VwGH 06.12.2022, Ra 2022/13/0082
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | ABGB §1332 VwGG §46 Abs1 |
RS 1 | Die Behauptung beruflicher Überlastung reicht nicht hin, um einen Wiedereinsetzungsantrag zu begründen (vgl. z.B. ; , 2011/08/0358; , Ra 2019/14/0604). Gleiches gilt für sonstige (außergewöhnliche) Belastungen, etwa durch Studium, Wohnungssuche, Arbeitssuche oder familiäre Probleme (vgl. z.B. ; , 94/12/0354). |
Normen | VwGG §61 VwRallg |
RS 2 | Auch im Verfahren über einen Antrag auf Verfahrenshilfe sind neuerliche (wiederholte) Anträge, denen die materielle Rechtskraft einer bereits vorliegenden Entscheidung entgegensteht, unzulässig ("Wiederholungsverbot", vgl. ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2016/03/0012 B RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über den Antrag des Ing. K in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erfüllung eines Mängelbehebungsauftrags im Verfahren über einen Antrag zur Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7102044/2016, betreffend Umsatzsteuer 2013, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Begründung
1 Der Antragsteller begehrte die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom .
2 Mit verfahrensleitender Anordnung vom war dem Antragsteller aufgetragen worden, binnen zwei Wochen zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet werde; sowie anzugeben, aus welchen Gründen die anzufechtende Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes als unrichtig erachtet werde; dazu wurde darauf hingewiesen, dass mit der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ausschließlich über Umsatzsteuer 2013 entschieden worden sei, wobei die Veranlagung entsprechend der Erklärung des Antragstellers erfolgt sei. Diese verfahrensleitende Anordnung wurde an den Revisionswerber am zugestellt (von diesem persönlich übernommen). Eine Äußerung dazu erfolgte nicht.
3 Mit Beschluss vom wurde der Antrag auf Verfahrenshilfe abgewiesen. Darin wurde insbesondere ausgeführt, dass im Hinblick darauf, dass eine Äußerung zur verfahrensleitenden Anordnung vom nicht erfolgt sei, kein Anhaltspunkt für die Annahme bestehe, dass die außerordentliche Revision von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme; die beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheine aussichtslos.
4 Mit der nunmehrigen Eingabe erhebt der Antragsteller gegen den Beschluss vom das „Rechtsmittel der außerordentlichen Revision“. Er bringt dazu vor, er sei aufgrund eines nicht vorhersehbaren, unabwendbaren Ereignisses (Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes zur Prüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters vom ) in der Zeit vom bis dato () vollinhaltlich damit gebunden und zeitlich damit beschäftigt gewesen, zur Abwehr einer Erwachsenenvertretung Vorbringen zu erstatten, welches zu einem Clearing-Bericht vom und zur ladungsmäßigen Vorsprache am Bezirksgericht geführt habe. Aus diesem Grund sei es dem Antragsteller unmöglich gewesen, dem Verwaltungsgerichtshof ab Zustellung mit innerhalb offener Frist jenes Vorbringen zu erstatten, welches der Gerichtshof dem Antragsteller zu erledigen aufgetragen habe. Er ersuche daher um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder um neuerliche Beistellung eines Verfahrenshelfers für die außerordentliche Revision.
5 Der in der Eingabe enthaltene Antrag ist - nach seinem Inhalt - als Antrag auf Wiedereinsetzung zu beurteilen; dieser Antrag ist nicht berechtigt.
6 Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
7 Nach § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
8 Als nicht vorhersehbares, unabwendbares Ereignis macht der Antragsteller ausschließlich geltend, er sei vollinhaltlich damit gebunden und zeitlich damit beschäftigt gewesen, zur Abwehr einer Erwachsenenvertretung Vorbringen zu erstatten.
9 Hiezu ist zunächst zu bemerken, dass laut Mitteilung des Bezirksgerichts ein Verfahren zur Prüfung der Notwendigkeit der Bestellung einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung anhängig ist und für den Antragsteller vorerst kein (einstweiliger) Erwachsenenvertreter bestellt ist.
10 Ein krankheitsbedingter Hinderungsgrund, der dazu führen könnte, das Unterlassen der fristwahrenden Handlung als (allenfalls nur) leicht fahrlässig zu beurteilen (vgl. z.B. ; , Ra 2018/11/0013; , Ra 2019/13/0121), wird gerade nicht behauptet. Die Behauptung beruflicher Überlastung reicht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht hin, um einen Wiedereinsetzungsantrag zu begründen (vgl. z.B. ; , 2011/08/0358; , Ra 2019/14/0604). Gleiches gilt für sonstige (außergewöhnliche) Belastungen, etwa durch Studium, Wohnungssuche, Arbeitssuche oder familiäre Probleme (vgl. z.B. ; , 94/12/0354). Auch die hier geltend gemachte inhaltliche und zeitliche Bindung durch Tätigkeiten zur Abwehr der Bestellung einer Erwachsenenvertretung ist nicht geeignet, die Unterlassung der einfach zu erbringenden und keinen besonderen (insbesondere zeitlichen) Aufwand erfordernden Verbesserung des Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe innerhalb der gesetzten Frist als lediglich mit einem minderen Grad des Versehens belastet zu beurteilen.
11 Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war somit schon deshalb gemäß § 46 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
12 Ein Auftrag zur Verbesserung des mangelhaft eingebrachten Antrags auf Wiedereinsetzung (dieser wurde entgegen der Bestimmung des § 24 Abs. 2 VwGG nicht durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht; auch wurde die versäumte Handlung - Verbesserung des Antrags auf Verfahrenshilfe - nicht nachgeholt; vgl. zur Verbesserbarkeit insoweit ) war nicht zu erteilen, da der Antrag zweifelsfrei erkennen lässt, dass keinerlei Anhaltspunkte für die Stattgabe des Wiedereinsetzungsantrags gegeben sind und somit auch nach Behebung der Mängel die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausgeschlossen wäre (vgl. z.B. ; , Ra 2015/03/0049; , Ra 2022/07/0080).
13 Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Abweisung einer beantragten Verfahrenshilfe das Gesetz kein Rechtsmittel vorsieht (vgl. z.B. ; , Ra 2021/13/0074; , Ra 2022/02/0065). Eine - wie in der Überschrift der Eingabe angeführt - (außerordentliche) Revision gegen den Beschluss vom wäre demnach unzulässig. Schließlich ist darauf zu verweisen, dass auch im Verfahren über einen Antrag auf Verfahrenshilfe neuerliche (wiederholte) Anträge, denen die materielle Rechtskraft einer bereits vorliegenden Entscheidung entgegensteht, unzulässig sind (vgl. ).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022130082.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-46026