VwGH 19.05.2022, Ra 2022/16/0007
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofräte Mag. Straßegger und Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Ing. G S in G, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Domgasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100207/2015, betreffend Grunderwerbsteuer, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht gegenüber dem Revisionswerber Grunderwerbsteuer für sieben Erwerbsvorgänge (aufgrund eines Kaufvertrages vom ) - in Abänderung der dazu ergangenen Bescheide des (damaligen) Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich) vom ausgehend von einer höheren Bemessungsgrundlage - fest. Zugleich wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Bescheide des (damaligen) Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich) vom , mit denen für sieben Erwerbsvorgänge (aufgrund eines Kaufvertrages vom ) Grunderwerbsteuer in Höhe von null Euro festgesetzt wurde, gemäß § 279 BAO als unbegründet ab. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Das Bundesfinanzgericht führte - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, der Revisionswerber habe - gemeinsam mit 20 anderen natürlichen Personen (in Folge: Investorengruppe) - mit Kaufvertrag vom Miteigentumsanteile an einem näher angeführten (zum damaligen Zeitpunkt noch bebauten) Grundstück (in Folge: Grundstück D) mit der Absicht erworben, nach Abriss des bestehenden und Errichtung eines neuen Gebäudes Vermietungseinkünfte zu erzielen. Die Umsetzung dieses Projektes (in Folge: Projekt D-Straße) sei von Seiten der Eigentümer des Grundstückes D bereits im Jahr 2009 geplant worden. Der Revisionswerber habe als Interessent des Projektes D-Straße erstmalig an einem als „1. Miteigentümerversammlung“ bezeichneten Treffen am teilgenommen.
3 Der Revisionswerber habe als Mitglied der Investorengruppe Ende 2010 einen „Management- und Geschäftsbesorgungsvertrag“ unterfertigt, mit dem die - im Einflussbereich der Verkäufer des Grundstückes D stehende - P-GmbH als „Geschäftsführerin“ zwecks Umsetzung des Projektes D-Straße beauftragt worden sei. Mit Vollmacht vom sei die P-GmbH umfassend zur Vornahme sämtlicher Handlungen im Zusammenhang mit dem Projekt D-Straße bevollmächtigt worden. Der Revisionswerber habe weiters eine als „Miteigentümervertrag“ bezeichnete Vereinbarung unterzeichnet, in der im Wesentlichen - verbunden mit einem 20-jährigen Kündigungsverzicht - die Verwaltung der Liegenschaft und alle damit im Zusammenhang stehenden Entscheidungsbefugnisse der P-GmbH als „Geschäftsführerin“ übertragen worden sei.
4 Der Antrag auf Baubewilligung des Projektes D-Straße sei von der P-GmbH als Vertreterin der „Miteigentümergemeinschaft“ des Grundstückes D - ohne namentliche Nennung der Miteigentümer - gestellt worden. Der Baubewilligungsbescheid sei an die - namentlich genannten - ursprünglichen Verkäufer des Grundstückes D ergangen.
5 Nach Erwerb eines Teilstückes des Nachbargrundstückes (im Ausmaß von ca. 105 m2) durch die ursprünglichen Verkäufer des Grundstückes D habe der Revisionswerber - gemeinsam mit der geringfügig erweiterten ursprünglichen Investorengruppe - mit einer als „Kaufvertrag“ bezeichneten Vereinbarung vom erneut Miteigentumsanteile am nunmehr vergrößerten Grundstück D erworben. Mit einer als „Dissolutionsvertrag“ bezeichneten Vereinbarung vom sei zwischen den beteiligten Parteien - somit auch durch den Revisionswerber als Käufer - vereinbart worden, den Kaufvertrag vom aufzuheben.
6 Aufgrund der vorhandenen Unterlagen (u.a. Vertragsurkunden, Honorarnoten und Firmenbuchauszüge) sei ersichtlich, dass es sich beim Projekt D-Straße um ein Projekt der P-GmbH handle, die auf ihrer Homepage seit Jahren mit derartigen Projekten und mit der Erbringung damit im Zusammenhang stehender Leistungen (etwa Projektentwicklung oder Immobilienmanagement) werbe. Es seien enge Verflechtungen zwischen der P-GmbH bzw. ihren Gesellschaftern und Geschäftsführern - zu denen auch die ursprünglichen Verkäufer des Grundstückes D gehören - und den anderen am Projekt beteiligten Gesellschaften, erkennbar. Die P-GmbH sei im vorhandenen Vertragskonvolut immer wieder - von der Investorengruppe - als Vertreter bevollmächtigt worden.
7 Das Projekt D-Straße sei bereits im Jahr 2009 von der P-GmbH „gestartet“ worden. Bereits im Rahmen eines als „1. Miteigentümerversammlung“ bezeichneten Treffens mit potentiellen Investoren am sei das geplante Bauvorhaben und eine Grobkalkulation durch Herrn P - ein Gesellschafter-Geschäftsführer der P-GmbH und einer der ursprünglichen Verkäufer des Grundstückes D - vorgestellt worden. Den potentiellen Investoren sei auch mitgeteilt worden, dass Herr P die (für die Umsetzung notwendige) Änderung des Bebauungsplans bereits mit der zuständigen Behörde vorbesprochen habe. Im Rahmen zweier weiterer „Miteigentümerversammlungen“ am und am sei das Projekt D-Straße neuen potentiellen Investoren vorgestellt und über Änderungen in der Bau- und Budgetplanung informiert worden. Bei diesen drei Versammlungen sei keine Unterschriftenliste der anwesenden Personen erstellt worden, zudem habe sich aufgrund der Aussagen einiger Investoren ergeben, dass nicht alle namentlich angeführten Personen tatsächlich anwesend gewesen seien.
8 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesfinanzgericht auf das Wesentliche zusammengefasst, die als „Kaufvertrag“ bezeichneten Vereinbarung vom sei als Ergänzung des Kaufvertrages vom anzusehen. Der auf die Aufhebung des Kaufvertrages vom abzielende „Dissolutionsvertrag“ vom sei nicht als Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges gemäß § 17 GrEStG anzusehen, weil die ursprünglichen Verkäufer des Grundstückes D nicht die Möglichkeit wiedererlangt hätten, das Grundstück einem Dritten zu verkaufen. Dies ergebe sich schon aufgrund der zeitlichen Abfolge, weil der „Dissolutionsvertrag“ erst 9 Monate nach „erneutem“ Verkauf des Grundstückes D mit der Vereinbarung vom unterfertigt worden sei.
9 Die Bauherreneigenschaft des Revisionswerbers sei zu verneinen, weil dieser im Zeitpunkt des Erwerbs der Miteigentumsanteile am Grundstück D - mit Kaufvertrag vom - nicht einen Anteil an einem Grundstück mit einem darauf befindlichen Altbau, sondern ein Anlageobjekt haben erwerben wollen. Daraus ergebe sich sein Interesse an einer zum Großteil fremdfinanzierten Bauführung für deren Verwirklichung er sich durch die Initiatoren des Projektes D-Straße (im Wesentlichen der P-GmbH) in ein vorhandenes Konzept habe einbinden lassen. Das Projekt D-Straße sei bereits - als Grobkonzept - geplant gewesen, bevor der Revisionswerber als potentieller Investor aufgetreten sei. Es liege daher ein Erwerb eines gesamten erst zu schaffenden Projektes auf Basis eines vorgegebenen Gesamtkonzeptes vor.
10 Es sei auszuschließen, dass die Initiatoren des Projektes D-Straße Interessenten ohne Einbindung in das vorliegende Vertragsgeflecht zum Anteilserwerb hätten zulassen wollen. Das Konzept der Bauführung sei offensichtlich darauf ausgerichtet gewesen, einerseits das persönliche Engagement der Erwerber durch Erteilung umfassender Bevollmächtigungen möglichst gering zu halten und andererseits den persönlichen Gestaltungsspielraum der Erwerber durch bis ins kleinste Detail ausformulierte Vertragsbestandteile stark einzuschränken. Mit dem „Management- und Geschäftsbesorgungsvertrag“ habe der Revisionswerber seine Einflussmöglichkeiten komplett aus der Hand gegeben. Eine Änderung des Gesamtkonzeptes bzw. der Gesamtkonstruktion des geplanten Projektes seitens des Revisionswerbers sei nicht möglich und seine Einflussnahme auch gar nicht erwünscht gewesen. Bei Vorliegen eines derartigen Vertragsgeflechtes seien auch die das Baukonzept betreffenden Verträge in den grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgang einzubeziehen. Der Revisionswerber habe somit zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am nicht nur die Anteile an einem Grundstück, sondern auch Anteile an einem geplanten Wohn- und Bürogebäude, nämlich des Projektes D-Straße, erworben. Der Erwerb dieser Anteile am geplanten Wohn- und Bürogebäude stehe in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen bzw. „inneren“ Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, womit sämtliche das Projekt D-Straße betreffenden Aufwendungen neben dem Kaufpreis als Gegenleistung für den Erwerb des Grundstückes gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG anzusehen und der Berechnung der Grunderwerbsteuer zugrunde zu legen seien.
11 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision weitwendig, aber im Kern zunächst damit, dass - „konkretisierende“ - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, wie weit die Planung eines zu errichtenden Gebäudes (auf dem erworbenen Grundstück) im Hinblick auf die Bauherreneigenschaft gediehen sein müsse. Erhebliche Bedeutung habe auch die Frage, welche rechtliche Bedeutung Planungsschritten nach Entstehung des Übereignungsanspruches zukomme, insbesondere in jenen Fällen, in denen Umplanungen eine neue (baurechtliche) Bewilligungspflicht auslösen würden.
16 Zu diesem Vorbringen ist zunächst auszuführen, dass die umfangreichen Ausführungen des Revisionswerbers sich überwiegend darauf beschränken, die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur „Bauherreneigenschaft“ des Grundstückserwerbers darzustellen und darin getroffene Aussagen zu interpretieren sowie vorgeblich nicht beantwortete Rechtsfragen hervorzuheben. Einen konkreten Bezug zum vorliegenden Revisionsfall lässt der Revisionswerber hingegen vermissen. Auch die weiterführenden Ausführungen zur baurechtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die vom Revisionswerber daraus gezogenen Schlüsse bleiben allgemeiner Natur und werden in keinem erkennbaren Kontext zum Revisionsfall gestellt.
17 Zur Zulässigkeit einer Revision reicht es aber nicht aus, dass diese eine Rechtsfrage darlegt, sie muss von der Lösung dieser Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG auch abhängen, weil der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zur Lösung abstrakter Rechtsfragen nicht berufen ist (vgl. , mwN).
18 Der Revisionswerber wendet sich gegen Sachverhaltsannahmen, die der Beurteilung der von der Rechtsprechung - für die Versagung der Bauherreneigenschaft - geforderten finalen Verknüpfung der vorgegebenen Planung mit einem bestimmten Gebäude auf einem bestimmten Grundstück dienen, womit er die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichtes bekämpft. Dies gilt auch für die weiteren diesbezüglichen Ausführungen des Revisionswerbers, wonach es aufgrund des Umstands, dass die flächenmäßige Vergrößerung des Grundstückes D - durch den Zukauf einer Teilfläche des benachbarten Grundstückes - zu Änderungen des Bauplanes geführt habe, von einer „Weiterführung der Projektstudie“ nicht gesprochen werden könne.
19 Eine in einem Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. , mwN).
20 Das Bundesfinanzgericht hat mit einer schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung die Ansicht vertreten, der Revisionswerber habe unzweifelhaft die Absicht gehabt, einen Anteil am Projekt D-Straße - somit am Grundstück und am noch zu errichtenden Gebäude - zu erwerben. Der Erwerb habe im Rahmen eines für alle Investoren einheitlichen Konzeptes mit vorgegebenen Rahmenbedingungen stattgefunden, wobei dem Revisionswerber aufgrund des vorhandenen Vertragsgeflechtes kein Gestaltungsspielraum zugekommen sei.
21 Mit dem nicht substantiierten Vorbringen gelingt es dem Revisionswerber nicht, die vom Bundesfinanzgericht vorgenommene Beweiswürdigung als unschlüssig erscheinen zu lassen, weil weder ein Verstoß gegen die Denkgesetze noch einen Widerspruch zur Lebenserfahrung aufgezeigt wird. Die Beurteilung des Bundesfinanzgerichtes stößt auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken.
22 Zuletzt bringt der Revisionswerber vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach es bei „Anschaffungen“ für die Annahme eines wirtschaftlichen Eigentums ausreiche, dass vor dem Zustandekommen des schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes eine beide Parteien bindende, den späteren Kaufvertrag wirtschaftlich vorwegnehmende Vereinbarung vorliege. Damit wird schon deswegen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil die vom Revisionswerber angeführten Erkenntnisse nicht zur Grunderwerbsteuer, sondern zum Ertragsteuerrecht ergangen sind und somit die im Revisionsfall - in diesem Zusammenhang - relevante Bestimmung des § 5 Abs. 1 GrEStG nicht anwendbar war.
23 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022160007.L00 |
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Fundstelle(n):
FAAAF-46121