VwGH 31.08.2023, Ra 2023/08/0011
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Norm | |
RS 1 | Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 2 ZustG hat die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss - mangels Zustellnachweises - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/16/0175). Diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer - unstrittig erfolgten - Zustellung ohne Zustellnachweis (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/17/0202). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2013/08/0032 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des E P in L, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 12/3, gegen das am mündlich verkündete und am schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W238 2256140-1/19E, betreffend Feststellung hinsichtlich der Geltendmachung und des Nichtbestehens eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Mistelbach), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Der Revisionswerber führt zur Begründung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision ins Treffen, das Bundesverwaltungsgericht sei bei der Beurteilung des Zeitpunkts der Zustellung eines Schreibens, mit dem das Arbeitsmarktservice (AMS) dem Revisionswerber zur Übermittlung des Antragsformulars für die Gewährung von Arbeitslosengeld eine Frist bis gesetzt habe, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 2 ZustG abgewichen und habe eine mangelhafte Beweiswürdigung vorgenommen.
5 Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 2 ZustG hat die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss - mangels Zustellnachweis - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden. Diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer - unstrittig erfolgten - Zustellung ohne Zustellnachweis (vgl. zB , mwN).
6 Ob der erwähnte Beweis im Einzelfall erbracht wurde, ist vom Verwaltungsgericht stets im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu beurteilen.
7 Die Beweiswürdigung ist einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz nur insofern zugänglich, als es um die ordnungsgemäße Ermittlung der Beweisergebnisse und die Kontrolle der Schlüssigkeit der angestellten Erwägungen geht. Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft - so etwa, wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre - erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Der - an sich nur zur Rechtskontrolle berufene - Verwaltungsgerichtshof ist im Übrigen auch nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt, sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. , mwN).
8 Das Verwaltungsgericht ist - entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision - im angefochtenen Erkenntnis der zu § 26 Abs. 2 ZustG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt und erachtete es im Rahmen der Beweiswürdigung - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als erwiesen, dass die (hier unstrittig erfolgte) Zustellung des fraglichen Schreibens des AMS an den Revisionswerber „spätestens am “ erfolgt sei. Dabei nahm es unter anderem darauf Bedacht, dass sich die postalische Versendung des Schriftstücks durch das AMS „am Tag der Arbeitslosmeldung ()“ nachvollziehbar aus dem Akteninhalt, „insbesondere aus der Dokumentation im Akt samt Vermerk über die Veranlassung der Zusendung vom “ ergebe, dass das AMS glaubhaft gemacht habe, dass kein späterer „elektronische[r] Zugriff auf den Akt durch Mitarbeiter des AMS“ erfolgt und „im Antragsformular als Ausgabedatum der eingetragen“ gewesen sei. Weiters berücksichtigte es eine Anfragebeantwortung des Kundenservice der Post, wonach es im Februar 2022 keine Probleme im relevanten Zustellgebiet gegeben habe und Sendungen „taggleich zugestellt“ worden seien, und bezog (mit näherer Begründung) den Umstand mit ein, dass der Revisionswerber nicht um Verlängerung der Frist für die Rückgabe des Antrags ersucht, im Verlauf des Verfahrens zur Versäumung der Rückgabefrist nicht gleichbleibende Angaben gemacht und in einem Telefonat mit dem AMS am angegeben habe, dass er keinen Nachweis für die Postaufgabe des Antrags erbringen könne und den Vermerk einer Antragsfrist im Antragsformular „übersehen“ habe, weil er sich den Antrag nicht genau durchgelesen habe.
9 Das Zulässigkeitsvorbringen der Revision zeigt keine Unvertretbarkeit dieser Beweiswürdigung auf.
10 In der Revision wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023080011.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-46231