VwGH 01.06.2022, Ra 2022/16/0015
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofräte Mag. Straßegger und Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des C E P in L, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Domgasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7101039, betreffend Grunderwerbsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht gegenüber dem Revisionswerber Grunderwerbsteuer für zwei Erwerbsvorgänge (aufgrund eines Kaufvertrages vom und eines Nachtrags zu diesem Kaufvertrag vom ) - in Abänderung der dazu ergangenen Bescheide des (damaligen) Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich) vom ausgehend von einer niedrigeren Bemessungsgrundlage - fest. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Das Bundesfinanzgericht führte - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, der Revisionswerber sei einer von zwei Geschäftsführern der P-GmbH, eines im Bereich der Entwicklung von Immobilienprojekten und des Managements von Immobilieninvestments tätigen Unternehmens, gewesen. Er sei im Oktober 2007 - als Privatperson - gemeinsam mit anderen an einem Immobilieninvestment interessierten natürlichen Personen (in Folge: Investorengruppe) von einem mit der P-GmbH zusammenarbeitenden Makler auf die verfahrensgegenständliche Liegenschaft in der F-Gasse (in Folge: Grundstück F) aufmerksam gemacht worden. Nach Erstellung eines Gutachtens über die mögliche Flächenaufteilung und Bebaubarkeit des Grundstückes F (in Folge: Bebauungsstudie) durch einen mit der P-GmbH zusammenarbeitenden Architekten im November 2007 habe der Revisionswerber gemeinsam mit der übrigen Investorengruppe beschlossen, diese Liegenschaft zu erwerben.
3 Bereits vor Unterfertigung des Kaufvertrages vom bzw. des Nachtrages zu diesem Kaufvertrag vom sowie des Miteigentümervertrages ab dem - durch die insgesamt 24 Personen umfassende Investorengruppe - seien bereits verschiedene Planungsschritte zur Umsetzung des Projektes gesetzt worden. Aufbauend auf die im November 2007 erstellte Bebauungsstudie habe der zweite Geschäftsführer der P-GmbH der Investorengruppe ein Konzept aller notwendigen Leistungen zur Verwirklichung des Immobilieninvestments präsentiert und dazu die Kostenstruktur sowie Kalkulationen betreffend Bau-, Neben- und Managementkosten vorgelegt. Für Zwecke der Finanzierung sei im Dezember 2007 ein umfangreiches „Multicurrencyfinanzierungskonzept“ durch die P-GmbH erstellt worden, in dem u.a. das Gesamtinvestitionsvolumen und eine Eigenmittelkapitalisierung von 20-25 % festgelegt sowie die erzielbaren Mieterträge bei Vollvermietung dargestellt worden seien.
4 Noch vor Abschluss des Miteigentümervertrages seien bereits Rechnungen für verschiedene Leistungen im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung des Wohnhauses (etwa für das Projektmanagement und für die Vergabe technischer Leistungen) auf dem noch nicht erworbenen Grundstück an die - zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bestehende - Miteigentümergemeinschaft des Grundstückes F vorgelegt worden. Vor Abschluss des Kaufvertrages seien bereits die Durchführung der Mieterakquisition und die Vermittlung der Mieter für die Erstvermietung mit der P-GmbH vereinbart und abgerechnet worden.
5 Der Revisionswerber habe sich bereits im Dezember 2007 mit der vorgelegten Bebauungsstudie und den Konzepten zur Verwirklichung des Immobilieninvestments F-Gasse gegenüber der P-GmbH einverstanden erklärt. Er habe somit vor dem Erwerb der Miteigentumsanteile am Grundstück F in einer für die Verwirklichung dieses Immobilieninvestments nicht unwesentlichen Planungsphase lediglich als Interessent mitgewirkt, womit er im Zeitpunkt des Erwerbs dieser Liegenschaft nicht als Bauherr anzusehen sei.
6 Die Annahme der von der P-GmbH vorgelegten Konzepte und Baupläne sowie ihre Beauftragung mit der Mieterakquisition durch die Investorengruppe bereits im Vorfeld des Vertragsabschlusses über den Grundstückskauf stünde im engen sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes. Es sei daher anzunehmen, dass der Revisionswerber - ebenso wie die übrigen Investoren - ohne seine Mitwirkung und Zustimmung das Grundstück nicht hätte erwerben können. Der Revisionswerber habe sich somit bereits vor Unterfertigung des Kaufvertrages zur Bezahlung sämtlicher Leistungen zur Verwirklichung des Immobilieninvestments F-Gasse verpflichtet.
7 Aus diesen Gründen sei als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht nur der anteilige Kaufpreis für das Grundstück F, sondern auch die anteiligen Kosten für die Verwirklichung des Immobilieninvestments (insbesondere die Baukosten) heranzuziehen.
8 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
9 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); das Finanzamt Österreich erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Zurückweisung - in eventu die Abweisung - der Revision.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit der Revision zunächst an, auf die im Revisionsfall vorliegenden Sachverhaltselemente könne die bisher ergangene höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht vor durchzuführender „Konkretisierung und Auslegung“ der herangezogenen Begrifflichkeiten Anwendung finden. Die Kompatibilität des angefochtenen Erkenntnisses mit der vorhandenen Rechtsprechung sei nicht gegeben, diese Rechtsprechung sei zudem unvollständig bzw. lückenhaft und teilweise widersprüchlich bzw. uneinheitlich.
14 Mit diesen allgemeinen Ausführungen zur unvollständigen bzw. lückenhaften Rechtsprechung ohne Bezugnahme auf den vorliegenden Revisionsfall zeigt der Revisionswerber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil nicht dargelegt wird, welche konkrete, auf den Revisionsfall bezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu beantworten wäre (vgl. , mwN).
15 Dies trifft auch auf das Vorbringen zu, wonach das Bundesfinanzgericht - mangels Ermittlung und Feststellung relevanter Sachverhaltselemente - gegen tragende Grundsätze des Verfahrensrechts verstoßen habe, weil weder konkretisiert wird, welche relevanten Sachverhaltselemente festzustellen gewesen seien, noch die Relevanz dieser Feststellungen aufgezeigt wird (vgl. , mwN).
16 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision weiters - nach weitwendiger Darstellung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bauherreneigenschaft und der vom Revisionswerber daraus gezogenen Schlüsse - im Kern damit, dass das angefochtene Erkenntnis im Widerspruch zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/16/0121, stehe, weil das Bundesfinanzgericht - bei der Beurteilung der Bauherreneigenschaft - auf die erste Planungsphase abgestellt habe. Dem angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei zu entnehmen, dass nur die „finale - an die zuständige Behörde übermittelte und einer ergangenen baubehördlichen Bewilligung zugrunde liegenden - Einreichplanung“ angesprochen und damit „bauherrenschädlich“ sein könne. Das angefochtene Erkenntnis sei daher aufgrund der mangelnden Feststellung des Zeitpunkts der jeweiligen Planungsschritte ergänzungsbedürftig.
17 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof im angeführten Erkenntnis vom die Ansicht der belangten Behörde, wonach der damalige Beschwerdeführer nicht als Bauherr anzusehen gewesen sei, im Hinblick darauf bestätigt hat, dass bereits vor dem Erwerb des verfahrensgegenständlichen Grundstückes Pläne sowie Bau- und Ausstattungsbeschreibungen für das zu errichtende Gebäude vorhanden gewesen seien und auf einen konkreten Zahlungsplan Bezug genommen worden sei. Vor diesem Hintergrund habe eine „fertige Planung“ - im damals angefochtenen Bescheid wurde eine „schon weit fortgeschrittene Projektierung“ festgestellt - vorgelegen. Anders als der Revisionswerber vermeint, kann diesem Erkenntnis somit nicht entnommen werden, dass nur eine im Zeitpunkt des Grundstückserwerbes vorliegende „finale Einreichplanung“ der Bauherreneigenschaft entgegensteht. Die Ausführungen des Revisionswerbers vermögen daher nicht aufzuzeigen, dass das angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
18 Der Revisionswerber erblickt eine - seiner Ansicht nach die Zulässigkeit der Revision begründende - weitere Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darin, dass das Bundesfinanzgericht den Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrages einer Liegenschaft als für die Beurteilung des Erwerbsvorganges maßgeblich ansehe. Ein Kaufvertrag komme aber nicht erst durch Unterfertigung der grundbuchsfähigen Urkunde zustande, sondern schon mit Erwerb des Titels, im vorliegenden Fall somit mit der Annahme des Kaufanbotes durch den Verkäufer knapp ein Jahr vor Unterfertigung des Kaufvertrages durch die letzte Vertragspartei.
19 Entgegen diesen Ausführungen kann der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht entnommen werden, dass das Bundesfinanzgericht für die Verwirklichung des Erwerbsvorganges gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG generell nicht den Zeitpunkt der Entstehung eines Übereignungsanspruches, sondern den Zeitpunkt der Unterfertigung einer grundbuchsfähigen Urkunde über den Kaufvertrag als relevant erachtet. Im Hinblick darauf, dass der Revisionswerber im gesamten bisherigen Verfahren jeglichen Nachweis darüber, dass der Übereignungsanspruch der Erwerber des verfahrensgegenständlichen Grundstückes vor dem Abschluss des schriftlichen Kaufvertrages im Jahr 2009 entstanden sei, schuldig geblieben ist - worauf das Finanzamt in der Revisionsbeantwortung zutreffend hinweist - , kann dem Bundesfinanzgericht nicht entgegengetreten werden, wenn es den Erwerbsvorgang erst mit Abschluss des schriftlichen Kaufvertrages als verwirklicht angesehen hat. Vor diesem Hintergrund gehen die weiteren umfangreichen Ausführungen des Revisionswerbers zur Unzulässigkeit der Heranziehung unterschiedlicher Zeitpunkte für die Entstehung eines Übereignungsanspruches bei Bauherrenmodellen und bei sonstigen Erwerbsvorgängen ins Leere.
20 Abschließend bringt der Revisionswerber zur Begründung der Zulässigkeit auf das Wesentliche zusammengefasst vor, es sei „sachlich inkorrekt“ die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei einer Miteigentümergemeinschaft die Bauherreneigenschaft nur gegeben sei, wenn sämtliche Miteigentümer als Bauherren anzusehen seien, auf den vorliegenden Revisionsfall zu übertragen. Es mangle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob innerhalb einer Gemeinschaft die Möglichkeit der differenzierten Einzelbetrachtungsweise hinsichtlich der Bauherreneigenschaft bestehe. Vorliegend müsse zudem berücksichtigt werden, dass der Revisionswerber in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer des ausführenden Managementunternehmens - der P-GmbH - die faktische Möglichkeit zur Einflussnahme auf das Projekt gehabt habe.
21 Auch diese allgemeinen Ausführungen ohne Bezugnahme auf den konkreten Revisionsfall sind nicht geeignet, das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzutun. Zur Zulässigkeit einer Revision reicht es nicht aus, dass diese eine Rechtsfrage darlegt, sie muss von der Lösung dieser Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG auch „abhängen“, weil der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zur Lösung abstrakter Rechtsfragen nicht berufen ist (vgl. , mwN). Soweit der Revisionswerber erstmals in der Revision vorbringt, er habe als Geschäftsführer der P-GmbH eine Sonderstellung innegehabt und dadurch auch die faktische Möglichkeit, auf das Projekt Einfluss zu nehmen, was im Hinblick auf das Vorliegen der Bauherreneigenschaft bedeutsam sei, verstößt er damit gegen das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aus § 41 erster Satz VwGG abzuleitende Neuerungsverbot. Das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG kann aber nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. , mwN).
22 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
23 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022160015.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-46125