VwGH 19.03.2024, Ra 2022/15/0089
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Der steuerliche Gewinn einer Körperschaft darf durch Vorgänge, die nicht durch die betriebliche Tätigkeit der Körperschaft, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt sind, keine Minderung erfahren. Für die Frage, ob eine Maßnahme gesellschaftlich veranlaßt ist, kommt es maßgeblich darauf an, ob sie auch einander fremd gegenüberstehende Personen gesetzt hätten. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 94/14/0042 E VwSlg 7284 F/1998 RS 1 (hier nur der erste Satz) |
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RS 2 | Verträge, die zwischen Gesellschaften abgeschlossen werden, die von der gleichen Person vertreten oder wirtschaftlich dominiert werden, sind an jenen Kriterien zu messen, die für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelt wurden. Die Vereinbarung muss nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren und eindeutigen Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden. Dabei handelt es sich zunächst um eine Tatfrage, die auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in freier Beweiswürdigung zu lösen ist (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der X GmbH in S, vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Steuerberater in 1220 Wien, Stadlauer Straße 39/1/Top 12, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5101534/2018, betreffend Körperschaftsteuer 2010 bis 2012, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine am gegründete GmbH, in die am das Einzelunternehmen des alleinigen Gesellschafters und Geschäftsführers FE eingebracht wurde, beteiligte sich am mit einer echten stillen Einlage an der am gegründeten Y GmbH, deren Stammkapital zu 75 % von FE und zu 25 % von dessen Ehefrau KE gehalten wurde, welche auch die Geschäftsführerin der Y GmbH war.
2 Im Jahr 2014 wurde bei der Revisionswerberin eine die Jahre 2010 bis 2012 umfassende Außenprüfung durchgeführt. Der Prüfer stellte fest, dass über das Vermögen der Y GmbH, die sich bereits im Jahr 2010 in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe, am der Konkurs eröffnet worden sei und vertrat den Standpunkt, ein fremder Dritter wäre im Hinblick auf die Vermögens- und Ertragslage der Y GmbH im Jahr 2010 keine stille Beteiligung mit dieser Gesellschaft eingegangen; er hätte ihr in weiterer Folge auch keinen Kredit eingeräumt. Die zwischen der X GmbH und der Y GmbH getroffene Vereinbarung halte zudem keinem Fremdvergleich stand und sei nach außen nicht ausreichend in Erscheinung getreten. Die im Jahr 2011 durchgeführte Abschreibung der stillen Einlage in Höhe von 2,100.000 € und die am Verrechnungskonto bestehenden Forderung in Höhe von 134.641,91 € sei daher steuerlich nicht anzuerkennen.
3 Das Finanzamt folgte dem Prüfer, verfügte die Wiederaufnahme der Verfahren und erließ entsprechende Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2012.
4 Einer Beschwerde gegen die im Anschluss an die Außenprüfung ergangenen Wiederaufnahme- und Körperschaftsteuerbescheide gab das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung keine Folge, woraufhin die Revisionsweberin die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht beantragte.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab das Bundesfinanzgericht (BFG) der Beschwerde keine Folge. Strittig seien die Anerkennung einer Abschreibung von Forderungen gegenüber der Y GmbH in Höhe von 134.641,91 € und die Abschreibung einer stillen Beteiligung in Höhe von 2,100.000 € jeweils im Jahr 2011.
6 Zur echten stillen Beteiligung an der Y GmbH führte das BFG auf das Wesentliche zusammengefasst aus, im zwischen der X GmbH und der Y GmbH abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag seien die Voraussetzungen der Auszahlung eines Ergebnisanteils, die Aufkündigungsmöglichkeiten und die Modalitäten einer Abschichtung bei vorzeitiger Aufkündigung nicht eindeutig festgelegt. Die Vereinbarung halte schon deswegen keinem Fremdvergleich stand. Ein fremder Dritter hätte auch keine (besicherten) Kredite bei Banken aufgenommen, um die Kreditvaluta danach (unbesichert) der überschuldeten Y GmbH als stille Einlage zur Verfügung zu stellen. Die Y GmbH habe sich zum Zeitpunkt der Beteiligung in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden und - aus im angefochtenen Erkenntnis näher dargestellten Gründen - hätten auch keine objektiv erkennbaren Aussichten auf eine baldige nachhaltige Gewinnerzielung bestanden. Vor diesem Hintergrund sei das Eingehen einer stillen Beteiligung durch die Revisionswerberin nicht fremdüblich. Eine fremder Dritter hätte der Y GmbH - ohne entsprechende Sicherheiten - auch keinen Kredit gewährt und in weiterer Folge auf die daraus resultierende Forderung verzichtet.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Die Revision trägt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, bei isolierter Betrachtung liege mit der „stillen Beteiligung an unserer Schwestergesellschaft [Y GmbH]“ eine Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen vor. Bei Berücksichtigung der Vorgeschichte und der am Zustandekommen des stillen Gesellschaftsvertrages beteiligten Personen könne von einem „[Familien]-internen Sachverhalt“ keine Rede sein, weil die Vermögenseinlage von 2,100.000 € nicht von der Familie E aufgebracht worden sei, sondern zur Gänze von Banken stamme. Ohne deren Zutun gäbe es den vorliegenden Sachverhalt nicht, weil die Y GmbH bereits 2010 insolvent gewesen wäre. Es gehe hier um die Frage nach Reichweite und Grenzen der Angehörigenjudikatur, wozu es - soweit überblickbar - noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gebe. Aus der vorliegenden Judikatur sei die Unanwendbarkeit der Angehörigenjudikatur auf den Revisionsfall ableitbar, weil es im Kern darum gehe, „ob bei der Sachverhaltsverwirklichung Interessen außenstehender Dritter - wie hier - mitzuberücksichtigen sind oder ob man ‚unter sich‘ ist und solcherart freie Hand hat“.
12 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
13 Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darf der steuerliche Gewinn einer Körperschaft durch Vorgänge, die nicht durch die betriebliche Tätigkeit der Körperschaft, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, keine Minderung erfahren (vgl. z.B. ; , 2012/13/0061; , 99/14/0263; , 94/14/0042).
14 Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern werden an jenen Kriterien gemessen, die für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelt wurden. Die Vereinbarung muss demnach nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren und eindeutigen Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden (vgl. z.B. ; , 2010/13/0115; , 2009/15/0215).
15 An Verträge, die zwischen Gesellschaften abgeschlossen werden, die von der gleichen Person vertreten oder wirtschaftlich dominiert werden, sind wegen des in solchen Fällen typischerweise zu besorgenden Wegfalls der sonst bei Vertragsabschlüssen zu unterstellenden Interessengegensätze aus dem Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung die gleichen Anforderungen zu erheben (vgl. ; ; 2008/15/0324; , 2005/15/0148; , 2006/15/0043).
16 Gemäß den in den Verwaltungsakten einliegenden Firmenbuchauszügen war FE im Streitzeitraum Alleingesellschafter und Geschäftsführer der X GmbH. Zudem hielt er einen 75%igen Anteil am Stammkapital der Y GmbH. Die Gesellschaften wurden somit von FE wirtschaftlich dominiert, weshalb die zwischen ihnen abgeschlossenen Verträge nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an jenen Kriterien zu messen sind, die für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelt wurden. Dass durch die hier in Rede stehende Vereinbarung allenfalls auch Interessen Dritter berührt wurden, ändert daran grundsätzlich nichts.
17 Soweit die Revision im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens rügt, dass angefochtene Erkenntnis weiche von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil der Sachverhalt unvollständig erhoben worden sei, das BFG dem „wahren wirtschaftlichen Gehalt“ der in die Tat umgesetzten „stillen Beteiligung/Vermögenseinlage vom “ keine Bedeutung beigemessen habe und das angefochtene Erkenntnis frei von jeglicher Beweiswürdigung sei, ist ihr Folgendes zu entgegnen: Wie der Verwaltungsgerichtshof zu dem seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 geltenden Revisionsmodell bereits vielfach ausgesprochen hat, ist in den Zulässigkeitsgründen einer außerordentlichen Revision konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen darzulegen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. für viele , mwN).
18 Dazu reicht es nicht, Rechtssätze zu zitieren und Verstöße gegen diese in den Raum zu stellen, ohne fallbezogen darzulegen, worin genau die behaupteten Abweichungen von der Rechtsprechung nach Ansicht der Revision zu sehen sein sollen.
19 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss zudem auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentlichste zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. , mwN).
20 Eine im Rahmen der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nicht weiter substantiierte Behauptung von Verfahrensmängeln reicht demnach nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen (vgl. ).
21 Verträge, die zwischen Gesellschaften abgeschlossen werden, die von der gleichen Person vertreten oder wirtschaftlich dominiert werden, sind - wie bereits ausgeführt - an jenen Kriterien zu messen, die für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelt wurden. Die Vereinbarung muss nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren und eindeutigen Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden. Dabei handelt es sich zunächst um eine Tatfrage, die auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in freier Beweiswürdigung zu lösen ist (vgl. nochmals ).
22 Das BFG vertritt im angefochtenen Erkenntnis den Standpunkt, die hier in Rede stehende Vereinbarung zwischen der X GmbH und der Y GmbH erfülle die für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelten Kriterien schon deswegen nicht, weil die Voraussetzungen der Auszahlung eines Ergebnisanteils, die Aufkündigungsmöglichkeiten und die Modalitäten einer Abschichtung bei vorzeitiger Aufkündigung nicht eindeutig festgelegt worden seien. Weiters gelangt es zur Überzeugung, ein fremder Dritter hätte keine (besicherten) Kredite bei Banken aufgenommen, um die Kreditvaluta danach (unbesichert) der überschuldeten Y GmbH als stille Einlage zur Verfügung zu stellen, weil sich diese Gesellschaft zum Zeitpunkt der Beteiligung in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden und auch keine objektiv erkennbaren Aussichten auf eine baldige nachhaltige Gewinnerzielung bestanden habe.
23 Ein Vorbringen dahingehend, dass die revisionsgegenständliche Vereinbarung - entgegen der Annahme des BFG - einen klaren und eindeutigen Inhalt aufweise, findet sich im Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision nicht. Im Zulässigkeitsvorbringen wird auch nicht nachvollziehbar dargelegt, aufgrund welcher Umstände die hier in Rede stehende Vereinbarung auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre.
24 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2022150089.L00 |
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Fundstelle(n):
FAAAF-46108