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VwGH 06.02.2024, Ra 2022/15/0098

VwGH 06.02.2024, Ra 2022/15/0098

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der E M in G, vertreten durch die EHC WT GmbH in 2000 Stockerau, Schulgasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7103702/2020, betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2014, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin zog im Jahr 2013 nach Österreich und begründete dort unterjährig den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen. Der Einkommensteuerbescheid für 2013 wurde vom Finanzamt gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben, weil die Revisionswerberin sowohl im Ausland als auch in Österreich Einkünfte erzielt hatte und dieser Umstand bei der Veranlagung nicht berücksichtigt worden war. Für das Jahr 2014 nahm die zuständige Sachbearbeiterin beim Finanzamt (nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts) am eine interne Vorberechnung vor, die auf dem Steuerkonto der Revisionswerberin wie folgt ersichtlich war: „L1  Erklärung eingelangt (JVP)“.

2 Die Revisionswerberin gab eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2014 per Finanz-Online am ab.

3 Das Finanzamt wies den Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung vom wegen Ablauf der fünfjährigen Frist des § 207 BAO als verspätet zurück. In der dagegen erhobenen Beschwerde verwies die Revisionswerberin auf eine am telefonisch erteilte Auskunft des „Veranlagungsbereiches, wonach die Arbeitnehmerveranlagung am eingegangen sei, welche noch nicht bearbeitet wurde.“

4 In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung legte das Finanzamt dar, dass die erste aktenkundige Eingabe betreffend das Jahr 2014 seitens der Revisionswerberin im Juni 2020 erfolgt sei. Dem Beschwerdevorbringen, dass bereits am eine Eingabe durch die Revisionswerberin vorgenommen worden sei, sei entgegen zu halten, dass an diesem Tag nur ein interner Vorgang (zur internen Vorberechnung) erfolgt sei.

5 Die Revisionswerberin stellte einen Vorlageantrag, in dem sie ausführte, sie habe vor Zeugen in einem Steuerbüro am ihre Arbeitnehmerveranlagung über Finanz-Online eingereicht.

6 Das Bundesfinanzgericht wies die Beschwerde nach Einholung der Logdaten von Finanz-Online bei der IT-Sektion des Finanzministeriums sowie einer Abfrage des Steuerkontos der Revisionswerberin als unbegründet ab. Es traf die Feststellung, dass auf dem Steuerkonto der Revisionswerberin für 2014 (nach wie vor) ersichtlich sei, dass keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung im Dezember 2019 übermittelt worden sei. Betreffend das Jahr 2014 sei am durch die zuständige Sachbearbeiterin des Finanzamtes die Anmerkung „L1“ zur amtsinternen (ersten) Vorberechnung einer sich ergebenden Einkommensteuer erfolgt. Die Anzeige „Erstbescheid (JVP)“ stelle einen durch die Dienststelle veranlassten L1-Geschäftsfall dar, der von der Dienststelle wieder (nicht im Dezember 2019) storniert worden sei. Am habe es keinen Einstieg der Revisionswerberin über Finanz-Online gegeben. Die per durchgeführte Anmerkung „L1  Erstbescheid (JVP)“ sei auf dem Steuerkonto der Revisionswerberin ersichtlich geblieben. Am habe das Finanzamt eine zweite (auf dem einsehbaren Steuerakt nicht aufscheinende) Vorberechnung vorgenommen. Aufgrund der Eingabe des Finanzamtes am sei ab dem bis die Abgabe einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2014 nur in Papierform möglich gewesen. Die Anzeige „E1  Erklärung elektronisch eingelangt“ betreffe die am von der Revisionswerberin übermittelte E1-Erklärung für 2014.

7 Die Revisionswerberin habe - wie aus den Logdaten ersichtlich - im Dezember 2019 per Finanz-Online folgende elektronische Zugriffe vorgenommen: Sie habe am den ersten Einstieg über Finanz-Online durchgeführt und folgende Aktionen getätigt:

- Aufruf L1 für Zeitraum 2014

- Anzeige der Meldung: „ Für diesen Zeitraum wird in der Finanzverwaltung bereits ein Antrag bearbeitet bzw. eine Veranlagung wurde durchgeführt“

- Aufruf Steuerakt der Revisionswerberin für 2014.

8 Die Revisionswerberin habe am sowie am wiederum ihren Steuerakt für 2014 aufgerufen. An beiden Tagen seien dieselben Meldungen angezeigt worden.

9 Im Zuge der Veranlagung zur Einkommensteuer für 2013 habe das Finanzamt festgestellt, dass die Revisionswerberin ihren Lebensmittelpunkt unterjährig nach Österreich verlagert habe, weshalb Progressionseinkünfte sowie ein aliquotes Pendlerpauschale bei Festsetzung der Einkommensteuer für 2013 berücksichtigt worden seien. Zur eventuellen Wahrung der Frist für 2014 habe das Finanzamt am  mangels Erklärungsabgabe durch die Abgabepflichtige eine amtsinterne erste Vorberechnung der Einkommensteuer 2014 vorgenommen. Die Vorberechnung habe eine voraussichtliche Gutschrift ergeben. Für das Finanzamt sei aufgrund vorgenannter Umstände anzunehmen gewesen, dass kein Pflichtveranlagungstatbestand nach § 41 Abs. 1 EStG 1988 für das Jahr 2014 vorgelegen sei. Mangels Erklärungsabgabe bzw. mangels Bekanntgabe von Einkünften aus dem Ausland für das Jahr 2014 sei die Vorberechnung (im Jahr 2020) wieder storniert worden. Die Revisionswerberin sei in einem Steuerbüro als Buchhalterin tätig und daher grundsätzlich mit den elektronischen Eingabemasken sowie -vorgängen vertraut.

10 In der Beweiswürdigung führte das Bundesfinanzgericht aus, es stehe auf Basis der von der IT - Sektion erteilten Auskünfte sowie der vorliegenden Logdateien ohne Zweifel fest, dass die Revisionswerberin am über Finanz-Online keinen Zugriff auf ihr Steuerkonto getätigt habe. Dasselbe gelte für die als erwiesen anzusehende Tatsache, dass seitens der zuständigen Sachbearbeiterin beim Finanzamt am eine Vorberechnung der Einkommensteuer für 2014 durch Hochladen eines Formulars „L1“ initiiert worden sei, wodurch die Anzeige „Erklärung eingelangt (JVP)“ zu sehen gewesen sei. Der Einwand der Revisionswerberin, sie habe über Finanz-Online unter Zeugen in einem Steuerbüro am die Arbeitnehmerveranlagung für 2014 eingereicht und das Einlangen durch die nochmalige Abfrage am selben Tag überprüft, sei eine reine Schutzbehauptung, zumal aus der übermittelten Logdatei eindeutig zu ersehen ist, dass von der Revisionswerberin am der erstmalige Einstieg per Finanz-Online erfolgt sei. Demnach sei als erwiesen anzusehen, dass die Revisionswerberin entgegen ihrem Beschwerdevorbringen am keinen Zugriff auf ihr Steuerkonto getätigt habe, was sie letztendlich im Zuge der mündlichen Verhandlung insofern eingeräumt habe, als sie das genaue „Abgabedatum“ nicht mehr in Erinnerung habe.

11 Auf Basis der von der IT-Sektion übermittelten Dateien stehe unstrittig fest, dass die Revisionswerberin im Dezember 2019, erstmals am , über Finanz-Online ihr Steuerkonto aufgerufen und sie die dargestellten Aktionen (wie Aufruf L1 für Zeitraum 2014) getätigt habe. Für sie sei die Anzeige der Meldung „Für diesen Zeitraum wird in der Finanzverwaltung bereits ein Antrag bearbeitet bzw. eine Veranlagung wurde durchgeführt“ ersichtlich gewesen, welche auch anlässlich der weiteren am sowie am getätigten Einstiege zu ersehen gewesen sei.Dass eine elektronische Abgabe einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2014 vom bis zum infolge des Hochladens der „L1“ zu Zwecken der internen Vorberechnung der Einkommensteuer für 2014 technisch nicht mehr möglich gewesen sei, habe die Vertreterin des Finanzamtes im Zuge der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt. Zweifellos sei daher - aus EDV-technischen Gründen - ab diesem Zeitpunkt die Abgabe einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2014 nur mehr in Papierform möglich gewesen. Der Umstand, dass die Revisionswerberin im Juni 2020 durch den Erhalt einer Benachrichtigung über den erfolgten Erklärungswechsel „erst misstrauisch“ geworden sei, weshalb sie über Finanz-Online nachgesehen und festgestellt habe, dass die Erklärung für 2014 „verschwunden“ sei, vermöge nichts daran zu ändern, dass sie nicht im Dezember 2019, also innerhalb der fünfjährigen Frist und somit fristgerecht (elektronisch) eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2014 eingereicht habe.

12 Zum Zeitpunkt des erstmaligen Aufrufens des Steueraktes sowie des für die Vornahme einer Arbeitnehmerveranlagung erforderlichen Antragsformulars „L 1“ für 2014 am habe der - in diesen Belangen nicht unkundigen - Revisionswerberin bekannt gewesen sein müssen, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Erklärung eingereicht habe.

13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, dass im ganzen Verfahren nicht festgestellt und rechtlich bewertet worden sei, wie die diversen elektronischen Eingabe-Masken im Finanz-Online aus Sicht des Benutzers aussehen würden. Es sei auch nicht festgestellt und rechtlich bewertet worden, warum es überhaupt für den Steuerpflichtigen möglich sei, in einem Verfahren (Arbeitnehmerveranlagung 2014) Daten zu erfassen, obwohl es eigentlich bereits intern gesperrt worden sei. Wenn ein elektronisches System verhindern solle, dass hier noch Daten erfasst würden, wäre es ein Leichtes die Eingabemaske zu sperren. Für den Anwender wäre es dann sofort ersichtlich, dass hier unter Umständen Handlungsbedarf bestehe. Außerdem sei zu bedenken, dass in einem klassischen Verfahren gemäß Bundesabgabenordnung („Papierverfahren“) dann eben zwei Eingaben fristgerecht eingereicht worden wären. Das Finanzamt hätte die Zustellung durch die Post nicht „sperren“ können. Es wäre daher am Finanzamt gelegen, dies in einem entsprechenden Ergänzungsverfahren auf- und abzuklären. Die Programmierung des elektronischen Verfahrens müsse daher sicherstellen, dass das Finanzamt auch von diesen potentiellen „Fehleingaben“ erfahre und entsprechend der materiellen Wahrheitspflicht Ermittlungen einleiten könne, was vom Steuerpflichtigen tatsächlich gewollt gewesen sei. Das Bundesfinanzgericht habe im Verfahren nicht endgültig festgestellt, ob die elektronische Abgabe der Arbeitnehmerveranlagung 2014 durch die Revisionswerberin am erfolgt sei oder nicht. Auch sei nicht festgestellt worden, ob im Falle, dass die Sperre ersichtlich gewesen sei, dies nachweislich der Revisionswerberin mitgeteilt worden sei.

14 Die Steuerpflichtigen seien durch verschiedenste Bestimmungen gesetzlich verpflichtet, auf elektronischem Weg mit der Behörde zu verkehren (siehe beispielsweise § 42 EStG bzw. die Bestimmungen der FinanzOnline-Erklärungsverordnung- FOnErklV). Diese Verpflichtung dürfe aber nicht dazu führen, dass durch fehlerhafte Programmierungen und unklare, nicht eindeutige Fehlermeldungen in den entsprechenden Kommunikationsprogrammen der Rechtsschutz gegenüber dem herkömmlichen Papierverfahren schlechter gestellt sei.

15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

18 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht oder konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen (vgl. , mwN).

19 Diesen Anforderungen wird die vorliegende Revision nicht gerecht, handelt es sich bei den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision doch im Wesentlichen um Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG). Es erfolgt weder eine Darlegung, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts abweicht, noch, in Bezug auf welche Frage eine solche Rechtsprechung fehlt. Die Revision erweist sich daher schon aus diesem Grund als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

20 Mit dem in der Zulässigkeitsbegründung erstatteten Vorbringen wird aber auch keine Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufgezeigt. Das Bundesfinanzgericht hat auf Basis von Informationen (Logdaten) der IT-Sektion des Bundesministeriums für Finanzen festgestellt, dass die Revisionswerberin erstmals am in Finanz-Online eingestiegen sei und dort zunächst das Formular L1 aufgerufen habe, woraufhin sie die Meldung angezeigt bekommen habe, dass für diesen Zeitraum bereits ein Antrag bearbeitet bzw. eine Veranlagung durchgeführt werde. Zudem wurde der Steuerakt aufgerufen. Das Bundesfinanzgericht hat ebenso festgestellt, dass eine rechtzeitige Abgabe der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung nicht erfolgt sei. Weiters wurde festgestellt, dass ab eine elektronische Abgabe der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung EDV-technisch nicht mehr möglich gewesen sei. Schon aus dieser Feststellung - die in der Revision nicht bekämpft wird - erhellt, dass eine Abgabe der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung über Finanz-Online am durch die Revisionswerberin gar nicht erfolgen konnte.

21 Das Bundesfinanzgericht hat mit nachvollziehbarer Begründung festgestellt, dass die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung nicht rechtzeitig abgegeben wurde. Dass die dazu angestellte Beweiswürdigung mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehler behaftet ist, wird in der Revision nicht aufgezeigt (zur Möglichkeit der Wiedereinsetzung bei behördlich veranlassten Irrtümern vgl. , mwN).

22 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2022150098.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-46115