VwGH 28.06.2023, Ra 2023/13/0036
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Das BFG ist bei seinen Entscheidungen - sowohl durch den Einzelrichter als auch über Rekurs durch den Senat - an die "Sache" des Verfahrens gebunden. "Sache" der Entscheidung des Einzelrichters des BFG ist das Begehren auf Bewilligung des Auskunftsverlangens (Konteneinschau) auf Basis - ausschließlich - der von der Abgabenbehörde vorzulegenden Unterlagen. Auch die Entscheidung des Senats ist durch diese "Sache" eingeschränkt (vgl. , Rz 36). Die Entscheidung des BFG ist damit "antragsgebunden"; die Entscheidung darf nicht über diesen Antrag hinausgehen (vgl. z.B. zu einem Antrag auf Nachsicht ; vgl. auch - zur gesetzlich eingeräumten Möglichkeit, betreffend § 212 BAO über einen Antrag hinauszugehen - ). Das BFG darf daher die Konteneinschau weder in einem größeren Umfang, als von der Abgabenbehörde begehrt, bewilligen, noch darf das BFG anderes als das von der Abgabenbehörde Beantragte bewilligen. So darf das BFG nicht die Einschau in andere (oder weitere) Konten oder die Einschau für einen anderen (oder weiteren) Zeitraum bewilligen. |
Normen | |
RS 2 | Dass das BFG eine Einschränkung des Auskunftsverlangens nicht vornehmen dürfe, das Auskunftsverlangen der Abgabenbehörde also nur zur Gänze bewilligen dürfe oder zur Gänze die Bewilligung verweigern müsse, ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht. Der VwGH hat zur vergleichbaren Fragestellung der Beschlagnahme von Unterlagen in Durchbrechung des Bankgeheimnisses in einem Finanzstrafverfahren (zur damaligen Fassung des § 89 FinStrG) ausgeführt, die (damalige) belangte Behörde hätte die Entscheidung des Vorsitzenden des Spruchsenates dahin abzuändern gehabt, dass die Unterlagen allenfalls nur zum Teil der Beschlagnahme unterlägen (vgl. ; vgl. weiters - zu § 116 StPO 1975 nach damaliger Rechtslage - Moringer, AnwBl 2010/05, 234 ff, unter Hinweis auf zwei Entscheidungen des OLG Linz, mit denen Beschwerden zur "Kontoeröffnung" teilweise Folge gegeben wurde; vgl. weiters Flora in Fuchs/Ratz, WK StPO § 116 Rz 80). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist nicht erkennbar, dass ein Verbot einer Einschränkung der historischen Absicht des Gesetzgebers entsprechen würde; in den Gesetzesmaterialien finden sich dazu keine Hinweise. Eine derartige Einschränkung kann auch nicht als die Sache des Verfahrens überschreitende inhaltliche Änderung des Auskunftsverlangens beurteilt werden, geht doch die Entscheidung in einem derartigen Fall nicht über den Antrag hinaus; es wird damit nicht mehr oder anderes, sondern weniger als beantragt bewilligt. Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass im Hinblick auf den bei der Konteneinschau einzuhaltenden Ablauf nur eine gänzliche Bewilligung oder gänzliche Verweigerung des Auskunftsverlangens in Frage komme. Auskunftsverlangen sind vom Leiter der Abgabenbehörde zu unterfertigen; die Begründung ist im Abgabenakt zu dokumentieren. Das Auskunftsverlangen selbst sowie (u.a.) die Begründung sind dem BFG vorzulegen; das BFG prüft auf Basis dieser Unterlagen das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Konteneinschau. Liegt eine Bewilligung des BFG vor, darf von dem im Auskunftsverlangen genannten Kreditinstitut die begehrte Auskunft eingeholt werden |
Normen | |
RS 3 | Es ist davon auszugehen, dass im Abgabenverfahren dem Kreditinstitut - im Falle einer Bewilligung des Auskunftsverlangens - jedenfalls der auf das Auskunftsverlangen der Abgabenbehörde bezogene Bewilligungsbeschluss des BFG (des Einzelrichters und allenfalls des Senats) zu übermitteln ist. Da bereits die Begründung des Auskunftsverlangens lediglich im Abgabenakt zu dokumentieren ist (und damit dem Kreditinstitut nicht bekannt zu geben ist), ist auch die Begründung des Beschlusses des BFG dem Kreditinstitut nicht mitzuteilen; insoweit ist lediglich der Spruch dieses Beschlusses mitzuteilen. Daraus ist dem Kreditinstitut aber ohne Weiteres erkennbar, ob das Auskunftsverlangen zur Gänze oder nur eingeschränkt bewilligt wurde. Die Auskunft ist sodann nur in dem Umfang zu erteilen, in dem eine Bewilligung durch das BFG vorliegt. Sollte das Kreditinstitut allenfalls irrtümlich über die eingeschränkte Bewilligung hinausgehend Auskunft erteilen, unterliegt diese überschießende Auskunft im Abgabenverfahren einem Verwertungsverbot (§ 9 Abs. 5 KontRegG 2015). |
Normen | |
RS 4 | Es wäre zweifellos untunlich, würde von der Abgabenbehörde verlangt, für jeden Monat (oder für noch kürzere Zeiträume) gesonderte Auskunftsverlangen zu übermitteln, um eine vollumfängliche Abweisung zu vermeiden. Eine derartige Regelung wäre dem Gesetzgeber (auch im Hinblick auf die - in den Gesetzesmaterialien verwiesenen - Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit; vgl. 685 BlgNR 25. GP 5) nicht zusinnbar; auch dies spricht dagegen, dass lediglich eine vollumfängliche Bewilligung oder eine gänzliche Abweisung des Auksunftsverlangens erfolgen dürfe. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2023/13/0037
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, den Hofrat MMag. Maislinger, die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Graz-Stadt in 8010 Graz, Conrad von Hötzendorfstraße 14-18, gegen die Beschlüsse des Bundesfinanzgerichts vom , Zlen. 1. KR/2100001/2023, 2. KR/2100002/2023, betreffend Auskunftsverlangen nach § 8 KontRegG (mitbeteiligte Partei: Mag. M in G, vertreten durch die Kanzlei Kleiner Eberl Brandstätter Steuerberatung GmbH in 8010 Graz, Burgring 22), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Beschlüsse werden im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Zum bisherigen Verfahrensgeschehen ist auf das Erkenntnis vom , Ro 2022/13/0031, zu verweisen.
2 Mit den nunmehr angefochtenen Beschlüssen sprach das Bundesfinanzgericht (durch einen Senat) neuerlich aus, dass die Konteneinschauen zu Unrecht bewilligt worden seien. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
3 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führt das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, vorweg sei festzuhalten, dass die Abgabenbehörde in der Begründung des Auskunftsverlangens eingangs zwar Kapitalabflüsse nach dem Kapitalabfluss-Meldegesetz erwähne, jedoch keine gesamthafte Berechnung einer Geldmittelunterdeckung angestellt habe. Das Bundesfinanzgericht könne daher nicht erkennen, dass sich aus diesen Kapitalabflüssen im Gesamten Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen ergeben. Aus der Begründung des Auskunftsverlangens könnten aber drei Sachverhalte extrahiert werden (Zinsenzahlung; Verkaufspreis Liegenschaften; Kapitalabflüsse vom Konto der Ehefrau). Dazu habe jeweils der Abgabepflichtige im Zuge des Parteiengehörs Stellung genommen. Die Abgabenbehörde sehe aber ihre Zweifel nicht ausgeräumt.
4 Bei der Bewilligung eines Auskunftsverlangens an ein Kreditinstitut als Mittel zur Konteneinschau handle es sich um die Bewilligung einer Ermittlungshandlung der Abgabenbehörde in Form eines schriftlichen Auskunftsverlangens. Gegenstand der Bewilligung sei somit das unterfertigte Auskunftsverlangen.
5 Betreffend die eine Bank sei bei zwei der im Auskunftsverlangen angeführten Konten (Endziffern 6252 und 3493) die Anzahl der Stellen (19 bzw. 21) fehlerhaft; schriftliche Auskunftsverlangen mit fehlerhaften Kontonummern seien von vornherein nicht bewilligungsfähig. Was die Depots mit den Endziffern 2717 und 8235 betreffe, so fänden diese in der Begründung des Auskunftsverlangens zwar Erwähnung, jedoch sei anhand der vorgelegten Unterlagen (insbesondere der Begründung des Auskunftsverlangens) nicht zu erkennen, warum die Auskunft dazu geeignet sein solle, die Zweifel hinsichtlich der von der Abgabenbehörde dargestellten Sachverhalte aufzuklären. Im Übrigen sei nach der Aktenlage im Bewilligungsverfahren zu den Konten mit den Endziffern 3493 (Kontonummer fehlerhaft) und 2732 keine Würdigung der Stellungnahme des H und der Ehefrau des Abgabepflichtigen vorgelegt worden. Auch der Begründung des Auskunftsverlangens seien keine solchen Stellungnahmen zu entnehmen; es werde auch nicht ausgeführt, dass von diesen Personen keine Stellungnahmen abgegeben worden seien.
6 Betreffend die andere Bank sei zu drei Konten (bzw. einem Depot) anhand der vorgelegten Unterlagen nicht zu erkennen, dass sie im Zusammenhang mit bestimmten Zweifeln an der Richtigkeit von Angaben des Abgabepflichtigen stünden und die Auskunft geeignet sei, die Zweifel aufzuklären.
7 Die schriftlichen Auskunftsverlangen hätten daher - unbesehen eines allfälligen Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einschau in die Konten mit den Endziffern 0746 und 2732 bei der einen Bank und dem Konto mit den Endziffern 3416 bei der anderen Bank - nicht mehr bewilligt werden dürfen, weil ein dem Bundesfinanzgericht übermitteltes Auskunftsverlangen nur vollumfänglich bewilligt werden könne. Die nur teilweise Bewilligung würde eine nachträgliche Veränderung des schriftlichen Auskunftsverlangens durch die Abgabenbehörde (z.B. durch Streichungen) erfordern, was aber nicht zulässig wäre. Genauso wenig wäre es zulässig, ein teilweise nicht bewilligtes schriftliches Auskunftsverlangen an ein Kreditinstitut zu richten und es diesem zu überantworten, das Ausmaß der Bewilligung festzustellen.
8 Wolle die Abgabenbehörde vermeiden, dass ein schriftliches Auskunftsverlangen nicht bewilligt werde, weil es nicht vollumfänglich bewilligungsfähig sei, müsse sie dem Bundesfinanzgericht für jedes Konto ein eigenes schriftliches Auskunftsverlangen zur Bewilligung übermitteln.
9 Es sei daher auszusprechen gewesen, dass die Konteneinschauen (die schriftlichen Auskunftsverlangen) zu Unrecht bewilligt worden seien.
10 Abschließend werde darauf hingewiesen, dass es im Verfahren zur abgabenbehördlichen Konteneinschau zweckmäßig und notwendig sei, der Begründung des Auskunftsverlangens einen Kontoregisterauszug des auskunftsgegenständlichen Kontos als integralen Bestandteil beizufügen, damit gegenüber dem Bundesfinanzgericht sowohl die Richtigkeit der im schriftlichen Auskunftsverlangen angeführten Kontonummer als auch der Inhaber dieses Kontos nachgewiesen sei.
11 Gegen diese Beschlüsse, soweit damit die Einschau in die Konten mit den Endziffern 0746 und 2732 bzw. 3416 nicht bewilligt wurde, wenden sich die Revisionen des Finanzamts. Zur Zulässigkeit wird geltend gemacht, zur Frage, ob eine teilweise Bewilligung eines Auskunftsverlangens zulässig sei, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.
12 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat die mitbeteiligte Partei jeweils eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung erwogen:
14 Die Revisionen sind zulässig und begründet.
15 Gemäß § 8 Abs. 1 Kontenregister- und Konteneinschaugesetz (KontRegG) ist die Abgabenbehörde bei Vorliegen näher genannter Voraussetzungen berechtigt, über Tatsachen einer Geschäftsverbindung von Kreditinstituten Auskunft zu verlangen. Auskunftsverlangen bedürfen nach § 8 Abs. 2 KontRegG der Schriftform und sind - im Allgemeinen - vom Leiter der Abgabenbehörde zu unterfertigen. Auskunftsersuchen und ihre Begründung sind im Abgabenakt zu dokumentieren.
16 Auskunftsverlangen (§ 8 KontRegG) bedürfen nach § 9 Abs. 2 KontRegG der Bewilligung durch das Bundesfinanzgericht. Dabei entscheidet zunächst das Bundesfinanzgericht durch Einzelrichter mit Beschluss über die Bewilligung einer Konteneinschau (§ 9 Abs. 2 KontRegG). Über einen dagegen eingelegten Rekurs entscheidet das Bundesfinanzgericht durch einen Senat (§ 9 Abs. 3 KontRegG).
17 Das Bundesfinanzgericht ist bei seinen Entscheidungen - sowohl durch den Einzelrichter als auch über Rekurs durch den Senat - an die „Sache“ des Verfahrens gebunden.
18 „Sache“ der Entscheidung des Einzelrichters des Bundesfinanzgerichts ist das Begehren auf Bewilligung des Auskunftsverlangens (Konteneinschau) auf Basis – ausschließlich - der von der Abgabenbehörde vorzulegenden Unterlagen. Auch die Entscheidung des Senats ist durch diese „Sache“ eingeschränkt (vgl. , Rz 36).
19 Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ist damit „antragsgebunden“; die Entscheidung darf nicht über diesen Antrag hinausgehen (vgl. z.B. zu einem Antrag auf Nachsicht ; vgl. auch - zur gesetzlich eingeräumten Möglichkeit, betreffend § 212 BAO über einen Antrag hinauszugehen - ). Das Bundesfinanzgericht darf daher die Konteneinschau weder in einem größeren Umfang, als von der Abgabenbehörde begehrt, bewilligen, noch darf das Bundesfinanzgericht anderes als das von der Abgabenbehörde Beantragte bewilligen. So darf das Bundesfinanzgericht nicht die Einschau in andere (oder weitere) Konten oder die Einschau für einen anderen (oder weiteren) Zeitraum bewilligen. Ob bloß auf einem Versehen beruhende Fehler (z.B. Schreibfehler betreffend die Kontonummer) der Abgabenbehörde, die bei Vorlage des Ergebnisses der Auskunft aus dem Kontenregister allenfalls klar erkennbar wären, im Hinblick auf die kurze Entscheidungsfrist des Einzelrichters berichtigt werden könnten, ist hier - im Hinblick auf die eingeschränkte Bekämpfung im Rahmen der Revision - nicht zu behandeln.
20 Dass das Bundesfinanzgericht hingegen eine Einschränkung nicht vornehmen dürfe, das Auskunftsverlangen der Abgabenbehörde also nur zur Gänze bewilligen dürfe oder zur Gänze die Bewilligung verweigern müsse, ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur vergleichbaren Fragestellung der Beschlagnahme von Unterlagen in Durchbrechung des Bankgeheimnisses in einem Finanzstrafverfahren (zur damaligen Fassung des § 89 FinStrG) ausgeführt, die (damalige) belangte Behörde hätte die Entscheidung des Vorsitzenden des Spruchsenates dahin abzuändern gehabt, dass die Unterlagen allenfalls nur zum Teil der Beschlagnahme unterlägen (vgl. ; vgl. weiters - zu § 116 StPO nach damaliger Rechtslage - Moringer, AnwBl 2010/05, 234 ff, unter Hinweis auf zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Linz, mit denen Beschwerden zur „Kontoeröffnung“ teilweise Folge gegeben wurde; vgl. weiters Flora in Fuchs/Ratz, WK StPO § 116 Rz 80). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist nicht erkennbar, dass ein Verbot einer Einschränkung der historischen Absicht des Gesetzgebers entsprechen würde; in den Gesetzesmaterialien finden sich dazu keine Hinweise. Eine derartige Einschränkung kann auch nicht als die Sache des Verfahrens überschreitende inhaltliche Änderung des Auskunftsverlangens beurteilt werden, geht doch die Entscheidung in einem derartigen Fall nicht über den Antrag hinaus; es wird damit nicht mehr oder anderes, sondern weniger als beantragt bewilligt.
21 Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass im Hinblick auf den bei der Konteneinschau einzuhaltenden Ablauf nur eine gänzliche Bewilligung oder gänzliche Verweigerung des Auskunftsverlangens in Frage komme. Auskunftsverlangen sind vom Leiter der Abgabenbehörde zu unterfertigen; die Begründung ist im Abgabenakt zu dokumentieren. Das Auskunftsverlangen selbst sowie (u.a.) die Begründung sind dem Bundesfinanzgericht vorzulegen; das Bundesfinanzgericht prüft auf Basis dieser Unterlagen das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Konteneinschau. Liegt eine Bewilligung des Bundesfinanzgerichts vor, darf von dem im Auskunftsverlangen genannten Kreditinstitut die begehrte Auskunft eingeholt werden.
22 Das KontRegG enthält zum weiteren Vorgehen keine gesonderten Bestimmungen. Im Zusammenhang mit der Einrichtung des Kontenregisters erfolgten aber auch Änderungen der Bestimmungen des FinStrG (§ 99 Abs. 6 idF Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015; vgl. dazu 750 BlgNR 25. GP 7) und der StPO (§ 116 idF Strafprozessrechtsänderungsgesetz I 2016, BGBl. I Nr. 26; vgl. dazu 1058 BlgNR 25. GP 3; vgl. auch den Hinweis auf ein gesondertes Gesetzgebungsvorhaben dazu in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum KontRegG, BGBl. I Nr. 116/2015, 685 BlgNR 25. GP 2 - zu § 38 Abs. 2 BWG). Nach § 99 Abs. 6 FinStrG bedürfen Ersuchen um Auskünfte im Sinne des § 38 Abs. 2 Z 1 BWG einer „Anordnung“ des Vorsitzenden des Spruchsenats; die „Anordnung samt Auskunftsersuchen“ ist dem Kreditinstitut zuzustellen. Nach § 116 Abs. 5 StPO ist die Anordnung der Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte samt gerichtlicher Bewilligung dem Kredit- oder Finanzinstitut zuzustellen.
23 Es ist davon auszugehen, dass im Abgabenverfahren dem Kreditinstitut - im Falle einer Bewilligung des Auskunftsverlangens - jedenfalls der auf das Auskunftsverlangen der Abgabenbehörde bezogene Bewilligungsbeschluss des Bundesfinanzgerichts (des Einzelrichters und allenfalls des Senats) zu übermitteln ist. Da bereits die Begründung des Auskunftsverlangens lediglich im Abgabenakt zu dokumentieren ist (und damit dem Kreditinstitut nicht bekannt zu geben ist), ist auch die Begründung des Beschlusses des Bundesfinanzgerichts dem Kreditinstitut nicht mitzuteilen; insoweit ist lediglich der Spruch dieses Beschlusses mitzuteilen. Daraus ist dem Kreditinstitut aber ohne Weiteres erkennbar, ob das Auskunftsverlangen zur Gänze oder nur eingeschränkt bewilligt wurde. Die Auskunft ist sodann nur in dem Umfang zu erteilen, in dem eine Bewilligung durch das Bundesfinanzgericht vorliegt. Sollte das Kreditinstitut allenfalls irrtümlich über die eingeschränkte Bewilligung hinausgehend Auskunft erteilen, unterliegt diese überschießende Auskunft im Abgabenverfahren einem Verwertungsverbot (§ 9 Abs. 5 KontRegG).
24 Wenn das Bundesfinanzgericht ausführt, dass die Abgabenbehörde, wolle sie vermeiden, dass ein schriftliches Auskunftsverlangen nicht bewilligt werde, weil es nicht vollumfänglich bewilligungsfähig sei, dem Bundesfinanzgericht für jedes Konto ein eigenes schriftliches Auskunftsverlangen zur Bewilligung übermitteln müsse, so wird damit übersehen, dass sich eine gebotene Einschränkung nicht nur auf eines von mehreren Konten beziehen kann, sondern etwa auch auf den Zeitraum. Es wäre aber zweifellos untunlich, würde von der Abgabenbehörde verlangt, für jeden Monat (oder für noch kürzere Zeiträume) gesonderte Auskunftsverlangen zu übermitteln, um eine vollumfängliche Abweisung zu vermeiden. Eine derartige Regelung wäre dem Gesetzgeber (auch im Hinblick auf die - in den Gesetzesmaterialien verwiesenen - Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit; vgl. 685 BlgNR 25. GP 5) nicht zusinnbar; auch dies spricht dagegen, dass lediglich eine vollumfängliche Bewilligung oder eine gänzliche Abweisung erfolgen dürfe.
25 In der Revisionsbeantwortung wird geltend gemacht, das Bundesfinanzgericht habe seine Entscheidung auch darauf gestützt, dass es nicht habe erkennen können, aus welchen Gründen sich Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen ergäben. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass das Bundesfinanzgericht lediglich „vorweg“ festgehalten hat, dass die Abgabenbehörde zwar Kapitalabflüsse nach dem Kapitalabfluss-Meldegesetz erwähnt habe, jedoch keine gesamthafte Berechnung einer Geldmittelunterdeckung angestellt habe. Das Bundesfinanzgericht könne daher nicht erkennen, dass sich aus diesen Kapitalabflüssen im Gesamten Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen ergäben. In der Folge führte das Bundesfinanzgericht aber zu mehreren Sachverhalten (Zinsenzahlung; Verkaufspreis von Liegenschaften; Kapitalabflüsse vom Konto der Ehefrau) jeweils aus, dass die Abgabenbehörde ihre Zweifel nicht ausgeräumt sehe. Eigene Erwägungen des Bundesfinanzgerichts dazu, ob begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bestehen (§ 8 Abs. 1 Z 1 KontRegG), liegen nicht vor. Das Bundesfinanzgericht führte vielmehr aus, das Auskunftsverlangen habe „unbesehen eines allfälligen Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einschau“ in die genannten Konten nicht bewilligt werden dürfen, weil ein Auskunftsverlangen vom Bundesfinanzgericht nur vollumfänglich bewilligt werden könne. Die Frage, ob die „gesetzlichen Voraussetzungen“ und damit insbesondere begründete Zweifel vorlagen, blieb somit offen; tragend wurde die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts lediglich darauf gestützt, dass das Auskunftsverlangen nur vollumfänglich bewilligt werden könne.
26 Die angefochtenen Beschlüsse waren daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023130036.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAF-46273