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VwGH 11.10.2023, Ra 2023/03/0169

VwGH 11.10.2023, Ra 2023/03/0169

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
LuftfahrtG 1958 §9 Abs1
VStG §5 Abs1
RS 1
Bei der Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 1 LuftfahrtG 1958 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG (vgl. ), weswegen der Revisionswerber von sich aus initiativ glaubhaft zu machen hat, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. etwa , mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2023/03/0038 B RS 3
Normen
VStG §5 Abs1
VStG §9 Abs1
RS 2
Im Kontext der Umsetzung der gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestehender Kontrollpflichten darf nicht außer Acht gelassen werden, dass gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern ein entsprechendes Kontrollsystem Platz greifen muss, kann doch nicht völlig darauf vertraut werden, dass eingewiesene, laufend geschulte und ordnungsgemäß ausgerüstete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedenfalls den Rechtsvorschriften Genüge leisten. Bei der Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems ist es derart erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter den maßgebenden Vorschriften auch tatsächlich entspricht und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren eines Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. insbesondere durchzusetzen bzw. sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der Vorschriften sowie die einschlägigen Schulungen auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa ; , Ra 2016/03/0030).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2017/03/0092 B RS 8
Normen
VStG §5 Abs1
VStG §9 Abs1
RS 3
Der Hinweis auf bisher tadelloses Arbeiten von Mitarbeitern ersetzt nicht die nähere Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems, das gewährleistet, dass unter vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwartet werden kann (vgl. E , 2012/07/0030).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2016/02/0009 E RS 7

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des T, vertreten durch Mag. Alain Danner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 7, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-605281/20/VG, betreffend Übertretung des LFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmunden), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antragnicht stattgegeben.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden dem Revisionswerber - insoweit in Bestätigung eines entsprechenden Straferkenntnisses der belangten Behörde - zwei näher konkretisierte Übertretung des LFG angelastet und über ihn zwei Geldstrafen von jeweils Euro 1.700.-- verhängt.

2 Die dagegen erhobene Revision ist mit dem Antrag verbunden, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dies wird damit begründet, dass am sofortigen Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses keine öffentlichen Interessen bestünden, dieser aber einen unverhältnismäßigen Nachteil für den Revisionswerber begründete: Würden die Verwaltungsstrafen nämlich umgehend bezahlt werden müssen bzw. im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens eingehoben, entstünde dem für zwei minderjährige Kinder sorgepflichtigen Revisionswerber angesichts der beträchtlichen Höhe der Verwaltungsstrafen ein unverhältnismäßiger finanzieller Nachteil.

3 Dieses - unverhältnismäßige wirtschaftliche Nachteile geltend machende - Vorbringen genügt nicht dem Konkretisierungsgebot des § 30 Abs. 2 VwGG (vgl. dazu den Beschluss eines verstärkten Senats vom , Slg. Nr. 10.381/A): Im Sinne der Grundsätze dieses Beschlusses wäre dazu die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse erforderlich (vgl. nur etwa ).

4 Dem Vorbringen des Revisionswerbers fehlt es aber an der notwendigen Konkretisierung durch Darstellung der gesamten wirtschaftlichen Situation, weshalb dem Antrag nicht stattzugeben war.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2023/03/0170

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und den Hofrat Dr. Himberger als Richter sowie die Hofrätin Dr.in Sabetzer als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revisionen 1. des T D und 2. der K D, beide in M (Deutschland), beide vertreten durch Mag. Alain Danner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 7, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zlen. 1. LVwG-605281/20/VG und 2. LVwG-605282/18/VG, betreffend Übertretungen des Luftfahrtgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmunden), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom , BHGM/922070007472/22, wurde dem Erstrevisionswerber zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer des Unternehmens H GmbH in M (Deutschland), und damit gemäß § 9 VStG als zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten, dass der Pilot des näher bezeichneten Hubschraubers am um 11:55 Uhr an einem näher genannten Tatort in B, Bergstation der K Seilbahn, ohne Bewilligung eine Außenlandung durchgeführt habe, obwohl dies nur auf Flugplätzen gemäß § 58 Luftfahrtgesetz (LFG) oder mit der Bewilligung des Landeshauptmannes gemäß § 9 Abs. 2 LFG gestattet sei, indem er nicht verhindert habe, dass diese Außenlandung durch den Piloten J W ohne Bewilligung durchgeführt worden sei. Eine solche Bewilligung sei nicht vorgelegen.

2 Mit Spruchpunkt 2. dieses Straferkenntnisses wurde dem Erstrevisionswerber weiters zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer des genannten Unternehmens und damit gemäß § 9 VStG als zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten, dass der Pilot dieses Hubschraubers am um 11:59 Uhr am selben Ort ohne Bewilligung einen Außenabflug durchgeführt habe, obwohl dies nur auf Flugplätzen gemäß § 58 Luftfahrtgesetz (LFG) oder mit der Bewilligung des Landeshauptmannes gemäß § 9 Abs. 2 LFG gestattet sei, indem er nicht verhindert habe, dass dieser Außenabflug durch den genannten Piloten ohne Bewilligung durchgeführt worden sei. Eine solche Bewilligung sei nicht vorgelegen.

3 Der Erstrevisionswerber habe dadurch jeweils „§ 169 Abs. 1 Z 1 i.V.m. § 9 Abs. 1“ LFG verletzt, weshalb über ihn jeweils gemäß „§ 169 Abs. 1“ LFG eine Geldstrafe von 2.000,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und sechs Stunden) verhängt und ein Kostenbeitrag vorgeschrieben wurde.

4 Ein gleichlautendes Straferkenntnis erging gegen die Zweitrevisionswerberin als (weitere) handelsrechtliche Geschäftsführerin des genannten Unternehmens (Straferkenntnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom , BHGM/922070007467/22).

5 Mit den angefochtenen Erkenntnissen vom gab das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer gemeinsamen mündlichen Verhandlung - den gegen die beiden Straferkenntnisse erhobenen Beschwerden jeweils „insofern“ statt, „als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 1.700 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils einen Tag herabgesetzt“ wurden. Im Übrigen wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I. der Erkenntnisse). Das Verwaltungsgericht sprach weiters aus, dass kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten sei und reduzierte den Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens (Spruchpunkt II. der Erkenntnisse). Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig (Spruchpunkt III. der Erkenntnisse).

6 Das Verwaltungsgericht legte seinen Entscheidungen - soweit für die Revisionsverfahren von Bedeutung - jeweils die folgenden Erwägungen zugrunde:

7 Zu den Tatzeiten habe für die H GmbH die allgemeine Bewilligung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , GZ: VERK-2020-690636/2-Wa, für Außenlandungen und Außenabflüge nach § 9 Abs. 2a LFG für Oberösterreich bestanden, welche für Flüge ohne Kenntnis des Lande- oder Abflugortes, für welche eine Bewilligung nach § 9 Abs. 2 LFG aus diesem Grund nicht erwirkt werden habe können, und der Art nach nur für in der Bewilligung beschriebene Flüge, gegolten habe. Von dieser Allgemeinbewilligung seien etwa Materialtransporte und Arbeitsflüge (z.B. Hüttenversorgung, Seilbahnbau usw.) und die damit unmittelbar zusammenhängende Personenbeförderung umfasst.

8 Am sei um 11:55 Uhr am näher bezeichneten Tatort eine Landung mit dem genannten Hubschrauber durchgeführt worden. Dort habe es keinen Flugplatz nach dem LFG gegeben. Die Außenlandung habe dem Transport von Personen zu einem Geburtstagsfest gedient. Kurz nach der Außenlandung, um 11:59 Uhr, sei von dort der angelastete Außenabflug erfolgt. Ein notwendiger inhaltlicher Zusammenhang zwischen der Außenlandung bzw. dem Außenabflug und einem (allenfalls zulässigen) Flugzweck im Sinne der Allgemeinbewilligung sei nicht vorgelegen und werde vom Erstrevisionswerber und der Zweitrevisionswerberin auch nicht behauptet. Die Außenlandung und der Außenabflug seien eigenmächtig durch den Piloten ohne einen betriebsintern genehmigten Flugauftrag erfolgt. Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin hätten von diesem Vorfall erst durch die gegenständlichen Strafverfahren erfahren. Die Außenlandung bzw. der Außenabflug am bzw. vom gegenständlichen Tatort seien aus dem Bordbuch nicht ersichtlich.

9 Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sei dargelegt worden, dass die Flugaufträge einem Genehmigungsprozess durch die dafür Zuständigen der H GmbH unterliegen würden und die Piloten regelmäßig geschult und unterwiesen werden würden, u.a. bezüglich der erforderlichen Einhaltung von gesetzlichen und betriebsinternen Vorschriften (etwa hinsichtlich der Einhaltung des betriebsinternen Genehmigungsprozesses für Flugaufträge). Vom Erstrevisionswerber und der Zweitrevisionswerberin sei aber nicht dargelegt und unter Beweis gestellt worden, wie das Kontrollsystem im Unternehmen bezüglich eigenmächtiger Handlungen von Piloten ausgestaltet sei. Dem Piloten seien für seine eigenmächtige Vorgehensweise disziplinäre Maßnahmen auferlegt worden (Abmahnung und zweifache Nachschulung).

10 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, das durchgeführte Beweisverfahren habe ergeben, dass der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin die ihnen angelasteten Übertretungen des § 169 Abs. 1 Z 1 iVm § 9 Abs. 1 LFG als zur Vertretung nach außen Berufene objektiv begangen hätten.

11 Hinsichtlich der subjektiven Tatseite sei zu beachten, dass es sich gegenständlich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG handle. Vom Erstrevisionswerber und der Zweitrevisionswerberin werde im Wesentlichen eingewendet, dass sie kein Verschulden treffe, weil der Pilot eigenmächtig gehandelt habe, was bis zum hier gegenständlichen Fall auch noch nicht vorgekommen sei. Die Darlegung des Kontrollsystems des Unternehmens habe sich jedoch darauf beschränkt, dass ein betriebsinterner Genehmigungsprozess für Flugaufträge bestehe sowie regelmäßig Unterweisungen und Schulungen der Piloten erfolgten. Da im gegenständlichen Fall gerade kein genehmigter Flugauftrag vorgelegen sei, würden die Ausführungen zum betriebsintern vorgesehenen Genehmigungsprozess ins Leere gehen.

12 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin hätten jeweils nicht dargetan, wie ihr Kontrollsystem im Einzelnen hätte funktionieren sollen, wenn der Pilot eigenmächtig handle. Sie könnten damit im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Nachweis eines lückenlosen bzw. geeigneten und ausreichenden Kontrollsystems nicht erbringen, weshalb es ihnen nicht gelungen sei darzutun, dass sie an der Begehung der Verwaltungsübertretungen kein Verschulden treffe. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG sei daher zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

13 Gegen diese Erkenntnisse richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen, zu denen die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde - nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof - eine gemeinsame Revisionsbeantwortung erstattete und darin die Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revisionen sowie Kostenersatz (Schriftsatzaufwand) begehrte.

14 Die Revisionen erweisen sich als nicht zulässig:

15 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

17 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

19 Die Revisionen machen zur Begründung ihrer Zulässigkeit jeweils zusammengefasst geltend, das Verwaltungsgericht sei in den angefochtenen Erkenntnissen rechtsunrichtig und in Abweichung von der (näher angeführten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Ansicht gelangt, dass im Betrieb des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin kein wirksames Kontrollsystem zur Verhinderung eigenmächtigen Handelns von Hubschrauberpiloten vorhanden sei.

20 Dabei habe sich das Verwaltungsgericht zunächst über die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinweggesetzt, indem es sich lediglich mit einem Teil der Maßnahmen des Unternehmens (nämlich dem betriebsinternen Genehmigungsprozess, regelmäßigen Unterweisungen und Schulungen), aber nicht mit allen weiteren Kontrollvorkehrungen (Belehrungen, Klauseln in Dienstverträgen, Disziplinarmaßnahmen, regelmäßigen Drogen- und Alkoholkontrollen, Inspektionsflügen durch den Compliance- und Safety-Manager, Fluggenehmigungsverfahren, entsprechende Flugdokumentationen, Flugverfolgungsverfahren sowie Such- und Rettungsverfahren) auseinandergesetzt habe, obwohl auf eine Zusammenschau aller Umstände abzustellen sei, um die Wirksamkeit eines Kontrollsystems beurteilen können. Da das Unternehmen zudem „weitaus mehr Kontrollmaßnahmen“ getroffen habe, als sich aus den vom Verwaltungsgericht (u.a.) herangezogenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes ergeben würde - seien diese Entscheidungen „in der vorliegenden Angelegenheit nicht von Relevanz“ bzw. würden gänzlich anders gelagerte Sachverhalte betreffen.

21 Mit diesem Vorbringen übersehen der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin allerdings, dass das Verwaltungsgericht anhand ihrer Ausführungen im Verfahren die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems für den Fall des eigenmächtigen Handelns eines Piloten geprüft hat und dabei zum Ergebnis gelangt ist, dass ein solches nicht dargetan worden sei, da die dargestellten Maßnahmen des Unternehmens nicht auf diese Konstellation abstellen würden. Das Vorbringen der Revisionen in diesem Punkt geht daher schon deshalb ins Leere, weil dieser Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtes in keiner Weise beanstandet wird. Ebenso wenig wird behauptet, dass die in den Revisionen genannten „weiteren“ Kontrollvorkehrungen, mit denen sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt habe, ein wirksames Kontrollsystem konkret für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern belegen würden.

22 Dazu ist darauf hinzuweisen, dass § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG bei Ungehorsamsdelikten (vgl. zur Qualifikation der Übertretung nach § 9 Abs. 1 LFG als Ungehorsamsdelikt ) vom Beschuldigten verlangt, von sich aus initiativ glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. , mwN).

23 Im Kontext der Umsetzung der gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestehenden Kontrollpflichten darf nicht außer Acht gelassen werden, dass gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern ein entsprechendes Kontrollsystem Platz greifen muss, kann doch nicht völlig darauf vertraut werden, dass eingewiesene, laufend geschulte und ordnungsgemäß ausgerüstete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedenfalls den Rechtsvorschriften Genüge leisten. Bei der Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems ist es derart erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter den maßgebenden Vorschriften auch tatsächlich entspricht und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren eines Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. insbesondere durchzusetzen bzw. sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der Vorschriften sowie die einschlägigen Schulungen auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. , mwN).

24 Nach der Rechtsprechung vermögen Schulungen und Betriebsanweisungen als Vorsorge gegebenenfalls ein Kontrollsystem zu unterstützen, aber nicht zu ersetzen. Belehrungen, Arbeitsanweisungen oder stichprobenartige Kontrollen reichen ebenfalls nicht aus, die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft zu machen. Auch ersetzt der Hinweis auf bisher tadellos arbeitende Mitarbeiter nicht die nähere Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems, das gewährleistet, dass unter vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwartet werden kann (, mwN).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung - auf die das Verwaltungsgericht zutreffend Bezug genommen hat - und in Anbetracht der Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis, denen sich kein den dargestellten Anforderungen entsprechendes konkretes Kontrollsystem für den Fall des eigenmächtigen Handelns eines Piloten entnehmen lässt, gelingt es den Revisionen nicht aufzuzeigen, dass der vom Verwaltungsgericht gezogene rechtliche Schluss, dem Erstrevisionswerber und der Zweitrevisionswerberin sei es nicht gelungen darzutun, dass sie an der Begehung der Verwaltungsübertretungen kein Verschulden treffe, unzutreffend wäre. Das behauptete Abweichen der angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann insofern nicht erblickt werden.

25 Die Revisionen machen in ihren Zulässigkeitsvorbringen schließlich geltend, das Verwaltungsgericht habe infolge Aktenwidrigkeit, mangelnder Begründung und fehlender Beweiswürdigung sowie fehlender bzw. mangelnder Feststellungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Kontrollsystems „schwerwiegend“ gegen tragende Verfahrensgrundsätze verstoßen.

In diesem Zusammenhang unterlassen es der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin jedoch, die Relevanz dieser behaupteten Verfahrensmängel darzulegen (vgl. zum Erfordernis der Relevanzdarlegung zuletzt z.B. , mwN). Insbesondere fehlt im Hinblick auf die behaupteten Feststellungsmängel jegliche Darlegung jener Tatsachen, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten, und es ist nicht erkennbar, welche konkreten Tatsachenfeststellungen vom Erstrevisionswerber und der Zweitrevisionswerberin in Zweifel gezogen werden oder welche ergänzenden, für die entscheidungserheblichen Rechtsfragen relevanten Tatsachenfeststellungen nach ihrer Ansicht zu treffen gewesen wären. Gleichermaßen lässt sich der Argumentation der Revisionen nicht entnehmen, welche Aktenwidrigkeit oder welcher Begründungsmangel sich aus den angefochtenen Erkenntnissen ergeben würden und inwieweit diese das Verfahrensergebnis beeinflussen hätten können.

26 Vor dem Hintergrund des Gesagten zeigen die Revisionen nicht auf, dass das Verwaltungsgericht mit seiner Beurteilung, im Unternehmen des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin habe kein wirksames Kontrollsystem zur Verhinderung des eigenmächtigen Handelns des Piloten im Zusammenhang mit der angelasteten Außenlandung und dem angelasteten Außenabflug vom bestanden, von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.

27 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

28 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

29 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Norm
VwGG §30 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023030169.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-46199