VwGH 08.05.2023, Ra 2023/08/0043
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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RS 1 | Die Geltendmachung von Betriebsausgaben in einer Einkommensteuererklärung indiziert - bloß - eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG 1978, somit eine Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsleben in Abgrenzung zur privaten Tätigkeit einer Person, ist aber nicht umgekehrt Voraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Tätigkeit (vgl. , mwN). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des J E in P, vertreten durch Arbacher-Stöger & Thaler, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Wickenburggasse 3/14-15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W151 2261327-1/3E, betreffend Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen im Beschwerdeweg fest, der Revisionswerber unterliege im Zeitraum von bis zum der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
2 Zum Sachverhalt stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, der Revisionswerber habe bis (bis zu seiner „Pensionierung“) über eine Gewerbeberechtigung für Versicherungsvermittler verfügt und sei deshalb der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG unterlegen. Aufgrund bestehender Versicherungsverträge sei der Revisionswerber auch nach seiner „Pensionierung“ weiterhin verpflichtet gewesen, „Tätigkeiten vorzunehmen, welche Schäden, Änderungen (z.B. bei Hochzeiten Namensänderungen), Todesfälle, Unfälle und Umschreibungen umfassten“. Auch im hier maßgeblichen Zeitraum (im Jahr 2019) habe der Revisionswerber Folgeprovisionen aus seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler bezogen; in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 vom habe der Revisionswerber Betriebseinnahmen in der Höhe von EUR 13.860,-- und im Punkt „Reise- und Fahrtspesen inkl. Kilometergeld [...]“ Betriebsausgaben in der Höhe von EUR 6.204,00 angegeben. Die Einnahmen- und Ausgabenrechnung vom enthalte ein Verzeichnis diverser Betriebsausgaben (Kilometergeld, Mobilfunkgebühren, Telefon- und Internetgebühren, Büromaterial, Werbung). Mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 des Finanzamtes G vom seien zunächst Einkünfte des Revisionswerbers aus Gewerbebetrieb in der Höhe von EUR 6.660,72 festgestellt worden. Nach „Stornierung der Betriebsausgaben“ [gemeint: nach Einbringung einer neuen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 durch den Revisionswerber, mit der dieser nunmehr keine Betriebsausgaben geltend machte] habe das Finanzamt G am einen neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 erlassen und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von EUR 12.058,20 festgestellt.
3 In der rechtlichen Würdigung hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge bestehe bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem (die Versicherungsgrenzen übersteigende) Einkünfte der im § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgingen, grundsätzlich Versicherungspflicht nach dieser Bestimmung, sofern die zu Grunde liegende betriebliche Tätigkeit im betreffenden Zeitraum (weiter) ausgeübt worden sei. Die Geltendmachung von Betriebsausgaben in einer Einkommensteuererklärung indiziere eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, nämlich eine Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsleben in Abgrenzung zur privaten Tätigkeit einer Person. Der Einwand des Revisionswerbers gegen die Annahme einer (weiteren) betrieblichen Tätigkeit, bei der Feststellung der Versicherungspflicht bestehe eine Bindung an den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid vom , in welchem gerade keine Betriebsausgaben „geltend gemacht“ worden seien, führe nicht zum Erfolg, da der Revisionswerber in einer Stellungnahme selbst zugestanden habe, dass er aufgrund der weiterhin bestehenden Verträge auch nach seiner Pensionierung zur Vornahme der festgestellten Tätigkeiten verpflichtet gewesen sei, und nie bestritten habe, dass er diese Tätigkeiten zur Betreuung der „Altkunden“ auch tatsächlich erbracht habe. Der bloße Umstand, dass der Revisionswerber die in der ursprünglichen Einkommensteuererklärung vom genannten Ausgaben in der Folge nicht mehr als Betriebsausgaben geltend gemacht habe, woraufhin der neue Einkommensteuerbescheid vom erlassen worden sei, vermöge am Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit nichts zu ändern, da Betriebsausgaben nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine betriebliche Tätigkeit lediglich indizierten. Aus dem Unterbleiben einer Geltendmachung von Betriebsausgaben könne jedoch nicht e contrario geschlossen werden, dass keine betriebliche Tätigkeit vorgelegen sei.
4 Die außerordentliche Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Beurteilungsmaßstäbe einer betrieblichen Tätigkeit ab. Es treffe zwar zu, dass der Revisionswerber im relevanten Zeitraum Folgeprovisionen aus seiner früheren Tätigkeit als Versicherungsvermittler erhalten habe und gewisse damit im Zusammenhang stehende Tätigkeiten auch nach seiner Pensionierung durchzuführen gehabt hätte. Diese vereinzelt durchzuführenden Aufgaben würden aber noch keine betriebliche Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG begründen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (verwiesen wird auf ) sei der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid das entscheidende Kriterium, ob eine betriebliche Tätigkeit angenommen werde. Das bedeute, dass das Bundesverwaltungsgericht - auch hinsichtlich „etwaig geltend gemachter Betriebsausgaben“ - nur den rechtskräftigen (neuen) Einkommensteuerbescheid vom hätte heranziehen dürfen und den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid vollständig außer Acht zu lassen gehabt hätte. Ob die von der Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerliche Beurteilung tatsächlich zutreffend sei, sei im Verfahren betreffend die Versicherungspflicht nicht mehr zu prüfen (Verweis auf , mwN).
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die von der Revision behauptete Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt nicht vor:
9 Im Kern bringt die Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht hätte aufgrund des Umstandes, dass der (neue) Einkommensteuerbescheid vom die vom Revisionswerber nach Beendigung seiner Gewerbeberechtigung als Versicherungsvermittler bezogenen Folgeprovisionen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ohne Abzug von (nicht geltend gemachten) Betriebsausgaben festgestellt habe, eine Pflichtversicherung des Revisionswerbers nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG mangels weiterer „betrieblicher Tätigkeit“ verneinen müssen, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid das entscheidende Kriterium für das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit sei und in diesem Zusammenhang der Frage, ob Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der fraglichen Tätigkeit geltend gemacht wurden, Bedeutung zukomme.
10 Damit verkennt die Revision, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das bereits vom Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis zitierte Erkenntnis , mwN) die Geltendmachung von Betriebsausgaben in einer Einkommensteuererklärung eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, somit eine Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsleben in Abgrenzung zur privaten Tätigkeit einer Person, - bloß - indiziert, aber nicht umgekehrt Voraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Tätigkeit ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Beurteilung, dass der Revisionswerber im maßgeblichen Zeitraum im Zusammenhang mit der durch den (neuen) Einkommensteuerbescheid vom rechtskräftig festgestellten Erzielung von Einkünften aus Gewerbetrieben („Folgeprovisionen“ nach Beendigung einer Gewerbeberechtigung als Versicherungsvermittler) auch (weiterhin) eine betriebliche Tätigkeit ausgeübt hat, letztlich darauf gestützt, dass der Revisionswerber unstrittig diverse Tätigkeiten zur weiteren Betreuung von „Altkunden“ erbracht hat. Solche Tätigkeiten stellen eindeutig eine Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsleben und keine private Tätigkeit dar (wobei die der ursprünglichen Einkommensteuererklärung zugrunde liegende Einnahmen- und Ausgabenrechnung dies zusätzlich bestätigt). Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tut die Revision somit nicht dar.
11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023080043.L00 |
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Fundstelle(n):
AAAAF-46234