VwGH 12.06.2023, Ra 2023/10/0321
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Das Interesse der Inhaber von Nachbarapotheken an der Nichterrichtung einer neuen öffentlichen Apotheke, die die Bedarfsvoraussetzungen des § 10 Abs 2 ApG nicht erfüllt, wird (erst) durch die Bestimmungen der §§ 48 Abs 2 und 51 Abs 3 ApG zu einem rechtlichen Interesse erhoben (vgl zB das hg Erkenntnis vom , Zl 90/10/0129, VwSlg 14103 A/1994, und die dort zitierte Vorjudikatur). Diese Bestimmungen vermitteln den Inhabern benachbarter Apotheken bei Erfüllung der hier normierten Voraussetzungen ein rechtliches Interesse an der Nichterteilung einer Apothekenkonzession, wenn es iSd § 10 Abs 2 ApG am Bedarf nach der neuen öffentlichen Apotheke mangelt. Gleiches gilt gemäß § 53 ApG für das Verfahren betreffend die Bewilligung einer Filialapotheke, in dem die für das Konzessionsverfahren geltenden §§ 47 bis 51 ApG sinngemäß anzuwenden sind (zum Inhalt des Bedarfsbegriffs im Verfahren zur Bewilligung einer Filialapotheke siehe das hg Erkenntnis vom , Zl 96/10/0113). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2001/10/0114 E VwSlg 15795 A/2002 RS 1 (hier nur der erste Satz) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Stoisser, über die Revision der C Apotheke Mag. pharm. H KG in S, vertreten durch die Hock & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stallburggasse 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-700/001-2022, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt St. Pölten; mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. M T in L, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nußdorfer Straße 10-12), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom erteilte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich - unter Abweisung (u.a.) einer Beschwerde der revisionswerbenden Partei - der Mitbeteiligten die Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden Apotheke in S unter Festlegung eines bestimmten Standortes, wobei es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ.
2 Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht - soweit für die vorliegende Revisionsentscheidung von Belang - gestützt insbesondere auf ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer aus, jene Personen, die in Zukunft dem Versorgungsgebiet der neu zu errichtenden Apotheke zuzurechnen seien, würden bisher durch die R-Apotheke, die G-Apotheke und die C-Apotheke (und nicht durch die Apotheke der revisionswerbenden Partei) versorgt.
3 Die Zahl der von der Apotheke der revisionswerbenden Partei weiterhin zu versorgenden Personen werde sich infolge der Neuerrichtung der beantragten Apotheke nicht verringern.
4 Die Inhaber bestehender öffentlicher Apotheken könnten im Verfahren über die Verleihung einer Apothekenkonzession den mangelnden Bedarf an der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke nur insofern geltend machen, als sie eine Existenzgefährdung ihrer Apotheke als Folge der Errichtung der neuen Apotheke vorzubringen berechtigt seien. Sie könnten daher geltend machen, die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke betrage weniger als 500 m, oder die Zahl der von ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen werde sich infolge der Neuerrichtung verringern und weniger als 5.500 betragen. In den anderen Fragen des Verfahrens über die Verleihung einer Apothekenkonzession komme den Inhabern bestehender öffentlicher Apotheken jedoch kein Mitspracherecht zu (Hinweis u.a. auf ).
5 Die Beschwerde der revisionswerbenden Partei sei daher abzuweisen.
6 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 3. Zur Zulässigkeit ihrer Revision führt die revisionswerbende Partei im Wesentlichen aus, es sei „klarstellende Rechtsprechung dazu geboten, ob im Falle des Unterschreitens des Versorgungspotentials einer im Verfahren nicht beteiligten öffentlichen Apotheke die mitbeteiligten öffentlichen Apotheken diese Existenzgefährdung einwenden können“; das Verwaltungsgericht hätte - zum Zweck der Aufrechterhaltung der Arzneimittelversorgung - „auch ohne Parteistellung der betroffenen, unmittelbar benachbarten öffentlichen Apotheke deren Existenzgefährdungen wahrnehmen [...] müssen“.
10 Dem ist zu entgegnen, dass bereits das Verwaltungsgericht bei Erledigung der Beschwerde der revisionswerbenden Partei zutreffend auf deren nach der ständigen hg. Rechtsprechung eingeschränktes Mitspracherecht als Inhaberin einer bestehenden öffentlichen Apotheke im Verfahren über das Konzessionsansuchen der Mitbeteiligten hingewiesen hat (vgl. neben dem Nachweis in Rz 4 etwa aus jüngerer Zeit , mwN).
11 Gegenteiliges ist - entgegen der Behauptung der revisionswerbenden Partei - auch nicht aus dem hg. Erkenntnis vom , 2006/10/0254, 2007/10/0268, abzuleiten. Vielmehr hat der Gerichtshof in jenem Erkenntnis die Vorjudikatur in Erinnerung gerufen, wonach das Interesse der Inhaber von Nachbarapotheken an der Nichterrichtung einer neuen öffentlichen Apotheke, die die Bedarfsvoraussetzungen des § 10 (Abs. 2) ApG nicht erfüllt, gerade erst durch die Bestimmungen der §§ 48 Abs. 2 und 51 Abs. 3 ApG - somit durch die rechtzeitige Erhebung eines Einspruchs - „zu einem rechtlichen Interesse erhoben“ wird.
12 Auch im vorliegenden Fall wäre es somit Sache des Inhabers der „unmittelbar benachbarten öffentlichen Apotheke“ gewesen, durch Erhebung eines Einspruches nach Verlautbarung des Konzessionsansuchens der Mitbeteiligten eine allfällige Gefährdung des eigenen Versorgungspotentials geltend zu machen.
13 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
14 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Gesundheitswesen Apotheken |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023100321.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAF-46258