VwGH 03.05.2023, Ra 2023/02/0057
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2023/02/0058
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller als Richter und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision 1. der Ö und 2. der V, beide in W und beide vertreten durch Mag.a Dr.in Gerit Katrin Jantschgi, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Bischofplatz 3/1. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-AV-791/001-2022, betreffend Herausgabe von Umweltinformationen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zwettl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Unter Berufung auf die §§ 1 bis 5 Umweltinformationsgesetz (UIG) begehrten die revisionswerbenden Parteien gemäß § 5 Abs. 1 UIG bei der belangten Behörde die Herausgabe näherer Umweltinformationen bzw. die Beantwortung mehrerer Fragen. Hilfsweise wurde die Anfrage gestützt auf Art. 3 EU-Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG und Art. 2 und 4 des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung am Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus Konvention). Sofern sich das Begehren inhaltlich auf landesrechtliche Bestimmungen beziehe, wurde der Antrag sinngemäß gemäß § 7 ff NÖ Auskunftsgesetz gestellt.
2 Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides der belangten Behörde vom wurde dieser Antrag, soweit er sich auf das UIG stützte, abgewiesen. Mit Spruchpunkt 2. dieses Bescheides wurde dieser Antrag nach dem NÖ Auskunftsgesetz teilweise abgewiesen, soweit die Auskünfte auch anders zugänglich seien (frei abrufbarer Erlass des Bundesministers). Im Übrigen wurden den revisionswerbenden Parteien Auskünfte zu den von ihnen gestellten Fragen erteilt.
3 Die revisionswerbenden Parteien bekämpften in der Folge lediglich den Spruchpunkt 1. dieses Bescheides mit Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht). Das Verwaltungsgericht wies diese Beschwerden als unbegründet ab. Es stellte u.a. fest, dass die belangte Behörde auf der Grundlage des NÖ Auskunftsgesetzes Auskünfte zu den Fahrtenbüchern und Notfallplänen erteilt habe. Aus näher genannten Gründen sei die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des Bescheides abzuweisen.
4 Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert -vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zur Zulässigkeit der Revision bringen die revisionswerbenden Parteien vor, das Verwaltungsgericht habe die Abweisung der Beschwerde darauf gestützt, dass die begehrten Informationen nicht unter den Begriff der Umweltinformation im Sinne des § 2 UIG bzw. der Bezug habenden Umweltinformationsrichtlinie fielen. Es gebe zu dieser Frage jedoch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Gerichtshofes der Europäischen Union. Verstöße gegen die Vorschriften über den Tiertransport könnten jedoch auf die vom Umweltbegriff der maßgeblichen Regelungen erfassten Bereiche Auswirkungen haben, sodass die begehrten Informationen keineswegs solche seien, die nur einen geringen Bezug zu einem Umweltgut aufwiesen.
10 Die von den revisionswerbenden Parteien formulierte Rechtsfrage, ob die begehrten Informationen jeweils eine „Umweltinformation“ gemäß § 2 Abs. 1 UIG, betreffen, ist für das vorliegende Revisionsverfahren nicht von Relevanz: Wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, wurden den revisionswerbenden Parteien die beantragten Informationen - wenn auch gestützt auf das NÖ Auskunftsgesetz - erteilt. Es wird nun in der allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung der Revision vor dem Hintergrund dieses festgestellten Sachverhaltes gerade nicht vorgebracht, welche Informationen die revisionswerbenden Parteien gar nicht erhalten hätten und dass sie gestützt auf das UIG andere/weitergehende Informationen begehrt hätten. Ob den revisionswerbenden Parteien gestützt auf das UIG dieselben Informationen, die bereits auf der Grundlage des NÖ Auskunftsgesetzes erteilt wurden, ebenfalls zu erteilen wären, ist eine rein hypothetische Rechtsfrage, die im Revisionsfall für die revisionswerbenden Parteien ohne Relevanz ist. Zur Lösung hypothetischer oder abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht zuständig (vgl. , mwN; , Ro 2020/02/0008, mwN).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2023/02/0058
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller als Richter und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über den Antrag auf Wiederaufnahme 1. der Ö in W und 2. der V in W, beide vertreten durch Mag.a Dr.in Gerit Katrin Jantschgi, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Bischofplatz 3/1. Stock, hinsichtlich des hg. Beschlusses vom , Ra 2023/02/0057 bis 0058, betreffend Herausgabe von Umweltinformationen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag auf Wiederaufnahme wird nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit hg. Beschluss vom , Ra 2023/02/0057 bis 0058, wurde die Revision der antragstellenden Parteien gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom betreffend Herausgabe von Umweltinformationen wegen des Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückgewiesen.
2 Dies wurde im Wesentlichen wie folgt begründet:
„Die von den revisionswerbenden Parteien formulierte Rechtsfrage, ob die begehrten Informationen jeweils eine ‚Umweltinformation‘ gemäß § 2 Abs. 1 UIG, betreffen, ist für das vorliegende Revisionsverfahren nicht von Relevanz: Wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, wurden den revisionswerbenden Parteien die beantragten Informationen - wenn auch gestützt auf das NÖ Auskunftsgesetz - erteilt. Es wird nun in der allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung der Revision vor dem Hintergrund dieses festgestellten Sachverhaltes gerade nicht vorgebracht, welche Informationen die revisionswerbenden Parteien gar nicht erhalten hätten und dass sie gestützt auf das UIG andere/weitergehende Informationen begehrt hätten. Ob den revisionswerbenden Parteien gestützt auf das UIG dieselben Informationen, die bereits auf der Grundlage des NÖ Auskunftsgesetzes erteilt wurden, ebenfalls zu erteilen wären, ist eine rein hypothetische Rechtsfrage, die im Revisionsfall für die revisionswerbenden Parteien ohne Relevanz ist. Zur Lösung hypothetischer oder abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht zuständig (vgl. , mwN; , Ro 2020/02/0008, mwN).“
3 Mit Schriftsatz vom wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 45 VwGG beantragt. Dies wurde damit begründet, dass der Tatbestand des § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG erfüllt sei; der Verwaltungsgerichtshof müsse die Parteien hören, wenn er eigenständige Sachverhaltsfeststellungen treffe. Die Sachverhaltsfeststellung „Wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, wurden den revisionswerbenden Parteien die beantragten Informationen - wenn auch gestützt auf das NÖ Auskunftsgesetz - erteilt“ habe der Verwaltungsgerichtshof eigenständig getroffen und gehe weder aus dem Bescheid der belangten Behörde noch aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes hervor. Das Verwaltungsgericht habe folgende Feststellung getroffen: „Auf der Grundlage des NÖ Auskunftsgesetzes erteilte die belangte Behörde Auskünfte zu den Fahrtenbüchern und Notfallplänen.“ In Zusammenschau mit Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde sowie mit weiteren Feststellungen sei diese Feststellung dahingehend zu verstehen, dass die informationspflichtige belangte Behörde Auskünfte lediglich teilweise zu den Fahrtenbüchern und Notfallplänen erteilt habe und sämtliche weitere beantragten Informationen gerade nicht geliefert worden seien, weshalb der Antrag teilweise abgewiesen worden sei. Es seien auf 17 Fragen nur vier Antworten geliefert worden. Das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, dass die belangte Behörde gerade nicht alle Informationen geliefert habe; sonst wäre auch die Klarstellung auf der letzten Seite nicht erforderlich gewesen. Die antragstellenden Parteien hätten nie behauptet, dass ihnen sämtliche Informationen erteilt worden wären. Diese Tatsachenfeststellung hätte der Verwaltungsgerichtshof den antragstellenden Parteien zum Parteiengehör bringen müssen; diesfalls hätten sie vorgebracht, dass sie die überwiegende Anzahl der Informationen nicht erhalten hätten und die belangte Behörde nur einen Bruchteil geliefert habe.
4 §§ 41 und 45 VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021, lauten (auszugsweise):
„Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses
§ 41. Soweit nicht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt (§ 42 Abs. 2 Z 2 und 3), hat der Verwaltungsgerichtshof das angefochtene Erkenntnis oder den angefochtenen Beschluss auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalts im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4) bzw. der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2) zu überprüfen. Ist er der Ansicht, dass für die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses oder Beschlusses in einem der Revisionspunkte oder im Rahmen der Erklärung über den Umfang der Anfechtung Gründe maßgebend sein könnten, die einer Partei bisher nicht bekannt gegeben wurden, so hat er die Parteien darüber zu hören und erforderlichenfalls eine Vertagung anzuordnen.“
Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 45. (1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn
[...]
4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder
[...]
(2) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.
(3) Über den Antrag ist mit Beschluss zu entscheiden.
[...]“
5 Zunächst wird darauf hingewiesen, dass die Wiederaufnahme nach § 45 VwGG nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich ist und dass sie nicht der Überprüfung abgeschlossener Verfahren des Verwaltungsgerichtshofs oder einer Korrektur seiner Entscheidungen dient (vgl. etwa , mwN).
6 Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Auskunftsverlangen der antragstellenden Parteien mit Spruchpunkt 1. des Bescheides der belangten Behörde, soweit er sich auf das UIG stützte, abgewiesen wurde (siehe Rn. 2 des Beschlusses vom ). Mit Spruchpunkt 2. dieses Bescheides wurde dieser Antrag nach dem NÖ Auskunftsgesetz teilweise abgewiesen, soweit die Auskünfte auch anders zugänglich seien (frei abrufbarer Erlass des Bundesministers).
7 In dem Erkenntnis vom stellte das Verwaltungsgericht weiters wörtlich fest:
„Auf der Grundlage des NÖ Auskunftsgesetzes erteilte die belangte Behörde Auskünfte zu den Fahrtenbüchern und Notfallplänen.“
8 Der Antrag der antragstellenden Parteien vom war in Punkt „1) Fahrtenbuch“ und Punkt „2) Notfallpläne“ gegliedert.
9 Dieser eindeutigen Feststellung des Verwaltungsgerichtes trat die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht entgegen. Diesen festgestellten Sachverhalt legte der Verwaltungsgerichtshof seinem Beschluss vom zugrunde. Somit ging der Verwaltungsgerichtshof entgegen der Behauptung im Wiederaufnahmeantrag nicht von anderen Entscheidungsgrundlagen aus als das Verwaltungsgericht und verletzte nicht das Recht der antragstellenden Parteien auf Parteiengehör. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Beschluss vom ausgeführt hat, wurde in der allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung der Revision vor dem Hintergrund dieses festgestellten Sachverhaltes gerade nicht vorgebracht, welche Informationen die antragstellenden Parteien gar nicht erhalten hätten und dass sie gestützt auf das UIG andere/weitergehende Informationen begehrt hätten. Solches wird nun auch in der Relevanzdarstellung des Wiederaufnahmeantrages nicht dargetan, sondern ohne konkretes Vorbringen, welche Fragen unbeantwortet geblieben seien, bloß behauptet, dass die belangte Behörde die „überwiegende Anzahl der beantragten Informationen“ schuldig geblieben sei und nur vier von 17 Fragen beantwortet hätte.
10 Der Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG liegt somit nicht vor, weshalb dem Antrag kein Erfolg beschieden war.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023020057.L00 |
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Fundstelle(n):
RAAAF-46182