TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH 11.11.2022, Ra 2022/13/0100

VwGH 11.11.2022, Ra 2022/13/0100

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
BAO §248
RS 1
Bringt der Haftungspflichtige gemäß § 248 BAO sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Berufung (Beschwerde) ein, so ist zunächst über die Berufung (Beschwerde) gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt (vgl. , mwN; , 2011/16/0070; , 2012/16/0049).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2019/13/0029 B RS 2 (hier ohne Bezugnahme auf die Berufung)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des A L in S, vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Steuerberater in 1220 Wien, Stadlauer Straße 39/1/Top 12, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7101328/2022, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Im Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung bei der X GmbH vom wurde u.a. ausgeführt, die B GmbH habe laut vorgelegten Unterlagen im Prüfungszeitraum Leistungen an die X GmbH erbracht; im Prüfungszeitraum sei der Vater des Revisionswerbers zumindest teilweise Geschäftsführer und Gesellschafter bei beiden Gesellschaften gewesen. Es gebe dazu unklare Zahlungsflüsse zwischen der X GmbH und der B GmbH. So habe die X GmbH im Jahr 2017 an die B GmbH Rohstoffe in einer Höhe von 183.250 € weiterverrechnet; diese Forderung sei noch offen. Die Verrechnung der Rohstoffe sei nicht der Umsatzsteuer unterzogen worden. Da bisher für die Jahre 2017 bis 2019 keine Steuererklärungen eingereicht worden seien, würden die Bemessungsgrundlagen im Zuge der Prüfung geschätzt. Die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage für den Zeitraum 2017 werde auf Grundlage der vorgelegten Umsatzsteuer-Voranmeldungen festgesetzt, wobei die Rohstofflieferung in Höhe von 183.250 € hinzugerechnet werde. Daraus ergebe sich für dieses Jahr eine Änderung der Umsatzsteuerzahllast von 36.650 €.

2 Mit Vorhalt vom teilte das Finanzamt dem Revisionswerber mit, am Konto der X GmbH hafteten Umsatzsteuer 2017 und Kammerumlage 1-12/2017 aus. Dem Revisionswerber habe auf Grund seiner Funktion als Geschäftsführer die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der X GmbH oblegen; als Vertreter hafte er für deren unentrichtet gebliebene Abgaben. Es werde um Stellungnahme ersucht. Dem Vorhalt war der Umsatzsteuerbescheid 2017 beigeschlossen.

3 Mit Bescheid vom wurde der Revisionswerber als Haftungspflichtiger gemäß § 9 iVm §§ 80 ff BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der X GmbH in Höhe von insgesamt 38.066,66 € (Umsatzsteuer 2017 und Kammerumlage 1-12/2017) in Anspruch genommen.

4 Der Revisionswerber erhob gegen den Haftungsbescheid und gleichzeitig gegen den Umsatzsteuerbescheid 2017 (samt Wiederaufnahme) Beschwerde. Er machte geltend, es lägen die Haftungsvoraussetzungen des § 9 BAO nicht vor. Mit näherer Begründung führte er aus, die Umsatzsteuer-Nachforderung 2017 sei mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen. Die Nachforderung beruhe auf einer Umsatzerhöhung im Zuge der Außenprüfung der X GmbH. Die Umsatzerhöhung sei aber einnahmenlos geblieben und werde auch einnahmenlos bleiben. Entgelt sei die tatsächlich erhaltene Gegenleistung. Allenfalls hätte „früher oder später“ eine Berichtigung nach § 16 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 zu erfolgen. Eine Steuer, die letztlich 0 € betrage, könne nicht Gegenstand einer Haftungsinanspruchnahme sein. Auch die Vorschreibung der Kammerumlage für das Jahr 2017 erweise sich als unberechtigt.

5 Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid als unbegründet ab. Darin verwies das Finanzamt unter anderem darauf, dass Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen seien.

6 Der Revisionswerber beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise Folge und schränkte die Haftung auf die Umsatzsteuer 2017 in Höhe von 35.765,32 € ein. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, gehe einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, sei die Behörde daran gebunden und habe sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an den Abgabenbescheid zu halten. Gemäß § 248 BAO könne der Haftungspflichtige auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch eine Bescheidbeschwerde einbringen. Einwendungen gegen den Abgabenanspruch könnten im Verfahren über die Geltendmachung der Haftung nicht mit Erfolg erhoben werden. Bringe der Beschwerdeführer sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den Abgabenbescheid Beschwerden ein, so sei zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden. Sowohl der Umsatzsteuerbescheid 2017 als auch der Bescheid über die Festsetzung der Kammerumlage seien nach Eröffnung des Konkursverfahrens erlassen und ordnungsgemäß an den Masseverwalter adressiert worden. Der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2017 sei auch dem Haftungsvorhalt beigelegt worden; der Bescheid über die Festsetzung der Kammerumlage sei hingegen weder dem Haftungsvorhalt noch dem Haftungsbescheid beigelegt worden. Insoweit liege eine unvollständige Information des Haftungspflichtigen vor; dieser Mangel des Verfahrens könne im Verfahren nicht saniert werden. Der Beschwerde sei daher hinsichtlich der Kammerumlage stattzugeben gewesen. Im Konkurs der X GmbH sei eine Quote von ca. 2,4 % ausgeschüttet worden; die Haftung betreffend Umsatzsteuer 2017 reduziere sich um die ausgeschüttete Quote; auch insoweit sei der Beschwerde stattzugeben gewesen. Der Revisionswerber sei unbestritten von Mai 2017 bis Februar 2019 Geschäftsführer der X GmbH gewesen. Wie sodann im angefochtenen Erkenntnis näher ausgeführt wird, liege eine Pflichtverletzung des Revisionswerbers vor, die für den Abgabenausfall kausal gewesen sei. Ein Gleichbehandlungsnachweis sei nicht vorgelegt worden.

9 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum umsatzsteuerlichen Entgelt (§ 4 UStG 1994) ab. Der Unternehmer habe letzten Endes nur jenes Entgelt zu versteuern, das ihm wirtschaftlich zugeflossen, also endgültig gezahlt worden sei (Hinweis auf ). Die der X GmbH hinzugerechneten Umsätze seien tatsächlich nicht erzielt worden; ihnen lägen also keine Einnahmen zugrunde, das Entgelt betrage insoweit 0 €.

14 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der vorliegenden Revision nicht aufgezeigt.

15 Geht einem Haftungsbescheid (wie hier) ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde - nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an den Abgabenbescheid zu halten. Bringt der Haftungspflichtige gemäß § 248 BAO sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde ein, so ist zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sind in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen (vgl. , mwN).

16 Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis wurde entsprechend dieser ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (nur) über die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Haftungsbescheid richtet, entschieden. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung waren im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu behandeln.

17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
BAO §248
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022130100.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-46035