VwGH 16.11.2023, Ra 2022/15/0078
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Die von § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 erfassten Arbeitgeber-Leistungen unterscheiden sich insofern von den Aufwandsersätzen des § 26 Z 4 EStG 1988, als ihnen ausweislich der Gesetzesmaterialien ausdrücklich kein strenges Aufwandsprinzip zu Grunde liegen soll. Die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 für "vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder und Nächtigungsgelder" wird für die von ihm erfassten Gruppen von Mitarbeitenden von den Gesetzesmaterialien vielmehr damit sachlich gerechtfertigt, dass "mit diesen Tätigkeiten Aufwendungen verschiedenster Art verbunden sind, die zwar für Gruppen von Arbeitnehmern und auch innerhalb dieser Gruppen der Höhe und dem Grunde nach unterschiedlich sein können, die aber bei der ständigen Dienstverrichtung an einem festen Arbeitsplatz nicht oder nicht in dieser Art anfallen. [...] Neben diesen pauschalen Aufwandsentschädigungen berücksichtigt § 3 Abs. 1 Z 16b die mit den angeführten Tätigkeiten verbundene ‚Reiseerschwernis' sowie Mobilitätsanreize" (220/A BlgNR 23. GP). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2020/15/0005 E RS 2 |
Normen | EURallg 12010E045 AEUV Art45 |
RS 2 | Die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV) steht nationalen Maßnahmen entgegen, die die Unionsbürger benachteiligen könnten, wenn sie eine Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen, und kann insofern Verdrängungswirkung entfalten (vgl. dazu näher bereits etwa ; ). |
Normen | EStG 1988 §3 Abs1 Z16b EURallg KollV Gewerbliche Forstunternehmen §5 Abs5 12010E045 AEUV Art45 Abs2 62017CJ0591 Österreich / Deutschland 62017CJ0703 Krah VORAB |
RS 3 | Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH zu Art. 45 Abs. 2 AEUV sind nicht nur Diskriminierungen, die unmittelbar aufgrund der Staatsangehörigkeit der Arbeitnehmer - oder der Anknüpfung an grenzüberschreitende Sachverhalte - erfolgen, verboten, sondern auch solche, die mittelbar aufgrund dieses Kriteriums erfolgen, d. h. alle verschleierten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungskriterien de facto zum gleichen Ergebnis führen (vgl. Krah, C-703/17, Rn. 23). Eine solche mittelbare Diskriminierung kann dann vorliegen, wenn die große Mehrheit der grenzüberschreitenden Fälle von einer ungünstigen Regelung betroffen ist, während die große Mehrheit der Inlandsfälle nicht unter diese Begrenzung fällt (vgl. etwa Österreich/Deutschland, C-591/17, Rn. 51). Dass dies bei einer - wenn auch nur im Verweiswege vorgenommenen - Einschränkung steuerfreier Tagesgelder auf das Vorliegen eines inländischen Familienwohnsitzes der Fall wäre, ist offenkundig, weshalb das BFG zu Recht von einer unzulässigen Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit ausgegangen ist und - in deren Anwendungsbereich - für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 die im EU-Ausland gelegenen Familienwohnsitze der Forstarbeiter einem inländischen Familienwohnsitz iSd § 5 Abs. 5 des Kollektivvertrages für gewerbliche Forstunternehmen gleichgestellt hat. |
Normen | |
RS 4 | Hinsichtlich der Höhe steuerfrei auszahlbarer Tagesgelder ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 eine doppelte Begrenzung der Steuerfreiheit, nämlich einerseits mit der Höhe, in der der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 zur Zahlung verpflichtet ist, und andererseits mit dem in § 26 Z 4 EStG 1988 geregelten Höchstsatz von 26,40 €, auf den § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 ausdrücklich verweist. Individualvertragliche Überzahlungen über den Kollektivvertrag hinaus führen daher insoweit zu keiner Steuerfreiheit nach § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988. Eine "Aufstockung" der kollektivvertraglichen Trennungsgelder (§ 5 Abs. 5 Kollektivvertrag für gewerbliche Forstunternehmen) auf die Höchstsätze des § 26 Z 4 EStG 1988 durch den Arbeitgeber wäre daher nur insoweit unversteuert möglich, als auch die Legaldefinition für Dienstreisen des § 26 Z 4 EStG 1988 erfüllt ist, was jedoch nach der Rechtsprechung nur bis zur Begründung eines neuen Mittelpunkts der Tätigkeit der Fall sein kann. Insofern ist § 26 Z 4 EStG 1988 enger als § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988, der eine solche zeitliche Begrenzung nicht kennt. |
Norm | EStG 1988 §26 Z4 |
RS 5 | Der zweite Dienstreisetatbestand ist nur dann erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer "über Auftrag des Arbeitgebers" so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann (vgl. ). Dies ist freilich nicht gegeben, wenn jemand von sich aus von Vornherein eine Arbeit außerhalb der üblichen Entfernung von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) annimmt. |
Normen | |
RS 6 | Die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 setzt - ebenso wie § 26 Z 4 EStG 1988 - voraus, dass die von ihr erfassten Reiseaufwandsentschädigungen für jede Reisebetätigung einzeln abgerechnet werden und die Leistungen des Arbeitgebers sohin Ersatz für eine bestimmte Dienstreise sind (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2020/15/0005 E RS 1 |
Normen | |
RS 7 | Den Regelungen des § 26 Z 4 sowie § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 liegt insoweit der Gedanke einer geteilten Kontrolle durch Arbeitgeber und Finanzverwaltung zugrunde, als dem Arbeitgeber im Rahmen der (Abrechnung der Reise und der) Lohnsteuerberechnung bereits die Ermittlung und Überprüfung der Daten jeder einzelnen Dienstreise obliegt, während der Steuerverwaltung nur eine nachträgliche Überprüfung zukommt. Der Arbeitgeber hat den ungleich besseren Zugang zu den Informationen über die tatsächliche Erbringung von Reiseleistungen. Die beiden in Rede stehenden Bestimmungen knüpfen also unmittelbar an die Lohnverrechnung des Arbeitgebers an, dem dabei auch die Aufzeichnung der Daten der Dienstreisen und von ihm als nicht steuerpflichtig behandelten Tagesgelder zukommt, die sodann ihrerseits einer Nachprüfung durch die Finanzverwaltung zugänglich sein müssen. Die Richtigkeit des vom Arbeitgeber vorgenommenen Lohnsteuerabzuges muss für das Finanzamt jederzeit leicht nachprüfbar sein (vgl. , sowie , 98/15/0068). Nur für solche schon vom Arbeitgeber als konkrete Aufwandersätze verrechnete und geprüfte Zahlungen können § 26 Z 4 sowie § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 zur Anwendung kommen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/15/0163 E RS 6 |
Normen | |
RS 8 | Aus dem Wortlaut der Steuerbefreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG, wonach diese "gezahlte Tagesgelder" erfasst und diese Tagesgelder die Sätze des § 26 Z 4 EStG 1988 nicht übersteigen dürfen, ergibt sich unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 die vormals in § 26 Z 4 EStG 1988 enthaltene Begünstigung für in lohngestaltenden Vorschriften geregelte Tagesgelder beibehalten wollte, dass Tagessätze nur dann steuerfrei gestellt sind, wenn sie vom Arbeitgeber für jede Reisebetätigung einzeln abgerechnet werden. Voraussetzung für die Anwendung des § 26 Z 4 wie des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 ist somit, dass die betreffende Leistung des Arbeitgebers Ersatz konkreter Aufwendungen für eine bestimmte Dienstreise ist. Eine solche Konkretisierung hat bereits der Leistung des Arbeitgebers für jede einzelne Dienstfahrt zugrunde zu liegen (vgl. schon , sowie , 89/14/0121, zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 26 Z 7 EStG 1972). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/15/0163 E RS 5 (hier nur die letzten beiden Sätze) |
Normen | |
RS 9 | Liegen Aufzeichnungen (wie hier: für jeden Arbeiter über jeden Tag seines tatsächlichen Einsatzes, aus denen das jeweilige Datum, die Dauer, das Einsatzgebiet und der Zweck des Einsatzes ersichtlich waren) tatsächlich vor und war jede Dienstreise grundsätzlich einzeln und für die Finanzverwaltung nachprüfbar in der Lohnverrechnung erfasst, so stellt auch eine anschließende falsche ("vereinfachte") Tagessatzberechnung nicht die Zulässigkeit der steuerfreien Tagesgeldgewähr an sich in Frage, sondern löst lediglich eine Berichtigungspflicht aus. Wurden hingegen von Vornherein keine ordnungsgemäßen und nachvollziehbaren Aufzeichnungen geführt, sodass auch im Nachhinein keine Überprüfung und Neuberechnung einer korrekten Tagesgeldabrechnung möglich ist, so stellt sich die Ausbezahlung der Tagesgelder als pauschal und steuerpflichtig dar. Dabei können sich - aufgrund der unterschiedlichen Anwendungsvoraussetzungen des § 26 Z 4 und des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 - mitunter auch unterschiedliche Aufzeichnungsvoraussetzungen für diese beiden Bestimmungen ergeben. |
Entscheidungstext
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2022/15/0081 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Linz, in 4020 Linz, Bahnhofplatz 7, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100647/2018, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie Säumniszuschlages für 2013 bis 2016 (mitbeteiligte Partei: F GmbH in E, vertreten durch die Edthaler Leitner-Bommer Schmieder & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4040 Linz, Ottensheimer Straße 36), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Die mitbeteiligte Gesellschaft ist - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) - eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Durchführung von Holzschlägerungen ist. Sie hat im Streitzeitraum 2013 bis 2016 in der Hauptsaison, die je nach Witterung im März oder April beginnt, (ausschließlich) Forstarbeiter beschäftigt, deren Familienwohnsitz im EU-Ausland gelegen ist. Der Familienwohnsitz aller bei ihr beschäftigten Forstarbeiter hat sich im Streitzeitraum immer jeweils mehr als 120 km vom jeweiligen Forstgebiet entfernt befunden, in dem diese gearbeitet haben. Die Arbeit wurde am Sitz der mitbeteiligten Gesellschaft, an dem den Arbeitern kein Arbeitsplatz zur Verfügung stand, angetreten. Dort wurden die Forstarbeiter sicherheitstechnisch ausgerüstet sowie unterwiesen, erhielten ihr Werkzeug, und wurde ihnen ein Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt. Je nach Größe des zu betreuenden Forstgebiets wurden vom Geschäftsführer der mitbeteiligten Gesellschaft Mannschaftstruppen (Arbeitspartien von drei bis zehn Personen) zusammengestellt und auf einzelne Einsatzgebiete aufgeteilt. Die Arbeiter arbeiteten in der Regel für einen Zeitraum von 3 bis 5 Wochen in den jeweiligen Forstgebieten, bevor sie einen längeren Heimaturlaub (meist eine Woche) antraten. In einem Einsatzgebiet wurde nie länger als sechs Monate durchgehend gearbeitet. Im Forst wurde in der Regel nur an den Wochentagen Montag bis Freitag gearbeitet. An Sonntagen wurde nie gearbeitet. Die Forstarbeiter verrichteten keine Arbeiten am Betriebssitz der Mitbeteiligten, sondern waren ausschließlich in den ihnen zugewiesenen Forstgebieten tätig. Während sie dort ihre Arbeit verrichteten, nächtigten sie in Unterkünften in der Nähe des jeweiligen Forstgebietes und fuhren daher nicht am Ende des jeweiligen Arbeitstages nach Hause (an ihren Familienwohnsitz). Die Arbeiter suchten sich selbst eine Unterkunft und die mitbeteiligte Gesellschaft zahlte an sie pauschale Nächtigungsgelder als nicht steuerbar aus. Auch an den Wochenenden - zum Teil wurde auch an Samstagen gearbeitet, wenn es der Zeitplan erforderte oder es zu witterungsbedingten Verzögerungen kam - fuhren die Forstarbeiter nicht nach Hause (zum Familienwohnsitz), wenn sich ihre Einsatzzeit über mehrere Wochen erstreckte, sondern verbrachten ihre Freizeit ebenfalls im jeweiligen Forstgebiet. Während des Einsatzzeitraumes (drei bis fünf Wochen) gewährte die mitbeteiligte Gesellschaft für jeden Wochentag (Montag bis Freitag ohne Feiertage) ein Tagesgeld in Höhe von zwei Dritteln des in § 26 Z 4 EStG 1988 genannten Betrages von 26,40 €, also 17,60 €, wobei bei dieser Berechnung auch Tage mitberücksichtigt wurden, an denen der jeweilige Mitarbeiter nicht gearbeitet hat (Urlaubs-, Zeitausgleichs- und Krankenstandstage).
2 In den Jahren 2016 bis Anfang 2018 führte das Finanzamt bei der mitbeteiligten Gesellschaft eine Außenprüfung gemäß § 147 Abs. 1 BAO für den Zeitraum bis durch, die die Lohnsteuer, den Dienstgeberbeitrag, den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie die Abzugsteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z 1, Z 4 und Z 5 Fall 2 EStG 1988 betraf.
3 Am erließ das Finanzamt für die Jahre 2013 bis 2016 den Feststellungen der Lohnsteuerprüfung entsprechende Haftungsbescheide Lohnsteuer sowie Festsetzungsbescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.
4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, woraufhin die mitbeteiligte Gesellschaft einen Vorlageantrag stellte.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BFG der vorgelegten Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung teilweise Folge und änderte die angefochtenen Bescheide ab. Begründend führte es aus, gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 seien vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder und Nächtigungsgelder, soweit sie nicht gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 zu berücksichtigen seien, u.a. für eine „Baustellen- und Montagetätigkeit außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers“ steuerfrei, soweit dieser aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 zur Zahlung verpflichtet sei. Die Tagesgelder dürften dabei die sich aus § 26 Z 4 EStG 1988 ergebenden Beträge nicht übersteigen.
6 Die Steuerfreiheit der ausbezahlten Tagesgelder setze voraus, dass der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 zur Zahlung verpflichtet sei. Gemäß § 68 Abs. 5 Z 5 EStG 1988 fielen Kollektivverträge unter die lohngestaltenden Vorschriften iSd angeführten Norm. Auf die Dienstverhältnisse der mitbeteiligten Gesellschaft finde der Kollektivvertrag für gewerbliche Forstunternehmen Anwendung. Die einschlägige Klausel in § 5 Abs. 5 dieses Kollektivvertrages laute wie folgt: „Arbeitnehmer, die an Arbeitsstätten beschäftigt werden, die so weit von ihrem ständigen inländischen Familienwohnsitz entfernt sind, dass ihnen eine tägliche Rückkehr zu ihrem Familienwohnsitz nicht mehr zugemutet werden kann (60 km einfache Fahrtstrecke), erhalten je Nacht ein Trennungsgeld in der Höhe von 1,33 Stunden des Zeitlohnes eines Waldarbeiters mit Forstfacharbeiterprüfung.“ Nach der Rechtsprechung sowie gemäß der in § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG enthaltenen Differenzierung zwischen Trennungsgeldern und Übernachtungsgeldern sei unter Trennungsgeldern im steuerlichen Sinn das Tagesgeld zu verstehen (Hinweis auf ).
7 Soweit die Verpflichtung in § 5 Abs. 5 des Kollektivvertrages für gewerbliche Forstunternehmen an die Voraussetzung „des ständigen inländischen Familienwohnsitzes“ anknüpfe, könne dieses Tatbestandsmerkmal zwar nach den - auch für die Auslegung von Kollektivverträgen gültigen - Regeln des § 6 f ABGB nicht bereits im Interpretationswege übergangen werden. Allerdings könne es durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts verdrängt sein. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zähle zu den Grundfreiheiten der Europäischen Union. Art. 45 AEUV sei unmittelbar anwendbar und verleihe dem von ihm erfassten Personenkreis subjektive Rechte und gehe entgegenstehendem innerstaatlichen Recht vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH hätten sich auch Regelungen kollektiver Rechtsgestaltung wie insbesondere Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen an das Gebot des Art. 45 AEUV zu halten (Hinweis auf 36/74, Walrave/Koch). Auch Regelungen im Tarifvertrag (der Tarifvertrag nach deutschem Recht entspreche dem Kollektivertrag nach inländischem Arbeitsverfassungsrecht) dürften daher die Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht beschränken (Hinweis auf , Merida gegen Bundesrepublik Deutschland, Rn. 19). Auf Basis des Art. 45 AEUV sei die Freizügigkeits-Verordnung (EU), 492/2011, ABl. L 141 vom , erlassen worden, deren Art. 7 Abs. 4 normiere, dass alle Bestimmungen in Tarif- oder Einzelarbeitsverträgen oder sonstigen Kollektivvereinbarungen betreffend Zugang zur Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeits- und Kündigungsbedingungen von Rechts wegen nichtig seien, soweit sie für Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten seien, diskriminierende Bedingungen vorsähen oder zuließen. Art. 7 Abs. 1 Freizügigkeits-VO bestimme, dass ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates sei, aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung, und falls er arbeitslos geworden sei, im Hinblick auf die berufliche Wiedereingliederung, nicht anders behandelt werden dürfe als die inländischen Arbeitnehmer. Die gleiche Regelung sei vormals in Art. 7 Abs. 1 der VO 1612/68 enthalten gewesen.
8 Im Revisionsfall habe das BFG die Regelung des § 5 Abs. 5 des Kollektivvertrages für gewerbliche Forstunternehmen daher darauf zu prüfen, ob sie mit Art. 45 AEUV bzw. Art. 7 Abs. 1 Freizügigkeits-VO vereinbar sei, weil § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 für die Steuerfreiheit daran anknüpfe. Bestimmungen, die einen ausländischen Arbeitnehmer daran hinderten oder davon abhielten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, stellten eine Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit dar, auch wenn sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer Anwendung fänden (Hinweis auf , Terhoeve, Rn. 39). Mittelbar diskriminierend seien Regelungen, die an die Bedingung anknüpften, dass der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz im Land haben müsse, in dem er arbeite, dh. die an das Erfordernis eines inländischen Wohnsitzes anknüpften (Hinweise auf , Caves Krier Frères Sàrl gegen Directeur de l’Administration de l’emploi, Rn. 47; , Ulf Kazimierz Radziejewski gegen Kronofogdemyndigheten i Stockholm, Rn. 31). Dadurch, dass § 5 Abs. 5 des Kollektivvertrages für gewerbliche Forstunternehmen die Gewährung eines Trennungsgeldes vom Bestehen eines inländischen Familienwohnsitzes abhängig mache, liege eine mittelbare Diskriminierung von Forstarbeitern mit Wohnsitz in einem anderem EU-Mitgliedstaat vor, die bei der mitbeteiligten Gesellschaft im Inland tätig würden. Eine solche mittelbare Diskriminierung von Staatsangehörigen anderer EU-Mitgliedstaaten sei nur dann zulässig, wenn mit ihr eines der im AEUV genannten legitimen Ziele verfolgt werde oder wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sei. Darüber hinaus müsse in einem derartigen Fall ihre Anwendung geeignet sein, die Verwirklichung des in Rede stehenden Zieles zu gewährleisten, und dürfe nicht über das hinausgehen, was zu seiner Erreichung erforderlich sei (Hinweis auf Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken, C-514/12, Rn. 36). Ein solcher Rechtfertigungsgrund sei nicht erkennbar und sei vom Finanzamt diesbezüglich auch nichts vorgebracht worden. Trennungsgelder seien auch von der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der hierzu ergangenen Freizügigkeits-VO erfasst. So ergebe sich bereits aus der Rechtsprechung des EuGH (Hinweise auf 152/73, Giovanni Maria Sotgui gegen die Deutsche Bundespost, Rn. 7 ff sowie , C-109/04, Kranemann gegen Land NordrheinWestfalen, Rn. 23 ff), dass Trennungsgelder unter den Begriff „Arbeitsbedingungen“ iSd Art. 7 Abs. 1 der VO Nr. 492/2011 fielen, zumal die Aufzählung der Entlohnung, der Kündigung und der Arbeitslosigkeit in dieser Bestimmung bloß eine demonstrative sei (arg „insbesondere“).
9 Dies bedeute im Revisionsfall, dass das Erfordernis eines inländischen Familienwohnsitzes, der in § 5 Abs. 5 des Kollektivvertrages für gewerbliche Forstunternehmen vorgesehen sei, für Forstarbeiter, die ihren Familienwohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hätten, durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts verdrängt werde. Die Verdrängungswirkung des Unionsrechts habe zur Folge, dass die nationale gesetzliche Regelung in jener Gestalt anwendbar bleibe, in der sie nicht mehr im Widerspruch zum Unionsrecht stehe. Die Verdrängung erreiche dabei bloß jenes Ausmaß, das gerade noch hinreiche, um einen unionsrechtskonformen Zustand herbeizuführen (Hinweise auf ; ). Daher stehe die in § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 vorgesehene Steuerbefreiung der von der Mitbeteiligten gewährten Tagesgelder an die Forstarbeiter, die ihren Familienwohnsitz in anderen EU-Mitgliedstaaten hätten, zu, wenn sich ihr Familienwohnsitz in einer Entfernung befinde, dass ihnen eine tägliche Rückkehr zu ihrem Familienwohnsitz nicht mehr zugemutet werden könne, was eine Entfernung von zumindest 60 km bedeute und nach dem festgestellten Sachverhalt vorliege.
10 Zu dem vom Finanzamt erstatteten Vorbringen, dass durch die von der Mitbeteiligten vorgenommene „vereinfachte Abrechnung“ auch Tagesgelder für Wochentage als nicht steuerbar berechnet worden wären, an denen tatsächlich keine Reise stattgefunden habe und es sich daher insgesamt um pauschal gewährte Reisekostenersätze handle, die steuerpflichtig wären, sei Folgendes auszuführen: Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe, sei während des Einsatzzeitraumes (drei bis fünf Wochen) für jeden Tag, an dem eine Arbeit möglich gewesen sei (Montag bis Freitag ohne Feiertage), von der mitbeteiligten Gesellschaft ein Tagesgeld in Höhe von zwei Dritteln des in § 26 Z 4 EStG 1988 genannten Betrages von 26,40 € gewährt worden. Darüber hinaus habe die Mitbeteiligte für jeden Arbeiter über jeden Tag seines tatsächlichen Einsatzes Aufzeichnungen geführt, aus denen das jeweilige Datum, die Dauer, das Einsatzgebiet und der Zweck des Einsatzes ersichtlich gewesen seien. Es liege daher ein Ersatz von konkreten Aufwendungen für jeweils bestimmte Dienstreisen vor, wobei lediglich die Abrechnung in vereinfachter Form vorgenommen worden sei und die ausbezahlten Taggelder die Höchstgrenze des § 26 Z 4 ESG 1988 (26,40 €) für die tatsächlichen Einsatztage nicht überschritten hätten. Eine nicht begünstigte Gewährung eines monatlichen Pauschalbetrages liege nicht vor (Hinweis auf ; ). Auch sei die Richtigkeit der von der Mitbeteiligten vorgenommenen Abrechnung der Tagesgelder für das Finanzamt nachprüfbar gewesen.
11 Die Mitbeteiligte habe nur an solche Dienstnehmer Tagesgelder gewährt, die sich auch tatsächlich auf Dienstreise befunden hätten und seien diese Tagesgelder nur für diese Dienstreisen - und nicht für Zeiten, in denen sich der Dienstnehmer nicht auf Dienstreise befunden habe - ausbezahlt worden. Die von ihr gewährten Tagesgelder stellten daher Ersatz konkreter Aufwendungen für jeweils bestimmte Dienstreisen dar. Eine solche Konkretisierung sei bereits der Leistung der Mitbeteiligten für jede einzelne Reise zugrunde gelegen, weil sie laufend Aufzeichnungen über die von den Arbeitern durchgeführten Reisen geführt habe und daher eine Auszahlung von Diäten nur an jene Dienstnehmer erfolgt sei, die eine tatsächliche Reisetätigkeit entfaltet hätten. Lediglich bei der Ermittlung der Höhe der für jede Dienstreise zustehenden Tagesgelder habe sich die Mitbeteiligte einer vereinfachten Berechnung bedient. Da die ausbezahlten Tagesgelder die bei exakter Ermittlung (Ansatz der tatsächlichen Reisetage mit dem Höchstsatz von 26,40 €) zustehenden Tagesgelder nicht überstiegen hätten, sei nach Ansicht des BFG mit der von der Mitbeteiligten vorgenommenen Berechnung der Höhe der ausbezahlten Tagesgelder nicht gegen die Bestimmung des § 26 Z 4 lit. b EStG 1988 iVm § 3 Abs. 1 Z 16b Satz 2 EStG 1988 verstoßen worden. Dies gelte gleichermaßen für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (§ 41 Abs. 4 lit. c FLAG). Soweit allerdings bei den im festgestellten Sachverhalt angeführten Dienstnehmern Trennungsgelder (Tagesgelder) auch für Zeiten des Krankenstandes ausbezahlt worden seien, stehe die Steuerfreiheit des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 nicht zu und bestehe Lohnsteuerpflicht sowie seien der darauf entfallende Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag festzusetzen.
12 Zur lohnsteuerrechtlichen Behandlung der ausbezahlten Nächtigungsgelder sei auf § 26 Z 4 Satz 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu verweisen. Demnach liege eine Dienstreise vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeite, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnsitz (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden könne. Hierfür gezahlte Nächtigungsgelder seien nicht steuerpflichtig. Die Mitbeteiligte habe in ihrer Beschwerde dazu darauf verwiesen, dass sich die Forstarbeiter zu Saisonbeginn an ihrem Betriebssitz träfen und dort sicherheitstechnisch ausgerüstet und unterwiesen würden, sie Werkzeug und ein Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt erhielten und nach der Arbeit im Einsatzgebiet ihr Werkzeug und das Kraftfahrzeug wieder zum Betriebssitz zurückbrächten, weshalb eine Dienstreise nach dem zweiten Tatbestand des § 26 Z 4 EStG 1988 vorliege. Dies würde sich daraus ergeben, dass die Arbeit im und die Reisebewegung zum jeweiligen Einsatzgebiet so weit weg liege, dass eine tägliche Rückkehr nicht zumutbar sei und die Arbeiter über Auftrag des Dienstgebers im Einsatzgebiet tätig würden. Auch das BFG sehe aufgrund des Umstandes, dass die Einsatzgebiete der Forstarbeiter immer wieder gewechselt hätten, den zweiten Tatbestand des § 26 Z 4 EStG 1988 als erfüllt an. Das vom Finanzamt zur Stützung seiner gegenteiligen Rechtsansicht herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 91/14/0212, spreche nach Ansicht des BFG nicht gegen dieses Ergebnis: Zum einen sei es zum EStG 1972 ergangen und habe sich der Verwaltungsgerichtshof in seinen Entscheidungen zu § 26 Z 4 EStG 1988 nie auf diese Entscheidung bezogen. Zum anderen seien die Dienstnehmer in dem damals entschiedenen Fall für eine Tätigkeit in einem Hotel (einem von vornherein als Arbeitsplatz fixierten Ort) aufgenommen worden und nur in diesem einen Hotel tätig gewesen. Im Revisionsfall seien die Forstarbeiter für Holzschlägerungen und diverse forstliche Tätigkeiten aufgenommen worden und sei zu Beginn des Dienstverhältnisses nicht festgelegt gewesen, in welchem Einsatzgebiet (Forstgebiet) die Arbeiter tätig werden sollten. Mit dem damals entschiedenen Sachverhalt wäre eine Vereinbarung der Mitbeteiligten mit den Forstarbeitern nur dann vergleichbar, wenn diese vorweg für ein (Einzahl) bestimmtes Forstgebiet aufgenommen worden wären und sie durchgehend ihre Arbeit in diesem Einsatzgebiet zu verrichten hätten. Im Revisionsfall lägen hingegen nicht mit einem bestimmten Dienstort verbundene Tätigkeiten vor, weil der Ort der Tätigkeit (die Einsatzgebiete) ständig wechsle, womit dieser Sachverhalt mit „ortsungebundenen“ Tätigkeiten von im Transportgewerbe Beschäftigten vergleichbar sei (Hinweise auf ; ). Soweit das Finanzamt vorbringe, dass die Dienstnehmer in Unterkünften in den Einsatzgebieten genächtigt hätten und dort über inländische Wohnsitze laut ZMR-Auskünften verfügt hätten, sei festzuhalten, dass für die Forstarbeiter im Streitzeitraum laut vorgelegten ZMR-Auskünften durchgehend im Inland nur Nebenwohnsitzmeldungen vorgelegen seien. Gemäß § 2 Abs. 1 MeldG habe eine Meldung durchzuführen, wer in einer Wohnung oder einem Beherbergungsbetrieb Unterkunft nehme. Eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn nicht länger als drei Tage Unterkunft gewährt werde (§ 2 Abs. 2 MeldeG). Dass sich der Familienwohnsitz der Forstarbeiter auch während der Forstarbeiten für die mitbeteiligte Gesellschaft weiterhin im EU-Ausland befunden habe, werde vom Finanzamt hingegen nicht bestritten. Das Bestehen eines Nebenwohnsitzes im Inland in weniger als 120 km vom jeweiligen Tätigkeitsort hindere die Erfüllung des zweiten Tatbestandes des § 26 Z 4 EStG 1988 nicht, weil es nämlich darauf ankomme, dass der ständige Wohnort (Familienwohnsitz) und nicht der vorübergehende Aufenthaltsort während der Tätigkeit 120 km entfernt liege. Soweit allerdings bei den im festgestellten Sachverhalt angeführten Dienstnehmern Nächtigungsgelder auch für Zeiten des Krankenstandes ausbezahlt worden seien, komme die Regelung des § 26 Z 4 Tatbestand 2 EStG 1988 nicht zur Anwendung und bestehe Lohnsteuerpflicht und sei der darauf entfallende Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag festzusetzen.
13 Die Revision ließ das BFG mit der Begründung nicht zu, dass es in seiner Entscheidung lediglich der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gefolgt sei, wonach Gerichte und Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten bei einem Verstoß von nationalen Regelungen - zu denen auch Kollektivverträge gehörten - gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht diese unangewendet lassen müssten. Die Frage, ob für die von der mitbeteiligten Gesellschaft gewährten Nächtigungsgelder der zweite Tatbestand des § 26 Z 4 EStG 1988 erfüllt sei, sei hingegen im Wesentlichen von Sachverhaltsfragen abhängig gewesen, weswegen eine Revision insgesamt nicht zulässig ist.
14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Amtsrevision des Finanzamts, die zur Zulässigkeit vorbringt, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, ob für Arbeitnehmer mit Wohnsitz im EU-Ausland der Tatbestand für die Auszahlung von steuerfreien Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 auch dann erfüllt sein könne, wenn aufgrund des anzuwendenden Kollektivvertrages - in Widerspruch zu Unionsrecht - eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu deren Auszahlung - zumindest nach dessen Wortlaut - nur für Arbeitnehmer mit inländischem Wohnsitz bestanden habe.
15 Zudem sei das BFG im angefochtenen Erkenntnis von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen, dass Reisekostenersätze für Dienstreisen nach der Legaldefinition des § 26 Z 4 EStG 1988 nur bis zur Begründung eines neuen Mittelpunktes der Tätigkeit nicht steuerbar gewährt werden könnten (Hinweis auf ). Das BFG habe diese Prüfung gänzlich unterlassen und die gewährten Trennungsgelder in Höhe von 17,60 € zur Gänze gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 steuerfrei behandelt, obwohl der anzuwendende Kollektivvertrag Trennungsgelder nur in einer deutlich niedrigeren Höhe vorsehen würde. Damit Reiseaufwandsentschädigungen vom Arbeitgeber steuerfrei gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 gewährt werden könnten, müsse der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 zur Zahlung von Reiseaufwandsentschädigungen verpflichtet sein. Das maximale Ausmaß der Steuerfreiheit von Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 ergebe sich daher unmittelbar aus der lohngestaltenden Vorschrift iSd § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988. Indem das BFG die Aufstockung der laut Kollektivvertrag in niedrigerer Höhe zustehenden Trennungsgelder auf die Sätze des § 26 Z 4 EStG 1988 auch nach Begründung eines neuen Mittelpunktes der Tätigkeit zugelassen habe, habe es die Rechtslage grob verkannt, weil die Zahlung des übersteigenden Betrages nicht aufgrund einer arbeitsrechtlichen Verpflichtung der mitbeteiligten Partei iSd § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 erfolgt sei und somit nicht steuerfrei nach dieser Bestimmung habe ausbezahlt werden können.
16 Indem das BFG die gewährten Nächtigungsgelder als nicht steuerbar gemäß § 26 Z 4 Tatbestand 2 EStG 1988 beurteilt habe, weiche es ferner von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insofern ab, als aus dem Erfordernis des dienstlichen Auftrags folge, dass eine Dienstreise im Sinne des § 26 Z 4 EStG 1988 nicht vorliege, wenn der Arbeitnehmer selbst (aus privaten Gründen) seinen Arbeitsplatz vor Beginn des Dienstverhältnisses außerhalb der üblichen Entfernung von seinem Wohnsitz wähle (Hinweis auf ).
17 Das BFG habe zwar festgestellt, dass soweit Trennungsgelder (Tagesgelder) und Nächtigungsgelder auch für Zeiten des Krankenstandes ausbezahlt worden seien, die Steuerfreiheit des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 nicht zustehe. Im Übrigen habe das BFG die von der Mitbeteiligten gewährten Tagesgelder allerdings als Ersatz konkreter Aufwendungen für jeweils bestimmte Dienstreisen angesehen. Der Arbeitgeber habe nur an solche Dienstnehmer Tagesgelder gewährt, die sich auch tatsächlich auf Dienstreise befunden hätten und diese Tagesgelder seien nur für diese Dienstreisen - und nicht für Zeiten, in denen sich der Dienstnehmer nicht auf Dienstreise befunden habe - ausbezahlt worden. Das BFG sei damit aber von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen, wonach pauschale Reisekostenersätze, die unabhängig davon gewährt würden, ob der einzelne Arbeitnehmer überhaupt Dienstreisen unternommen habe, steuerpflichtig seien, auch wenn angenommen werden könne, dass Dienstreisen im Jahresdurchschnitt im erforderlichen Ausmaß tatsächlich durchgeführt worden seien ().
18 Die Mitbeteiligte erstattete nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung.
19 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
20 Die Revision ist zulässig; sie ist auch begründet.
21 Gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 gehören nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden. Eine Dienstreise liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt oder so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann. Sie stellen nicht steuerbare Kostenersätze des Arbeitgebers dar.
22 Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 sind von der Einkommensteuer befreit:
„Vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder und Nächtigungsgelder, soweit sie nicht gemäß § 26 Z 4 zu berücksichtigen sind, die für eine
- Außendiensttätigkeit (zB Kundenbesuche, Patrouillendienste, Servicedienste),
- Fahrtätigkeit (zB Zustelldienste, Taxifahrten, Linienverkehr, Transportfahrten außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers),
- Baustellen- und Montagetätigkeit außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers,
- Arbeitskräfteüberlassung nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, BGBl. Nr. 196/1988, oder eine
- vorübergehende Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde
gewährt werden, soweit der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 zur Zahlung verpflichtet ist. Die Tagesgelder dürfen die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen.“
23 Die Regelung geht im Wesentlichen auf die Reisekosten-Novelle 2007, BGBl. I 2007/45, zurück und war eine Reaktion des Gesetzgebers auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G 147/05, mit dem die unbegrenzte Möglichkeit der Erweiterung des Dienstreisebegriffs des § 26 Z 4 EStG 1988 in lohngestaltenden Vorschriften aufgehoben wurde (vgl. dazu bereits ).
24 Die Erläuterungen (220/A 23. GP) begründeten die Notwendigkeit der neuen Steuerbefreiung u.a. wie folgt:
„Anders als bei Kostenersätzen gemäß § 26, die einem strengen Aufwandsprinzip unterliegen, steht es dem Gesetzgeber frei, Bezugsbestandteile für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern und bestimmte Tatbestände steuerfrei zu behandeln. Die steuerfreie Behandlung von Tagesgeldern für
- Außendiensttätigkeit,
- Fahrtätigkeit,
- Baustellen- und Montagetätigkeit,
- Arbeitskräfteüberlassung oder
- vorübergehende Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde
ist sachlich gerechtfertigt, weil mit diesen Tätigkeiten Aufwendungen verschiedenster Art verbunden sind, die zwar für Gruppen von Arbeitnehmern und auch innerhalb dieser Gruppen der Höhe und dem Grunde nach unterschiedlich sein können, die aber bei der ständigen Dienstverrichtung an einem festen Arbeitsplatz nicht oder nicht in dieser Art anfallen. Sofern daher Reisekostenersätze in Form von Tagesgeldern nicht bereits nach § 26 Z 4 nicht steuerbar sind, können sie gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b steuerfrei belassen werden.
Neben diesen pauschalen Aufwandsentschädigungen berücksichtigt § 3 Abs. 1 Z 16b die mit den angeführten Tätigkeiten verbundene ‚Reiseerschwernis‘ sowie Mobilitätsanreize.
Voraussetzungen für die Steuerfreiheit sind
- das Vorliegen einer der angeführten Tätigkeiten und
- die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung dieser Reiseaufwandsentschädigungen auf Grund einer lohngestaltenden Vorschrift. [...]
Die Obergrenze für steuerfreie Tagesgelder richtet si[ch] nach § 26 Z 4.“
25 Mit BGBl. I Nr. 133/2008 wurden die zunächst nicht erwähnten Nächtigungsgelder in § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2009 aufgenommen. Der diesem Bundesgesetz zugrundeliegende Initiativantrag (915/A BlgNR 23. GP, S 3) begründete dies wie folgt:
„Im § 26 EStG war verankert, dass lohngestaltende Vorschriften (Kollektivverträge) einen eigenständigen Dienstreisebegriff normieren konnten, was zur Folge hatte, dass diese Diäten generell lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei ausbezahlt werden konnten, wenn sich die ArbeitnehmerInnen auf Dienstreisen befanden. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Bestimmung in einem Urteil im Jahr 2006 als verfassungswidrig angesehen.
In der vorliegenden Neuregelung werden auch die Nächtigungsgelder im § 3 EStG explizit angeführt, damit können diese wieder steuerfrei ausbezahlt werden. [...]“
26 Die von § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 erfassten Arbeitgeber-Leistungen unterscheiden sich u.a. insofern von den Aufwandsersätzen des § 26 Z 4 EStG 1988, als ihnen ausweislich der Gesetzesmaterialien ausdrücklich kein strenges Aufwandsprinzip zu Grunde liegen soll. Die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 für „vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder und Nächtigungsgelder“ wird für die von ihm erfassten Gruppen von Mitarbeitenden von den Gesetzesmaterialien vielmehr damit sachlich gerechtfertigt, dass „mit diesen Tätigkeiten Aufwendungen verschiedenster Art verbunden sind, die zwar für Gruppen von Arbeitnehmern und auch innerhalb dieser Gruppen der Höhe und dem Grunde nach unterschiedlich sein können, die aber bei der ständigen Dienstverrichtung an einem festen Arbeitsplatz nicht oder nicht in dieser Art anfallen. [...] Neben diesen pauschalen Aufwandsentschädigungen berücksichtigt § 3 Abs. 1 Z 16b die mit den angeführten Tätigkeiten verbundene ‚Reiseerschwernis‘ sowie Mobilitätsanreize“ (vgl. ).
27 Voraussetzung der Steuerfreiheit des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 ist freilich, dass der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 zur Zahlung verpflichtet ist.
28 Dabei ist dem BFG allerdings zuzustimmen, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV) nationalen Maßnahmen entgegen steht, die die Unionsbürger benachteiligen könnten, wenn sie eine Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen, und insofern Verdrängungswirkung entfalten kann (vgl. dazu näher bereits etwa ; ). Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 45 Abs. 2 AEUV sind dabei nicht nur Diskriminierungen, die unmittelbar aufgrund der Staatsangehörigkeit der Arbeitnehmer - oder der Anknüpfung an grenzüberschreitende Sachverhalte - erfolgen, verboten, sondern auch solche, die mittelbar aufgrund dieses Kriteriums erfolgen, d. h. alle verschleierten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungskriterien de facto zum gleichen Ergebnis führen (vgl. Krah, C-703/17, Rn. 23). Eine solche mittelbare Diskriminierung kann dann vorliegen, wenn die große Mehrheit der grenzüberschreitenden Fälle von einer ungünstigen Regelung betroffen ist, während die große Mehrheit der Inlandsfälle nicht unter diese Begrenzung fällt (vgl. etwa Österreich/Deutschland, C-591/17, Rn. 51). Dass dies bei einer - wenn auch nur im Verweiswege vorgenommenen - Einschränkung steuerfreier Tagesgelder auf das Vorliegen eines inländischen Familienwohnsitzes der Fall wäre, ist offenkundig, weshalb das BFG zu Recht von einer unzulässigen Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit ausgegangen ist und - in deren Anwendungsbereich - für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 die im EU-Ausland gelegenen Familienwohnsitze der Forstarbeiter einem inländischen Familienwohnsitz iSd § 5 Abs. 5 des Kollektivvertrages für gewerbliche Forstunternehmen gleichgestellt hat.
29 Hinsichtlich der Höhe steuerfrei auszahlbarer Tagesgelder ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 - wie die Amtsrevision zutreffend ausführt - eine doppelte Begrenzung der Steuerfreiheit, nämlich einerseits mit der Höhe, in der der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 zur Zahlung verpflichtet ist, und andererseits mit dem in § 26 Z 4 EStG 1988 geregelten Höchstsatz von 26,40 €, auf den § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 ausdrücklich verweist. Individualvertragliche Überzahlungen über den Kollektivvertrag hinaus führen daher insoweit zu keiner Steuerfreiheit nach § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988.
30 Eine „Aufstockung“ der kollektivvertraglichen Trennungsgelder auf die Höchstsätze des § 26 Z 4 EStG 1988 durch den Arbeitgeber wäre daher nur insoweit unversteuert möglich, als auch die Legaldefinition für Dienstreisen des § 26 Z 4 EStG 1988 erfüllt ist, was jedoch nach der Rechtsprechung nur bis zur Begründung eines neuen Mittelpunkts der Tätigkeit der Fall sein kann (vgl. Fellner, in Hofstätter/Reichel, EStG64 § 26 Z 4 Rz 18). Insofern ist § 26 Z 4 EStG 1988 enger als § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988, der eine solche zeitliche Begrenzung nicht kennt (vgl. Mayr/Hayden, in Doralt ua, EStG18 § 3 Rz 204).
31 Im angefochtenen Erkenntnis hat sich das BFG jedoch - wie das Finanzamt zu Recht rügt - weder mit den sich aus § 5 Abs. 5 des Kollektivvertrages für gewerbliche Forstunternehmen ergebenden Höchstsätzen steuerfreier Tagesgelder noch mit den Voraussetzungen des § 26 Z 4 EStG 1988 näher auseinandergesetzt.
32 Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der zweite Dienstreisetatbestand entgegen der offenbaren Ansicht des BFG - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , 91/14/0212, ausgeführt hat - nur dann erfüllt ist, wenn ein Arbeitnehmer „über Auftrag des Arbeitgebers“ so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann. Dies ist freilich nicht gegeben, wenn jemand von sich aus von Vornherein eine Arbeit außerhalb der üblichen Entfernung von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) annimmt. Eine Dienstreise könnte sich im Revisionsfall sohin nur allenfalls in der Entsendung der Forstarbeiter vom Sitz der mitbeteiligten Gesellschaft in das jeweilige Forstgebiet verwirklichen.
33 Die Amtsrevision vermeint ferner, dass die revisionsgegenständlich ausbezahlten Tagesgelder schon deswegen zur Gänze steuerpflichtig seien, weil sie unzulässiger Weise pauschal ausbezahlt worden wären.
34 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2019/15/0163, bereits ausgesprochen hat, setzt die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 - ebenso wie § 26 Z 4 EStG 1988 - voraus, dass die von ihr erfassten Reiseaufwandsentschädigungen für jede Reisebetätigung einzeln abgerechnet werden und die Leistungen des Arbeitgebers sohin Ersatz für eine bestimmte Dienstreise bzw. Tätigkeit sind. Den Regelungen des § 26 Z 4 sowie § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 liegt nämlich insoweit der Gedanke einer geteilten Kontrolle durch Arbeitgeber und Finanzverwaltung zugrunde, als dem Arbeitgeber im Rahmen der (Abrechnung der Reise und der) Lohnsteuerberechnung bereits die Ermittlung und Überprüfung der Daten jeder einzelnen Dienstreise obliegt, während der Steuerverwaltung nur eine nachträgliche Überprüfung zukommt. Der Arbeitgeber hat den ungleich besseren Zugang zu den Informationen über die tatsächliche Erbringung von Reiseleistungen. Die beiden in Rede stehenden Bestimmungen knüpfen also unmittelbar an die Lohnverrechnung des Arbeitgebers an, dem dabei auch die Aufzeichnung der Daten der Dienstreisen und von ihm als nicht steuerpflichtig behandelten Tagesgelder zukommt, die sodann ihrerseits einer Nachprüfung durch die Finanzverwaltung zugänglich sein müssen. Die Richtigkeit des vom Arbeitgeber vorgenommenen Lohnsteuerabzuges muss für das Finanzamt jederzeit leicht nachprüfbar sein. Nur für solche schon vom Arbeitgeber als konkrete Aufwandersätze verrechnete und geprüfte Zahlungen können § 26 Z 4 sowie § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 zur Anwendung kommen.
35 Voraussetzung für die Anwendung des § 26 Z 4 wie des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 ist somit, dass die betreffende Leistung des Arbeitgebers Ersatz konkreter Aufwendungen für eine bestimmte Dienstreise ist. Eine solche Konkretisierung hat bereits der Leistung des Arbeitgebers für jede einzelne Dienstreise zugrunde zu liegen.
36 Im Revisionsfall wurden - nach den Feststellungen des BFG - die Tätigkeiten der Forstarbeiter in den jeweiligen Forstgebieten einzeln aufgezeichnet. So stellte das BFG ausdrücklich fest, dass „die Mitbeteiligte für jeden Arbeiter über jeden Tag seines tatsächlichen Einsatzes Aufzeichnungen geführt [hat], aus denen das jeweilige Datum, die Dauer, das Einsatzgebiet und der Zweck des Einsatzes ersichtlich waren.“
37 Liegen solche Aufzeichnungen tatsächlich vor und war jede Dienstreise grundsätzlich einzeln und für die Finanzverwaltung nachprüfbar in der Lohnverrechnung erfasst, so stellt auch eine anschließende falsche („vereinfachte“) Tagessatzberechnung nicht die Zulässigkeit der steuerfreien Tagesgeldgewähr an sich in Frage, sondern löst lediglich eine Berichtigungspflicht aus. Wurden hingegen von Vornherein keine ordnungsgemäßen und nachvollziehbaren Aufzeichnungen geführt, sodass auch im Nachhinein keine Überprüfung und Neuberechnung einer korrekten Tagesgeldabrechnung möglich ist, so stellt sich die Ausbezahlung der Tagesgelder als pauschal und steuerpflichtig dar. Dabei können sich - aufgrund der unterschiedlichen Anwendungsvoraussetzungen des § 26 Z 4 und des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 - mitunter auch unterschiedliche Aufzeichnungsvoraussetzungen für diese beiden Bestimmungen ergeben.
38 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (Fehlen wesentlicher Feststellungen auf Grund unrichtiger Rechtsansicht) aufzuheben.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | EStG 1988 §26 Z4 EStG 1988 §3 Abs1 Z16b EStG 1988 §68 Abs5 Z1 EStG 1988 §68 Abs5 Z2 EStG 1988 §68 Abs5 Z3 EStG 1988 §68 Abs5 Z4 EStG 1988 §68 Abs5 Z5 EStG 1988 §68 Abs5 Z6 EURallg KollV Gewerbliche Forstunternehmen §5 Abs5 VwRallg 12010E045 AEUV Art45 12010E045 AEUV Art45 Abs2 62017CJ0591 Österreich / Deutschland 62017CJ0703 Krah VORAB |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022150078.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAF-46101