VwGH 27.09.2023, Ra 2022/15/0040
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | KFG 1967 §82 Abs8 |
RS 1 | Die Widerlegung der Standortvermutung und damit der Gegenbeweis nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 ist (jedenfalls) als erbracht anzusehen, wenn das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet wird (vgl. ; , Ra 2018/16/0171; , 2008/15/0276). Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich oder privat genutzt wird (vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2019/16/0012 E RS 3 |
Normen | BAO §115 Abs1 KFG 1967 §82 Abs8 |
RS 2 | Für die Widerlegung der Standortvermutung nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 bedarf es entsprechender Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Kraftfahrzeugs. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2019/16/0012 E RS 2 |
Normen | |
RS 3 | Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Ob ein bestimmtes Beweismittel auch subjektiv tauglich, d.h. geeignet ist, den Wahrheitsgehalt einer konkreten, im Abgabenverfahren strittigen Tatsache darzutun, kann erst nach Aufnahme des Beweises im Rahmen der freien Beweiswürdigung beurteilt werden. Das VwG darf daher ein (angebotenes oder den Akten, dem Verfahrensverlauf oder den Lebenserfahrungen naheliegendes) objektiv taugliches Beweismittel nicht mit Gründen ablehnen, die die Aussagefähigkeit (Beweiskraft) vorwegnehmen (vgl. ). |
Normen | |
RS 4 | Das NoVAG enthält keine Regelung darüber, wem die Verwendung des Fahrzeuges zuzurechnen ist. Auf Grund der gleichartigen Zielsetzung - nämlich die Person zu bestimmen, die für die durch die Verwendung des Fahrzeuges entstandenen Folgen einzustehen hat, - bietet es sich in diesem Zusammenhang an, auf den bundesrechtlich geregelten Begriff des Halters des Kraftfahrzeugs nach § 5 Abs. 1 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz - EKHG zurückzugreifen. Unter dem Halter ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dazu die Person zu verstehen, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Fahrzeug auszuüben (vgl. dazu etwa OGH, , 9 Ob A 150/00z). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2009/16/0107 E VwSlg 8510 F/2010 RS 4 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der C Z in G, vertreten durch Mag. Werner Purr, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Neutorgasse 49/I, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100265/2021, betreffend Normverbrauchsabgabe Juni 2019, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin lebt - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) - seit ca. 16 Jahren mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern an einer bestimmten Adresse in Österreich, wo auch ihr Hauptwohnsitz gemeldet ist. Die zugehörige Liegenschaft befindet sich im Eigentum der Eheleute. Auch der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen der Revisionswerberin liegt in Österreich. Sie ist seit Oktober 2018 arbeitslos, ihr Ehemann ist seit als Kraftfahrer bei der T Srl beschäftigt.
2 Am wurde bei einer Kontrolle der Finanzpolizei das revisionsgegenständliche Kraftfahrzeug, ein Audi A6 Quattro 3.0t mit rumänischem Kennzeichen, am Wohnsitz der Revisionswerberin vorgefunden, wo dieses auch bereits am gesichtet und fotografiert worden war. Auf dem Fahrzeug befand sich eine österreichische 2-Monats-Vignette 2020 (6.7./12/2019 - 6.7./2/2020) sowie eine slowenische Wochenvignette. Das Fahrzeug ist auf die T Srl zugelassen, deren Geschäftsführer und Gesellschafter D, der Schwager der Revisionswerberin, ist. Die Revisionswerberin verfügte über den Schlüssel sowie die Zulassungspapiere des Fahrzeugs und konnte es für private (Einkaufs-)Fahrten verwenden. Auf sie selbst ist ein BMW mit österreichischem Kennzeichen zugelassen, der zum Zeitpunkt der Kontrolle verliehen war.
3 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Revisionswerberin aufgrund ihres festgestellten inländischen Hauptwohnsitzes und mangels Erbringens eines Gegenbeweises zur von der Finanzpolizei angenommenen Standortvermutung des revisionsgegenständlichen Fahrzeugs Normverbrauchsabgabe (NoVA) für 06/2019 mit 2.549,80 € fest.
4 Dagegen richtete sich die Beschwerde der Revisionswerberin, in der insbesondere ausgeführt wurde, sie habe das revisionsgegenständliche Fahrzeug nur ausnahmsweise für Einkäufe genutzt, weil ihr eigenes Fahrzeug nicht zur Verfügung gestanden sei. Das revisionsgegenständliche Fahrzeug befinde sich im Besitz der T Srl, bei der ihr Ehemann als Kraftfahrer beschäftigt sei. Dieser fahre nicht nur einen Kastenwagen, sondern - neben dem Geschäftsführer - auch das gegenständliche Fahrzeug, das für Firmenfahrten in den Ländern Österreich, Deutschland, Polen, Ungarn und Rumänien verwendet werde, um Kraftfahrer aus verschiedenen Ländern und Destinationen nach Arbeitsende nach Rumänien zurückzubringen. Diesbezüglich beantragte sie die Einvernahmen sowohl ihres Ehemanns als auch des Geschäftsführers der T Srl.
5 Daraufhin richtete das Finanzamt mit Schreiben vom ein Auskunftsersuchen an den Ehemann sowie den Geschäftsführer der T Srl und ein Ergänzungsersuchen an die Revisionswerberin, woraufhin die Revisionswerberin und der Geschäftsführer ein Konvolut an Unterlagen (wie ausländische Tankrechnungen, eine Reparaturrechnung und Gehaltsabrechnung der T Srl für den Ehemann, wonach dieser seit bei ihr beschäftigt sei) vorlegten, wobei die Revisionswerberin erneut die Einvernahme ihres Ehemanns und des Geschäftsführers (unter Angabe inländischer Zustelladressen) beantragte.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, wies das BFG - nach einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts und einem Vorlageantrag der Revisionswerberin - die Beschwerde ab. Begründend führte es aus, im Revisionsfall stehe außer Streit, dass die Revisionswerberin das Fahrzeug für private (Einkaufs-)Fahrten habe verwenden können. Zudem sei es an ihrer Wohnadresse abgestellt gewesen. Sie habe Zugang zum Fahrzeug gehabt und sowohl über die Schlüssel als auch den Zulassungsschein verfügt. Hinweise auf eine allfällige bloß eingeschränkte Verwendung gebe es nicht, zumal auch der Geschäftsführer der T Srl in einem während der Amtshandlung der Finanzpolizei mit ihm geführten Telefonat bestätigt habe, der Revisionswerberin das Fahrzeug geliehen zu haben. Die vorgelegten Urkunden hätten keine Aussagekraft zum Standort des Fahrzeugs. So seien die vorgelegten Tankrechnungen nicht geeignet, Aufschluss über den dauernden Standort des Fahrzeuges zu geben, weil aus keinem der Belege erkennbar sei, dass es sich um Tankrechnungen des strittigen Fahrzeuges handle. Auch im Falle einer eindeutigen Zuordnung der Rechnungen zum strittigen Fahrzeug wäre im Übrigen nichts gewonnen, weil nicht bestritten werde, dass das Fahrzeug in mehreren Ländern verwendet werde. Die Revisionswerberin habe sohin nicht nachweisen können, dass der dauernde Standort des Fahrzeugs außerhalb Österreichs gelegen sei. Dazu seien „weder Aussagen getätigt, noch stichhaltige Unterlagen vorgelegt“ worden.
7 Gemäß § 1 Z 3 lit. a NoVAG unterliege der NoVA die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland. Als erstmalige Zulassung gelte gemäß lit. b leg. cit. u.a. auch die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre. Ob ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen zum Verkehr zuzulassen sei oder nicht, richte sich nach dem KFG, worin eine Unterscheidung zwischen Fahrzeugen mit und ohne dauernden Standort im Inland getroffen werde. Nach § 40 Abs. 1 KFG gelte als dauernder Standort eines Fahrzeuges der Hauptwohnsitz, bei Fahrzeugen von Unternehmungen der Ort, von dem aus über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt werde. § 82 Abs. 8 KFG normiere, dass Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet würden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dauerndem Standort im Inland anzusehen seien (widerlegbare Standortvermutung). Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne inländische Zulassung sei nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist fehle dem Fahrzeug die für die Verwendung auf inländischen Straßen mit öffentlichem Verkehr erforderliche Zulassung im Sinne des § 37 KFG. Werde es trotzdem weiterverwendet, handle es sich um ein nicht ordnungsgemäß zugelassenes Kraftfahrzeug, dessen Verwendung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland den Steuertatbestand der widerrechtlichen Verwendung erfülle. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbreche die Frist von einem Monat nicht.
8 Das NoVAG 1991, das KfzStG und das KFG 1967 enthielten keine Regelung, wem die Verwendung eines Fahrzeugs zuzurechnen sei. Daher sei nach der Rechtsprechung auf den bundesrechtlich geregelten Begriff des Halters des Kraftfahrzeugs nach § 5 Abs. 1 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG) zurückzugreifen (Hinweis auf ). Unter dem Halter sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Person zu verstehen, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber habe (Hinweis auf 9 Ob A 150/00z). Im Revisionsfall sei eine Verwendung des Fahrzeugs im Inland nicht bestritten worden. Es sei an der Adresse der Revisionswerberin zweimal nachweislich seitens der Finanzpolizei gesichtet worden. Die Revisionswerberin gestehe selbst ein, es im Inland insbesondere für Einkaufsfahrten verwendet zu haben. Zudem sei auf dem Fahrzeug eine 2-Monats-Vignette für österreichische Autobahnen angebracht gewesen, was ebenfalls auf dessen Inlandsverwendung schließen lasse.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit vorbringt, das BFG habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur unzureichend Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des revisionsgegenständlichen Kraftfahrzeuges getroffen (Hinweis auf ). Zudem sei das BFG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es verabsäumt habe, die von der Revisionswerberin beantragten Zeugen zu vernehmen, worin ein schwerwiegender Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze liege (Hinweis auf ). Es sei nämlich nicht auszuschließen, dass das BFG bei Einvernahme der Revisionswerberin und der von ihr beantragten Zeugen zu einem günstigeren Ergebnis gelangt wäre.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 gebildeten Senat erwogen:
11 Die Revision ist zulässig und begründet.
12 Gemäß § 1 Z 3 des Normverbrauchsabgabegesetzes (NoVAG 1991), BGBl. 695/1991 in der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 118/2015, unterliegt der NoVA die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach § 1 Z 1 oder Z 2 leg. cit. eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a leg. cit. erfolgt ist. Als erstmalige Zulassung gilt ua. auch die Verwendung eines Fahrzeugs im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der NoVA erbracht.
13 Bei Verwendung eines Fahrzeugs im Inland, das nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, entsteht die Steuerschuld gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991, BGBl. 695/1991 idF BGBl. I Nr. 34/2010, mit dem Zeitpunkt der Einbringung in das Inland.
14 Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 (KfzStG 1992) unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).
15 Bei widerrechtlicher Verwendung eines Kraftfahrzeugs gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 dauert die Steuerpflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 leg. cit. vom Beginn des Kalendermonats, in dem die Verwendung einsetzt, bis zum Ablauf des Kalendermonats, in dem die Verwendung endet.
16 Gemäß § 79 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967) ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 leg. cit. eingehalten werden.
17 Gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967, BGBl. Nr. 267/1967 idF BGBl. I Nr. 26/2014, sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 leg. cit. ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig.
18 Nach § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 ist gegen die darin vorgesehene Vermutung ausdrücklich der Gegenbeweis zulässig („bis zum Gegenbeweis“). Damit handelt es sich um eine widerlegliche Rechtsvermutung, die der von ihr betroffenen Person die Möglichkeit einräumt, den Gegenbeweis zu erbringen, dass das Fahrzeug seinen dauernden Standort tatsächlich nicht im Inland hat. Um diesen Gegenbeweis erbringen zu können, hat diese Person dabei von sich aus initiativ und umfassend darzulegen, aus welchen Gründen das Fahrzeug nicht als ein solches mit dauerndem inländischen Standort anzusehen ist, und dafür auch die erforderlichen Beweise anzubieten (vgl. ).
19 Die Widerlegung der Standortvermutung und damit der Gegenbeweis nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 ist dabei nach der ständigen Rechtsprechung (jedenfalls) als erbracht anzusehen, wenn das Fahrzeug weitaus überwiegend nicht in Österreich verwendet wird, wobei es keinen Unterschied macht, ob das Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich oder privat genutzt wird (vgl. , mwN).
20 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bereits ausgeführt hat, bedarf es für die Widerlegung der Standortvermutung nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 entsprechender Feststellungen des Verwaltungsgerichts über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Kraftfahrzeugs (vgl. , mwN).
21 Gemäß § 269 Abs. 1 BAO haben die Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren hierbei die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind.
22 Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Ob ein bestimmtes Beweismittel auch subjektiv tauglich, d.h. geeignet ist, den Wahrheitsgehalt einer konkreten, im Abgabenverfahren strittigen Tatsache darzutun, kann erst nach Aufnahme des Beweises im Rahmen der freien Beweiswürdigung beurteilt werden. Das Verwaltungsgericht darf daher ein (angebotenes oder den Akten, dem Verfahrensverlauf oder den Lebenserfahrungen naheliegendes) objektiv taugliches Beweismittel nicht mit Gründen ablehnen, die die Aussagefähigkeit (Beweiskraft) vorwegnehmen (vgl. ).
23 Gemäß § 183 Abs. 3 BAO ist von der Aufnahme von den Parteien beantragter Beweise nur abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, oder wenn sich aus den Umständen erhellt, dass die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind (, mwN).
24 Die Revisionswerberin brachte in der Beschwerde vor, sie habe das revisionsgegenständliche Fahrzeug nur ausnahmsweise für Einkäufe genutzt, weil ihr eigenes Fahrzeug nicht zur Verfügung gestanden sei. Das revisionsgegenständliche Fahrzeug befinde sich im Besitz der T Srl, bei der ihr Ehemann als Kraftfahrer beschäftigt sei. Dieser fahre nicht nur einen Kastenwagen, sondern - neben dem Geschäftsführer - auch das gegenständliche Fahrzeug, das für Firmenfahrten in den Ländern Österreich, Deutschland, Polen, Ungarn und Rumänien verwendet werde, um Kraftfahrer aus verschiedenen Ländern und Destinationen nach Arbeitsende nach Rumänien zurückzubringen. Diesbezüglich beantragte sie die Einvernahmen sowohl ihres Ehemanns als auch des Geschäftsführers der T Srl.
25 Dass das damit formulierte Beweisthema für die NoVA-Festsetzung im Revisionsfall unerheblich wäre, hat das BFG nicht ausgesprochen und ist auch nicht ersichtlich.
26 Ungeachtet dessen hat sich das BFG in seiner Beweiswürdigung im angefochtenen Erkenntnis - ohne auf die beantragten Einvernahmen einzugehen - darauf beschränkt, darauf hinzuweisen, dass die vorgelegten Unterlagen (wie Tankrechnungen) keinen ausreichenden Bezug zum revisionsgegenständlichen Fahrzeug aufweisen würden, um bereits eo ipso die Standortvermutung zu widerlegen, womit sich auch die diesbezügliche Beweiswürdigung als mangelhaft erweist.
27 Im Übrigen hat sich das BFG auch nicht hinreichend mit der Frage befasst, wem im Revisionsfall eine allfällige (widerrechtliche) Verwendung des Fahrzeuges zuzurechnen wäre. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist hierfür - auf Grund der gleichartigen Zielsetzung, die Person zu bestimmen, die für die durch die Verwendung des Fahrzeuges entstandenen Folgen einzustehen hat, - auf den bundesrechtlich geregelten Begriff des Halters des Kraftfahrzeugs nach § 5 EKHG zurückzugreifen. Unter dem Halter ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Person zu verstehen, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Fahrzeug auszuüben (vgl. , mwN).
28 Vor diesem Hintergrund reicht es auch für die Annahme einer Haltereigenschaft der Revisionswerberin fallbezogen nicht aus, darauf zu verweisen, dass die Revisionswerberin bei der Amtshandlung der Finanzpolizei über Kfz-Schlüssel und Zulassungsschein verfügt habe und das Fahrzeug zwei Mal an ihrer (und ihres Ehemanns) Adresse gesichtet worden sei, ohne sich näher mit ihrem Vorbringen auseinander zu setzen, dass das Fahrzeug ein Dienstfahrzeug ihres Ehemanns sei und sie daher gegebenenfalls nur eine (von diesem abgeleitete) sehr eingeschränkte Verfügungsgewalt über das Fahrzeug gehabt habe.
29 Das BFG wird sich daher im fortgesetzten Verfahren unter Durchführung der beantragten Zeugenvernehmungen näher mit dem Vorbringen der Revisionswerberin zur Verwendung des revisionsgegenständlichen Fahrzeugs auseinander zu setzen haben (zur Ermittlungspflicht des BFG vgl. ).
30 Das angefochtene Erkenntnis war sohin gemäß § 42 Ab. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
31 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022150040.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAF-46077