VwGH 24.08.2023, Ra 2023/13/0003
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | VwGG §30 Abs2 |
RS 1 | Nichtstattgebung - Umsatzsteuer 2006 bis 2009 und Einkommensteuer 2006 und 2007 - Der Revisionswerber hat zwar einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 sowie Grundbuchsauszüge vorgelegt. Zahlenmäßige Angaben über die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Revisionswerbers liegen damit aber nicht vor, sodass schon deswegen nicht erkennbar ist, dass dem Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil drohe. |
Norm | VwGG §30 Abs2 |
RS 2 | Nichtstattgebung - Umsatzsteuer 2006 bis 2009 und Einkommensteuer 2006 und 2007 - Der Antragsteller begehrt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Er macht dazu geltend, bislang sei es ihm möglich gewesen, mit dem Finanzamt Regelungen zum Aufschub der Vollstreckung des Bezug habenden Steuerbescheides zu erreichen. Offensichtlich aufgrund der langen Dauer des Verfahrens (der erstinstanzliche Steuerbescheid stamme aus dem Jahr 2013) habe das Finanzamt nunmehr den Antragsteller aufgefordert, den Betrag von ca. 150.000 € einzuzahlen, andernfalls seine Liegenschaften versteigert würden. Aus einer Versteigerung der Liegenschaften würde dem Antragsteller ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehen. Ein tatsächlich nicht wieder gutzumachender Schaden wäre erst dann zu befürchten, wenn die Verwertung des Liegenschaftseigentums konkret drohen sollte. Für den Fall, dass die Versteigerung von Liegenschaften des Antragstellers beantragt und bewilligt werden sollte, käme eine - entsprechend bescheinigte - neuerliche Antragstellung auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Betracht (vgl. ). Dem Antrag war daher nicht stattzugeben. |
Normen | |
RS 1 | Gemäß § 272 Abs. 2 BAO obliegt die Entscheidung dem Senat, wenn dies in der Beschwerde, im Vorlageantrag, in der Beitrittserklärung oder - im Falle des § 253 BAO - innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des späteren Bescheides beantragt wird. Nach § 274 Abs. 1 BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn dies in der Beschwerde, im Vorlageantrag, in der Beitrittserklärung oder - im Fall des § 253 BAO - innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe des späteren Bescheides beantragt wird. Anträge, die nicht in diesen im Gesetz aufgezählten Schriftsätzen erfolgen, begründen keinen Anspruch auf Entscheidung durch den Senat bzw. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Dies gilt insbesondere auch in dem Fall, in dem diese Anträge erst im Rahmen der Verbesserung einer ursprünglich mangelhaft eingebrachten Beschwerde gestellt werden (vgl. ; vgl. weiters ; , 2008/13/0148). |
Normen | |
RS 2 | Der Begriff "Vermittlung" bezieht sich auf eine Tätigkeit, die von einer Mittelsperson ausgeübt wird, die nicht den Platz einer Partei des vermittelten Vertrages einnimmt und deren Tätigkeit sich von den typischen vertraglichen Leistungen unterscheidet, die von den Parteien des vermittelten Vertrages erbracht werden. Die Vermittlungstätigkeit ist eine Dienstleistung, die einer Vertragspartei erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird. Sie kann u.a. darin bestehen, der Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines solchen Vertrags nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Zweck dieser Tätigkeit ist es also, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrags hat (vgl. CSC Financial Services, C-235/00, Rn. 39). Dagegen handelt es sich nicht um eine Vermittlungstätigkeit, wenn eine der Vertragsparteien einen Subunternehmer mit einem Teil der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit betraut, wie der Erteilung von Informationen an die andere Partei oder der Annahme und Bearbeitung der Anträge auf Abschluss des vermittelten Vertrags. In einem solchen Fall nimmt der Subunternehmer denselben Platz ein wie der Anbieter und ist daher keine Mittelsperson (vgl. neuerlich EuGH CSC Financial Services, Rn 40); insoweit handelt es sich um eine Ausgliederung der Tätigkeiten des Anbieters (vgl. auch Aspiro, C-40/15, Rn. 42). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2017/13/0059 B RS 2 |
Normen | |
RS 3 | Die Tätigkeit als "Vermittler" und als "Subunternehmer" können im Verhältnis einer Hauptleistung und einer Nebenleistung stehen (vgl. Volker Ludwig, C-453/05, Rn. 17 ff). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2017/13/0059 B RS 3 |
Normen | UStG 1994 §1 Abs1 Z1 62004CJ0041 Levob Verzekeringen und OV Bank VORAB 62011CJ0044 Deutsche Bank VORAB |
RS 4 | Nach der Rechtsprechung des EuGH ist bei einem Umsatz, der verschiedene Einzelleistungen und Handlungen umfasst, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob dieser Umsatz zwei oder mehr getrennte Leistungen oder eine einheitliche Leistung umfasst. Eine Einheit liegt vor, wenn die Leistungen so eng verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dabei ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen (vgl. die Urteile vom , C-41/04, Levob Verzekeringen BV, OV Bank NV, Randnr. 19 bis 21, und vom , C-44/11, Deutsche Bank AG, Randnr. 21). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2010/15/0165 E VwSlg 8818 F/2013 RS 3 (hier ohne den letzten Satz) |
Normen | UStG 1994 §1 Abs1 Z1 62019CJ0231 Blackrock Investment Management (UK) VORAB |
RS 5 | Eine einheitliche Leistung kann auch bei mehreren gleichrangigen Leistungen vorliegen (vgl. BlackRock Investment Management (UK), C-231/19, Rn. 29 f). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2022/13/0084 E RS 2 |
Norm | BAO §184 Abs1 |
RS 6 | Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages geht davon aus, dass bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch noch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden. Aufgabe eines Sicherheitszuschlages ist es also, das Risiko möglicher weiterer Unvollständigkeiten von Aufzeichnungen auszugleichen; dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (vgl. - zu § 149 Stmk LAO - das hg. Erkenntnis vom , 92/17/0106). Auch mit Hilfe der Methode des Sicherheitszuschlages soll kein anderes Ergebnis erreicht werden, als jenes, das der wahrscheinlichsten Bemessungsgrundlage nahekommt. Der Sicherheitszuschlag hat ebenso wie andere Schätzungskomponenten nicht Strafcharakter (kein "Straf-Zuschlag"). Seine Höhe hat sich daher nach den Besonderheiten des Schätzungsfalles und nach den festgestellten Fehlern, Mängeln und vermuteten Verminderungen des Ergebnisausweises, also nach den Gegebenheiten im Bereich des Tatsächlichen, zu richten (Stoll, Bundesabgabenordnung, § 184, 1941). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2009/15/0223 E RS 7 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des G, vertreten durch Mag. Martin Paar, Mag. Hermann Zwanzger und Mag. Tobias Praschl-Bichler, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, der gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7100224/2014, betreffend u.a. Umsatzsteuer 2006 bis 2009 und Einkommensteuer 2006 und 2007, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antragnicht stattgegeben.
Begründung
1 Der Antragsteller begehrt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Er macht dazu geltend, bislang sei es ihm möglich gewesen, mit dem Finanzamt Regelungen zum Aufschub der Vollstreckung des Bezug habenden Steuerbescheides zu erreichen. Offensichtlich aufgrund der langen Dauer des Verfahrens (der erstinstanzliche Steuerbescheid stamme aus dem Jahr 2013) habe das Finanzamt nunmehr den Antragsteller aufgefordert, den Betrag von ca. 150.000 € einzuzahlen, andernfalls seine Liegenschaften versteigert würden. Aus einer Versteigerung der Liegenschaften würde dem Antragsteller ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehen. Einer Aufschiebung der Exekution stünden keinerlei zwingende öffentliche Interessen entgegen. Aufgrund des vorhandenen Liegenschaftsbesitzes und des bislang regelmäßigen Einkommens des Revisionswerbers (zu versteuerndes Einkommen in den letzten Jahren jeweils ca. 50.000 €) sei eine Gefährdung der Einbringlichkeit nicht gegeben. Der Antragsteller habe seit Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides auch keinerlei Verfügungen getroffen, die die Einbringlichkeit erschweren könnten.
2 Das Finanzamt beantragt, den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abzuweisen.
3 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
4 Die Unverhältnismäßigkeit des Nachteils aus der Verpflichtung zu einer Geldleistung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg.Nr. 10.381/A) schon im Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung durch zahlenmäßige Angaben über die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu konkretisieren. Erst die ausreichende und zudem glaubhaft dargetane Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung.
5 Der Revisionswerber hat zwar einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 sowie Grundbuchsauszüge vorgelegt. Er hat auch eine Mitteilung vorgelegt, wonach das Finanzamt auf Ersuchen um Zustimmung zu einem außergerichtlichen Ausgleich mitgeteilt hat, dass eine Abschreibung von Abgabenschuldigkeiten nicht in Aussicht gestellt werden könne. Der Revisionswerber werde demnach aufgefordert, den vollstreckbaren Rückstand in Höhe von ca. 150.000 € einzuzahlen; im Falle der Nichtzahlung sehe sich das Finanzamt gezwungen, die Versteigerung der Liegenschaften einzuleiten.
6 Zahlenmäßige Angaben über die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Revisionswerbers liegen damit aber nicht vor, sodass schon deswegen nicht erkennbar ist, dass dem Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil drohe. Auch hat der Revisionswerber nicht dargetan, dass eine - im Falle der Berechtigung der Revision bloß vorübergehende - Belastung durch den Vollzug des Erkenntnisses trotz der Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Zahlungserleichterungen (Stundung, Ratenzahlung; das Finanzamt hat nach der Mitteilung lediglich eine Abschreibung von Abgaben „nicht in Aussicht stellen können“) und allenfalls einer Fremdfinanzierung mit einem unverhältnismäßigen Nachteil verbunden wäre (vgl. z.B. ; , Ro 2022/15/0030). Ein tatsächlich nicht wieder gutzumachender Schaden wäre weiters erst dann zu befürchten, wenn die Verwertung des Liegenschaftseigentums konkret drohen sollte. Für den Fall, dass die Versteigerung von Liegenschaften des Antragstellers beantragt und bewilligt werden sollte, käme eine - entsprechend bescheinigte - neuerliche Antragstellung auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Betracht (vgl. ).
7 Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, den Hofrat MMag. Maislinger, die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Z in W, vertreten durch Mag. Martin Paar, Mag. Hermann Zwanzger und Mag. Tobias Praschl-Bichler, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7100224/2014, betreffend u.a. Umsatzsteuer 2006 bis 2009 und Einkommensteuer 2006 und 2007, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird betreffend Umsatzsteuer 2006 und 2007 sowie betreffend Einkommensteuer 2006 und 2007 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Im Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung vom wurde u.a. festgehalten, der Revisionswerber habe im Prüfungszeitraum (2006 und 2007) an zwei Betriebsstätten sogenannte Wettlokale betrieben. Der Revisionswerber habe für die beiden Standorte mit der X Ltd (Malta; in der Folge bezeichnet mit X) als „Wettvermittlungsverträge“ bezeichnete Vereinbarungen abgeschlossen. Die aufgrund dieser Vereinbarungen zu erbringenden Leistungen seien als einheitliche Dienstleistung zu würdigen, die in einem engen und unmittelbaren Zusammenhang mit einem Grundstück stehe. Es handle sich dabei insbesondere nicht um eine Vermittlungsleistung. Diese Leistungen seien demnach in Österreich steuerbar. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die X in Österreich eine Betriebsstätte habe; die vom Revisionswerber erzielten Umsätze seien dieser Betriebsstätte zuzuordnen. Durch die Nichtvorlage von Grundaufzeichnungen sei eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der vorgelegten Provisionsabrechnungen bzw. der erklärten Provisionserlöse unmöglich. Die Behörde sei daher zur Schätzung verpflichtet. Es werde eine griffweise Umsatzzuschätzung in Höhe von (ca.) 100 % der erklärten Umsätze angesetzt; in gleicher Höhe würden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erhöht.
2 Mit Bescheiden vom nahm das Finanzamt die Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2006 und 2007 sowie Einkommensteuer 2006 und 2007 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und setzte die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007 neu fest. In der Begründung der Wiederaufnahmebescheide wurde jeweils auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung verwiesen.
3 Mit Bescheiden vom wurde die Umsatzsteuer für die Jahre 2008 und 2009 festgesetzt. In der Begründung wurde ausgeführt, die Veranlagung erfolge unter Zugrundelegung der Feststellungen der Außenprüfung für die Jahre 2006 und 2007. Eine Zuschätzung von Umsätzen erfolgte insoweit nicht.
4 Der Revisionswerber erhob gegen diese Bescheide mit Schriftsatz vom Berufung. Darin wurde angeführt, die Berufungsgründe würden nachgereicht.
5 Mit Bescheid vom wurde dem Revisionswerber aufgetragen, den Mangel der Berufung (es fehle die Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden; die Erklärung, welche Änderung beantragt werde; sowie eine Begründung) bis zum zu beheben.
6 Mit Schriftsatz vom erfolgte die Behebung dieser Mängel. Mit diesem Schriftsatz beantragte der Revisionswerber auch eine mündliche Verhandlung sowie die Entscheidung durch den Senat. Es wurde angeregt, die Berufung mittels Berufungsvorentscheidung zu erledigen. Für den Fall, dass die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung vorgelegt werden sollte, wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzusetzen und durch den gesamten Berufungssenat zu entscheiden.
7 Das Finanzamt legte die Berufung dem (damaligen) unabhängigen Finanzsenat vor, ohne eine Berufungsvorentscheidung zu treffen.
8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
9 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe in den Streitjahren in W und S Wettlokale betrieben. Er habe mit einem in Malta ansässigen Wettanbieter (X), der auch von Malta aus sein operatives Geschäft betreibe, sogenannte „Wettvermittlungsverträge“ abgeschlossen. Nach diesen habe X das Lokal mit Wettterminals ausgestattet und habe den gesamten für den Betrieb erforderlichen „Support“ (insbesondere Service und Administration) geleistet. Die Wettterminals seien online mit X verbunden, die auch die Wetten auswerte.
10 Weiters sei mit der (österreichischen) X GmbH eine „Vereinbarung Leihstellung und Ausstattung der Wettannahmestelle“ abgeschlossen worden, wonach dem Lokalbetreiber die Wettannahmestellen (PC) kostenlos geliefert, installiert und zur Verfügung gestellt würden. Die Wettterminals seien online mit der X verbunden.
11 Die Wettabwicklung sei in der Weise erfolgt, dass dem jeweiligen Kunden für jede Wettabgabe ein Originalwettschein ausgedruckt werde, der als schriftliche Bestätigung des Wettvertrages zwischen der X und dem Wettkunden gelte. Sämtliche Wettscheine, aus denen sich ein Gewinn ergebe, seien vor Auszahlung des Gewinns entgegenzunehmen, auf Echtheit zu prüfen und nach Auszahlung des Gewinns durch eine entsprechende Markierung (Stempel) auf dem Wettschein zu entwerten und zunächst sorgfältig aufzubewahren. Diese Wettscheine müssten so verwahrt werden, dass sie vor dem Zugriff von Kunden ausreichend geschützt seien. Auf Verlangen müssten diese Wettscheine der X übermittelt werden. Nach drei Monaten sollten diese Wettscheine, soweit sie nicht Gegenstand von Streitigkeiten mit Kunden seien, vernichtet werden.
12 Der Revisionswerber sei ermächtigt worden, die Geldbeträge für die X treuhändig einzuziehen sowie gegen Übergabe des Originalwettscheines Gewinne treuhändig auszuzahlen und/oder Wetteinsätze zurückzuzahlen.
13 Der Revisionswerber verwalte die Wetteinnahmen für die X treuhändig und hafte auch für diese. Die Wettabrechnung erfolge ausschließlich und direkt zwischen dem Revisionswerber und der X. Diese erstelle jeden ersten Dienstag im Monat eine Abrechnung über die Wettumsätze, die Wettauszahlungen sowie die erteilte Provision.
14 Die Leistung des Revisionswerbers bestehe neben der Duldung der Aufstellung des Wettterminals in einer Reihe weiterer Leistungen (Bereitstellung von Strom, Einsatz von geschultem Personal, Verhinderung von Beschädigungen bzw. im Falle einer Beschädigung die Feststellung eines Schädigers, Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung, sofortige Verständigung bei Betriebsstörungen des Wettterminals, Aufrechterhaltung der Spielbereitschaft während der Öffnungszeiten, solidarische Haftung für Schäden, Wettabwicklung, Ausdruck von Wettscheinen sowie Aufbewahrung/Verwahrung der Wettscheine). Der Revisionswerber habe somit die räumlichen, technischen und personellen Voraussetzungen zur ordnungsgemäßen Durchführung dieses Vertrages zu schaffen. Der Revisionswerber sei verpflichtet, ausschließlich geschultes und qualifiziertes Personal einzusetzen und sein Personal regelmäßig zu schulen.
15 Vom Revisionswerber gemeldete Betriebsstörungen oder Beschädigungen des Wettterminals habe X schnellstmöglich zu beheben. X sei dabei berechtigt, vermittlungsrelevante Unterlagen sowie die technischen Einrichtungen zu prüfen.
16 Von X werde dem Revisionswerber zur Verfügung gestellt: EDV-Anlage (mit allen Wartungs- und Reparaturkosten, Papier, Toner); SAT-Anlage, Folien für die Schaufenster. Demgegenüber habe der Revisionswerber u.a. folgende Kosten zu tragen: Miete, Betriebskosten (Heizung, Strom), Einrichtung (Counterpult, Kasten, Tische, Sessel), Montagekosten der SAT-Anlage, Personalkosten.
17 Die Leistung des Revisionswerbers bestehe im Wesentlichen darin, die Wettterminals samt Internetleitung bereitzustellen, die Geräte spielbereit zu erhalten, für die Wettabwicklung zu sorgen. Er werde jedoch nicht aktiv, um die einzelnen Kunden zum Abschluss eines Wettvertrages zu veranlassen.
18 Das Entgelt bestehe in einem prozentuellen Anteil an den Wetterträgen. Der Ertrag ergebe sich aus dem Wettumsatz minus Wettauszahlungen, vom Rohertrag werde ein Unkostenbeitrag (3 % des Wettumsatzes) abgezogen.
19 Der Revisionswerber erbringe damit ein Bündel von Leistungen. Streit bestehe darüber, ob dieses Bündel in seiner Gesamtheit als Vermittlungsleistung oder als sonstige Leistung zu beurteilen sei und ob diese Leistungen demnach in Österreich steuerbar seien.
20 In den Lokalen des Revisionswerbers sei es zum Abschluss von Wettverträgen zwischen Wettkunden und der X gekommen. Die Vermittlungstätigkeit beschränke sich nicht auf die bloße Namhaftmachung potentieller Vertragspartner, sondern beinhalte einen darüber hinaus gehenden Beitrag, um den Vertragsabschluss zustande zu bringen.
21 Im vorliegenden Fall habe der Revisionswerber umfangreiche „Supportleistungen“ erbracht. Er habe nicht nur Leistungen im Zusammenhang mit dem Zustandekommen der Wettverträge (zwischen den Wettkunden und dem maltesischen Wettanbieter) erbracht, sondern auch Leistungen im Zusammenhang mit der Abwicklung der Wettverträge (Ausdruck bzw. Aushändigung der Wettscheine, Entgegennahme der Zahlungen der Kunden, Auszahlung der Gewinne gegen Übergabe der Originalwettscheine) erbracht. Alle vom Revisionswerber erbrachten Leistungen seien einheitlich belohnt worden, wobei sich die Entlohnung am Ertrag orientiert habe, sodass insoweit auch ein Eigeninteresse des Revisionswerbers an den zwischen Kunden und der X zustande gekommenen Wettverträgen bestanden habe. Ein Dominieren der bloß das Zustandekommen der Wettverträge vorbereitenden Tätigkeiten des Revisionswerbers liege aber nicht vor.
22 Vergleichbar mit dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zl. Ra 2014/15/0056 zu Grunde gelegen sei, habe auch der Revisionswerber keine Mitwirkung zum Vertragsabschluss zwischen den Besuchern des Lokals (den Wettkunden) und dem ausländischen Wettanbieter geleistet, da er keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen bzw. keinen Leistungsaustausch zwischen diesen hergestellt habe. Der Wettkunde tätige seine Wetteinsätze am Wettterminal selbständig. Einer Mitwirkung des Lokalbetreibers im Sinne des Einwirkens auf den Kunden, der das Wettlokal betreibe und mit dem Wettanbieter Wetten abschließe, bedürfe es nicht.
23 Ohne eine solche Mitwirkung könne aber nicht von einer Vermittlungsleistung ausgegangen werden, weil sonst jede Leistung im Vorfeld oder Umfeld eines Vertragsabschlusses schon zu einer Vermittlungsleistung würde.
24 Der Revisionswerber habe keinen konkreten Beitrag zum Vertragsabschluss geleistet, sondern habe dem ausländischen Unternehmen eine Vielzahl von sonstigen Leistungen erbracht. Eine Vermittlungsleistung liege daher nicht vor.
25 Es handle sich auch nicht um Grundstücksleistungen. Es lägen vielmehr sonstige Leistungen vor, für welche spezielle Leistungsortregeln nicht anwendbar seien. Die Leistungen gälten demnach nach der in den Streitjahren geltenden Fassung der Generalklausel des § 3a Abs. 12 UStG 1994 an dem Ort ausgeführt, von dem der Unternehmer (der Revisionswerber) sein Unternehmen betreibe. Die Provisionen seien daher zu Recht der Umsatzsteuer unterzogen worden.
26 In den Betrieben des Revisionswerbers habe es an Unterlagen gemangelt, anhand derer die Berechnungsbasis der vom Revisionswerber erzielten Provisionserlöse bzw. die Höhe der ausbezahlten Provisionserlöse hätte überprüft werden können. Es seien weder Unterlagen zu den im Lokal vorgenommenen Wetteinsätzen noch zu Gewinnauszahlungen vorgelegt worden.
27 Durch die Nichtvorlage von Grundaufzeichnungen sei eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der vorgelegten Provisionsabrechnungen nicht möglich. Es bestehe demnach die Verpflichtung zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 Abs. 3 BAO. Die von der Abgabenbehörde vorgenommenen pauschalen Umsatzzuschätzungen seien nicht rechtswidrig.
28 Der Antrag auf mündliche Verhandlung sei erst in einem ergänzenden Schriftsatz und damit verspätet gestellt worden. Der Sachverhalt gehe überdies vollständig und ausreichend aus den Akten hervor, sodass keine Gründe für eine mündliche Verhandlung vorlägen.
29 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom , E 266/2021-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung führte der Verfassungsgerichtshof aus, die Beschwerde rüge die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen sowie insbesondere der Frage, ob vom Bundesfinanzgericht innerstaatliche einfachgesetzliche Normen oder unionsrechtliche Normen anzuwenden gewesen seien, seien spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen.
30 Gegen dieses Erkenntnis - nach seiner Bezeichnung auf der ersten Seite der Revision, den Revisionspunkten und seinem Vorbringen ist davon die Entscheidung betreffend Wiederaufnahme nicht umfasst - wendet sich auch die vorliegende Revision.
31 Die belangte Behörde hat - nach Einleitung des Vorverfahrens - eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
32 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
33 Die Revision ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.
34 Der Revisionswerber rügt die Nichtdurchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch einen Einzelrichter.
35 Gemäß § 272 Abs. 2 BAO obliegt die Entscheidung dem Senat, wenn dies in der Beschwerde, im Vorlageantrag, in der Beitrittserklärung oder - im Falle des § 253 BAO - innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des späteren Bescheides beantragt wird. Nach § 274 Abs. 1 BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn dies in der Beschwerde, im Vorlageantrag, in der Beitrittserklärung oder - im Fall des § 253 BAO - innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe des späteren Bescheides beantragt wird.
36 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Anträge, die nicht in diesen im Gesetz aufgezählten Schriftsätzen erfolgen, keinen Anspruch auf Entscheidung durch den Senat bzw. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründen (vgl. - mit weiteren Nachweisen - Ritz/Koran, BAO7, § 272 Tz 4 und § 274 Tz 3). Dies gilt insbesondere auch in dem hier vorliegenden Fall, in dem diese Anträge erst im Rahmen der Verbesserung einer ursprünglich mangelhaft eingebrachten Beschwerde gestellt werden (vgl. ; vgl. weiters ; , 2008/13/0148). Ein Verfahrensmangel liegt insoweit nicht vor.
37 Der Revisionswerber macht geltend, seine Tätigkeit sei (nach Umsatzsteuerrecht) als Vermittlungsleistung zu beurteilen; diese Leistung sei daher in Österreich nicht steuerbar.
38 Nach der Generalklausel des § 3a Abs. 12 UStG 1994 in der hier anwendbaren Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52/2009 (§ 28 Abs. 33 UStG 1994) wird eine sonstige Leistung (in den übrigen Fällen) an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Eine Vermittlungsleistung wird nach § 3a Abs. 4 UStG 1994 (in der genannten Fassung) an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird (abgesehen von hier nicht vorliegenden Vermittlungsleistungen nach § 3a Abs. 10 Z 11 UStG 1994).
39 Der Begriff „Vermittlung“ bezieht sich auf eine Tätigkeit, die von einer Mittelsperson ausgeübt wird, die nicht den Platz einer Partei des vermittelten Vertrags einnimmt und deren Tätigkeit sich von den typischen vertraglichen Leistungen unterscheidet, die von den Parteien des vermittelten Vertrages erbracht werden. Die Vermittlungstätigkeit ist eine Dienstleistung, die einer Vertragspartei erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird. Sie kann u.a. darin bestehen, der Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines solchen Vertrags nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Zweck dieser Tätigkeit ist es also, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrags hat (vgl. , mwN).
40 Dagegen handelt es sich nicht um eine Vermittlungstätigkeit, wenn eine der Vertragsparteien einen Subunternehmer mit einem Teil der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit betraut, wie der Erteilung von Informationen an die andere Partei oder der Annahme und Bearbeitung der Anträge auf Abschluss des vermittelten Vertrags. In einem solchen Fall nimmt der Subunternehmer denselben Platz ein wie der Anbieter und ist daher keine Mittelsperson; insoweit handelt es sich um eine Ausgliederung der Tätigkeiten des Anbieters (vgl. wiederum , mwN).
41 Die Tätigkeit als „Vermittler“ und als „Subunternehmer“ können im Verhältnis einer Hauptleistung und einer Nebenleistung stehen (vgl. neuerlich , mwN).
42 Der Inhalt des Begriffs der „Vermittlung“ ist durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, auf die in dem zitierten Erkenntnis jeweils verwiesen wird (vgl. insbesondere Volker Ludwig, C-453/05, Rn. 23 ff), klargestellt, sodass der Anregung des Revisionswerbers, dazu dem EuGH eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, nicht nachgekommen wird.
43 Wenn der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf die - betreffend die Begründung nur in französischer Sprache veröffentlichte - Entscheidung des Tiercé Ladbroke, C-231/07, verweist, ist zu bemerken, dass dort nicht die Frage strittig war, ob eine Vermittlungsleistung (oder eine sonstige Leistung) vorliegt. Es wurde vielmehr ausgesprochen, dass der Begriff „Umsätze - einschließlich der Vermittlung - im Einlagengeschäft und im Zahlungsverkehr“ dahin auszulegen ist, dass er nicht die Dienstleistung eines für Rechnung eines Auftraggebers, der den Abschluss von Wetten auf Pferderennen und andere Sportereignisse betreibt, tätigen Auftragnehmers erfasst, die darin besteht, dass der Auftragnehmer die Wetten im Namen des Auftraggebers annimmt, sie aufzeichnet, dem Kunden durch die Ausgabe eines Belegs den Abschluss der Wette bestätigt, die Gelder vereinnahmt, die Gewinne auszahlt, gegenüber dem Auftraggeber die alleinige Verantwortung für die Verwaltung der eingenommenen Gelder und für deren Diebstahl und/oder Verlust trägt und für diese Tätigkeit vom Auftraggeber eine Vergütung in Form einer Provision erhält.
44 Entscheidend ist im vorliegenden Fall auch nicht, ob die Leistungen des Revisionswerbers (auch) als die eines Vermittlers beurteilt werden könnten.
45 Bei einem Umsatz, der verschiedene Einzelleistungen und Handlungen umfasst, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob dieser Umsatz für Zwecke der Mehrwertsteuer zwei oder mehr getrennte Leistungen oder eine einheitliche Leistung umfasst. Eine Leistung ist als einheitlich anzusehen, wenn zwei oder mehrere Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Eine einheitliche Leistung liegt dann vor, wenn ein oder mehrere Teile als die Hauptleistung, andere Teile dagegen als Nebenleistungen anzusehen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Insbesondere ist eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Eine einheitliche Leistung kann aber auch bei mehreren gleichrangigen Leistungen vorliegen (vgl. , mwN).
46 Auch im Revisionsverfahren ist unbestritten, dass der Revisionswerber ein steuerlich einheitlich zu behandelndes Leistungsbündel an die X erbrachte. Der Revisionswerber verweist dazu neuerlich auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Tiercé Ladbroke. Der EuGH hat dort zwar im Rahmen seiner Begründung ausgeführt, dass die Hauptleistung der dort zu beurteilenden Annahmestellen an ihren Auftraggeber in der Annahme der Wetten im Namen des Auftraggebers bestehe. Der EuGH hat dabei aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass es sich insoweit um eine Vermittlungsleistung handle.
47 Soweit zu den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts in diesem Zusammenhang Verfahrensmängel geltend gemacht werden, ist deren Relevanz nicht erkennbar. Über den tatsächlichen Ablauf des Geschäftsvorgangs hat das Bundesfinanzgericht - insbesondere gestützt auf die vorgelegten Urkunden - ausführliche Feststellungen getroffen. Dass dabei nur Wettterminals, aber nicht Wettannahmeschalter explizit erwähnt wurden, begründet keinen relevanten Mangel, zumal das Bundesfinanzgericht dazu - ohne weitere Differenzierung - ausgeführt hat, dass dem jeweiligen Kunden für jede Wettabgabe ein Originalwettschein ausgedruckt worden sei; dies stimmt auch mit dem Vorbringen des Revisionswerbers betreffend die Tätigkeit am Wettannahmeschalter überein. Es ist auch nicht erkennbar, dass es für die Frage der Beurteilung der Leistungen des Revisionswerbers darauf ankäme, ob das Lokal von der X oder von der österreichischen X GmbH ausgestattet wurde. Dass der Revisionswerber oder seine Mitarbeiter „aktiv“ auf einzelne Kunden zugegangen wären, um diese zum Abschluss eines Wettvertrages zu veranlassen, wird auch in der Revision nicht behauptet; dort wird eine „aktive Mitwirkung“ behauptet, die aber auch aus den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts folgt.
48 Ausgehend von den somit insoweit nicht zu beanstandenden Feststellungen ist dem Bundesfinanzgericht nicht entgegenzutreten, wenn es in einer Gesamtabwägung der erbrachten Leistungen des Revisionswerbers zur Beurteilung gelangt ist, dass die Leistung (als Leistungsbündel) nicht als Vermittlungsleistung zu beurteilen ist. Der Revisionswerber erbrachte - wie auch nach dem der Entscheidung zu Ra 2017/13/0059 zu Grunde liegenden Fall - umfassende Leistungen, die sich nicht nur auf das Zustandekommen der Wettverträge bezogen, sondern erbrachte auch die wesentlichen Leistungen im Zusammenhang mit der Abwicklung der Wettverträge. Diese Leistungen wurden einheitlich entlohnt, wobei die Entlohnung nicht vom erzielten (vom Revisionswerber vermittelten) Umsatz der X, sondern von deren Rohertrag abhängig war. Ein Dominieren der bloß das Zustandekommen der Wettverträge vorbereitenden Tätigkeiten des Revisionswerbers liegt auch hier nicht vor.
49 Wenn der Revisionswerber dazu auf weitere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verweist, so behandelt diese Rechtsprechung aber jeweils Begriffe im Zusammenhang mit bestimmten Landesgesetzen (vgl. z.B. ; , Ra 2017/15/0076; , Ra 2019/02/0218, mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass dort andere Bestimmungen zu beurteilen waren als in Entscheidungen zum Umsatzsteuerrecht); für die vorliegende Entscheidung ist daraus nichts zu gewinnen.
50 Der Revisionswerber bekämpft weiter - betreffend die Jahre 2006 und 2007 - die Zuschätzung von Umsätzen und Einkünften.
51 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegen auch Schätzungsergebnisse der Begründungspflicht. Die Begründung hat die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen. Die Begründung muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. ).
52 Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen. Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages geht davon aus, dass bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch noch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden. Aufgabe eines Sicherheitszuschlages ist es also, das Risiko möglicher weiterer Unvollständigkeiten von Aufzeichnungen auszugleichen; dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Auch mit Hilfe der Methode des Sicherheitszuschlages soll kein anderes Ergebnis erreicht werden als jenes, das der wahrscheinlichsten Bemessungsgrundlage nahekommt. Der Sicherheitszuschlag hat ebenso wie andere Schätzungskomponenten nicht Strafcharakter (kein „Straf-Zuschlag“). Seine Höhe hat sich daher nach den Besonderheiten des Schätzungsfalles und nach den festgestellten Fehlern, Mängeln und vermuteten Verminderungen des Ergebnisausweises, also nach den Gegebenheiten im Bereich des Tatsächlichen zu richten (vgl. , mwN).
53 Insoweit ist zunächst zu bemerken, dass für die Jahre 2008 und 2009 eine Zuschätzung nicht erfolgte. Es ist aber nicht erkennbar, dass im Sachverhalt eine wesentliche Abweichung vorläge. Auch für die Jahre 2008 und 2009 wurden - wie bereits für das Jahr 2007 - vom Revisionswerber im Zuge der Prüfung zusätzliche Provisionen bekannt gegeben, die bisher in den Abgabenerklärungen nicht enthalten waren. Vor diesem Hintergrund ist schon nicht erkennbar, ob die Voraussetzungen einer Schätzung für die Jahre 2006 und 2007 vorgelegen sind, was hier nicht abschließend beurteilt werden muss. Es fehlt aber - wie die Revision zutreffend aufzeigt - eine nachvollziehbare Begründung für die Zuschätzung in den Jahren 2006 und 2007 im Ausmaß von ca. 100 % der verzeichneten Umsätze.
54 Das angefochtene Erkenntnis war daher betreffend Umsatzsteuer 2006 und 2007 sowie Einkommensteuer 2006 und 2007 gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im Übrigen war die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
55 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Norm | VwGG §30 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023130003.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-46262