VwGH 14.12.2023, Ra 2023/13/0054
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Die Bestimmung des § 4 Abs. 4 KontRegG 2015 wurde wohl aufgrund von Stellungnahmen zum Ministerialentwurf (126/ME 25. GP), die eine derartige Regelung aus Gründen des Datenschutzes forderten (vgl. die Stellungnahme des Verfassungsdienstes, 4/SN-126/ME 25. GP; vgl. weiters z.B. die Stellungnahmen der Datenschutzbehörde sowie des Datenschutzrates), eingefügt; sie ist auch betreffend die verwendeten Begriffe an Bestimmungen zum Datenschutzrecht angelehnt. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass dieses Auskunftsrecht (nur) im Wege eines auf das DSG oder die DSGVO gestützten Begehrens durchgesetzt werden könnte. |
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RS 2 | Zwar ist das AuskunftspflichtG 1987 nach dessen § 6 nicht anzuwenden, soweit nach anderen Bundesgesetzen besondere Auskunftspflichten bestehen. Eine derartige besondere Auskunftspflicht liegt betreffend § 4 Abs. 4 KontRegG 2015 vor. Da das KontRegG 2015 für die Behandlung eines Antrags auf Auskunft im Streitfall keine Regelungen vorsieht, ist aber bei - zumindest - sinngemäßer Anwendung des AuskunftspflichtG 1987 bei Verweigerung der Auskunft mit Bescheid abzusprechen. (hier: Der Antrag auf Auskunft aus dem Kontenregister stützte sich u.a. explizit auf das AuskunftspflichtG 1987. Es wurde die Erteilung der Auskunft, für den Fall der Nichterteilung der Auskunft aber die Erlassung eines Bescheides darüber beantragt.) |
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RS 3 | Das Kontenregister dient nach § 1 Abs. 1 KontRegG 2015 verschiedenen Zwecken, u.a. auch zur Erhebung von Abgaben des Bundes. Ein Auskunftsbegehren nach § 4 Abs. 4 KontRegG 2015 mag daher auch dadurch motiviert sein, im Rahmen eines auf die Erhebung von Abgaben gerichteten Verfahrens Rechte geltend zu machen oder Ansprüche des Abgabengläubigers abzuwehren. § 4 Abs. 4 KontRegG 2015 setzt aber für die Berechtigung des Auskunftsbegehrens ein derartiges Interesse nicht voraus. Nach dem Gesetz besteht keinerlei Verknüpfung zwischen dem Auskunftsbegehren der betroffenen Person nach § 4 Abs. 4 KontRegG 2015 und einer Abgabenangelegenheit. Die Streitigkeit über ein Auskunftsbegehren nach § 4 Abs. 4 KontRegG 2015 betrifft damit keine Rechtssache in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben. Es handelt sich auch nicht um eine in § 1 Abs. 3 BFGG aufgezählte "sonstige Angelegenheit". Schließlich liegt auch keine Zuständigkeit des BFG in einer sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheit iSd Art. 131 Abs. 3 B-VG vor. Während zur Konteneinschau (3. Teil des KontRegG 2015) eine Zuständigkeit des BFG vorgesehen ist, findet sich betreffend die Einsicht in das Kontenregister (2. Teil des KontRegG 2015) keine derartige Regelung. (hier: Unzuständigkeit des BFG) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der Mag. G in P, vertreten durch die Zacherl Schallaböck Proksch Manak Kraft Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Teinfaltstraße 8/5.01, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7103069/2022, betreffend Abweisung eines Antrags auf Einsichtnahme in das Kontenregister (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichts aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit einer an den Bundesminister für Finanzen (belangte Behörde) gerichteten Eingabe vom teilte die Revisionswerberin mit, sie sei die Gesamtrechtsnachfolgerin des im September 2013 verstorbenen G. Das Verlassenschaftsverfahren sei rechtskräftig beendet; der Nachlass sei im Juni 2014 zur Gänze der Revisionswerberin eingeantwortet worden. Im Zuge der Durchsicht der Unterlagen des Erblassers habe die Revisionswerberin festgestellt, dass G Inhaber noch weiterer, bisher unbekannter Konten gewesen sein müsse; es bestehe Grund zur Annahme, dass bisher unentdecktes Vermögen des Erblassers existiere, welches der Revisionswerberin als Gesamtrechtsnachfolgerin zustehe. Nach § 4 Abs. 4 Kontenregister- und Konteneinschaugesetz (KontRegG) bestehe für betroffene Personen das Recht auf Auskunft. § 4 Auskunftspflichtgesetz sehe für den Fall der Nichterteilung der Auskunft ein Antragsrecht auf Erlassung eines Bescheides vor. Das Kontenregister habe der Bundesminister für Finanzen zu führen. Dieser sei als monokratische Behörde der datenschutzrechtliche Auftraggeber der Datenverarbeitung im Kontenregister; damit verbunden sei die Herrschaft über die im Kontenregister gespeicherten Daten. § 4 Abs. 4 KontRegG normiere einen originären Auskunftsanspruch, welcher mangels anderslautender gesetzlicher Bestimmung auf den Erben als Gesamtrechtsnachfolger übergehe. Mit der rechtskräftigen Einantwortung sei die Antragstellerin in sämtliche Verträge des Verstorbenen, sohin auch die Geschäftsbeziehungen zu Banken eingetreten. Da die im Kontenregister eingetragenen Konten des G nunmehr die Konten der Antragstellerin seien, sei diese auch als betroffene Person im Sinn des § 4 Abs. 4 KontRegG zu werten. Da der Bundesminister für Finanzen das Kontenregister führe und die Herrschaft über die im Kontenregister gespeicherten Daten innehabe, sei er als zuständiges Organ zur Auskunftserteilung verpflichtet. Sie richte daher an die belangte Behörde den Antrag, Auskunft darüber zu erteilen, welche den verstorbenen G betreffende Daten in das Kontenregister aufgenommen und welche Konten diesem konkret zugeordnet worden seien; für den Fall der Nichterteilung der Auskunft wurde die Erlassung eines Bescheides darüber begehrt.
2 Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag der Revisionswerberin auf Einsichtnahme in das Kontenregister ab. In der Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, § 4 Auskunftspflichtgesetz gelange hier nicht zur Anwendung, da nach § 6 Auskunftspflichtgesetz dieses nicht anwendbar sei, soweit nach anderen Bundesgesetzen besondere Auskunftspflichten bestünden. Das in § 4 Abs. 4 KontRegG geregelte Recht auf Auskunft für betroffene Personen stelle eine solche Auskunftspflicht dar. Dass bei Verweigerung der Auskunft ein Bescheid zu erlassen sei, ergebe sich bereits aus rechtsstaatlichen Überlegungen. Da das vorliegende Verfahren keine Angelegenheit der öffentlichen Abgaben betreffe und auch sonst kein in den Anwendungsbereich der BAO fallender Sachverhalt vorliege, sei das AVG anzuwenden. Das Aufspüren von Konten oder Depots von Erblassern (innerhalb oder außerhalb von Verlassenschaftsverfahren) sei nicht Zweck des KontRegG. Vielmehr könnten im Verlassenschaftsverfahren Auskünfte über existierende Konten direkt bei Kreditinstituten eingeholt werden. Die Ausforschung des Vermögens des Erblassers zum Zweck der vollständigen Inventarisierung obliege im Verlassenschaftsverfahren dem Gericht bzw. dem Gerichtskommissär als Beauftragtem des Gerichts. Nach Einantwortung stünden weder dem Gericht noch dem Gerichtskommissär weitere Auskunftsrechte gegenüber den Kreditinstituten zu. Dieses Recht entstehe erst wieder mit der Einleitung einer allfälligen Nachtragsabhandlung. Für eine solche Nachtragsabhandlung müssten konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich weiteren Verlassenschaftsvermögens vorliegen. Der Terminus „betroffene Personen“ in Verbindung mit dem Recht auf Auskunft in § 4 Abs. 4 KontRegG mache deutlich, dass es sich bei den im Kontenregister erfassten Daten um personenbezogene Daten iSd Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bzw. des Datenschutzgesetzes (DSG) handle. Bei den von der Antragstellerin begehrten Daten handle es sich aber nicht um ihre eigenen personenbezogenen Daten, sondern um die personenbezogenen Daten des Erblassers. Beim Auskunftsrecht nach dem DSG handle es sich um ein höchstpersönliches Recht. Das Recht auf Auskunft werde als „komplementäre Ergänzung“ des Geheimhaltungsanspruches verstanden. Höchstpersönliche Rechte seien nicht übertragbar. Das in § 4 Abs. 4 KontRegG geregelte Recht auf Auskunft sei mit dem Recht auf Auskunft nach dem DSG oder der DSGVO vergleichbar. Daher sei auch dieses Recht nicht übertragbar, die Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin nach dem Verstorbenen G habe kein Recht auf Auskunft hinsichtlich der den Verstorbenen betreffenden ins Kontenregister aufgenommenen Daten. Mit dem Tod des Betroffenen erlösche das Recht auf Datenschutz; damit erlösche auch das Recht auf Auskunft. Eine Nachfolge des Erben in ein bereits erloschenes Recht könne nicht stattfinden. Der Antrag sei daher abzuweisen. In der Rechtsmittelbelehrung führte die belangte Behörde aus, gegen diesen Bescheid sei das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig; die Beschwerde sei innerhalb von vier Wochen einzubringen.
3 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Darin wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid abändern, in eventu diesen aufheben und zur Ergänzung des Verfahrens an die belangte Behörde zurückverweisen.
4 Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.
5 Das Bundesverwaltungsgericht leitete die Beschwerde gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG an das Bundesfinanzgericht weiter.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin sei Alleinerbin und Gesamtrechtsnachfolgerin des im September 2013 verstorbenen G; die Verlassenschaft sei ihr im Juni 2014 eingeantwortet worden.
8 Die belangte Behörde gehe zu Recht davon aus, dass es sich hinsichtlich der im Kontenregister aufgenommenen Daten des Erblassers G, in dessen Daten die Revisionswerberin Einsicht begehre, um Daten iSd DSGVO bzw. des DSG handle.
9 Wie beim Recht auf Auskunft gemäß § 26 Abs. 1 DSG handle es sich auch beim Recht auf Auskunft gemäß § 4 Abs. 4 KontRegG um ein höchstpersönliches, subjektives, verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht, das vor der belangten Behörde durchzusetzen sei.
10 Wie alle subjektiven Rechte könne das Recht auf Auskunft nur von der betroffenen Person selbst oder von ihrem gewillkürten Vertreter im Namen des Betroffenen geltend gemacht werden. Nur wenn der Betroffene selbst noch nicht oder nicht mehr handlungsfähig sei, könnten dessen subjektive Rechte in dessen Namen auch ohne Vorliegen einer gewillkürten Vertretung von einem Anderen (gesetzlichen Vertreter) nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts geltend gemacht werden.
11 Im vorliegenden Fall handle es sich bei den von der Revisionswerberin begehrten Daten nicht um ihre eigenen, sondern um die personenbezogenen Daten des Erblassers G, auf welche dieser ein höchstpersönliches Recht auf Auskunft gemäß § 4 Abs. 4 KontRegG gehabt hätte.
12 Ein höchstpersönliches Recht sei ein subjektives Recht, das seinem Wesen nach an eine bestimmte Person gebunden sei und charakteristischerweise nicht übertragen werden könne. Es erlösche mit dem Tod des Betroffenen und gehe nicht auf Rechtsnachfolger über. Träger des Grundrechts könnten somit nur lebende Personen sein.
13 Bei einer Gesamtrechtsnachfolge trete der Gesamtrechtsnachfolger nur dann in die Position ein, in der sich der Rechtsvorgänger befunden habe, wenn es sich bei dem relevanten Recht um ein solches handle, das übertragen werden könne, also kein höchstpersönliches Recht sei. Rechte und Pflichten, die an eine Person gebunden seien, gingen mit deren Tod unter. In höchstpersönliche Rechte des Verstorbenen finde eine Rechtsnachfolge nicht statt, womit auch eine Fortsetzung des Verfahrens über solche Rechte durch die Verlassenschaft oder die Erben des Verstorbenen nicht in Betracht komme.
14 Auskünfte über noch nicht hervorgekommenes Vermögen eines Erblassers fielen nicht unter konkrete vermögenswerte Interessen, sodass sie auch nicht von der verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsfreiheit erfasst seien.
15 Die belangte Behörde habe demnach die von der Revisionswerberin begehrte Einsicht in das Kontenregister des verstorbenen G zu Recht verweigert.
16 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
17 Mit Beschluss vom , E 107/2023-19, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung führte der Verfassungsgerichtshof insbesondere aus, es liege im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er Auskünfte aus dem Kontenregister nicht auch zur leichteren Durchsetzbarkeit erbrechtlicher Ansprüche vorsehe. Das Recht auf Auskunft sei ein höchstpersönliches Recht, das mit dem Tod des Berechtigten erlösche (Hinweis auf ).
18 Gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts wendet sich nunmehr die vorliegende Revision. Zur Zulässigkeit wird geltend gemacht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob ein Alleinerbe und somit Gesamtrechtsnachfolger nach einem Verstorbenen eine „betroffene Person“ iSd § 4 Abs. 4 KontRegG sei und ihm folglich das Recht auf Auskunft, welche ihn betreffende Daten in das Kontenregister aufgenommen worden seien, zukomme.
19 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat sich die belangte Behörde am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.
20 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
21 Die Revision ist zulässig und begründet.
22 Gemäß § 1 Abs. 1 Kontenregister- und Konteneinschaugesetz (KontRegG) hat der Bundesminister für Finanzen für das gesamte Bundesgebiet ein Register (Kontenregister) zur Erfüllung von Aufgaben im öffentlichen Interesse, zur Durchführung von Strafverfahren, verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren, der Erhebung der Abgaben des Bundes und für den internationalen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten, sowie zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung und zur Durchführung internationaler Sanktionsmaßnahmen zu führen.
23 Gemäß § 4 Abs. 4 KontRegG haben betroffene Personen und Unternehmer das Recht auf Auskunft, welche sie betreffende Daten in das Kontenregister aufgenommen wurden. Die Abfrage kann über FinanzOnline erfolgen.
24 Gemäß § 5 Abs. 2 KontRegG ist der Bundesminister für Finanzen Verantwortlicher gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO für das Kontenregister.
25 Die Bestimmung des § 4 Abs. 4 KontRegG ist seit der Stammfassung (BGBl. I Nr. 116/2015) unverändert. Dazu, in welcher Weise über einen derartigen Antrag im Streitfall zu entscheiden ist, enthält das KontRegG keine Regelungen.
26 Die Bestimmung zum Auskunftsrecht (§ 4 Abs. 4 KontRegG) war im Ministerialentwurf (126/ME 25. GP) noch nicht enthalten. In den Stellungnahmen zu diesem Ministerialentwurf wurde unter Hinweis darauf, dass mit der Einrichtung eines Kontenregisters ein Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz erfolge, u.a. gefordert, dass „datenschutzkonforme Auskunftsrechte der Betroffenen vorzusehen“ seien (vgl. die Stellungnahme des Verfassungsdienstes, 4/SN-126/ME 25. GP; vgl. weiters z.B. die Stellungnahmen der Datenschutzbehörde sowie des Datenschutzrates). Die Regierungsvorlage (685 BlgNR 25. GP) enthielt sodann die nunmehrige Bestimmung des § 4 Abs. 4. In den Erläuterungen hiezu (Seite 4) wurde lediglich ausgeführt, Abs. 4 sehe eine erleichterte Auskunft für Betroffene im Wege von FinanzOnline vor, welche sie betreffende Daten im Kontenregister aufgenommen worden seien.
27 Die Bestimmung des § 4 Abs. 4 KontRegG wurde damit wohl aufgrund von Stellungnahmen zum Ministerialentwurf, die eine derartige Regelung aus Gründen des Datenschutzes forderten, eingefügt; sie ist auch betreffend die verwendeten Begriffe an Bestimmungen zum Datenschutzrecht angelehnt. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass dieses Auskunftsrecht (nur) im Wege eines auf das DSG oder die DSGVO gestützten Begehrens durchgesetzt werden könnte.
28 Der Antrag der Revisionswerberin stützte sich u.a. explizit auf das Auskunftspflichtgesetz. Sie beantragte die Erteilung der Auskunft, für den Fall der Nichterteilung der Auskunft aber die Erlassung eines Bescheides darüber. Ein derartiger Antrag wäre - gestützt auf Datenschutzrecht - unschlüssig, wäre doch in diesem Fall vom „Auftraggeber“ (bzw. vom „Verantwortlichen“) entweder die begehrte Auskunft zu erteilen oder aber (lediglich) zu begründen, warum die Auskunft nicht oder nicht vollständig erteilt werde (§ 26 Abs. 3 DSG idF vor BGBl. I Nr. 120/2017; § 44 Abs. 3 DSG idF BGBl. I Nr. 120/2017; Art. 12 Abs. 3 DSGVO; vgl. z.B. ; , Ro 2020/04/0037; vgl. auch die Erläuterungen zum Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 32/2018, 65 BlgNR 26. GP 59, zu § 48f BAO). Die belangte Behörde verweigerte nicht lediglich die begehrte Auskunft, sondern sprach hierüber mit Bescheid ab.
29 Zwar ist das Auskunftspflichtgesetz nach dessen § 6 nicht anzuwenden, soweit nach anderen Bundesgesetzen besondere Auskunftspflichten bestehen. Eine derartige besondere Auskunftspflicht liegt betreffend § 4 Abs. 4 KontRegG vor. Da das KontRegG für die Behandlung eines Antrags auf Auskunft im Streitfall keine Regelungen vorsieht, ist aber bei - zumindest - sinngemäßer Anwendung des Auskunftspflichtgesetzes bei Verweigerung der Auskunft mit Bescheid abzusprechen.
30 Die belangte Behörde ging in ihrem Bescheid (in der Rechtsmittelbelehrung) davon aus, dass eine allfällige Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu richten sei. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Rechtsansicht.
31 Gemäß § 1 Abs. 1 BFGG obliegen dem Bundesfinanzgericht Entscheidungen über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 3 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.
32 Voraussetzung für die Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichts ist sohin (neben der hier gegebenen Besorgung der Angelegenheit unmittelbar von einer Abgabenbehörde des Bundes), dass es sich um eine Rechtssache in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben oder des Finanzstrafrechts handelt.
33 Das Kontenregister dient nach § 1 Abs. 1 KontRegG verschiedenen Zwecken, u.a. auch zur Erhebung von Abgaben des Bundes. Ein Auskunftsbegehren nach § 4 Abs. 4 KontRegG mag daher auch dadurch motiviert sein, im Rahmen eines auf die Erhebung von Abgaben gerichteten Verfahrens Rechte geltend zu machen oder Ansprüche des Abgabengläubigers abzuwehren. § 4 Abs. 4 KontRegG setzt aber für die Berechtigung des Auskunftsbegehrens ein derartiges Interesse nicht voraus. Nach dem Gesetz besteht keinerlei Verknüpfung zwischen dem Auskunftsbegehren der betroffenen Person nach § 4 Abs. 4 KontRegG und einer Abgabenangelegenheit. Die Streitigkeit über ein Auskunftsbegehren nach § 4 Abs. 4 KontRegG betrifft damit keine Rechtssache in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben.
34 Es handelt sich auch nicht um eine in § 1 Abs. 3 BFGG aufgezählte „sonstige Angelegenheit“. Schließlich liegt auch keine Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichts in einer sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheit iSd Art. 131 Abs. 3 B-VG vor. Während zur Konteneinschau (3. Teil des KontRegG) eine Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichts vorgesehen ist, findet sich betreffend die Einsicht in das Kontenregister (2. Teil des KontRegG) keine derartige Regelung.
35 Das Bundesfinanzgericht war sohin im vorliegenden Verfahren unzuständig.
36 Hat die Revision - wie hier - eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt und erweist sie sich damit als zulässig, so ist eine Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG von Amts wegen aufzugreifen (vgl. z.B. , mwN).
37 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufzuheben.
38 Der - auch nur in eventu erhobenen - Anregung der Revisionswerberin auf Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH war bei diesem Ergebnis im derzeitigen Verfahrensstadium nicht zu folgen.
39 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 2 VwGG abgesehen werden.
40 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | AuskunftspflichtG 1987 §4 AuskunftspflichtG 1987 §6 BFGG 2014 §1 Abs1 BFGG 2014 §1 Abs3 B-VG Art131 Abs3 DSG EURallg KontRegG 2015 §1 Abs1 KontRegG 2015 §4 Abs4 VwGG §42 Abs2 Z2 VwRallg 32016R0679 Datenschutz-GrundV |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Gemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023130054.L00 |
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Fundstelle(n):
JAAAF-46283