VwGH 24.08.2023, Ra 2023/13/0062
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | BAO §279 Abs1 |
RS 1 | Weist das VwG die Beschwerde ab, so ist dies nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zur BAO so zu werten, als ob es eine mit dem angefochtenen Bescheid, also dem Erstbescheid, im Spruch übereinstimmende Entscheidung erlassen hätte (vgl. , mwN). |
Normen | |
RS 2 | Damit ein Feststellungsbescheid die ihm nach § 191 Abs. 3 zweiter Satz BAO zukommende Wirkung entfalten kann, muss er den betreffenden Personen nach § 97 Abs. 1 BAO zugestellt sein oder als zugestellt gelten. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/13/0095 B RS 1 |
Normen | |
RS 3 | Gemäß § 101 Abs 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder an eine Personengemeinschaft gerichtet sind (§ 191 Abs 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird. Mangels eines derartigen Hinweises in der angefochtenen Erledigung ist im vorliegenden Fall die Zustellwirkung im Sinne des § 101 Abs. 3 zweiter Satz BAO gegenüber den Gesellschaftern, denen Einkünfte zugerechnet werden sollen, nicht eingetreten. Die - als Erkenntnis intendierte - Erledigung erlangte damit im Hinblick auf das durch die Einheitlichkeit der Feststellung geprägte Wesen eines Bescheides nach § 188 BAO insgesamt keine Rechtswirksamkeit (vgl. z.B. ; , 99/15/0051; , 2009/13/0027; , Ra 2019/15/0072). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/13/0095 B RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der „F GmbH (vormals F OG)“ in W, vertreten durch Mag. Werner Kanyak, Steuerberater in 2340 Mödling, Guntramsdorfer Straße 103/9-11, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7102348/2018, betreffend Wiederaufnahme (Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2012 und 2013) sowie Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2012 bis 2014, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Im Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung vom wurde u.a. festgehalten, im Juni 2015 sei die F OG in die (nunmehrige) F GmbH „eingebracht“ worden. Nach erster Durchsicht der Unterlagen habe sich der Verdacht erhärtet, dass Fremdleistungsaufwendungen „nichtleistender Unternehmen“ als Betriebsausgaben geltend gemacht worden seien. Näher angeführte Unternehmen seien als „Betrugsfirmen“ einzustufen. Es sei davon auszugehen, dass die von den angeblichen Subunternehmen in Rechnung gestellten Leistungen nicht von diesen Unternehmen, sondern durch das eigene Personal erbracht worden seien, welches dann „schwarz“ bezahlt worden sei. Der Fremdleistungsaufwand sei zu kürzen; hingegen erfolge eine Hinzurechnung von 50 % der geltend gemachten Aufwendungen als Personalkosten.
2 Mit Bescheiden vom nahm das Finanzamt die Verfahren betreffend Feststellung von Einkünften für die Jahre 2012 und 2013 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder auf und stellte die Einkünfte für die Jahre 2012, 2013 und 2014 gemäß § 188 BAO fest; die Einkünfte wurden den Teilhabern (§ 188 Abs. 3 BAO) zugewiesen. In der Begründung wurde jeweils auf den Bericht zur abgabenbehördlichen Prüfung verwiesen. Die Bescheide sind jeweils gerichtet an die F OG zu Handen ihres Vertreters; sie enthalten einen Hinweis gemäß § 101 Abs. 3 BAO.
3 Die Teilhaber erhoben gegen diese Bescheide Beschwerden.
4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt diese Beschwerden als unbegründet ab. Auch die Beschwerdevorentscheidung ist an die F OG zu Handen ihres Vertreters gerichtet; ein Hinweis nach § 101 Abs. 3 BAO ist - in der in den vorgelegten Verfahrensakten befindlichen Ausfertigung - nicht ersichtlich.
5 Die Teilhaber und die F OG beantragten die Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis entschied das Bundesfinanzgericht über Beschwerden der „F GmbH (vormals F OG)“. Das Bundesfinanzgericht wies diese Beschwerden als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Nach der Zustellverfügung wurde die Entscheidung gerichtet an die F OG (zu Handen ihrer Vertreter) als „beschwerdeführende Partei“. Einen Hinweis nach § 101 Abs. 3 BAO enthält diese Entscheidung nicht.
7 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die F OG habe den Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelt. Sie habe in den Jahren 2012 bis 2014 näher genannte Erlöse erklärt, denen insbesondere Aufwendungen für Fremdpersonal und Fremdleistungen gegenüber gestanden seien. Dabei seien auch Fremdleistungsaufwendungen „nichtleistender Firmen“ als Betriebsausgaben geltend gemacht worden. Es habe sich dabei um Unternehmen gehandelt, die als „Betrugsfirmen“ einzustufen seien. Bei den von diesen Unternehmen ausgestellten Rechnungen handle es sich um Schein- bzw. Deckungsrechnungen. Diese Unternehmen hätten keine Leistungen erbracht, die Aufwendungen könnten daher nicht als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Da die Leistungen aber erbracht worden seien, sei davon auszugehen, dass sie von nicht angemeldeten „Schwarzarbeitern“ oder von eigenem Personal „schwarz“ für die Revisionswerberin erbracht worden seien. Es sei sachgerecht, im Schätzungsweg 50 % der nicht anerkannten Fremdleistungen als zusätzlichen Personalaufwand zu berücksichtigen.
8 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision der „F GmbH (vormals F OG)“.
9 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, denen der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Weist das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab, so ist dies nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur BAO so zu werten, als ob es eine mit dem angefochtenen Bescheid, also dem Erstbescheid, im Spruch übereinstimmende Entscheidung erlassen hätte (vgl. , mwN). Das angefochtene Erkenntnis ist somit dahin zu verstehen, dass - neben der Wiederaufnahme - eine Feststellung der Einkünfte der F OG sowie eine Verteilung dieser Einkünfte auf deren Teilhaber erfolgte.
11 Im Kopf des angefochtenen Erkenntnisses wird zwar ausgeführt, es werde über Beschwerden der „F GmbH (vormals F OG)“ entschieden. Die dort ebenfalls genannten Bescheide betrafen aber jeweils die F OG. Da auch in der Zustellverfügung - nur - die F OG (nicht hingegen die F GmbH) als beschwerdeführende Partei genannt ist, kann davon ausgegangen werden, dass eine Erledigung gegenüber der F OG intendiert ist (vgl. , mwN).
12 Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO ergeht der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 188 BAO an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind. Nach § 191 Abs. 3 zweiter Satz BAO wirken Feststellungsbescheide im Sinne des § 188 BAO gegen alle, denen im Spruch des Bescheides Einkünfte zugerechnet bzw. nicht zugerechnet werden.
13 Damit ein Feststellungsbescheid die ihm nach § 191 Abs. 3 zweiter Satz BAO zukommende Wirkung entfalten kann, muss er den betreffenden Personen nach § 97 Abs. 1 BAO zugestellt sein oder als zugestellt gelten.
14 Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder an eine Personengemeinschaft gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.
15 Mangels eines derartigen Hinweises in der angefochtenen Erledigung ist im vorliegenden Fall die Zustellwirkung im Sinne des § 101 Abs. 3 zweiter Satz BAO gegenüber den Gesellschaftern, denen Einkünfte zugerechnet werden sollen, nicht eingetreten. Die - als Erkenntnis intendierte - Erledigung erlangte damit im Hinblick auf das durch die Einheitlichkeit der Feststellung geprägte Wesen eines Bescheides nach § 188 BAO insgesamt keine Rechtswirksamkeit (vgl. , mwN).
16 Da die angefochtene Entscheidung nicht rechtswirksam erlassen wurde, war die Revision mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, ohne dass zu prüfen war, ob eine wirksame Beschwerdevorentscheidung erlassen wurde.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023130062.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAF-46289