelverfahrens beträfen. Die Abgabenbehörde sei in der Vergangenheit sehr wohl imstande gewesen, die Abtretung der Geschäftsanteile diverser stiller Gesellschafter zu erfassen. Zudem sei der Behörde aufgrund der übersandten Jahresabschlüsse 2007 und 2008 sowie aus der übermittelten Aufstellung des Kontos freie Rücklagen die Umbuchung auf den Kapitalkonten der einzelnen stillen Gesellschafter vollinhaltlich bekannt gewesen. Es wäre daher ohne größere Aufklärungen möglich gewesen, die korrekten Kapitalkontostände der einzelnen stillen Gesellschafter festzustellen. Eine Berücksichtigung sei nicht erfolgt. Das Einkommensteuerrecht gehe aber vom Prinzip der Leistungsfähigkeit aus. Die grundsätzliche Bedeutung sei somit die Frage, ob eine Doppelerfassung zulässig sei bzw. ob beim gegenständlichen Fall eine Doppelerfassung zulässigerweise vorliegen würde.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Die Revision rügt mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen im Ergebnis die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts. Nach der ständigen Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt lediglich dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. , mwN). Eine derart grob fehlerhafte Beweiswürdigung durch das Bundesfinanzgericht ist im Revisionsfall nicht ersichtlich.

11 Die Revision legt weder dar, welche weiteren Erhebungen das Bundesfinanzgericht hätte vornehmen sollen, noch zeigt sie auf, dass - ausgehend von den vorgenommenen Erhebungen - die Beweiswürdigung unschlüssig wäre. Das Bundesfinanzgericht hat sich sowohl mit der behaupteten Schenkung bzw. Abtretung der Geschäftsanteile einiger Mitunternehmer als auch mit den Kapitalkontenständen auseinandergesetzt und ist davon ausgegangen, dass die Schenkungen nicht anzuerkennen gewesen wären und die Revisionswerber die erfolgten Buchungen auf den Kapitalkonten nicht hätten erklären können. Zudem hat das Bundesfinanzgericht die Gewinnzuweisungen aus dem Jahr 2007 berücksichtigt. Mit diesen Erwägungen des Bundesfinanzgerichts setzt sich die Revision nicht auseinander. Wenn das Zulässigkeitsvorbringen eine Doppelerfassung von Einkünften rügt, wird verabsäumt darzulegen, worin diese Doppelerfassung bestanden hat.

12 Soweit die Revision Verfahrensfehler, wie Ermittlungsfehler geltend macht, legt sie die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers nicht dar, weil sie - wie bereits im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht - im Revisionsverfahren nicht darlegt, aufgrund welcher steuerlich anzuerkennender Buchungen die Kapitalkontenstände im Jahresabschluss zum weitgehend auf Null gestellt worden sind. Die bloße Behauptung, es wäre ohne größere Aufklärungen möglich gewesen, die korrekten Kapitalkontenstände der einzelnen stillen Gesellschafter festzustellen, stellt keine Relevanzdarstellung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dar (siehe dazu , mwN).

13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §167 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023130122.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-46299