VwGH 09.01.2024, Ra 2023/09/0191
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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RS 1 | Das bloße Erteilen von Weisungen bzw. das Vertrauen auf die Tätigkeit eines Steuerberaters reicht allein zur Entlastung des Arbeitgebers nicht aus, die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG sicherzustellen. Entscheidend ist vielmehr, ob eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Arbeitgeber erteilten Weisungen tatsächlich erfolgt ist. Das Vorbringen, es sei eine taugliche Person, wie z.B. ein Steuerberater, beauftragt worden, reicht für sich allein nicht hin, dass der Arbeitgeber von der im Verwaltungsstrafverfahren ihn treffenden Verantwortung entlastet wäre. Es bedarf hierzu weiterer Glaubhaftmachung, dass auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen wurde. Auch auf die richtige Ausführung des Auftrages durch einen Steuerberater darf nicht völlig vertraut werden. Im vorliegenden Fall hätte es einer Nachfrage betreffend Auftragsdurchführung bedurft (; ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Rieder, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen das am mündlich verkündete und am schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg, 405-7/1261/1/6-2023, betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (Verwaltungsgericht) wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe es als Betreiber/Inhaber eines näher bezeichneten Einzelunternehmens und somit als Arbeitgeber zu verantworten, dass dieses eine namentlich genannte pakistanische Staatsangehörige in näher bezeichneten Zeiträumen beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von € 2.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Stunden) verhängt wurde. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird geltend gemacht, dass das Verwaltungsgericht dem Beweisantrag des Revisionswerbers auf Einvernahme seines Steuerberaters als Zeugen nicht nachgekommen sei. Der Revisionswerber habe es für möglich gehalten, dass der von der ausländischen Arbeitnehmerin vorgewiesene spanische Aufenthaltstitel diese zur innerstaatlichen Beschäftigung berechtige. Die Beauftragung seines Steuerberaters zur Überprüfung stelle eine geeignete Erkundigung dar. Erst wenn der Steuerberater Zweifel über die Berechtigung zur Beschäftigung gehabt hätte, wäre der Revisionswerber zur Einholung einer Anfrage bei der zuständigen Behörde verpflichtet gewesen. Der Revisionswerber habe davon ausgehen können, dass sein Steuerberater die Rechtslage geprüft und die Beschäftigung als rechtmäßig angesehen habe. Es liege ein dem Revisionswerber nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum vor.
6 Übertretungen nach § 28 Abs. 1 AuslBG sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Ungehorsamsdelikte im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. In einem solchen Fall ist der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche strafbar, wenn er nicht genügende Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbilds durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. Es liegt ihm eine Unterlassung zur Last. In diesem Fall hat bei Erfüllung des objektiven Tatbilds der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Solange dies nicht der Fall ist, hat die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) anzunehmen, dass der Verstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können (vgl. zum Ganzen etwa , mwN).
7 Nur wenn der Beschuldigte ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte, trifft ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden. Ein derartiges, durch den Beschuldigten eingerichtetes Kontrollsystem hat exkulpierende Wirkung (vgl. , mwN).
8 Das bloße Erteilen von Weisungen bzw. das Vertrauen auf die Tätigkeit seines Steuerberaters reicht jedoch allein zur Entlastung des Arbeitgebers nicht aus, die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG sicherzustellen. Entscheidend ist vielmehr, ob eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Arbeitgeber erteilten Weisungen tatsächlich erfolgt ist. Das Vorbringen, es sei eine taugliche Person, wie z.B. ein Steuerberater, beauftragt worden, reicht für sich allein nicht hin, dass der Beschuldigte von der im Verwaltungsstrafverfahren ihn treffenden Verantwortung entlastet wäre. Es bedarf hierzu weiterer Glaubhaftmachung, dass auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen worden sei. Auch auf die richtige Ausführung des Auftrages durch einen Steuerberater darf nicht völlig vertraut werden. Sohin hätte es im vorliegenden Fall einer Nachfrage betreffend Auftragsdurchführung bedurft (vgl. ; siehe zur Kontrollpflicht gegenüber Steuerberatern auch neuerlich , mwN).
9 Ausgehend davon ist eine grobe Fehlerhaftigkeit der Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht ersichtlich, begründete doch dieses die Abweisung des Beweisantrags damit, dass es auf die Einvernahme des beantragten Zeugen nicht ankomme, weil es nicht entscheidungswesentlich sei, ob der Revisionswerber diesen beauftragt habe, die Rechtmäßigkeit der Beschäftigung zu überprüfen. Die Gewährleistung einer entsprechenden Kontrolle des Steuerberaters durch den Revisionswerber wurde nicht behauptet.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023090191.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-46256