Suchen Hilfe
VwGH 05.09.2023, Ra 2022/16/0092

VwGH 05.09.2023, Ra 2022/16/0092

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
GGG 1984 §26 Abs3
RS 1
Die Frage, ob außergewöhnliche Verhältnisse iSd § 26 Abs. 3 GGG vorliegen, ist anhand der Umstände des Einzelfalls (die, sofern sie nicht außer Streit stehen, im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen zu umschreiben sind), zu beurteilen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2018/16/0033 B RS 2
Normen
GGG 1984 §26 Abs1 idF 2017/II/152
GGG 1984 §26 Abs3 idF 2017/II/152
RS 2
Liegt der Wert der Gegenleistung gemäß § 26 Abs. 3 GGG 1984 unter dem in § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG 1984 definierten Wert, indiziert dies das Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse.
Norm
GGG 1984 §26 Abs3 idF 2017/II/152
RS 3
Die Frage konkreter Verhältnisse eines Falls ist ebenso eine Tatsachenfrage wie jene anderer, nach § 26 Abs. 3 GGG 1984 zum Vergleich in Betracht zu ziehender Verhältnisse und die Frage, ob oder inwieweit außergewöhnliche Verhältnisse iSd § 26 Abs. 3 GGG 1984 einen Einfluss auf die Gegenleistung hatten oder nicht (vgl. ).
Normen
BAO §184
GGG 1984 §26 Abs4
RS 4
Nach § 26 Abs. 4 dritter Satz GGG ist der Wert des einzutragenden Rechts unter Berücksichtigung der vorliegenden Bescheinigungsmittel nach freier Überzeugung zu schätzen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 184 BAO, an die im gegebenen Rahmen Anlehnung genommen werden kann, müssen bei einer nach dieser Bestimmung vorgenommenen Schätzung die herangezogenen Grundlagen in einem einwandfreien Verfahren ermittelt werden, wobei die Behörde Parteiengehör zu gewähren und insbesondere auf vom Abgabepflichtigen substantiiert vorgetragene relevante Behauptungen einzugehen hat. Auch die Schätzungsergebnisse unterliegen der Pflicht zur Begründung. Die Begründung hat u.a. die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen (vgl. etwa ). Die Einräumung einer Schätzungsbefugnis in besagtem Sinne (vgl. auch § 184 BAO) ist nicht mit der Einräumung von Ermessen (vgl. etwa auch § 20 BAO) gleichzusetzen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2019/16/0014 E RS 1 (hier ohne den letzten Satz)
Normen
GGG 1984 §26 Abs1 idF 2017/II/152
GGG 1984 §26 Abs3 idF 2017/II/152
GGV 2014 §2 Abs2
RS 5
Die Behörde darf das Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse iSd § 26 Abs. 3 GGG 1984 auch dann prüfen, wenn die Partei eingangs der Eingabe alle für die Ermittlung der - von ihr als Wert des einzutragenden Rechts gemäß § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG 1984 angesehenen - Gegenleistung gemäß § 26 Abs. 3 GGG 1984 notwendigen Angaben gemacht und diese durch geeignete Unterlagen entsprechend belegt hat. Ein solches Vorgehen der Behörde widerspricht nicht den Vorgaben der GGV 2014, die in § 2 Abs. 2 gerade vorsieht, dass die Partei bei (Verdacht auf) Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse zur Vorlage weiterer Bescheinigungsmittel aufgefordert werden kann.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der F GmbH in A, vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. I421 2253807-1/4E, betreffend Rückerstattung von Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsidentin des Landesgerichts Feldkirch), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Schriftsatz vom beantragte die Revisionswerberin die Rückzahlung einer, nach erfolgter Gebührenrevision mit Lastschriftanzeige vom zusätzlich vorgeschriebenen und zunächst entrichteten, restlichen Pauschalgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 1 GGG iHv 713 €.

2 Mit Bescheid vom gab die Präsidentin des Landesgerichts diesem Antrag nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens keine Folge. In der Begründung wurde ausgeführt, im Zuge einer Gebührenrevision beim Bezirksgericht sei festgestellt worden, dass der der Selbstberechnung der Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 1 GGG zugrunde gelegte Kaufpreis (lt. Kaufvertrag) von 115.000 € nicht plausibel sei. Der Wert der Liegenschaft sei daher nach der Vergleichswertmethode aus dem Vergleich zu Liegenschaftsverkäufen in derselben Wohnanlage und unter Berücksichtigung der sich nach der Statistik Austria ergebenen Verkehrswerte mit mindestens 179.755 € geschätzt worden. Daraus habe die Vorschreibung einer restlichen Pauschalgebühr iHv 713 € resultiert. Da sich die Gegenleistung offenkundig nicht an jenem Preis orientiert habe, der nach dem Immobilienpreisspiegel und dem Kaufpreis von im selben Objekt liegenden Wohnungen im redlichen Geschäftsverkehr üblicherweise zu erzielen sei, lägen außergewöhnliche Verhältnisse iSd § 26 Abs. 3 GGG vor und sei gemäß § 26 Abs. 1 leg. cit. der Verkehrswert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

3 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom Beschwerde. Darin wurde vorgebracht, dass für die Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr der vereinbarte Kaufpreis und nicht ein fiktiver Schätzwert maßgebend sei, weshalb die restliche Pauschalgebühr zu Unrecht bezahlt worden sei. Im weiteren Vorbringen zog die Revisionswerberin Vergleiche zum Zwangsversteigerungsverfahren.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 In der Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin habe mit Kaufvertrag vom 122/2978 Miteigentumsanteile samt Wohnungseigentum an einer näher bezeichneten Wohnung mit dem gesamten, sich in der Wohnung befindlichen Inventar, einem Kellerabteil und einem Tiefgaragenabstellplatz zu einem Gesamtkaufpreis von 115.000 € erworben. Aus dem Grundbuch gehe hervor, dass die Verkäuferin ihrerseits die Wohnung mit Kaufvertrag vom erworben habe. Im Lastenblatt des Grundbuchs sei bezogen auf die kaufgegenständlichen Miteigentumsanteile ein Höchstbetragspfandrecht über 146.965 € für ein Kreditinstitut einverleibt. Bei diesem Pfandrecht sei die Hypothekarklage angemerkt. Weiters sei eine Klage gemäß § 27 Abs. 2 WEG angemerkt. Im Kaufvertrag werde ausgeführt, dass das vorgenannte Pfandrecht und die aktuellen Betriebskostenrückstände im Zuge der Verbücherung des Kaufvertrags auf Kosten der Verkäuferseite im Grundbuch zu löschen seien. Dem Kaufvertrag vom sei zu entnehmen, dass die Verkäuferin die Wohnung ebenfalls zu einem Gesamtkaufpreis von 115.000 € erworben habe. Die Revisionswerberin habe somit im Jahr 2019 die gegenständliche Wohnung samt Inventar und Zubehör zu jenem Kaufpreis erworben, zu dem diese neun Jahre zuvor von der nunmehrigen Verkäuferin gekauft worden sei. Der im Jahr 2019 für diese Wohnung samt Inventar und Zubehör vereinbarte Kaufpreis entspreche nicht dem im redlichen Geschäftsverkehr üblicherweise zu erzielenden Kaufpreis. Mit Kaufvertrag vom seien 100/1489 Miteigentumsanteile verbunden mit Wohnungseigentum an einer benachbarten Wohnung um 342.000 € verkauft worden. Für 1/1489 Anteil sei somit ein Gegenwert von 3.420 € angesetzt worden. Dementgegen habe die Revisionswerberin 1/1489 Anteil zum Preis von 1.885 € gekauft. Der Durchschnittspreis pro m² für Eigentumswohnungen mit Außenflächen im Bezirk mit einem Baujahr ab 1991 und einer Wohnfläche von weniger als 64 m² betrage laut der am erstellten Statistik der Statistik Austria 4.380 €, woraus sich für die verfahrensgegenständliche Wohnung ein durchschnittlicher Verkehrswert von 230.212 € ergebe. Der von der Präsidentin des Landesgerichts ermittelte Verkehrswert von 179.755 € zum Kaufvertragsabschlussdatum sei sohin plausibel. Der Wert des eingetragenen Eigentumsrechts an der gegenständlichen Wohnung samt Zubehör werde vom Bundesverwaltungsgericht nach freier Überzeugung gemäß § 26 Abs. 4 GGG mit 179.755 € geschätzt. Verkehrswertmindernde Umstände seien nicht hervorgekommen, noch von der Revisionswerberin vorgebracht worden oder aus dem Kaufvertrag ersichtlich.

6 Der ungewöhnlich niedrige Kaufpreis indiziere, dass offensichtlich außergewöhnliche Verhältnisse auf die Kaufpreisbildung Einfluss genommen hätten. Diese außergewöhnlichen Verhältnisse seien darin zu erkennen, dass gegen die Verkäuferin bei Vertragsabschluss eine Hypothekarklage sowie eine Klage gemäß § 27 Abs. 2 WEG anhängig gewesen und diese mit Durchführung des Kaufvertrags im Grundbuch gelöscht worden seien. Daraus sei abzuleiten, dass sich die Verkäuferin in einer finanziellen Notlage befunden und aus dieser heraus die Wohnung verkauft habe. Der Eintragungsgebühr werde daher zu Recht nicht der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt, sondern der Verkehrswert werde nach freier Überzeugung geschätzt und zur Ermittlung der Eintragungsgebühr herangezogen. In der Beschwerde sei lediglich unsubstantiiert vorgebracht worden, „dass eine Schätzung falsch ist“. Auf die konkret von der Präsidentin des Landesgerichts vorgenommene Schätzung sei jedoch in keiner Weise eingegangen und der geschätzte Verkehrswert auch nicht bestritten worden. Auch sei nicht aufgezeigt worden, worin der Mangel bei der Schätzung bestünde, weshalb auf dieses Vorbringen nicht weiter einzugehen gewesen sei.

7 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 § 26 Gerichtsgebührengesetz (GGG), BGBl. Nr. 501/1984 idF BGBl. II Nr. 152/2017 lautete auszugsweise wie folgt:

„(1) Die Eintragungsgebühr ist bei der Eintragung des Eigentumsrechts und des Baurechts [...] vom Wert des jeweils einzutragenden Rechts zu berechnen. Der Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre.

(2) Die Partei hat den Wert des einzutragenden Rechts (Abs. 1) eingangs der Eingabe zu beziffern, die zur Ermittlung des Werts notwendigen Angaben zu machen und diese durch Vorlage geeigneter Unterlagen zur Prüfung der Plausibilität zu bescheinigen. Ist die Entrichtung der Gerichtsgebühren im Fall der Selbstberechnung (§ 11 Grunderwerbsteuergesetz 1987) beim zuständigen Finanzamt (§ 4 Abs. 7) zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Grunderwerbsteuer (§ 2 Z 4 zweiter Halbsatz) vorgesehen, kann mit Verordnung nach § 26a Abs. 3 geregelt werden, wie weit von diesen Angaben abgesehen werden kann.

(3) Soweit keine außergewöhnlichen Verhältnisse vorliegen, die offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung gehabt haben, ist bei den nachstehend angeführten Erwerbsvorgängen der Wert der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen,

1. bei einem Kauf der Kaufpreis zuzüglich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen,

2. [...]

3. [...]

4. [...]

Der Gegenleistung sind Belastungen hinzuzurechnen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen.

(4) Wenn die Angaben zur Prüfung der Plausibilität nicht für hinreichend bescheinigt erachtet werden, kann die Partei zur Vorlage weiterer Bescheinigungsmittel aufgefordert werden. Das Gleiche gilt für eine Prüfung aus Anlass einer Gebührenrevision. Kommt die Partei einem solchen Auftrag ohne hinreichenden Grund nicht nach oder entspricht die von ihr nach Vorhalt vorgenommene Bezifferung offenkundig nicht den Abs. 1 bis 3, so ist der Wert des einzutragenden Rechts unter Berücksichtigung der vorliegenden Bescheinigungsmittel nach freier Überzeugung zu schätzen. [...]

[...]“

11 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit zunächst vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob allein der Umstand, dass in Bezug auf eine gekaufte Wohnung eine Hypothekarklage bzw. wegen Betriebskostenrückständen eine Klage gemäß § 27 WEG angemerkt sei, automatisch außergewöhnliche Verhältnisse iSd § 26 Abs. 3 GGG begründe, welche offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung hätten. Dies sei nach Ansicht der Revisionswerberin nicht der Fall. Ein solcher Einfluss sei im angefochtenen Erkenntnis auch nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Auf der Sachverhaltsebene seien keine außergewöhnlichen Verhältnisse mit Einfluss auf die Gegenleistung festgestellt worden. Die Anmerkung einer Hypothekarklage im Grundbuch begründe noch keinen massiven Verkaufsdruck, da zwischen der Anmerkung und einer Zwangsversteigerung viel Zeit liege. Dies verhindere eine Drucksituation und damit das Entstehen außergewöhnlicher Verhältnisse.

12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob außergewöhnliche Verhältnisse iSd § 26 Abs. 3 GGG vorliegen, anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls (die, sofern sie nicht außer Streit stehen, im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen zu umschreiben sind) zu beurteilen (vgl. , mwN). Liegt der Wert der Gegenleistung gemäß § 26 Abs. 3 GGG unter dem in § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG definierten Wert, indiziert dies das Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse.

13 Die Frage konkreter Verhältnisse eines Falls ist ebenso eine Tatsachenfrage wie jene anderer, nach § 26 Abs. 3 GGG zum Vergleich in Betracht zu ziehender Verhältnisse und die Frage, ob oder inwieweit außergewöhnliche Verhältnisse iSd § 26 Abs. 3 GGG im Revisionsfall einen Einfluss auf die Gegenleistung hatten oder nicht (vgl. ).

14 Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das Bundesverwaltungsgericht aus der Anmerkung der Hypothekarklage bzw. der Klage gemäß § 27 Abs. 2 WEG nicht „automatisch“ auf das Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse mit Einfluss auf die Gegenleistung geschlossen. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht aufgrund entsprechender Feststellungen das Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse iSd § 26 Abs. 3 GGG bejaht. So hat es den Kaufpreis mit jenem einer anderen, in derselben Wohnanlage befindlichen Wohneinheit verglichen sowie den sich aus der Statistik der Statistik Austria vom ergebenden durchschnittlichen Quadratmeterpreis als Vergleichsmaßstab herangezogen. Warum das Bundesverwaltungsgericht, das weiters festgestellt hat, dass die Verkäuferin die verfahrensgegenständliche Wohnung neun Jahre zuvor zum selben Kaufpreis erworben hat, aus dem Umstand, dass die Hypothekarklage bzw. die Klage nach § 27 Abs. 2 WEG im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch anhängig waren und mit Durchführung des Kaufvertrags im Grundbuch gelöscht werden sollten, nicht auf eine finanzielle Notlage der Verkäuferin und damit auf das Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse, die offensichtlich Einfluss auf den (niedrigen) Verkaufspreis hatten, schließen hätte dürfen, zeigt die Revision nicht auf.

15 Die Revision bringt weiters einen Verstoß gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere gegen das Erkenntnis vom , Ro 2019/16/0014, vor.

16 In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung zu § 184 BAO zur Schätzungsbestimmung des § 26 Abs. 4 dritter Satz GGG ausgeführt, dass die für eine Schätzung herangezogenen Grundlagen in einem einwandfreien Verfahren ermittelt werden müssen, wobei Parteiengehör zu gewähren und insbesondere auf vom Abgabepflichtigen substantiiert vorgetragene relevante Behauptungen einzugehen ist. Auch die Schätzungsergebnisse unterliegen der Pflicht zur Begründung. Die Begründung hat u.a. die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen.

17 Wie der Beweiswürdigung des angefochtenen Erkenntnisses zu entnehmen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht Ermittlungen angestellt und ist anhand der Statistik der Statistik Austria vom zu den Durchschnittspreisen pro m² für Eigentumswohnungen mit Außenflächen im Bezirk mit einem Baujahr ab 1991 und einer Wohnfläche von weniger als 64 m² zu einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 4.380 € und damit zu einem durchschnittlichen Verkehrswert der gegenständlichen Wohnung von 230.212 € gelangt. Den von der Präsidentin des Landesgerichts nach der Vergleichswertmethode aus einem Vergleich mit verkauften Wohnungen in derselben Wohnanlage geschätzten Verkehrswert von mindestens 179.755 € erachtete das Bundesverwaltungsgericht daher jedenfalls als plausibel, sodass es den Verkehrswert der verfahrensgegenständlichen Wohnung ebenfalls mit 179.755 € schätzte.

18 Mit dem Vorbringen, dass die Schätzungsmethode sowie die Ableitung der Schätzungsergebnisse nicht dargelegt worden seien, ist sohin für die Revisionswerberin nichts zu gewinnen. Der Revisionswerberin wurde im Rahmen des aufgrund des Rückzahlungsantrags eingeleiteten Ermittlungsverfahrens der geschätzte Verkehrswert vorgehalten und sie wurde aufgefordert, neue Beweismittel vorzulegen.

19 Sodann wird ein Verstoß gegen die Grundbuchsgebührenverordnung (insbesondere §§ 2 Abs. 1 und 3, 3 Abs. 1, 5 und 6 Abs. 1 GGV) gerügt. Die Präsidentin des Landesgerichts habe die Einzahlung eines Kostenvorschusses für die Aufnahme eines Sachverständigenbeweises in Aussicht genommen, obwohl dies in § 2 Abs. 3 GGV nicht vorgesehen sei. Die von der Revisionswerberin abgeforderten Bescheinigungsmittel würden somit gegen § 2 GGV verstoßen. Eine gesicherte Rechtsprechung, wie die Werte zu bescheinigen seien, wenn amtswegig höhere Grundbuchseintragungsgebühren vorgeschrieben worden seien, liege nicht vor. Zudem würden Feststellungen zur Nutzungsart (§ 4 GGV), der Lagequalität (§ 5 GGV) und dem Bauzustand (§ 6 GGV) fehlen.

20 Die Verordnung des Bundesministers für Justiz über die zur Ermittlung des Werts des einzutragenden Rechts sowie die für die Inanspruchnahme einer begünstigten Bemessungsgrundlage erforderlichen Angaben und Bescheinigungen (Grundbuchsgebührenverordnung - GGV), BGBl. II Nr. 511/2013 idF BGBl. II Nr. 251/2016, lautete auszugsweise wie folgt:

„[...]

Bescheinigung

§ 2 (1) Zur Bescheinigung des Werts des einzutragenden Rechts kann sich die Partei insbesondere auf jene Urkunden berufen, auf Grund derer die Eintragung erfolgen soll (§ 87 GBG), sofern sich daraus der Wert des einzutragenden Rechts (§ 26 Abs. 1 und 3 GGG) ermitteln lässt.

(2) Die Partei kann zur Vorlage weiterer Bescheinigungsmittel (Abs. 3) aufgefordert werden, wenn

1. gegründete Zweifel an der Plausibilität des angegebenen Werts bestehen,

2. [...]

3. [...]

etwa weil außergewöhnliche Verhältnisse vorliegen und nicht alle Leistungen und Nutzungen im Wert enthalten sind.

(3) Lässt sich der Wert des einzutragenden Rechts nicht mit Urkunden nach Abs. 1 bescheinigen, so können zum Nachweis der Plausibilität der Bezifferung insbesondere vorgelegt werden:

1. Auszüge aus einem Immobilienpreis- oder Mietpreisspiegel in Ansehung vergleichbarer Objekte,

2. Inserate über Anbote vergleichbarer Liegenschaften, Leistungen oder Nutzungen,

3. Verträge oder Schätzgutachten über vergleichbare Liegenschaften, Leistungen oder Nutzungen oder

4. Fotos der Liegenschaft samt Einheitswertbescheid oder Auskunft über den Einheitswert laut FinanzOnline und sonstige erklärende Urkunden zur Vornahme der Bezifferung (etwa Berufung auf Erfahrungswerte des berufsmäßigen Parteienvertreters oder fachkundige Äußerungen), sofern keine aussagekräftigeren Bescheinigungsmittel vorhanden sind oder im Hinblick auf die Höhe der Gebühr nur mit unverhältnismäßigem Aufwand beschafft werden könnten.

Informationen zur Plausibilitätsprüfung

§ 3 (1) In den Fällen des § 26 Abs. 3 GGG können die zur Ermittlung des Werts notwendigen Angaben (Beschreibung des Vertragsobjekts) auch im Vertrag gemacht werden, soweit eingangs der Eingabe (bei den für die Gebührenermittlung bestimmten Angaben), bei Einbringung im ERV in der Eingabe an leicht auffindbarer Stelle, darauf verwiesen wird.

(2) In den übrigen Fällen, in denen eine Bezifferung nach § 1 erforderlich ist, hat die Partei zur Prüfung der Plausibilität ihrer Angaben neben dem Wert des einzutragenden Rechts (§ 1) die nachfolgenden Informationen objektbezogen bei den für die Gebührenermittlung bestimmten Angaben anzuführen:

1. Fläche je Katastralgemeinde;

2. Wert je Quadratmeter;

3. Nutzungsart (§ 4);

4. Lagequalität bezogen auf die jeweilige Katastralgemeinde (§ 5);

5. Zustand des Bauwerks beziehungsweise des Wohnungseigentumsobjekts (§ 6).

[...]“

21 Entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerberin darf die Behörde das Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse iSd § 26 Abs. 3 GGG auch dann prüfen, wenn die Partei eingangs der Eingabe alle für die Ermittlung der - von ihr als Wert des einzutragenden Rechts gemäß § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG angesehenen - Gegenleistung gemäß § 26 Abs. 3 GGG notwendigen Angaben gemacht und diese durch geeignete Unterlagen entsprechend belegt hat. Ein solches Vorgehen der Behörde widerspricht nicht den Vorgaben der GGV, die in § 2 Abs. 2 gerade vorsieht, dass die Partei bei (Verdacht auf) Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse zur Vorlage weiterer Bescheinigungsmittel aufgefordert werden kann.

22 Soweit gerügt wird, es fehle gesicherte Rechtsprechung zur Frage, wie der Wert des einzutragenden Rechts zu bescheinigen sei, ist - abgesehen davon, dass sich diese Frage im revisionsgegenständlichen Fall mangels Vorlage weiterer Bescheinigungsmittel durch die Revisionswerberin nicht stellt - auf die demonstrative Aufzählung möglicher Bescheinigungsmittel in § 2 Abs. 3 GGV zu verweisen sowie auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach in der Regel keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt, wenn die Rechtslage eindeutig ist, und zwar selbst dann, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa , mwN).

23 Der Revision gelingt es zudem nicht, relevante Feststellungsmängel in Bezug auf die Grundbuchsgebührenverordnung aufzuzeigen, obliegt es nach § 3 Abs. 2 GGV doch der Partei, die in §§ 4 bis 6 GGV näher beschriebenen Angaben zu Nutzungsart, Lagequalität und Bauzustand zu machen und ist die Revisionswerberin der an sie ergangenen Aufforderung, Beweismittel bezüglich ihres Rückerstattungsantrags vorzulegen, nicht nachgekommen.

24 Soweit gerügt wird, die Präsidentin des Landesgerichts hätte nicht die Einzahlung eines Kostenvorschusses für die Aufnahme eines Sachverständigenbeweises in Aussicht nehmen dürfen, ist auszuführen, dass sich weder die Präsidentin des Landesgerichts noch das Bundesverwaltungsgericht auf den nicht eingezahlten Kostenvorschuss zur Einholung eines Sachverständigengutachtens gestützt haben, sondern zur Berechnung der durchschnittlichen Quadratmeterpreise Kaufverträge vergleichbarer Wohnungen sowie einen Immobilienpreisspiegel und damit in § 2 Abs. 3 Z 1 und 3 GGV ausdrücklich genannte Bescheinigungsmittel herangezogen haben. Schließlich legt die Revision die Relevanz eines Sachverständigengutachtens bzw. der Abstandnahme von der Einholung eines solchen nicht dar.

25 Zur Zulässigkeit der Revision wird weiteres die Frage aufgeworfen, ob ein niedrigerer Verkehrswert für die Berechnung der Eintragungsgebühr heranzuziehen sei, wenn der Kaufpreis oder das Meistbot den im Schätzungsweg ermittelten Verkehrswert übersteige und ob außergewöhnliche Verhältnisse iSd § 26 Abs. 3 GGG vorlägen, wenn der ermittelte Verkehrswert unter dem vereinbarten Kaufpreis oder dem erzielten Meistbot liege.

26 Dazu genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es für die Zulässigkeit einer Revision nicht ausreicht, dass diese eine Rechtsfrage darlegt; sie muss vielmehr auch von der Lösung dieser Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängen, weil der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zur Lösung abstrakter Rechtsfragen nicht berufen ist (vgl. etwa , mwN). Im Revisionsfall liegt der Kaufpreis unstrittig unter dem geschätzten Verkehrswert. Damit hat die aufgeworfene Rechtsfrage keine Relevanz für den Verfahrensausgang und ist nur hypothetisch.

27 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BAO §184
GGG 1984 §26 Abs1 idF 2017/II/152
GGG 1984 §26 Abs3
GGG 1984 §26 Abs3 idF 2017/II/152
GGG 1984 §26 Abs4
GGV 2014 §2 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022160092.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-46151