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VwGH 01.02.2024, Ra 2022/16/0031

VwGH 01.02.2024, Ra 2022/16/0031

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
GGG 1984 §2 Z4
GGV 2014 §10a
RS 1
Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird gemäß § 2 Z 4 GGG 1984 hinsichtlich der Gebühren für die Eintragung in die öffentlichen Bücher oder in das Schiffsregister mit der Vornahme der Eintragung begründet, wobei im Fall der Selbstberechnung der Eintragungsgebühr durch die Grundbuchsgebührenverordnung kein abweichender Zeitpunkt der Entstehung des Gebührenanspruches festgelegt wird (vgl. ).
Normen
BewG 1955 §10
GGG 1984 §26 Abs1 idF 2013/I/001
RS 2
Bei der Gerichtsgebühr handelt es sich um eine bundesrechtlich geregelte Abgabe, weshalb gemäß § 1 Abs. 1 BewG die Bestimmungen des § 10 BewG maßgebend sein können (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2013/16/0168). Allerdings enthält § 26 Abs. 1 GGG eine eigenständige Definition des Werts als Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr, weshalb § 10 BewG nicht anzuwenden ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2016/16/0037 E RS 1 (hier nur der letzte Satz)
Normen
BewG 1955 §10 Abs2
GGG 1984 §26 Abs1 idF 2013/I/001
LiegenschaftsbewertungsG 1992 §2 Abs2
RS 3
Die Regelung des § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG weicht von der Bestimmung des § 10 Abs. 2 BewG ab und entspricht vielmehr dem § 2 Abs. 2 des Liegenschaftsbewertungsgesetzes, wonach der Verkehrswert der Preis ist, der bei einer Veräußerung der Sache üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden kann. Dass bei einer Ermittlung des Verkehrswertes Abschläge vom Sachwert betreffend ein auf der Liegenschaft lastendes Wohnrecht vorzunehmen sind, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom , 2009/15/0115, VwSlg 8684 F/2011, ausgesprochen. Der Verkehrswert kann wegen der auf einer Liegenschaft ruhenden Belastungen und der damit erschwerten Veräußerbarkeit unter dem Sachwert liegen (vgl. auch den ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2016/16/0037 E RS 3 (hier nur der erste Satz)
Normen
ABGB §432
ABGB §433
ABGB §434
ABGB §435
GGG 1984 TP9 litb Z1
GGG 1984 §2 Z4
RS 4
Gegenstand der Gerichtsgebühr ist das im Grundbuch eingetragene Recht im Zeitpunkt der Eintragung (§ 2 Z 4 GGG 1984). Der Erwerb des Eigentumsrechtes an dem Superädifikat erforderte die Hinterlegung einer mit den Erfordernissen der §§ 432 und 433 ABGB versehenen Urkunde (vgl. dazu näher ). Gegenstand der Gerichtsgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 1 GGG 1984 war der Erwerb des Eigentumsrechtes an dem Superädifikat durch Hinterlegung der erforderlichen Urkunde.
Normen
ABGB §938
GGG 1984 §26 Abs1 idF 2013/I/001
GGG 1984 §26 Abs3 idF 2013/I/001
VwRallg
RS 5
Bereits aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 3 GGG 1984 ergibt sich, dass die Z 1 bis 4 nur auf die "nachstehend angeführten Erwerbsvorgänge" anzuwenden sind. Die unentgeltliche Übertragung (Schenkung) gehört nicht zu den in § 26 Abs. 3 Z 1 bis 4 GGG 1984 genannten Erwerbsarten.
Normen
GGG 1984 §26 Abs1 idF 2013/I/001
GGG 1984 §26 Abs3 idF 2013/I/001
RS 6
Liegt der Wert der Gegenleistung gemäß § 26 Abs. 3 GGG 1984 unter dem in § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG 1984 definierten Wert, indiziert dies das Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2022/16/0092 B RS 2
Normen
GGG 1984 §26 Abs1 idF 2013/I/001
GGG 1984 §26 Abs3 idF 2013/I/001
RS 7
Das Vorliegen von außergewöhnlichen Verhältnissen schließt die Anwendung des § 26 Abs. 3 GGG 1984 aus, wodurch die Eintragungsgebühr wieder nach § 26 Abs. 1 GGG 1984 zu bemessen ist (vgl. ; ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. Funk-Leisch und den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der G GmbH in G, vertreten durch Mag. Arno Pajek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Plankengasse 7/2/27, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W101 2228821-1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Vertrag vom erwarb die Revisionswerberin ein Superädifikat auf einer näher bezeichneten Liegenschaft. Für die Aufgabe der Pachtrechte an dieser Liegenschaft verpflichtete sich die Revisionswerberin gegenüber der Eigentümerin des Superädifikates, die auch Pächterin der Liegenschaft war, zur Zahlung eines Ablösepreises iHv 250.000 €.

2 Mit Antrag vom beantragte die Revisionswerberin die Urkundenhinterlegung zum Erwerb des Eigentumsrechtes an dem Superädifikat ob der näher bezeichneten Liegenschaft. Die Revisionswerberin entrichtete die im Wege der Selbstberechnung auf Grundlage des dreifachen Einheitswertes des Superädifikates iHv 22.892 € ermittelte Eintragungsgebühr iHv 252 €. Die Hinterlegung der Urkunde wurde am antragsgemäß im Grundbuch vollzogen.

3 Mit Bescheid vom schrieb die Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien - nach Erlassung eines Zahlungsauftrages (Mandatsbescheid) und in Folge der Erhebung einer Vorstellung - der Revisionswerberin die Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 1 GGG iHv 2.750 € sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG iHv 8 €, abzüglich der bereits geleisteten 252 €, somit insgesamt 2.506 €, zur Zahlung vor. Als Bemessungsgrundlage nahm die Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien die vertraglich vereinbarte Ablösezahlung iHv 250.000 € als „sonstige Leistung“ gemäß § 26 Abs. 3 Z 1 GGG an.

4 Die gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

5 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, die Revisionswerberin habe das Superädifikat mit allen Rechten und Pflichten samt rechtlichen und tatsächlichen Zubehör aufgrund des „Schenkungsvertrages/Notariatsaktes“ vom  von der „Geschenkgeberin“ erhalten. Für die Aufgabe der Pachtrechte an der Liegenschaft sei in diesem Vertrag ein Ablösepreis iHv 250.000 € zwischen der „Geschenkgeberin“ und der Revisionswerberin vereinbart worden. Dieser Betrag sei als Gegenleistung für die Schenkung des gegenständlichen Superädifikates erbracht worden.

6 In der rechtlichen Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht - soweit hier relevant - aus, dass Gegenleistung im Sinne des § 26 Abs. 3 Z 1 GGG idF der GGN, BGBl. I. Nr. 1/2013, die Summe dessen sei, was der Käufer an wirtschaftlichem Wert dafür zu leisten verspreche, dass er das Grundstück erhalte. Gegenleistung bei einem Kauf sei nach § 26 Abs. 3 Z 1 GGG der Kaufpreis zuzüglich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Eine sonstige Leistung zähle immer dann zur Gegenleistung, wenn sie der Käufer für den Erwerb des Eigentumsrechts erbringe oder der Verkäufer für den Verkauf erhalte. Ausschlaggebend sei, dass der Erwerber die sonstige Leistung im Zusammenhang mit dem Kauf zu erbringen habe.

7 Wie die belangte Behörde bereits ausgeführt habe, müsse im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass nicht der „Erwerb/Kauf/Schenkung“ des „wertlosen“ Superädifikates, sondern die Aufgabe der Pachtrechte die wesentliche Grundlage des Rechtsgeschäfts gebildet habe. Der „Erwerb/Kauf/Schenkung“ des Superädifikates sowie die damit verbundene Aufgabe der Pachtrechte stünden in einem ursächlichen Zusammenhang, sodass die Ablösezahlung iHv 250.000 € als Gegenleistung zur Berechnung der Eintragungsgebühr heranzuziehen sei. Somit stehe fest, dass es sich bei dem gezahlten Betrag iHv 250.000 € um jenen Wert handle, der gemäß § 26 Abs. 1 GGG mit dem Rechtsgeschäft zu erzielen gewesen sei. Die Beschwerde sei aus diesem Grund abzuweisen.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. Die Revisionswerberin bringt zur Begründung der Zulässigkeit der Revision vor, dass nach dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 GGG bei der Eintragung des Eigentumsrechts vom Wert des jeweils einzutragenden Rechts auszugehen sei. Mit dem verfahrensgegenständlichen Vertrag sei das Superädifikat schenkungsweise erworben worden. Folglich sei nur der Wert des Superädifikates als Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr heranzuziehen. Das Bundesverwaltungsgericht weiche mit seiner Beurteilung, wonach die Ablösesumme für die Aufgabe der Pachtrechte an der Liegenschaft als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei, von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bemessungsrundlage für die Eintragungsgebühr ab.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision das Vorverfahren eingeleitet; die Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien erstattete eine Revisionsbeantwortung.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Die Revision ist im Hinblick auf das Vorbringen der Revisionswerberin zulässig und auch begründet.

12 Gemäß TP 9 lit. b Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) ist für Eintragungen in das Grundbuch (Einverleibungen) zum Erwerb des Eigentums eine Gebühr in Höhe von 1,1 vH vom Wert des Rechtes zu entrichten. Wird ein Antrag auf gerichtliche Hinterlegung einer Urkunde zum Zwecke des Erwerbes des Eigentumsrechtes oder eines anderen dinglichen Rechtes an einer nicht verbücherten Liegenschaft oder an einem Bauwerk gestellt, so ist die gleiche Eingabengebühr zu entrichten wie für einen Antrag um Eintragung in das Grundbuch (Anmerkung 11 zu TP 9 GGG).

13 Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird gemäß § 2 Z 4 GGG hinsichtlich der Gebühren für die Eintragung in die öffentlichen Bücher oder in das Schiffsregister mit der Vornahme der Eintragung begründet, wobei im Fall der Selbstberechnung der Eintragungsgebühr durch die Grundbuchsgebührenverordnung kein abweichender Zeitpunkt der Entstehung des Gebührenanspruches festgelegt wird (vgl. ).

14 Im Revisionsfall wurde die Hinterlegung der Urkunde zum Erwerb des Eigentumsrechts an dem mit Vertrag vom von der Revisionswerberin erworbenen Superädifikat am im Grundbuch vollzogen. Im Revisionsfall ist daher § 26 Abs. 1 und 3 GGG idF der Grundbuchsgebührennovelle (GGN), BGBl. I Nr. 1/2013, anzuwenden. Die Änderungen des § 26 Abs. 1 GGG durch Art. 4 des Zivilrechts- und Zivilverfahrensrechts-Änderungsgesetzes 2019 (ZZRÄG 2019), BGFBl. I Nr. 38/2019, traten erst mit Ablauf des Tages ihrer am erfolgten Kundmachung in Kraft und sind gemäß Art. VI Z 70 GGG für den Revisionsfall nicht maßgeblich (vgl. erneut VwGH Ra 2020/16/0086, zur Abgrenzung der unterschiedlichen Fassungen des § 26 Abs. 1 GGG).

15 § 26 Abs. 1 und 3 GGG idF GGN samt Überschrift lautet:

„Wertberechnung für die Eintragungsgebühr

§ 26. (1) Die Eintragungsgebühr ist bei der Eintragung des Eigentumsrechts und des Baurechts - ausgenommen in den Fällen der Vormerkung - sowie bei der Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechts vom Wert des jeweils einzutragenden Rechts zu berechnen. Der Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre.

(2) [...]

(3) Soweit keine außergewöhnlichen Verhältnisse vorliegen, die offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung gehabt haben, ist bei den nachstehend angeführten Erwerbsvorgängen der Wert der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen:

1. bei einem Kauf der Kaufpreis zuzüglich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen,

2. bei einem Erwerb gegen wiederkehrende Geldleistungen, wenn der Gesamtbetrag der Zahlungen nicht von vorhinein feststeht, der Kapitalwert,

3. bei einer Leistung an Zahlungs Statt der Wert, zu dem die Leistung an Zahlungs Statt angenommen wird,

4. bei der Enteignung die Entschädigung.

Der Gegenleistung sind Belastungen hinzuzurechnen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen.

[...]“

16 § 26 GGG in seiner für den Revisionsfall maßgeblichen Fassung (die Neufestsetzung durch die Verordnungen BGBl. II Nr. 280/2013 und BGBl. II Nr. 152/2017 sowie die Änderung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 19/2015 betreffen nicht die Absätze 1 und 3 und sind für den Revisionsfall unerheblich) enthält eine eigenständige Definition des Wertes als Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr (vgl. ). Die Regelung des § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG idF der GGN weicht von der Bestimmung des § 10 Abs. 2 BewG ab und entspricht vielmehr dem § 2 Abs. 2 des Liegenschaftsbewertungsgesetzes, wonach der Verkehrswert der Preis ist, der bei einer Veräußerung der Sache üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden kann (vgl. , erneut VwGH Ra 2020/16/0086; ; ; ; ; sowie erneut VwGH Ra 2016/16/0037).

17 Gegenstand der Gerichtsgebühr ist das im Grundbuch eingetragene Recht im Zeitpunkt der Eintragung (§ 2 Z 4 GGG). Der Erwerb des Eigentumsrechtes an dem Superädifikat erforderte die Hinterlegung einer mit den Erfordernissen der §§ 432 und 433 ABGB versehenen Urkunde (vgl. dazu näher ). Gegenstand der Gerichtsgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 1 GGG war der Erwerb des Eigentumsrechtes an dem Superädifikat durch Hinterlegung der erforderlichen Urkunde.

18 Das Bundesverwaltungsgericht ging in dem angefochtenen Erkenntnis davon aus, dass der Ablösepreis iHv € 250.000 als Gegenleistung für den Erwerb des Superädifikates erbracht worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht begründete dies damit, dass nicht die „Schenkung“ des „wertlosen“ Superädifikates, sondern die Aufgabe der Pachtrechte die wesentliche Grundlage des Rechtsgeschäftes gebildet habe und die Ablösesumme eine Gegenleistung für den Erwerb des Superädifikates darstelle. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage zog das Bundesverwaltungsgericht ausgehend von diesen Ausführungen § 26 Abs. 3 GGG heran und setzte den Erwerb des Superädifikates durch die Revisionswerberin aufgrund des Vertrages vom  einem Kauf gleich.

19 Das Bundesverwaltungsgericht stellte in dem angefochtenen Erkenntnis aber weder den Inhalt des - vom Bundesverwaltungsgericht als „Schenkungsvertrag/Notariatsakt“ bezeichneten - Vertrages vom fest, noch setzte es sich mit dem den Erwerbsvorgang betreffenden Parteiwillen auseinander. Eine solche Auseinandersetzung wäre jedoch erforderlich gewesen, da sich bereits aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 3 GGG ergibt, dass die Z 1 bis 4 nur auf die „nachstehend angeführten Erwerbsvorgänge“ anzuwenden sind. Die unentgeltliche Übertragung (Schenkung) gehört nicht zu den in § 26 Abs. 3 Z 1 bis 4 GGG genannten Erwerbsarten. Sofern dem Erwerb des Superädifikates entgegen den rechtlichen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes eine Schenkung und kein Kauf zu Grunde lag, wäre § 26 Abs. 3 GGG auf den Revisionsfall nicht anwendbar gewesen. In diesem Fall wäre die Gebühr für die Hinterlegung der Urkunde zum Erwerb des Eigentums an dem Superädifikat gemäß § 26 Abs. 1 GGG vom Wert des einzutragenden Rechts zu bemessen gewesen. Da das Bundesverwaltungsgericht - wie schon die belangte Behörde in dem Bescheid vom  - dem angefochtenen Erkenntnis zu Grunde legte, dass das Superädifikat „wertlos“ sei, hätte das Bundesverwaltungsgericht in diesem Fall nicht ohne weiteres davon ausgehen können, dass ein Betrag iHv 250.000 € jenem gemäß § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG idF GGN maßgeblichen Preis entspricht, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung für das Superädifikat üblicherweise zu erzielen gewesen wäre.

20 Für die Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes, dass es sich bei dem Betrag iHv 250.000 € um die Gegenleistung für den Erwerb des Superädifikates handle, wären dementsprechend eindeutige Feststellungen zum Erwerb des Superädifikates erforderlich gewesen, insbesondere zu dem allenfalls zum Vertrag vom  hinzutretenden Parteiwillen.

21 Sofern das Bundesverwaltungsgericht aufgrund hinreichend konkreter Feststellungen zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass das Superädifikat im Wege eines Kaufes erworben wurde, hätte es sich in einem weiteren Schritt mit der Frage des Vorliegens von außerordentlichen Verhältnissen auseinandersetzen müssen (vgl. zu dem Fall, in dem der Wert der Gegenleistung gemäß § 26 Abs. 3 GGG unter dem in § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG definierten Wert liegt, was das Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse indiziert, , mwN). Das Vorliegen von außergewöhnlichen Verhältnissen schließt die Anwendung des § 26 Abs. 3 GGG aus, wodurch die Eintragungsgebühr wieder nach § 26 Abs. 1 GGG zu bemessen gewesen wäre (vgl. erneut VwGH Ra 2020/16/0086; ).

22 Indem das Bundesverwaltungsgericht dies verkannt hat, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

23 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ABGB §432
ABGB §433
ABGB §434
ABGB §435
ABGB §938
BewG 1955 §10
BewG 1955 §10 Abs2
GGG 1984 TP9 litb Z1
GGG 1984 §2 Z4
GGG 1984 §26 Abs1 idF 2013/I/001
GGG 1984 §26 Abs3 idF 2013/I/001
GGV 2014 §10a
LiegenschaftsbewertungsG 1992 §2 Abs2
VwRallg
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2022160031.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-46130