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VwGH 05.10.2023, Ra 2022/15/0031

VwGH 05.10.2023, Ra 2022/15/0031

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der S T in M, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herwig Mayrhofer, in 6850 Dornbirn, Schmalenegg 9, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/1100301/2019, betreffend u.a. Normverbrauchsabgabe für April 2014, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird - soweit sie die Festsetzung von Normverbrauchsabgabe für April 2014 betrifft - zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) - Architektin, seit ca. 20 Jahren in Pension, deutsche Staatsangehörige, kinderlos und unverheiratet. Sie ist grundbücherliche Eigentümerin einer Eigentumswohnung in Vorarlberg (3-Zimmer-Wohnung mit ca. 75m2; Kaufvertrag vom ), an welcher Adresse sie seit mit Nebenwohnsitz gemeldet ist. Darüber hinaus ist sie grundbücherliche Eigentümerin einer Eigentumswohnung in München (3-Zimmer-Wohnung mit ca. 115m2), in welche sie am eingezogen ist. Für die österreichische Eigentumswohnung betrug der Verbrauch an Kaltwasser 10,853 m3 für 2009, 43,000 m3 für 2010, 43,000 m3 für 2011, 57,900 m3 für 2012, 51,600 m3 für 2013, 52,700 m3 für 2014, 53,800 m3 für 2015, 59,800 m3 für 2016 und 53,400 m3 für 2017. Für die Wohnung in München liegen keine diesbezüglichen Verbrauchswerte vor. Im Jahr 2012 erwarb die Revisionswerberin das revisionsgegenständliche Kraftfahrzeug in Deutschland. Nach dessen Zulassung auf sie in Deutschland (Erstzulassung: ) wurde es von der Revisionswerberin im Jahr 2012 nach Österreich eingebracht, in Österreich verwendet und auf dem Kfz-Abstellplatz bei ihrer Wohnung in Vorarlberg abgestellt. Es wies per einen Km-Stand von 33.258 km, per einen Km-Stand von 47.630 km und per einen Km-Stand von 90.601 km auf.

2 Das Finanzamt setzte - nach Erhebungen der Finanzpolizei vor Ort - für das revisionsgegenständliche Kraftfahrzeug zunächst Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum Mai 2014 bis Dezember 2017 und mit Bescheid vom sodann Normverbrauchsabgabe (NoVA) für April 2014 fest. Begründend verwies es dabei u.a. darauf, dass die von der Finanzpolizei durchgeführten Nachbarschaftsbefragungen an der österreichischen Wohnadresse der Revisionswerberin ergeben hätten, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug praktisch das ganze Jahr auf dem dortigen Parkplatz stehe und die Revisionswerberin regelmäßig durch ihre Anwesenheit im Haus auffalle. Von der Finanzpolizei sei zudem der Wasserverbrauch der österreichischen Wohnung abgefragt worden, der laut den diesbezüglichen Abrechnungen bei ca. 50 m³ pro Jahr liege. Dies entspreche dem durchschnittlichen Wasserverbrauch eines Einpersonenhaushaltes pro Jahr, der (ohne Einbeziehung von Gewerbe, Industrie oder Großverbrauchern) bei ca. 130 Litern pro Tag und Person liege. Gemäß § 82 Abs. 8 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) seien Kraftfahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz im Inland nach Österreich eingebracht oder im Inland verwendet würden, als Kraftfahrzeuge mit dauerndem Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge sei im Regelfall nur während eines unmittelbar auf die Einbringung in das Bundesgebiet folgenden Monats zulässig. Eine monatliche Ausreise unterbreche diese Frist seit nicht mehr. Das Fahrzeug werde seit 2009 verwendet und sei dessen Verwendung durch die neue Gesetzeslage im April 2014 zu einer (steuerpflichtigen) widerrechtlichen Verwendung geworden.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, woraufhin die Revisionswerberin einen Vorlageantrag stellte.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision nicht zugelassen wurde, wies das BFG die vorgelegte Beschwerde hinsichtlich NoVA ab. Begründend führte es aus, die Revisionswerberin habe sich seit ihrer Wohnsitzbegründung in Österreich ab dem Jahr 2009 und insbesondere während der gegenständlichen Jahre 2014 bis 2017 weit überwiegend an ihrer Wohnung in Österreich und zeitweise, allerdings weit weniger überwiegend, an ihrer Wohnung in Deutschland und in anderen Ländern aufgehalten. Sie habe in diesen Jahren in Österreich auch ihren Hauptwohnsitz gehabt. Beweiswürdigend verwies das BFG darauf, dass die Revisionswerberin selbst zur Frage ihres zeitlich überwiegenden Aufenthaltes angegeben habe, dass sie sich im Jahr ca. vier Monate in Österreich und ca. vier Monate in Deutschland befinde. Die restlichen vier Monate sei sie in anderen Ländern unterwegs. Über Vorhalt des Finanzamtes, wonach sich laut Aussagen der Nachbarn gegenüber der Finanzpolizei die Revisionswerberin oder zumindest ihr Auto das ganze Jahr an der österreichischen Adresse befinde, habe sie angegeben, dass sie „nicht am Stück 4 Monate in München“, sondern „insgesamt 4 Monate in München“ sei. Gleiches gelte „für Österreich und die Reisen“.

5 Demgegenüber ergäben sich jedoch unter Zugrundelegung des unstrittig festgestellten Wasserverbrauchs und eines durchschnittlichen Verbrauches von etwa 130 Litern pro Tag und Person für die Jahre 2014 bis 2017 jeweils mehr als 365 Aufenthaltstage der Revisionswerberin an der österreichischen Wohnadresse. Bei Annahme eines überdurchschnittlichen Wasserverbrauchs von 180 Litern pro Aufenthaltstag ergäben sich 292,77 Tage für 2014 (52.700/180), 298,88 Tage für 2015 (53.800/180), 332,22 Tage für 2016 (59.800/180) und 296,66 Tage für 2017 (53.400/180), an denen sich die Revisionswerberin in ihrer österreichischen Wohnung aufgehalten habe. Das BFG gelange daher zur Feststellung, dass sich die Revisionswerberin in den Jahren 2014 bis 2017 jeweils weit überwiegend in Österreich bzw. in ihrer österreichischen Eigentumswohnung aufgehalten habe.

6 Was das Vorbringen in der Beschwerde angehe, wonach ein bestimmter Wasserverbrauch keine Aussagekraft dahingehend besitze, wo jemand den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen habe, und es eine Vielzahl von Gründen gebe, weshalb der Wasserverbrauch unterschiedliche Ausmaße annehmen könne, so seien für das BFG solche Gründe nicht ersehbar. Es wäre an der Revisionswerberin gelegen gewesen, solche Gründe konkret anzuführen, was jedoch nicht erfolgt sei. Wenn in der Beschwerde dazu einzig und allein „beispielsweise“ ausgeführt werde, dass die Revisionswerberin die österreichische Wohnung als Zwischenstation bei Urlaubsreisen (insbesondere in die Schweiz für längere Wanderungen) verwende und sich demgemäß jeweils ausgiebig der Körperpflege mit entsprechendem Wasserverbrauch widme, so könne dies den logischen Zusammenhang zwischen ihrer Aufenthaltsdauer und ihrem Wasserverbrauch nicht entkräften. Nach Überzeugung des BFG habe die Revisionswerberin auch die Absicht gehabt, ihre käuflich erworbene Wohnung in Österreich zu ihrem Hauptwohnsitz zu machen. Dies ergebe sich auf Grund ihres über mehrere Jahre tatsächlich weit überwiegenden Aufenthalts in ihrer österreichischen Wohnung. Für das BFG erscheine es zwar durchaus glaubwürdig und entspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Revisionswerberin auch ihre Wohnung in Deutschland aufgesucht habe, um nach dem Rechten zu sehen. Allerdings seien ihre Angaben, wonach sie sich für ca. 8 Monate im Jahr nicht in Österreich aufhalte, durch die festgestellten Verbrauchswerte für das BFG widerlegt. Nähere Nachweise zu den behaupteten Auslandsaufenthalten von insgesamt jährlich 8 Monaten seien nicht beigebracht worden. Auf Grundlage dieses Beweisergebnisses seien die von der Revisionswerberin beanstandeten Schlussfolgerungen des Finanzamtes aus den durchgeführten Nachbarschaftsbefragungen nicht mehr entscheidungswesentlich.

7 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das BFG aus, dass gemäß § 1 Z 3 NoVAG 1991 die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland der NoVA unterliege, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder Z 2 eingetreten sei oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a NoVAG 1991 erfolgt sei. Als erstmalige Zulassung gelte auch die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem KFG 1967 zuzulassen wäre. Gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 seien Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet würden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dauerndem Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne inländische Zulassung sei nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Der Hauptwohnsitz eines Menschen sei gemäß § 1 Abs. 7 MeldeG an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen habe, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; treffe diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so habe er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis habe. In § 1 Abs. 8 MeldeG werde bestimmt: „Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.“ Bei der Beurteilung dieser Voraussetzungen sei die Meldung nach dem MeldeG nicht von entscheidender Bedeutung. Liege bezüglich einer Person keine Hauptwohnsitzmeldung vor, sei die Frage des Vorliegens eines Hauptwohnsitzes anhand der tatsächlichen Lebensverhältnisse zu klären.

8 Die Revisionswerberin habe sich in den Jahren 2014 bis 2017 überwiegend in Österreich aufgehalten bzw. in ihrer Wohnung in Österreich gewohnt. Sie sei kinderlos und unverheiratet, befinde sich seit 20 Jahren in Pension und sei in den Jahren 2014 bis 2017 weder in Österreich noch in Deutschland berufstätig gewesen. Daraus ergebe sich für das BFG, dass ihr Hauptwohnsitz in diesen Jahren entgegen ihrer Behauptung in Österreich gelegen sei. Dass sie bei der österreichischen Meldebehörde den Wohnsitz in Österreich im Jahr 2009 als Nebenwohnsitz gemeldet habe, sei nicht entscheidend. Auch der Hinweis, dass die in Deutschland gelegene Wohnung größer als die in Österreich gelegene Wohnung sei, vermöge im Hinblick auf den tatsächlich überwiegenden Aufenthalt in Österreich nichts daran zu ändern, dass die Revisionswerberin in den Jahren 2014 bis 2017 ihren Hauptwohnsitz nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 in Österreich gehabt habe, zumal auch in Anbetracht der Größe der in Österreich gelegenen Wohnung (mit ca. 75 m2) nichts gegen diese Sichtweise spreche. Daran vermögen auch die Angaben der Revisionswerberin zu ihren sozialen Anknüpfungspunkten im In- und Ausland nichts zu ändern, wonach solche in Österreich überhaupt nicht bestünden bzw. alle Kontakte und sozialen Beziehungen sich „in Deutschland insbesondere meine Ärzte“ befänden, zumal die Revisionswerberin zu den behaupteten in Deutschland gegebenen sozialen Beziehungen, abgesehen von dem Hinweis auf Ärzte, keine sozialen Beziehungen genannt habe. Dass das streitgegenständliche Kraftfahrzeug in den Jahren 2014 bis 2017 in Österreich bei der Wohnung der Revisionswerberin abgestellt und durch sie in Österreich verwendet worden sei, sei unstrittig. Nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 liege der dauernde Standort des streitgegenständlichen Kraftfahrzeugs sohin im Inland.

9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zunächst vorbringt, das BFG habe von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausschließlich mit der Begründung Abstand genommen, dass mangels eines rechtzeitigen Antrags der Revisionswerberin ein Rechtsanspruch auf deren Durchführung nicht gegeben sei, womit das BFG gegen § 24 Abs. l VwGVG und die hierzu ergangene hg. Rechtsprechung verstoßen habe (Hinweis auf ).

10 Des Weiteren wendet sich die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen gegen die Feststellungen und Beweiswürdigung des BFG. Im angefochtenen Erkenntnis beschränke sich das BFG im Wesentlichen „auf die bloße Berücksichtigung eines reinen Rechenvorgangs, in dem es von dem in der Betriebskostenabrechnung für die Wohnanlage ... der Revisionswerberin zugemessenen Wassermenge unter der ‚Annahme eines überdurchschnittlichen Wasserverbrauchs von 180 l pro Aufenthaltstag‘ auf eine Aufenthaltszeit in [Österreich] rückrechnete.“ Weitere Überlegungen würden hiezu nicht angestellt. Dabei verkenne das BFG allerdings u.a. Folgendes: Seine Überlegungen seien per se unschlüssig im Hinblick darauf, dass sich die Revisionswerberin seiner Meinung nach im Jahr 2009 in der Absicht der Begründung des Hauptwohnsitzes als Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in [Österreich] niedergelassen habe, die Wasserverbrauchswerte aber insbesondere für die Jahre 2009 und 2010 deutlich unter jenen lägen, die es den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen zugrunde gelegt habe.

11 Das Gericht übersehe weiters, dass die Berechnung des Wasseranteils nach den Kriterien des WEG 2002 bzw. des Heizkostenabrechnungsgesetzes erfolgt sei, d.h. grundsätzlich nach den Liegenschaftsanteilen laut Grundbuch sowie (nur) zu 75 % nach Verbrauchsanteilen. Allein dadurch erscheine es unzulässig, dem Abgabenverfahren einen vermeintlich konkreten Wasserverbrauch einer Wohnungsbesitzerin zugrunde zu legen, der aus der Betriebskostenabrechnung in Wahrheit nicht ableitbar sei. Die Revisionswerberin habe in ihrer Beschwerde zudem „nur beispielsweise“ ausgeführt, dass sie die österreichische Wohnung quasi als Zwischenstation bei Urlaubsreisen (insbesondere in die Schweiz für längere Wanderungen) verwende und sich demgemäß ausgiebig der Körperpflege mit entsprechendem Wasserverbrauch widme. Das BFG habe dem lediglich entgegen gehalten, dass dies seine „Schlussfolgerung“ nicht entkräften könne. Eine nähere Begründung hiefür finde sich nicht. Da das BFG seine rechtliche Beurteilung faktisch ausschließlich auf die „Verbrauchswerte“ hinsichtlich des Wassers in Österreich stütze, wäre einer persönlichen Anhörung der Revisionswerberin besondere Bedeutung zugekommen. Auch hätte das BFG sich ohne weiteres davon vergewissern können, dass selbst die Annahme eines täglichen Wasserverbrauchs von 180 Litern im Sinne seiner Ausführungen keineswegs aussagekräftig sei, denn diese Wassermenge (und mehr) werde typischerweise bereits mit einer Badewanne erreicht. Schon unter diesen Aspekten erweise sich das bloße Abstellen auf den Wasserverbrauch als völlig unhaltbar. Hätte sich das BFG mit der Frage des „Wasserverbrauchs“ näher auseinandergesetzt, hätte es nicht zu der aus seiner Sicht entscheidenden Feststellung gelangen können, dass aus dem für die österreichische Wohnung der Revisionswerberin abgerechneten Wasserverbrauch deren dortiger Aufenthalt über mindestens 8 Monate pro Jahr abgeleitet werden könne und hieraus wiederum ihr Mittelpunkt der Lebensinteressen.

12 Schließlich habe das BFG es unterlassen, die notwendige Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen anzustellen, um den Wohnsitz als Hauptwohnsitz zu bestimmen, zu dem die Revisionswerberin das überwiegende Naheverhältnis habe. Indem das BFG faktisch ausschließlich aufgrund der Wasserverbrauchswerte in ihrer österreichischen Wohnung (nach Maßgabe der Betriebskostenabrechnung gemäß WEG 2002) den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich als gegeben annehme, im Übrigen die Gegendarstellungen der Revisionswerberin begründungslos als nicht überzeugend abtue, nehme es gerade keine Gesamtbetrachtung vor. So habe das BFG insbesondere keine Feststellungen getroffen zum Umfang der Verwendung des revisionsgegenständlichen Fahrzeuges in Deutschland; zum Ort der wesentlichen Sozialkontakte der Revisionswerberin; zu ihrer wirtschaftlichen Gebarung (z.B. Bankkonten; Rentenbezug); zu ihrer Handhabung der gesundheitlichen Belange (z.B. Arztbesuche). Selbst ein noch so verschwenderischer Wasserverbrauch in der österreichischen Wohnung könne ein überwiegendes Naheverhältnis nicht begründen, wenn die übrigen relevanten Kriterien den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Deutschland begründeten.

13 Mit diesem Vorbringen wird eine Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

14 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

17 Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es der revisionswerbenden Partei, im Zulässigkeitsvorbringen gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt demnach anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. ).

18 Eine revisionswerbende Partei, die eine Abweichung von der Rechtsprechung im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG behauptet, hat konkret anzuführen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. etwa , mwN).

19 Wenn die vorliegende Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zunächst ein Abweichen von näher bezeichneter hg. Rechtsprechung zu § 24 Abs. 1 VwGVG hinsichtlich der Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung behauptet, genügt es darauf hinzuweisen, dass diese Norm (und die zu ihr ergangene Rechtsprechung) für die Festsetzung der NoVA nicht zur Anwendung kommt, sondern sich die Voraussetzungen zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Abgabenverfahren nach § 274 BAO bestimmen.

20 Soweit sich die Revision in der Folge gegen die Beweiswürdigung des BFG wendet, ist sie auf Folgendes zu verweisen: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung der Verwaltungsgerichte im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. , mwN). Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. , mwN).

21 Im Revisionsfall hat das BFG dargelegt, dass die Revisionswerberin (nach ihren eigenen Angaben) behauptet habe, sich im Jahr 2014 an ihren beiden Wohnsitzen in Österreich und München jeweils gleichermaßen 4 Monate aufgehalten zu haben. Diesem Vorbringen hat das BFG die überdurchschnittlich hohen Wasserverbrauchswerte an der österreichischen Wohnadresse gegenüber gestellt, die sich im Lichte durchschnittlicher Wasserverbrauchswerte mit einem 4-monatigen Aufenthalt nicht erklären ließen, und daraus auf eine deutlich längere Aufenthaltsdauer in Österreich geschlossen. Diese Verbrauchswerte wurden der Revisionswerberin im Verfahren auch vorgehalten, ohne dass sie deren Indizwirkung nachvollziehbar (beispielweise durch Nachweis vergleichbarer Wasserverbrauchswerte in der Münchner Wohnung) entkräftet hat.

22 Wenn das BFG im angefochtenen Erkenntnis angesichts der von der Revisionswerberin auch nur sehr allgemein gehaltenen Erklärungen zum festgestellten Wasserverbrauch von einem überwiegenden Aufenthalt der Revisionswerberin im Streitzeitraum in der österreichischen Wohnung ausgegangen ist, so trifft dies auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken. Dass diese Annahme des BFG fallbezogen unvertretbar im Sinne des dargestellten Prüfungskalküls wäre, vermag die Revision mit ihren einzelnen Beweiswürdigungsrügen nämlich nicht aufzuzeigen. So konzediert auch die Revision, dass sich die erhobenen Wasserwerte im Wesentlichen („zu 75 %“) nach konkreten Verbrauchsanteilen bestimmten und gibt zum festgestellten Wasserverbrauch erneut nur allgemeine Erklärungen, die die Schlussfolgerungen des BFG nicht als unschlüssig erscheinen lassen.

23 Wenn die Revision ferner rügt, dass das BFG unzulässiger Weise „wegen geklärter Sach- und Rechtslage Abstand“ von der von der Revisionswerberin beantragten Beweisaufnahme (einer Zeugeneinvernahme) zu dem Beweisthema genommen hat, dass „nicht nur die Beschwerdeführerin bei zwei Hausversammlungen 2018 abwesend war, sondern dies stets für die überwiegende Anzahl der Wohnungseigentümer jener Anlage in München gilt“ (und dieser Umstand sohin keinen Aussagewert im gegebenen Zusammenhang habe), so ist ihr einerseits entgegenzuhalten, dass die Teilnahme an Hausversammlungen im Jahr 2018 keinerlei Relevanz für die hier maßgeblichen Verhältnisse im Jahr 2014 hat. Zum Anderen hat das BFG mit dieser Wortfolge die Aufklärung der Revisionswerberin akzeptiert und diesem Umstand - im Gegensatz zum Finanzamt - im angefochtenen Erkenntnis ohnedies keine Bedeutung mehr beigemessen.

24 Soweit die Revision schließlich Feststellungsmängel im Hinblick auf die Hauptwohnsitzbeurteilung behauptet, so gelingt es ihr nicht aufzuzeigen, dass dem Verwaltungsgericht hierbei ein revisibler Verfahrensfehler unterlaufen wäre. Das BFG hat sich nämlich durchaus mit dem Vorbringen der Revisionswerberin in der Beschwerde und im Vorlageantrag zu ihren Sozialkontakten und zur Handhabung ihrer gesundheitlichen Belange (einschließlich Vorlage der Karteikarte des Hausarztes) auseinander gesetzt, hat diesen aber angesichts der (begrenzten) Anzahl an Arztbesuchen und des im Übrigen nur sehr allgemein gehaltenen Vorbringens - vertretbar - keine gegenüber der festgestellten Aufenthaltsdauer an der österreichischen Wohnadresse überwiegende Bedeutung beigemessen.

25 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher - soweit sie die Normverbrauchsabgabe für April 2015 betrifft - ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BAO §167 Abs2
BAO §274
B-VG Art133 Abs4
NoVAG 1991
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022150031.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAF-46069